Beurteilung der Grundwasserbelastung durch Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten
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- Klemens Brahms
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1 Beurteilung der Grundwasserbelastung durch Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten 3. Tagung zum Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, Zollikofen Ignaz Bürge Pflanzenschutzchemie Wädenswil, Photo: R. Kasteel Photos: Agroscope
2 Welche Faktoren beeinflussen die mögliche Verlagerung von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten ins Grundwasser? Substanzeigenschaften (Abbau und Mobilität im Boden) Bodeneigenschaften (Textur, organischer Kohlenstoff) klimatische Bedingungen (Temperatur, Niederschläge, Evapotranspiration) angebaute Kultur (Kulturstadium, Bodenbedeckung) Aufwandmenge, Häufigkeit der Applikation Zeitpunkt der Applikation (Jahreszeit) 2 Photos: Agroscope
3 Substanzeigenschaften Mobile Verbindungen, die nur langsam abgebaut werden, können grundsätzlich ins Grundwasser gelangen. Relevante Substanzeigenschaften: Halbwertszeit des Abbaus im Boden (DT 50 ) Verteilungskoeffizient Boden/Wasser (K F ) Verteilungskoeffizient Luft/Wasser (K H ) Aufnahmefaktor Pflanze/Wasser (PUF) 3
4 Abbauweg im Boden Laborstudien mit 14 C-markierten Verbindungen bei konstanter Temperatur, Feuchtigkeit, im Dunkeln Herleitung des Abbauwegs Bestimmung der Massenbilanz: - Wirkstoff - Metaboliten: müssen identifiziert werden, wenn > 5 % - nicht extrahierbare Rückstände (z.b. Einbau in Huminstoffe) - Mineralisierung (Bildung von CO 2 ) Abbildung: Draft Registration Report Tembotrione
5 Geschwindigkeit des Abbaus im Boden (I) Wirkstoff Bildungsrate Metabolit Einflussfaktoren: mikrobielle Aktivität Bioverfügbarkeit Temperatur Feuchtigkeit (ph-wert) DT 50 DT 90 Time to 50 and 90 % Degradation 5
6 Bildungsrate Geschwindigkeit des Abbaus im Boden (II) ph Abbau erfolgt oft exponenziell, häufig auch mit einer weiteren Verlangsamung im Verlauf der Zeit (bi-phasisch) ggf. ph-abhängiger Abbau, oft langsamer in sauren Böden ggf. ph-abhängige Bildungsrate von Metaboliten 6
7 Geschwindigkeit des Abbaus im Boden (III) DT 50 Werte publiziert in List of Endpoints der EFSA Conclusion (für Wirkstoff und Metaboliten) 7
8 Konzentration im Boden Bindung (Sorption) im Boden (I) Freundlich-Sorptionsisotherme beschreibt die Verteilung einer Testsubstanz zwischen Boden und Wasser in einer Bodensuspension: c s = K F c w 1/n Verteilungskoeffizienten Boden/Wasser (K F ) und Freundlich-Exponenten (1/n) werden experimentell bei unterschiedlichen Konzentrationen bestimmt Konzentration im Wasser Sorptionsisothermen einer Testsubstanz in vier unterschiedlichen Böden 8
9 Bindung (Sorption) im Boden (II) Verteilungskoeffizienten Boden/Wasser (K F ) korrelieren oft mit dem Gehalt an organischem Kohlenstoff (C org ) K F Werte werden normiert: K Foc = K F /C org (gelegentlich auch Korrelation mit Tongehalt) ggf. ph-abhängige Sorption im Boden, oft stärkere Sorption in sauren Böden 9
10 Bindung (Sorption) im Boden (III) K F resp. K Foc Werte publiziert in List of Endpoints der EFSA Conclusion (für Wirkstoff und Metaboliten) Sorption von Metaboliten oft geringer als jene des Wirkstoffs 10
11 Abschätzung der Verlagerung von Pflanzenschutzmitteln und Metaboliten mit Computer-Simulationsprogrammen: FOCUS Modelle und Szenarien (I) FOCUS: forum for the coordination of pesticide fate models and their use eindimensionale, chromatographische Modelle, z.b. PELMO oder PEARL 9 Szenarien in Europa 11
12 FOCUS Modelle und Szenarien (II) Metabolismusschema, Abbaugeschwindigkeit Anwendungsparameter, weitere Substanzeigenschaften 12
13 FOCUS Modelle und Szenarien (III) Bodeneigenschaften Klimadaten (20 Jahre) Daten zu 25 Kulturen, Fruchtfolge 13
14 FOCUS Modelle und Szenarien (IV) FOCUS PELMO Output-File für die Grundwasserbeurteilung relevanter Output: Jahresdurchschnittskonzentrationen von Wirkstoff und Metaboliten im Bodensickerwasser in 1 m Tiefe berechnet wird die 80 % Perzentile während 20 Jahren (PEC gw : predicted environmental concentration in «groundwater») PEC gw sind Basis für Management (Zulassungsentscheid) Photo: Agroscope 14
15 FOCUS Modelle und Szenarien (V) Worst-Case Charakter der verwendeten Parameter: Substanzeigenschaften - geometrisches Mittel der DT 50 Werte (bei bi-phasischem Abbau aus langsamer Phase abgeleitet) - geometrisches Mittel der K F /K Foc Werte - ggf. Berücksichtigung ph-abhängiger Abbau oder Sorption Bodeneigenschaften (Textur, organischer Kohlenstoff) - 80 % Perzentilen (v.a. sandige, humusarme Böden) klimatische Eigenschaften (Temperatur, Niederschläge, Evapotranspiration) - 80 % Perzentilen Photo: Agroscope Photo: Agroscope 15
16 FOCUS Modelle und Szenarien (VI) nicht berücksichtigt: präferenzieller Transport durch Makroporen wird nur im FOCUS Modell Macro berücksichtigt + Verdünnung vom Bodensickerwasser in 1 m Tiefe bis ins Grundwasser (abhängig von der Höhe des Grundwasserspiegels, Mächtigkeit des Grundwasserleiters, etc.) + effektiver Einsatz in der Landwirtschaft (es wird in den Modellen grundsätzlich davon ausgegangen, dass 100 % der Fläche behandelt wird) Photo: Agroscope Photo: Agroscope Photo: Agroscope 16
17 Weitere Studien, welche ggf. relevant sind für die Grundwasserbeurteilung (I) Lysimeterstudien Applikation 14 C-markierter Substanzen auf einen Bodenzylinder Analyse von Sickerwasser während 2-3 Jahren gute Übereinstimmung mit Modellen Photo: Agroscope Lysimeteranlage Zürich-Reckenholz keine Datenanforderung mehr für neue Wirkstoffe (v.a. bei Altwirkstoffen relevant) 17
18 Weitere Studien, welche ggf. relevant sind für die Grundwasserbeurteilung (II) Monitoringstudien schwierig zu interpretieren, da oft die Daten zum Einsatz fehlen optimales Probenahmedesign schwierig verfügbare Monitoringdaten aus der Schweiz: generell MEC < PEC gw Feedback wichtig für Beurteilungsstellen Nationale Grundwasserbeobachtung NAQUA, Messergebnisse von 2014 Quelle: Aqua&Gas, Reinhardt et al
19 Beurteilung der Relevanz von Metaboliten bezüglich Grundwasser (I) Relevanzprüfung erfolgt durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und Agroscope Quelle: Aqua&Gas, Balmer et al
20 Beurteilung der Relevanz von Metaboliten bezüglich Grundwasser (II) BLW, BLV und Agroscope publizieren eine Liste zur Relevanz von Metaboliten, derzeit ca. 160 Metaboliten aufgeführt 20
21 Fazit Abbauweg im Boden und Bildung der Hauptmetaboliten sind bekannt. Daten zur Abbaugeschwindigkeit und Sorption im Boden sind für Wirkstoff und Metaboliten verfügbar und öffentlich zugänglich. EFSA Conclusion Die Schweiz verwendet EU-weit harmonisierte Simulationsmodelle und Szenarien für die Abschätzung von PEC gw Werten, welche eine realistische Worst-Case Situation beschreiben. Monitoringdaten aus der Schweiz: generell MEC < PEC gw Feedback wichtig Die Relevanz von Metaboliten bezüglich Grundwasser ist für rund 160 Verbindungen beurteilt worden und in einer öffentlich publizierten Liste zugänglich. wird regelmässig aktualisiert Im Rahmen der gezielten Überprüfung von Altwirkstoffen bezüglich Grundwasser wird die Anwendung weiterer Pflanzenschutzmittel eingeschränkt werden. 21
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