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2 Wien baut Das Spital der Zukunft Mit dem Krankenhaus Nord entsteht ein vollkommen neuer Klinik-Typ: Perfekte Erstversorgung á la Emergency Room, ganzheitliches Konzept mit High-Tech-Medizin, heilender Umwelt und vieles mehr. So sieht Patientenversorgung im 21. Jahrhundert aus. Text: Stefan Trockel Fotos: Depositphotos Das Spital der Zukunft : Hochmoderne Medizintechnik, außergewöhnliches Design, Roboter-Transportsystem und vieles mehr machen das Spital des 21. Jahrhunderts, wie es auch genannt wird, aus. Fast könnte man meinen, dieser außergewöhnliche Klinik-Typ entstamme einem Science-Fiction-Roman. Es ist aber alles andere als eine bloße Vision! Denn mit dem Neubau des Krankenhauses (KH) Nord in Florisdorf als Spital der Zukunft setzt die Stadt Wien neue Maßstäbe in der optimalen Versorgung von Patienten weit über die Region hinaus: Wien steht für die bestmögliche medizinische Versorgung, sagte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely unlängst. Das KH Nord wird nicht nur das Aushängeschild der zukünftig sieben städtischen Spitäler in Wien sein. Es ist fester Bestandteil in einem ausgeklügelten System, mit dem die Stadt und der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) die Krankenversorgung zukunftsweisend ausrichten. Für die dauerhafte, optimale medizinische Versorgung der Bevölkerung wird es an verschiedenen Spitälern Behandlungsschwerpunkte geben. Schließlich bedeutet konzentrierte Fachkompetenz der Ärzte immer eine perfekte Diagnose und Behandlung der Patienten. Genau das ist eben eines der Ziele des Spitals der Zukunft, in dem das Erstversorgungszentrum ein zentrales Element sein wird. Nach dem amerikanischen Vorbild des Emergency Rooms wird es zur ersten Anlaufstelle für alle akut erkrankten und verletzten Personen, sagt Mag. Monika Sperber vom KAV. Damit werden Stadt und Krankenanstaltenverbund zum Vorreiter in der Behandlung von Notfallpatienten. Denn Erstversorgungszentren sind ein Novum in Österreich und gehören eher zu den Ausnahmen im übrigen Europa. Was ist aber so neu und ungewöhnlich? Im Prinzip alles! Die Effizient Schnell, kompetent und bestens gerüstet: Erstversorgungszentren gewährleisten die optimale Versorgung. bisherige Notfallbehandlung von Patienten war zwar zeitgemäß. Aber in den Wiener Emergency Rooms wird Zukunftsgeschichte geschrieben. Neueste Technik, Notfallräume, eigene Patientenbetten und vieles mehr so geht Krankenversorgung im 21. Jahrhundert. Am KH Hietzing und am Wilhelminenspital gibt es solche richtungsweisenden Erstversorgungszentren schon heute, weitere Wiener Spitäler werden folgen. Dabei bauen die Entscheidungsträger bei Stadt und KAV sowie Ärzte und übriges medizinisches Personal auf die umfangreichen Erfahrungen, die derzeit in diesen beiden Kliniken mit Emergency Rooms gemacht werden. Neben hervorragender Technik und Infrastruktur sorgen auch die personellen Veränderungen dafür, dass Wien die optimale Versorgung der Patienten nachhaltig wahr werden lässt. In den bisherigen Notaufnahmen taten primär Internisten, also Fachärzte der inneren 2013 Zeit für Gesundheit 9

3 Das Spital der Zukunft q Schnelle Behandlung im Erstversorgungszentrum q Weiterführende Behandlung in Terminambulanzen q Healing Environment zur Steigerung des Wohlbefindens q Natur vor, in und auf dem Spital (Parklandschaft, grüne Nischen und Dachbegrünung) q Unterirdisches Transportsystem mit Robotern q Innovative Beleuchtungskonzepte mit viel Tageslicht q Moderne Ein- und Zweibettzimmer 10 Modern Im Spital des 21. Jahrhunderts werden Medizin und High-Tech zu einer untrennbaren Einheit. Medizin, ihren Dienst. KAV und Stadt rüsten aber personell auf: Die Erstbehandlung erfolgt durch ein multidisziplinäres Notfallteam, sagt Mag. Monika Sperber. Im Spital der Zukunft wird es Standard sein, dass Allgemeinmediziner mit Notarzterfahrung, Fachärzte der Inneren Medizin, der Unfallchirurgie, der Anästhesie und der Neurologie immer vor Ort sind. Sie können, falls notwendig, weitere Kollegen anderer Fachgebiete hinzu rufen. Neu ist auch, dass alle Kranken und Verletzten erst einmal in den hochmodern ausgestatteten Räumen an Ort und Stelle behandelt werden. Danach wird entschieden, ob der Patient nach Hause entlassen werden kann oder ob eine andere Behandlung nötig ist, beispielsweise eine 24-Stunden-Beobachtung, eine Operation oder eine Verlegung auf eine Station, führt Mag. Monika Sperber aus. Damit und mit den vielen anderen Neuerungen schaffen Stadt und KAV gleich mehrere Vorteile für die Patienten: Verlässliche Diagnosen können schneller als bislang erfolgen. Das zuvor gängige Durchwandern von Fachabteilungen wird überflüssig, was Zeit und Mühen spart. Weiters kommen den Patienten die optimierten Behandlungsverfahren zugute, sodass die Wiener schneller wieder gesund werden. Und: Das Risiko von Fehlern bei Diagnose und Behandlung wird von Beginn an unterbunden. Mit den Emergency Rooms will Wien auch auf die hohe Nachfrage der Bürger nach einer (Akut-) Versorgung im Spital reagieren. Erst jüngst hat die OECD zu diesem Thema einen Bericht veröffentlicht. Demnach lassen sich in keinem Land auf der Welt so viele Menschen in

4 Fotos: Depositphotos, Stadt Wien einer Klinik behandeln wie in Österreich: Auf 1000 Einwohner pro Kopf und Jahr gerechnet sind das immerhin 261 Menschen. Stationär und ambulant waren es allein in den KAV-Spitälern im vergangenen Jahr rund 3,8 Millionen Patienten. Für Kranke und Verletzte in Wien soll die altbekannte Krankenhausatmosphäre mit seinen Gängen im Neonlicht, dem Geruch von Desinfektionsmittel und den einfachen Zimmern ein Ende haben. Ein High-Tech-Spital, das nicht nach Spital riechen soll, wolle man schaffen, sagt Mag. Monika Sperber. Markantes Merkmal des Spitals im 21. Jahrhundert wir die angenehme Atmosphäre mit hohem Grünanteil sein. Wien trifft damit punktgenau den Zeitgeist: Hier wollen Stadt und KAV den ganzheitlichen Gedanken ins Krankenhaus bringen, die Brücke von klassische Schulmedizin hin zu bewährten, alternativen Ansätzen schlagen. Deshalb gehören ein ungewöhnliches Lichtdesign und weite Grünanlagen ebenso zum neuen Konzept wie wohnliche Patientenzimmer und die bereits erwähnte High-Tech-Medizin. Damit neue Wege beschritten und ungewöhnliche Ziele verwirklicht werden, ist Mut notwendig. Den stellt Wien beim KH Nord einmal mehr unter Beweis. Denn im zukünftigen Flaggschiff der Wiener Spitäler, wie Bürgermeister Dr. Michael Häupl die neue Klinik nennt, wird der Wohlfühl-Effekt groß geschrieben. Zum einen soll so viel Tageslicht wie möglich in das Krankenhaus fluten zum Beispiel in speziell geplanten Atrien. Sie sollen helle, grüne Orte der Entspannung und des Rückzugs sein. Alternativ kann jeder Patient auch sein Zimmer als Refugi- um nutzen. Denn Neuerung zwei ist die Gestaltung der Patientenzimmer: Wohnlich soll es darin sein. Und die Zimmer sollen maximal mit zwei Menschen belegt werden, eine weitere klare Entscheidung zum Wohl der Patienten. Einen Trend setzen über Wien hinaus wird das KH Nord auch außerhalb seiner Wände. Denn rund die Hälfte des Quadratmeter großen Grundstückes wird in eine große Parklandschaft verwandelt. Die Grünanlagen sollen den Patienten die Möglichkeit geben, sich einfach einmal aus dem Krankenhausalltag in die Natur zurückzuziehen. Deshalb werden kleine Refugien entstehen. Draußen, aber auch drinnen. Denn Nischen mit viel Grün gehören ebenfalls ins Spital der Zukunft. Hier soll Healing Environment, die heilende Umgebung, verwirklicht werden. Es ist heute erwiesen, dass verschiedene Faktoren wie ein hoher Tageslichtanteil oder viele Grünflächen eine gesundheitsfördernde Wirkung auf Menschen haben können, umreißt Mag. Monika Sperber die Pläne. Mit 2013 Zeit für Gesundheit 11

5 Adressen Sieben Spitäler siebenmal moderne Medizin Zukünftig wird es in Wien sieben Krankenhäuser geben. - Rudolfstiftung (1030 Wien) - AKH Wien (1090 Wien) - Kaiser-Franz-Josef-Spital (1100 Wien) - Krankenhaus Hietzing (1130 Wien) - Wilhelminenspital & Otto-WagnerSpital (1160/1140 Wien) - Krankenhaus Nord (1210 Wien) - Donauspital SMZ Ost (1220 Wien) Das KH Nord in Zahlen Grundstücksfläche: Quadratmeter Bebaute Fläche: Quadratmeter Investitionsvolumen: 825 Millionen Euro Versorgungleistung (pro Jahr): Menschen ambulant, Menschen stationär 12 Patienten Jeder, der in einem Wiener Spital behandelt wird, soll sich wohl Während die ProjektSpital des 21. Jahrhunaufgehoben und verantwortlichen so beim derts ist dieses Kranbestens versorgt KH-Nord-Neubau aus dem kenhaus leider noch weit fühlen. Vollen schöpfen können, machen vorhandene Bausubstanz und Infrastruktur bei den übrigen Krankenhäusern nur ein maßvolles Modernisieren möglich: KAV und Stadt investieren dort, weil ihnen die Versorgung der Wiener am Herzen liegt und eben diese Betreuung der Kranken auch zukünftig zur Besten weltweit zählen soll. So steht jetzt zum Beispiel ein Positronen-Emissions-TomographieGerät (PET-CT) zur besseren Krebsbehandlung in der Rudolfstiftung. Und mit der Angiografie-Anlage soll die Behandlung von Krebs, chronischen Schmerzen und Gefäßerkrankungen im KH Hietzing optimiert werden. Besonderes Augenmerk schenken Stadt und KAV zusätzlich der Modernisierung des Wilhelminenspitals. Auch wenn es dort ja bereits ein Erstversorgungszentrum gibt, vom entfernt. Das liegt in erster Linie an der Bausubstanz, die in Teilen mehr als 100 Jahre alt ist. Im Laufe der Zeit ist zwar immer wieder für die bestmögliche Diagnose und Behandlung angebaut und modernisiert worden. Gleichwohl ist vieles, was das Konzept Spital der Zukunft fordert, hier kaum oder gar nicht umsetzbar. In der Praxis bedeutet dies lange Wege, auch für den Transport der Patienten. Weiters können BarriereFreiheit, Modernisierung der Patientenzimmer et cetera nicht im gewünschten Maß realisiert werden. Die logische Konsequenz ist für die Verantwortlichen: Das Wilhelminenspital muss neu gebaut werden. So wird ab 2019 an alter Stelle ein weiteres Spital der Zukunft entstehen, in dem ab 2023 bis zu 1000 Patienten gleichzeitig behandelt werden können. Fotos: Depositphotos, Stadt Wien der Steigerung des Wohlbefindens soll die Genesung besser und schneller verlaufen. Dieser ganzheitliche Ansatz muss aber mit den Anforderungen eines modernen Klinikbetriebes harmonieren. Das Spital der Zukunft soll deshalb durch hohe Funktionalität, kurze Wege, gute Orientierbarkeit und nicht zuletzt reibungslose Abläufe überzeugen. Gerade letztere bleiben auch zukünftig für die meisten Patienten und Besucher im Verborgenen. Dabei wird es im KH Nord einen Leitstand ähnlich wie in einem Flughafen-Tower geben, von wo aus der gesamte technische Betrieb der Klinik gesteuert wird. Dazu gehören auch die RoboterWägen für den Transport von Speisen, Wäsche und Medikamenten im Untergrund.