Hörerorientierung: Ansätze und Erfahrungen
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- Hartmut Krause
- vor 8 Jahren
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1 Medientreff NRW - Lokalfunk trifft Zeitgeist, Hörer im Fokus Hörerorientierung: Ansätze und Erfahrungen Bad Honef, 4. September 2012 Prof. Dr. Vinzenz Wyss Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften vinzenz.wyss@zhaw.ch 1 Selbstbeobachtung und Synchronisation von Gesellschaft über die Rezeption journalistischer Kommunikationsangebote durch das Publikums Politik Wirtschaft Demonstration Recht Kunst Public Relations Film Verkündigung Öffentlichkeit Urteil Journalismus Forschungsbericht Public Relations Wissenschaft Religion Bildung etc. 1
2 3 Konstruktionen des Publikums als Schutzbedürftige, politisch Bürger, sozialer Akteur, Beurteiler von journalistischer Qualität, publizistisch interpretierende Beteiligte, Fan, kulturell Produzenten von»user generated content«, mündige Konsumenten, ökonomisch Zielgruppe ( coin of exchange ), Aggregat von Medienkontakten (Wyss 2008; Hasebrink 2008: 526; Kiefer 2001; Siegert 1998; Karmasin 1998 Bonfadelli/Meier 1996) 4 2
3 Publikumskonstruktionen als Regeln und Ressourcen Komplex Regeln / Normen Ressourcen Deutungsmuster / Normen: Selbstverständnis Publikumskonzept, Erwartungserwartungen Rollenbilder, Standards rekursiver Prozess Fazilitäten / Machtmittel: «Wissen» über das Publikum, Controlling, Prozesse, z.b. Planung, Abnahme, Feedback, Kritik Kommunizieren / Rechtfertigen Macht ausüben 5 Modell der Qualitätssicherung Regeln Ressourcen Output Outcome Q-Ziele Normen Allokative Autoritative Inhalte Publika Leitbilder Leitlinien Personal Geld, Technik Konzepte Ethik-Kodex Wissen Hierarche Redaktionsstatute Organisationsstruktur Journalistenkodex Sicherungs- Prozesse Q-Standards: Relevanz Vielfalt Richtigkeit Aktualität Transparenz Narrativität Wirkungen: Information Verstehen Orientierung Partizipation präventiv Briefing Aussagewunsch Themenplanung produktionsbegleitend Coaching Fact-Checking Abnahme rückblickend Feedback Selbstkritik Publikumsreaktion 3
4 7 Publikumskonstruktionen im Prozess der Qualitätssicherung Planung Recherche Produktion Publikation Meta-Analyse Redaktionskonferenz / Selektion Briefing / «Aussagewunsch» Gegenhören / Abnahme / Freigeben Feedback/ Kritik / Bewertung Evaluation Publikum als Konstrukt 4
5 Daten Benchmark «Ich habe klare Vorstellungen von unserem Zielpublikum» Vorstellungs-Diskrepanz - angenommene vs. tatsächliche - individuelle vs. redaktionelle 2 von 10 Redaktionen haben ein detailliertes Publikums- Konzept 6 von 10 kommunizieren Ergebnisse der Publikumsforschung (vertrauliche Werbedaten, «frustrierende Effekte») 10 5
6
7 «Wir stützen unsere Vorstellungen auf Daten der Publikumsforschung» alle untersuchen Redaktionen verfügen über Daten der Markt- & Publikumsforschung aber: Ergebnisse führen nur selten zu revidierten Publikumskonzeptionen (2 von 10 Redaktionen), weil Daten z.t. nicht brauchbar (quantitative Reichweitendaten) 13 «Bei der Vorbereitung eines Beitrags gehe ich vom Nutzen für das Publikum aus» Relevanz Interesse Nutzen - Vage Vorstellung - Primär ökonomische Orientierung (Zielpublikum, Soziodemographie etc.) 14 7
8 Der Aussagewunsch Zum Beispiel: «Die Hörerinnen/Hörer sollen miterleben, warum der gehbehinderte Herr X immer noch gerne zur Arbeit geht, obwohl er dabei jeden Tag einen Spießrutenlauf absolvieren muss.» Der Aussagewunsch ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen der Redaktion und dem Autor über das Ziel des Beitrages. Dabei wird explizit ein Bezug zum Publikum hergestellt. Der Beitrag wird auf eine klar fokussierte Geschichte reduziert. 15 Satzteil Die Hörerinnen und Hörer sollen Bedeutung der Satzteile Der Adressat des Aussagewunsches ist immer das Publikum, nicht die Macherin oder der Macher. Dieser erste Teil des Satzes bleibt immer gleich. miterleben / erfahren / verstehen / kennenlernen / erkennen etc. warum / dass / weshalb / ob / wie / wieviel etc. Herr X / Frau Y / die Gruppe X / die Sache Z etc. gehbehindert / die Sache, das Ereignis, den Sachverhalt, Protagonist A etc. gerne / schwierig / stockend / gut / erfolgreich / entschieden etc. zur Arbeit geht / lebt / sich entwickelt / Regie führt / weiterlebt etc. obwohl / trotzdem / auch wenn er etc. Das erste Verb (im Aktiv) gibt bereits einen wichtigen Hinweis auf die Art des Beitrags: Geht es um Information, Wissensvermittlung, Mitreisen, Beobachten? Das Bindewort zum Nebensatz spezifiziert die inhaltliche Ausrichtung. Es ist ein Unterschied, ob wir einen Sachverhalt ( dass ) umschreiben oder etwas herausfinden wollen ( warum ). Das Subjekt des Nebensatzes bezeichnet in der Regel den Handlungsträger oder die Heldin der Geschichte. Das Objekt bezeichnet den Sachverhalt oder das Problem. Adverbien und Adjektive geben einen Hinweis auf die emotionale Richtung oder Wertigkeit der Geschichte. Das zweite Verb schliesst den Satz ab und bezeichnet die Bewegung des Subjekts. Lässt sich ein präzisierender/ relativierender dritter Satzteil anfügen, kann dadurch schon die Fallhöhe / der Widerpart / der Konflikt sichtbar werden. 8
9 Die 'umgekehrte Pyramide' Kern-Aussage Quelle Einzel heiten H 'Andockmodell' Quelle: KROPF, Thomas (2011): Pyramide und Andockmodell: Form und kommunikative Verankerung. 9
10 Andockmodell: Verstehen Information 1 Information 2 hilft verstehen hilft verstehen 'Welt-Wissen' Pyramide vs. Andockmodell Pyramidenmodell INHALTS-orientiert Es blendet das Publikum aus. Die zentrale Frage: Was ist neu? 'Neues' kommt vor 'verstehen' Andockmodell KOMMUNIKATIONSorientiert Die zentrale Frage: Wie muss das Neue transportiert werden, damit es verstanden wird? 'verstehen' kommt vor 'Neues' 20 10
11 Pyramide vs. Andockmodell Pyramidenmodell Das Amtsgericht Olten- Gösgen hat im Fall der Pensionskassen- Stiftungen "Vera" und "Pevos" ein Urteil gefällt. Die sieben Verantwortlichen der beiden Stiftungen wurden freigesprochen und erhalten nun Genugtuungs-Zahlungen. Andockmodell Es war das bisher grösste Pensionskassen-Debakel in der Schweiz: Mitte der 90er-Jahre gerieten die beiden Oltner Pensionskassen-Stiftungen "Vera" und "Pevos" in den Strudel der Immobilienkrise. 21 Pyramidenmodell vs. Andockmodell 11
12 23 «Die Publikumsperspektive wird bei der Sendungskritik jeweils thematisiert» Diskrepanz - Selbsteinschätzung vs. Beobachtungen - implizit vs. explizit («das interessiert doch die Leute jetzt») An Kritikrunden sind Publikumsvertreter so gut wie nie eingeladen Publikumsperspektive in der redaktionellen Diskussions- und Kritik-Kultur nicht institutionalisiert 24 12
13 25 Kontakt mit dem Publikum (Online) Publikum Kommentarfunktion Social Media? Ambivalenz + - Kontrollmöglichkeit Barometer Inspirationsquelle Inputs, Kontakt zu Publikum Forumseintrag/ Kommentar aufwändig, aufgeregt keine Schranken, Reflexe Affekt Geschwätz, Inspirationsquellen Personalisierung Social Media / Facebook etc. Müll, Valenzproblem, zeitaufwändig Orientierung, Publikum kennen Seismograph Demokratisierung Klick -Referenz Anpassungsdruck gefährliches Tool Nivellierung Interaktion bleibt eher einseitig, Potenzial der Inklusion wenig ausgeschöpft erhöhter Ressourcenbedarf, erhöhte Anforderungen an Professionalität 26 13
14 Publikumsrat institutionalisiertes externes Feedback In regelmäßigem Turnus werden (relevante) Hörer rekrutiert, die frei oder nach Wunschkriterien ein paar Sendungen begutachten. Ein bewusst zusammengesetztes Gremium trifft sich in regelmässigen Abständen zur Besprechung der Programmqualität. Ombudsstelle / Umgang mit Beanstandungen 27 Publikumskonstruktionen im Prozess der Qualitätssicherung Planung Recherche Produktion Publikation Meta-Analyse Redaktionskonferenz / Selektion Briefing / «Aussagewunsch» Gegenhören / Abnahme / Freigeben Feedback/ Kritik / Bewertung Evaluation Publikum als Konstrukt 14
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