zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes

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1 Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Statistisches Bundesamt Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,

2 Leidfaden oder Lightfaden? Leitfaden! Die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Veröffentlichungen ist ein Grundsatz der redaktionellen Arbeit im Statistischen Bundesamt. Nur zu gut kennen die Autorinnen und Autoren aus den Redaktionen und Fachabteilungen die Nöte, diesem Grundsatz gerecht zu werden. Ein Text, gespickt mit Daten und Ergebnissen aus den Statistiken, wird mit der konsequenten Nennung beider Geschlechter oft schlechter lesbar. Häufig werden Kompromisse getroffen, um Texte geschlechtergerecht und trotzdem verständlich zu formulieren. So erscheinen beispielsweise im ersten Abschnitt eines Textes lediglich männliche Formen, beide Geschlechter sind aber gemeint. Im zweiten Abschnitt werden Ergebnisse nach Geschlecht dargestellt, manchmal im Wechsel, um niemanden zu bevorzugen. In der dazugehörigen Tabelle werden die männlichen Bezeichnungen genannt, beide Geschlechter sind aber gemeint. In einigen Fällen führen Kompromisse dieser Art zu missverständlichen oder gar falschen Aussagen, da die Zuordnung zu Grundgesamtheit und Anteil nicht mehr unmittelbar verständlich ist. Dieser Leitfaden gibt Ihnen einige Tipps für einen geschlechtssensiblen Umgang mit der Sprache, ohne die Faktentreue, Verständlichkeit und Lesbarkeit einzuschränken. Wir orientieren uns dabei am Status Quo von Behörden und Ministerien. Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,

3 Lassen wir es hinter uns das generische Maskulinum Damit ist die Verwendung maskuliner Personenbezeichnungen für beide Geschlechter gemeint. Das Gremium von Wissenschaftlern wurde gestern Die durchschnittliche Studiendauer von Studenten der Rechtswissenschaften beträgt Die Einwohner von Sachsen Verwenden Sie das generische Maskulinum nur dann, wenn tatsächlich Männer gemeint sind. Dies gilt auch für Tabellen und Schaubilder. Kurzformen Das in den 1980er Jahren entstandene Binnen-I (BeamtInnen, StudentInnen) wird in Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes nicht benutzt, da die Verwendung nicht dudenkonform und barrierefrei ist. Weibliche Bezeichnungen hinter dem Schrägstrich oder in der Klammer sind in Fließtexten zu vermeiden: Autofahrer/-in, Teilnehmer/-in oder Professor(innen), Theaterbesucher(innen). Für Tabellen und Schaubilder dürfen Schrägstrichlösungen verwendet werden, möglichst aber nicht in den Überschriften. die berühmte Legaldefinition Die Legaldefinition, das heißt ein Hinweis, dass sich alle im Text genannten männlichen Personenbezeichnungen auch auf Frauen beziehen, darf nicht verwendet werden. Die Legaldefinition ist eher ein Ausdruck der Verzweiflung und wirkt auf Leserinnen wenig respektvoll. Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,

4 Möglichkeiten der sprachlichen Gleichbehandlung Die deutsche Sprache kennt drei Formen der sprachlichen Gleichbehandlung: Paarformen, geschlechtsneutrale und -abstrakte Ausdrücke sowie Umformulierungen. Paarformen Bei den Paarformen werden Frauen und Männer explizit genannt. Paarformen sollten in der Vollform genannt werden, z.b. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Ärzte und Ärztinnen. Die Reihenfolge der Nennung kann dabei der Häufigkeit in den Berufsgruppen folgen: Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen, Soldaten und Soldatinnen. In der Regel bietet sich die Paarform dann an, wenn sie im Text nicht zu häufig genannt werden muss. Sonst empfehlen wir den Umstieg auf geschlechtsneutrale Begriffe oder Pluralformen. Geschlechtsneutrale und geschlechtsabstrakte Ausdrücke Geschlechtsneutrale Ausdrücke unterscheiden sich in substantivierte Adjektive und substantivierte Partizipien und sind nur im Plural gegeben: die Kranken, die Jungen, die Studierenden, die Zugewanderten, die Dozierenden. Geschlechtsabstrakte Begriffe haben kein grammatisches Geschlecht: Menschen, Mitglieder, Personen, Haushaltshilfe, Lehrkörper, Leitung, Präsidium. Die Pronomen jemand, niemand, man und wer gelten als geschlechtsneutral. Die Verwendung von geschlechtsneutralen Bezeichnungen in Texten hat viele Vorteile. Sie sind grammatisch leicht zu verwenden und führen nicht zu schwerfälligen Formulierungen. Die Sätze werden in der Regel kürzer und prägnanter. Nachteil: Texte, bei denen häufig geschlechtsneutrale und -abstrakte Begriffe verwendet werden, wirken manchmal unpersönlich und distanzierend. Bei Fachtexten kann dieser Nachteil in Kauf genommen werden, in Vorworten oder Vorbemerkungen eher nicht. Umformulierungen Einige Wörter können nicht in substantivierte Partizipien umgewandelt werden: Patienten, Absolventen, Einwanderer, Verbraucher können nur in der weiblichen Form als Patientin, Absolventin, Einwohnerin, Verbraucherin genannt werden. Hier können alternative Formulierungen manchmal weiterhelfen, wie die Beispiele in der folgenden Tabelle verdeutlichen. Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,

5 Beispiele Männliche Form (generisches Maskulinum) Erstabsolventen, die einen Universitätsabschluss erwerben, sind durchschnittlich genau 28 Jahre alt. Erstabsolventen mit Fachhochschuldiplom sind mit 27,8 Jahren etwas jünger. Angehende Lehrer legen das Staatsexamen mit 27,3 Jahren ab. 26 Wörter Die neuen Bundesländer konnten die Wirtschaftsleistung je Einwohner zwischen 1991 und 2006 fast verdoppeln. Auf der Verbraucherstufe zogen die Preise für Heizöl und Kraftstoffe binnen Jahresfrist um 14,8% an. Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen alle Zuwanderer, die seit 1950 eingewandert sind, sowie ihre Nachkommen. 15 Wörter Die Empfänger dieser Leistung waren im Durchschnitt 75 Jahre alt (Männer: 66 Jahre, Frauen: 79 Jahre). 12 Wörter Lebenssituation von Migranten und deren Nachkommen in Deutschland 8 Wörter Paarform Erstabsolventinnen und -absolventen, die einen Universitätsabschluss erwerben, sind durchschnittlich genau 28 Jahre alt. Erstabsolventen und -absolventinnen mit Fachhochschuldiplom sind mit 27,8 Jahren etwas jünger. Angehende Lehrerinnen und Lehrer legen das Staatsexamen mit 27,3 Jahren ab. 32 Wörter Die neuen Bundesländer konnten die Wirtschaftsleistung je Einwohner und Einwohnerin zwischen 1991 und 2006 fast verdoppeln. 16 Wörter Für Verbraucher und Verbraucherinnen zogen die Preise für Heizöl und Kraftstoffe binnen Jahresfrist um 14,8% an. 15 Wörter Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen alle Frauen und Männer, die seit 1950 zugewandert sind, sowie ihre Nachkommen. 17 Wörter Die Empfänger und Empfängerinnen dieser Leistung waren im Durchschnitt 75 Jahre alt (Männer: 66 Jahre, Frauen: 79 Jahre). Lebenssituation von Migranten und Migrantinnen und deren Nachkommen in Deutschland 10 Wörter Kreative Lösung oder/ und geschlechtsneutrale Bezeichnung Erstabsolventinnen und -absolventen erwerben ihren Abschluss an der Universität mit durchschnittlich 28 Jahren, an der Fachhochschule etwas früher mit 27,8 Jahren. Angehende Lehrerinnen und Lehrer legen das Staatsexamen mit 27,3 Jahren ab. 29 Wörter Die neuen Bundesländer konnten die Wirtschaftsleistung pro Kopf zwischen 1991 und 2006 fast verdoppeln. Im Endverbrauch zogen die Preise für Heizöl und Kraftstoffe binnen Jahresfrist um 14,8% an. 13 Wörter Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen alle seit 1950 Zugewanderten, sowie ihre Nachkommen. 13 Wörter Männer die diese Leistung erhielten waren durchschnittlich 66 Jahre, Frauen 79 Jahre alt (Gesamt: 75 Jahre). 13 Wörter Die Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund 6 Wörter Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,

6 Tabellen und Grafiken Platzprobleme sind die häufigsten Gründe, warum in Tabellen und Schaubildern auf maskuline Bezeichnungen zurückgegriffen wird. Doch gilt die Regel: Verwenden Sie die männliche Form nur, wenn sie ausschließlich Männer meinen. Verwenden Sie Paarformen oder geschlechtsneutrale Begriffe, wenn Sie Aussagen über beide Geschlechter treffen. Beispiele: Aus Zuwanderer aus werden Zugewanderte aus, aus Wohnstatus Eigentümer wird Wohnstatus Eigentum. Greifen Sie auf die Schrägstrichlösung zurück, wenn Sie Begriffe nicht umwandeln können, z.b. Aussiedler/-innen. Nutzen Sie kreative Lösungen Für den geschlechtergerechten Sprachgebrauch gibt es kein Patentrezept. Die Wirklichkeit möglichst geschlechtsneutral zu beschreiben, ist nach dem Konzept des Gender Mainstreaming nicht die beste Lösung. Vielmehr sollen Frauen und Männer von vornherein und regelmäßig berücksichtigt werden, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt. Für fachliche Texte mit anspruchsvollen Inhalten und statistischen Kennzahlen ist dieses nicht immer möglich. Unser Fazit: Nutzen Sie kreative Lösungen in einer ausgewogenen Mischung. Geschlechtsneutrale Bezeichnungen verkürzen die Texte und machen sie leserlich. Verwenden Sie Paarformen, wenn dieses möglich ist. Umformulierungen bieten sich an, wenn sie nicht zu abenteuerlichen Konstrukten führen. Für die Faktentreue bei der Darstellung statistischer Ergebnisse gilt: Benennen Sie präzise das Geschlecht, das sie meinen. Dann sind Sie auf der sicheren Seite. Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,

7 Impressum Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Statistischen Bundesamt Arbeitsunterlage für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes Statistisches Bundesamt, März 2009 IC - Veröffentlichungen, Online-Dienste, Corporate Design Gestaltung Barbara Both Autorin Heidrun Stirner Fotorechte: photocase.com / kathe Illustrationen: Statistisches Bundesamt Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009 Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet Statistisches Bundesamt, Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern,