Verordnung des Informatikrats des Bundes über die Standardisierung von Informatikprodukten in der Bundesverwaltung (Standardisierungsverordnung)
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1 Verordnung des Informatikrats des Bundes über die Standardisierung von Informatikprodukten in der Bundesverwaltung (Standardisierungsverordnung) vom 25. März 2002 Der Informatikrat des Bundes (IRB), gestützt auf Artikel 4 der Bundesinformatikverordnung vom 23. Februar und auf Artikel 4 der Weisungen des Bundesrates vom 23. Februar 2000 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung, verordnet: 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Gegenstand, Geltungsbereich und Zweck 1 Diese Verordnung regelt Zuständigkeit, Kriterien und Verfahren bei der Standardisierung von Informatikprodukten. 2 Der Geltungsbereich dieser Verordnung ist identisch mit dem Geltungsbereich der Bundesinformatikverordnung. 3 Mit dieser Verordnung sollen: a. die Wirtschaftlichkeit der Verwaltungstätigkeit durch Gewährleistung der Interoperabilität der eingesetzten Informatiksysteme erhöht werden; b. die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Beschaffungskosten durch gemeinsame amts- oder departementsübergreifende Beschaffungen gesenkt werden können; c. die Transparenz und die Rechtssicherheit bei der Standardisierung von Informatikprodukten gefördert werden. Art. 2 Begriffe In dieser Verordnung bedeuten: a. Standardisierung: Entscheidungsprozess, in dem ein Informatikprodukt für ein Informatikeinsatzgebiet als verbindlich erklärt wird oder ein Informatikeinsatzgebiet zum Standardeinsatzgebiet erklärt wird; 1 SR
2 b. Informatikeinsatzgebiet: Geschäftsfunktion oder technische Funktion, die mittels Einsatz von Informatikprodukten (Hard- oder Software) erfüllt wird (Beispiel: Textverarbeitung); c. Standardeinsatzgebiet: Informatikeinsatzgebiet, in dem nur ein bestimmtes Standardprodukt oder eine bestimmte Anzahl von Standardprodukten zum Einsatz kommen dürfen; d. Standardisierungsorgan: Organisationseinheit, die ermächtigt ist, ein Informatikprodukt für ein Informatikeinsatzgebiet zum Standardprodukt zu erklären und Standardeinsatzgebiete festzulegen; e. Standardprodukt: Informatikprodukt (Hard- oder Software), dessen Einsatz für ein Standardeinsatzgebiet vom zuständigen Standardisierungsorgan als verbindlich erklärt wird; f. bundesweiter Standard: Standardeinsatzgebiet oder Standardprodukt, das für die gesamte Bundesverwaltung verbindlich ist; g. departementaler Standard: Standardeinsatzgebiet oder Standardprodukt, das für ein einzelnes Departement verbindlich ist; h. standardkonforme Beschaffung oder Bestellung: Beschaffung oder Bestellung von Informatikprodukten, bei der die bundesweiten und departementalen Standards respektiert werden; i. Interoperabilität: funktionierendes Zusammenspiel und Kommunikation zwischen mehreren Informatikkomponenten; j. Architekturraster: Dokument, in dem sämtliche Informatikeinsatzgebiete aufgelistet sind. 2. Abschnitt: Standardisierung Art. 3 Standardisierungsorgane und -ebenen 1 Der IRB ist das Standardisierungsorgan für die Festlegung bundesweiter Standardeinsatzgebiete und bundesweiter Standardprodukte. 2 Der IRB: a. bestimmt, welche Informatikeinsatzgebiete bundesweit zu standardisieren sind; b. legt in Zusammenarbeit mit den departementalen Standardisierungsorganen fest, welche Informatikeinsatzgebiete in den Zuständigkeitsbereich der Departemente fallen. 3 Die Departemente: a. legen für ihre departementalen Standards die Standardisierungsorgane fest; b. bestimmen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten ihrer Standadisierungsorgane.
3 4 Die Standardisierungsorgane sind in ihren Zuständigkeitsbereichen ermächtigt zu bestimmen: a. welche Informatikeinsatzgebiete zu Standardeinsatzgebieten werden; b. ob in einem Standardeinsatzgebiet ein oder mehrere Standardprodukte zum Einsatz kommen (Ein- oder Mehrproduktestrategie); c. welche Standardprodukte zwingend für das Standardeinsatzgebiet zum Einsatz kommen; sie können diesen Entscheid an die betroffene Verwaltungseinheit delegieren. Art. 4 Kriterien für die Standardisierung Die Standardisierungsorgane erklären ein Informatikeinsatzgebiet zum Standardeinsatzgebiet und legen Standardprodukte fest, sofern eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: a. Die Standardisierung ist nötig, damit die Interoperabilität der Informatiksysteme (innerhalb der Bundesverwaltung oder des Departementes) gewährleistet ist. b. Die Standardisierung erlaubt eine erhebliche Einsparung von Ressourcen, sei es Geld, Zeit oder Personal im Zuständigkeitsbereich des Standardisierungsorgans. Art. 5 Verbindlichkeit der Produktestandards 1 Die von den Standardisierungsorganen festgelegten Standardeinsatzgebiete und Standardprodukte werden verbindlich, wenn sie im Informationssystem des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL) publiziert sind (Artikel 13). 2 Die Departemente und Ämter sind zur standardkonformen Bestellung von Informatikmitteln verpflichtet. 3 Die zuständige Beschaffungsstelle ist zur standardkonformen Beschaffung verpflichtet. Sie darf nur standardkonforme Bestellungen entgegennehmen; Ausnahmen gemäss Artikel 6 bleiben vorbehalten. 4 Überträgt eine Verwaltungseinheit die Federführung bei der Durchführung einer Beschaffung an eine private Unternehmung, so ist diese zu verpflichten, sich bei der Beschaffung von Informatikmitteln an diese Verordnung zu halten. Art. 6 Ausnahmen 1 Die Standardisierungsorgane können eine Ausnahme gewähren, wenn das antragstellende Departement oder Amt nachweist, dass: a. die Verwaltungseinheit durch die Wahl eines vom Standard abweichenden Produkts erhebliche Einsparungen realisieren kann; oder b. die geforderte Funktionalität durch den Standard nicht abgedeckt werden kann.
4 2 Ausnahmen werden nur gewährt, wenn das Abweichen vom Produktstandard sich nicht oder nur unerheblich auf die inner- und interdepartementale Interoperabiltät der betroffenen Informatiksysteme auswirkt. 3 Im Übrigen können die Standardisierungorgane zeitlich befristete Ausnahmen gewähren, wenn: a. Informatikprodukte bereits vor dem Standardisierungsentscheid im Einsatz standen und ein sofortiges Auswechseln unverhältnismässig wäre; diese Produkte dürfen bis zur geplanten Ablösung weiterverwendet, jedoch nicht weiterentwickelt werden; oder b. mit dem abweichenden Produkt Erfahrungen gesammelt werden sollen und das Produkt allenfalls auf seine Eignung als Produktestandard hin getestet wird. 4 Die Standardisierungsorgane lassen der Eidgenössischen Finanzkontrolle eine Kopie der gewährten Ausnahmen zukommen. Art. 7 Verbindlichkeit der Standardisierungsprozesse und des Architekturrasters 1 Die vom IRB festgelegten Prozesse über die Standardisierung von Infomatikprodukten sind verbindlich. 2 Das Informatikstrategieorgan des Bundes (ISB) legt einen verbindlichen Architekturraster für mögliche Standardeinsatzgebiete in der gesamten Bundesverwaltung fest und aktualisiert diesen gestützt auf die Anträge der Departemente. Art. 8 Überprüfung von Standardisierungsentscheiden 1 Nach Ablauf einer Frist von maximal vier Jahren nach dem Standardisierungsentscheid überprüfen die Standardisierungsorgane, ob sie am Standardisierungsentscheid für das betroffene Informatikeinsatzgebiet sowie an den eingesetzten Standardprodukten festhalten. Sie treffen ihren Entscheid gestützt auf eine umfassende Kosten-Nutzen- und Marktanalyse, soweit dies sinnvoll und verhältnismässig ist. 2 Die Standardisierungsorgane legen in ihren Zuständigkeitsbereichen fest, wer für die rechtzeitige Überprüfung der Standardisierungsentscheide zuständig ist. Art. 9 Beschaffungsregeln 1 Standardprodukte sind ohne Hinweis auf besondere Handelsmarken im freien Wettbewerb nach den Regeln des Bundesgesetzes vom 16. Dezember über das öffentliche Beschaffungswesen und der Verordnung vom 11. Dezember über das öffentliche Beschaffungswesen zu beschaffen. 2 In begründeten Ausnahmen kann das Standardisierungsorgan ein Produkt einer bestimmten Handelsmarke zum Standardprodukt erklären; in diesem Fall erfolgt die Beschaffung unter Nennung der Handelsmarke nach den Regeln des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen. 2 SR SR
5 3 Die zuständige Beschaffungsstelle befristet die Rahmenverträge mit den Lieferanten von Standardprodukten zeitlich und schreibt den Bedarf an entsprechenden Produkten in angemessenen Abständen wieder aus. 4 Die auf dem Markt angebotenen Billig- und Gratisprodukte sind analog nach den Regeln des Beschaffungsrechts einer umfassenden Wirtschaftlichkeitsabklärung zu unterziehen, bevor sie zum Standardprodukt erklärt werden können. Es sind insbesondere die möglichen Folgekosten für das Amt, das Departement und die Bundesverwaltung in den Entscheid einzubeziehen. Art. 10 Einprodukte- und Mehrproduktestrategie Wo die Gefahr einer erheblichen kommerziellen oder technischen Abhängigkeit von einzelnen Produkten oder Lieferanten besteht oder wo die Bedürfnisse der Verwaltungseinheiten stark voneinander abweichen, wählt das Standardisierungsorgan in der Regel eine Mehrproduktestrategie. Es trifft diesen Entscheid im Einzelfall und gestützt auf eine Marktanalyse sowie auf eine umfassende Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen der verschiedenen Varianten, soweit dies sinnvoll und verhältnismässig ist. 3. Abschnitt: Instrumente zur Förderung der Standardisierung Art. 11 Bericht an den Bundesrat Das Eidgenössische Finanzdepartement erstattet dem Bundesrat alle zwei Jahre Bericht zur Standardisierung der Informatikmittel in der Bundesverwaltung. Der Bericht umfasst insbesondere Angaben über die realisierten Kosteneinsparungen und das noch bestehende Potenzial für weitere Einsparungen durch Standardisierung. Art. 12 Optionsrecht und Rahmenverträge 1 Die zuständige Beschaffungsstelle bringt für Produkte, die potenziell für mehrere Verwaltungseinheiten von Interesse sein können, einen Vorbehalt in der Ausschreibung an. Vorbehalten bleibt die künftige Nutzung durch weitere Verwaltungseinheiten und die künftige Erhebung zum departementalen oder bundesweiten Produktstandard. Voraussetzung für den Standardisierungsentscheid ist in diesen Fällen die befriedigende Verhandlung mit dem Lieferanten, um wirtschaftlich günstige Konditionen für allfällige höhere Bezugsmengen zu erhalten. 2 Für Produkte, die für mehrere Verwaltungseinheiten von Interesse sind, schliesst die zuständige Beschaffungsstelle zeitlich befristete Rahmenverträge ab. 3 Die Verwaltungseinheiten können in diesen Fällen ihren Bedarf direkt und ohne weitere Ausschreibung bei der zuständigen Beschaffungsstelle abrufen. Art. 13 Informationssystem, Melde- und Informationspflichten und elektronischer Katalog
6 1 Das BBL führt ein Informationssystem im Intranet der Bundesverwaltung, das sämtliche bundesweiten und departementalen Standards enthält. 2 Die Standardisierungsorgane sind verantwortlich für die umgehende Meldung neuer Standardprodukte. 3 Das Informationssystem des BBL umfasst insbesondere folgende Informationen: a. die aktuellen departementalen und bundesweiten Standards; b. nicht standardisierte Produkte, für die Rahmenverträge mit Lieferanten abgeschlossen wurden; c. die laufenden und geplanten Beschaffungen in der Bundesverwaltung, insbesondere laufende und geplante öffentliche Ausschreibungen. 4 Die Bedarfsstellen sind verpflichtet, in der Bestellung auszuweisen, auf welches Informatikeinsatzgebiet gemäss Architekturraster des ISB sich das bestellte Informatikprodukt bezieht. 5 Die Bedarfsstellen melden ihre geplanten öffentlichen Ausschreibung so schnell wie möglich dem BBL, in jedem Fall aber zwei Monate vor der geplanten Publikation der Ausschreibung im amtlichen Publikationsorgan. 4. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 14 Vollzug Für den Vollzug dieser Verordnung sind die Departemente verantwortlich. Art. 15 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2002 in Kraft.
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