Messprinzip. Wichtige Kenngrößen für Lackschichten sind:
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- Linus Geier
- vor 8 Jahren
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1 Mechanische Charakterisierung von Lackschichten mit dem instrumentierten Eindringversuch nach DIN EN ISO und dem Mikrohärtemessgerät FSCHERSCOPE HM2000 Lackschichten finden eine breite Anwendung in den verschiedensten Bereichen unseres täglichen Lebens. Sie dienen meist zur Verschönerung des äußeren Erscheinungsbildes. In der Automobilindustrie und der Haushaltswarenindustrie haben sie darüber hinaus eine weitere wichtige Rolle zu erfüllen, den Schutz des Produkts vor Korrosion und äußeren Beschädigungen. Lacksysteme sind in der Praxis spürbaren Umwelteinflüssen ausgesetzt wie starken Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit und aggressiven Medien, z. B. saurem Regen, scharfen Reinigungsmitteln oder Insektenresten. Automobillacke müssen zudem noch eine gewisse Zähigkeit aufweisen, um sie widerstandsfähiger gegen Steinschlag und Kratzern, z. B. in Autowaschanlagen zu machen. Fassadenanstriche sollen Qualitätsmerkmale wie Lichtechtheit, Verwitterungsbeständigkeit und leichte Reinigung aufweisen. Viele dieser Eigenschaften hängen von der Dicke der Lackschicht ab. Weitere Kenngrößen sind die Härte der Schicht, die Elastizität, der Polymerisationsgrad und die Beständigkeit gegenüber UV-Strahlen. Diese können auf einfache Weise mit dem instrumentierten Eindringversuch nach DIN EN ISO bestimmt werden. Es müssen jedoch gewisse Versuchsbedingungen beachtet werden um vergleichbare Ergebnisse bei Messungen an unterschiedlichen Lacksystemen zu erhalten. Dann sind auch Vergleiche und Zusammenhänge zwischen dem instrumentierten Eindringversuch und der Glanzbestimmung oder der Pendelhärte möglich. Im Folgenden wird die instrumentierte Eindringprüfung kurz vorgestellt. Im zweiten Teil werden wichtige Versuchsbedingungen bei Messungen an Lacken zusammengefasst und im letzten Abschnitt das Messverfahren an zwei Beispielen dargestellt. Messprinzip Bei der instrumentierten Eindringprüfung nach DIN EN ISO nähert sich ein Eindringkörper, üblicherweise eine Vickers- oder Berkovich-Pyramide der Probenoberfläche an. Nach dem Auffinden der Probenoberfläche wird die Prüfkraft quasi kontinuierlich bis zum Erreichen der maximalen Kraft erhöht und dabei kraftabhängig die aktuelle Eindringtiefe gemessen. Unter Berücksichtigung des geometrischen Zusammenhangs zwischen Eindringtiefe und Eindringkörpergeometrie führt diese Messung zu dem Härtewert nach Martens HM = F/A, mit A = f(h) = Oberfläche des Eindrucks, h = Eindringtiefe und F = Prüfkraft. Dieser Härtewert beinhaltet plastische, elastische und viskoelastische Eigenschaften des Materials. Zusätzlich kann die Prüfkraft nach dem Erreichen der Maximalkraft konstant gehalten werden und das weitere Eindringen des Eindringkörpers, das Kriechen gemessen werden. Anschließend besteht die Möglichkeit die Prüfkraft wieder bis zu einer minimalen Kraft zu reduzieren und dabei die verbleibende Eindringtiefe prüfkraftabhängig zu bestimmen. Damit sind z. B. Werkstoffkenngrößen wie der Eindringmodul E IT und elastisch-plastische Energieanteile η IT bestimmbar. Auch die Eindringhärte H IT wird daraus berechnet. Bei dieser Eindringhärte wird nur der plastische Anteil der Materialverformung berücksichtigt (Abbildung 1 und Abbildung 2) Abb. 1: Prinzip der instrumentierten Eindringprüfung a = Krafterhöhung, b = Kraftreduzierung Wichtige Kenngrößen für Lackschichten sind: Abb. 2: Darstellung des Prüfvorgangs HM (Martenshärte),HM CR (Martenshärte nach dem Kriechen), H IT (Eindringhärte, nur plastische Einflüsse werden berücksichtigt) Rückschlüsse auf die Lackschicht: G.Bosch Seite 1 von
2 Alterung, Aushärtung, Vernetzung, Versprödung durch UV-Bestrahlung, Härteänderungen durch Temperatureinflüsse, Polymerisationsgrad E IT (Eindringmodul), η IT (elastische Rückverformung), C IT 1 (Kriechen bei maximaler Kraft), C IT 2 (Kriechen bei minimaler Kraft) Rückschlüsse auf die Lackschicht: viskoelastische Eigenschaften durch Witterungseinflüsse, Steinschlaganfälligkeit, Ausheilen der Schicht bei Kratzern, Polymerisationsgrad, Reflowverhalten des Lacks Einflussfaktoren des Eindringversuchs und des Messobjekts auf die Kenngrößen Das Prüfergebnis bestimmende prüfmethodische Einflussfaktoren des Eindringversuchs sind: Prüfkraft Aufbringzeit und Rücknahmezeit der Prüfkraft Einwirkungszeit / Haltedauer der Prüfkraft Temperatur des Prüfobjekts Luftfeuchtigkeit der Umgebung bei kleinen Eindringtiefen ( < 6 µm ) die Spitzenverrundung des Eindringkörpers Aufstellort des Messgeräts (Vibrationen, Gebäudeschwingungen) Das Prüfergebnis bestimmende prüfobjektspezifische Einflussfaktoren des Eindringversuchs sind: Dicke der Schicht (Einfluss des Grundmaterials) Beschaffenheit der Schicht (Rauhigkeit, Einlagerungen, z. B. Metalliclack ) Eigenschaften des Untergrunds Sollen Ergebnisse unterschiedlicher Lacke verglichen werden, müssen für alle Eindringversuche die gleichen Versuchsbedingungen beachtet und benutzt werden. Mit dem Mikrohärtemessgerät FSCHERSCOPE HM2000 sind diese Versuche einfach und schnell durchführbar. Abb. 3: FSCHERSCOPE HM2000 S Basisversion ohne Schwingungsdämpfung FSCHERSCOPE HM2000 XYp mit programmierbarem XY Tisch und aktiver Schwingungsdämpfung 1. Prüfobjektspezifische Einflussfaktoren 1.1 Einfluss des Grundmaterials Um die Schichteigenschaften mit dem Eindringversuch zu bestimmen, darf nur ca. 1/10 der Schichtdicke eingedrungen werden ( Bückle Regel ). Dies gilt für harte Schichten (DLC) gleichermaßen auch für weiche Schichten (Lack). Schon bei einer Eindringtiefe von 1/10 der Lackschichtdicke wird die Messung durch das Grundmaterial (Blech) merklich beeinflusst. Die maximale Prüfkraft muss an die jeweilige Lackschichtdicke angepasst werden. Liegen verschieden dicke Lacke und/oder verschieden harte Lacke zur Untersuchung vor, muss die maximale Prüfkraft für den dünnsten und weichsten Lack festgelegt werden. Dann sind die Ergebnisse der Messungen an allen zu untersuchenden Lacken vergleichbar. In Abbildung 4 ist der Einfluss des Grundmaterials auf die Martenshärte dargestellt. Die Lackschichtdicke beträgt 25 µm. G.Bosch Seite 2 von
3 Abb. 4: Einfluss des härteren Grundmaterials auf die Martenshärte Bestimmung der korrekten Prüfkraft 1.2 Beschaffenheit der Schicht (Klarlack -- Metalliclack ) Durch die Einlagerung von Metallic-Partikeln erhöht sich die Streuung der Messwerte. Aufgrund des Einflusses des Grundmaterials kann nur mit kleinen Kräften das heißt kleinen Eindringtiefen gemessen werden. Somit trägt zur Messung nur ein kleiner Volumenanteil bei. In diesem kann ein Partikel vorliegen oder auch nicht. Abbildung 5 zeigt den Unterschied zwischen Messungen an einer Klarlackschicht im Vergleich zu einer Metallic-Lackschicht. Man beachte: Hier wurde zur Verdeutlichung mit verschiedenen und zu hohen Prüfkräften gearbeitet. Abb. 5: Einfluss der Schichtbeschaffenheit (glatt, rau, Partikeleinlagerungen) auf die Messung 2. Prüfmethodische Einflussfaktoren 2.1 Aufbringzeit und Rücknahmezeit der Prüfkraft Die elastischen und viskoelastischen Eigenschaften einer Lackschicht beeinflussen das Eindringen des Indentors in die Schicht. Wird die maximale Kraft in einem längeren Zeitintervall aufgebracht, nimmt die Eindringtiefe zu, die Martenshärte nimmt ab. (Abbildung 6) Abb. 6: Einfluss der Aufbringzeit der Prüfkraft auf die Martenshärte G.Bosch Seite 3 von
4 2.2 Einwirkungszeit / Haltedauer der Prüfkraft Wird zwischen Krafterhöhung und Kraftreduzierung eine Wartezeit Kriechen eingeschaltet, hat der Lack vor der Kraftreduzierung Zeit sich elastisch und viskoelastisch weiter zu verformen. Somit ändern sich elastischen Größen, wie z. B. E IT, η IT. Abbildung 7 zeigt die Änderung bei der Kraftreduzierung der Eindringtiefe bei unterschiedlichen Kriechzeiten. Der Einfluss ist vor allem zu Beginn der Kraftreduzierung, sprich bei hohen Kräften groß. Abb. 7: Einfluss einer Wartezeit zwischen Krafterhöhung und Kraftreduzierung auf die Entlastungskurve 2.3 Temperatur des Prüfobjekts Den Einfluss der Temperatur auf eine Klarlackschicht von 50 µm wird in Abbildung 8 dargestellt. Abb. 8: Temperatureinfluss auf die Martenshärte Mechanische Charakterisierung von Lackschichten am Beispiel eines Polyester-Pulverlacks und eines Automobil Reparaturlacks 1. Polyester-Pulverlack in Fassadenqualität. Abb. 9: Polyester-Pulverlack, Einfluss einer Bewitterung auf die Abb. 10: Außenfassade eines Gebäudes Martenshärte mit Polyester-Pulverlack G.Bosch Seite 4 von
5 Zum Nachweis des Einflusses einer Bewitterung auf das mechanische Verhalten von Polyester- Pulverlacken wurden Messungen an einer Probe mit Originaloberfläche (Referenzprobe), an Proben nach erfolgter 400 h QUV-Bestrahlung (Gerätebewitterung) sowie nach einem Jahr Florida-Auslagerung (Freibewitterung) durchgeführt (Abbildung 9). Deutlich ist zu erkennen, dass die Referenzprobe (grüne Kurve) ohne Bewitterung keinen Härteanstieg an der Oberfläche zeigt. Die Probe mit 1 Jahr Freiluftbewitterung in Florida zeigt eine leichte Erhöhung der Härte im oberflächennahen Bereich. Die Probe mit der 400 Stunden QUV-Bestrahlung (künstliche Gerätebewitterung) weist den größten Härtegradienten auf. Durch eine Bewitterung verändern sich die Härte und die Elastizität eines Lacksystems in oberflächennahen Bereichen. Der Grund liegt in der Veränderung der Molekülstruktur des Lacks. Durch den wiederholten Wechsel von Trocknung, Befeuchtung und Bestrahlung vernetzen sich die Lackmoleküle zunehmend, das führt zu einem Ansteigen der Lackhärte. 2. Automobilreparaturlack Autolacke haben verschiedene Funktionen zu erfüllen und besitzen demzufolge auch sehr unterschiedliche Eigenschaften. Mit den aus der instrumentierten Eindringprüfung erhaltenen Kenngrößen ist eine schnelle Differenzierung und Bestimmung ihrer unterschiedlichen Eigenschaften möglich. Den charakteristischen Verlauf der Martenshärte für eine weiche und eine harte 2K-Auto-Reparaturlack-Schicht zeigt Abbildung 11. Abb. 11: Verlauf der Martenshärte für 2 unterschiedlich harte 2K-Auto-Reparaturlacke 2K-Auto- Reparaturlack Mittelwert P2-1 P2-2 Standardabweichung P2-1 P2-2 HM [N/mm²] η IT C IT C IT E IT [kn/mm²] 1,39 3,07 Tab. 1: 2K-Auto-Reparaturlack, verschiedene Kenngrößen P2-1: Sample A soft P2-2: Sample B hard Fazit In der Lack- und Polymerindustrie werden immer mehr Werkstoffparameter wie Oberflächenhärte, Vernetzungsgrad, Kratzausheileigenschaften (Reflow Effekt) oder der Elastizitätsmodul als wichtiges Qualitätsmerkmal beurteilt. In der Praxis können die meisten dieser Kennwerte jedoch nur durch sehr aufwändige und zeitraubende Versuche ermittelt werden. Mit dem FSCHERSCOPE HM2000 stehen diese Werte oder artverwandte Werte die einen Rückschluss auf die bekannten, gewünschten Kenngrößen wie z. B. Glanzverhalten oder Pendelhärte erlauben oft schon nach einer sehr kurzen Messzeit zur Verfügung. Dadurch können schnell und effektiv mehrere chemische Prozessparameter bei der Herstellung oder Aushärtung des Lacks im Vergleich bestimmt, dargestellt und verglichen werden. G.Bosch Seite 5 von
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