Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens BT Drucksache 18/7457
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- Mareke Krause
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1 Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens BT Drucksache 18/7457 anlässlich der öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung am Mittwoch, 13. April 2016
2 - 2 - Allgemeines Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e. V. unterstützt das wesentliche Ziel der Reform, nämlich durch strukturelle Umgestaltung der Kommunikations- und Verwaltungsprozesse mit Maßnahmen zur technischen, organisatorischen und rechtlichen Modernisierung den Steuervollzug zu optimieren und zukunftsfähig zu machen. Wir bewerten positiv, dass Steuerberater, Lohnsteuerhilfevereine und andere Verbände im Rahmen des Diskussionsentwurfs zu einem frühen Zeitpunkt in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden wurden und bereits Gelegenheit hatten, kritisch und konstruktiv das umfassende Reformwerk zu beleuchten und durch Stellungnahmen und Gespräche am Gesetzgebungsverfahren mitzuwirken. Positiv konstatieren wir auch, dass einige unserer Forderungen aus der gemeinsamen Eingabe des Deutschen Steuerberaterverbandes (DStV), des Bundes der Steuerzahler (BdSt), des Neuen Verbandes der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) und des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine (BDL) Anpassung des Steuerverfahrens an die moderne Kommunikation mit der Finanzverwaltung vom 9. September 2011 Eingang in den Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums gefunden haben. Zu erwähnen sind insbesondere die Einführung von Mitteilungspflichten an den Steuerpflichtigen bei Datenübertragung Dritter ( 93c AO- E, Seite 15) und die Anpassung der steuerlichen Korrekturvorschriften ( 173a AO-E, Seite 24). Kritisch bewerten wir weiterhin die so genannte Modifizierung des Untersuchungsgrundsatzes in 88 AO-E und halten insbesondere die Einführung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten als weiteren unbestimmten Rechtsbegriff als Grundlage für die Entscheidung über Art und Umfang von Ermittlungen für zu weitgehend. Wir sehen dadurch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährdet. Kritisch betrachten wir auch die Tatsache, dass sogenannte E-Daten Dritter als Basis für den Steuerbescheid dienen, ohne dass der Steuerpflichtige diese Daten nach
3 - 3 - Prüfung in seine Steuererklärung einfügt bzw. übernommen hat. Weichen die vom Steuerpflichtigen plausibel erklärten Daten von den Drittdaten ab bzw. bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Drittdaten, soll u. E. die Finanzverwaltung und nicht der Steuerpflichtige für die Klärung der Abweichung nach den geltenden Regeln zur Feststellungslast verantwortlich sein. Im Einzelnen nehmen wir zum Entwurf wie folgt Stellung: Artikel 1 - Änderung der Abgabenordnung Nummer 5 ( 29a AO Unterstützung des örtlich zuständigen Finanzamts auf Anweisung der vorgesetzten Finanzbehörde) Wir halten die vorgesehene Flexibilisierung der Arbeitsorganisation für eine sinnvolle Maßnahme, um in besonderen Situationen ohne bürokratischen Aufwand einen durchgehend zeitnahen, gesetzmäßigen und gleichmäßigen Steuervollzug durch die Finanzämter zu gewährleisten. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, dass der Steuerpflichtige über eine solche Anordnung bei Bedarf zu informieren ist und ein Bedarf insbesondere immer dann vorliege, wenn Rückfragen des Finanzamtes beim Steuerpflichtigen oder Fragen des Steuerpflichtigen zu seinem Steuerfall bestünden. Damit diese Regelung nicht zu Nachteilen bei den betroffenen Steuerpflichtigen bzw. ihren Beratern führt, regen wir an, das Finanzamt gesetzlich zu verpflichten, auf dem Steuerbescheid einen Hinweis anzubringen, dass die Bearbeitung in einem anderen als dem örtlich zuständigen Finanzamt erfolgte. Dies ist auch für telefonische Rückfragen des Steuerpflichtigen oder seines Beraters sinnvoll, damit er sich unmittelbar an den dortigen Bearbeiter bzw. Bezirk wenden kann. Die Folge daraus kann sein, dass das Rechtsmittelverfahren und damit unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden wird.
4 - 4 - Nummer 8 ( 80 Abs. 1 AO Bevollmächtigung und Beistände) Die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens soll auch bisherige Medienbrüche vermeiden. Die Notwendigkeit zur Vorhaltung von Vollmachten in Papierform stellt einen Medienbruch innerhalb der Beratungsstellen der Lohnsteuerhilfevereine dar. Die qualifizierte elektronische Signatur, die eine Originalunterschrift auf Papier ersetzen kann, wird derzeit und soweit absehbar auch künftig kaum genutzt und hilft daher in der heutigen Praxis nicht weiter. Der BDL bittet zu prüfen, inwieweit rechtssichere Regeln für die Vorhaltung von Vollmachten in elektronischer Form bis zur flächendeckenden Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur geschaffen werden können. Da das ersetzende Scannen diese Voraussetzungen nach unserer Auffassung noch nicht erfüllt, regen wir an, als Übergangslösung eine Regelung zur elektronischen Vorhaltung zu schaffen, die auf überzogene Anforderungen bezüglich der Echtheit des Dokuments verzichtet. Nummer 12 ( 88 AO Untersuchungsgrundsatz) Abs. 1 Der Absatz 1 entspricht der bisherigen Regelung, definiert den Amtsermittlungsgrundsatz, der wie bisher durch Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen sowie Grundsätze der Feststellungslast begrenzt wird. Abs. 3 Absatz 3 enthält neben dem im Absatz 2 formulierten unbestimmten Rechtsbegriff der Verhältnismäßigkeit weitere unbestimmte Rechtsbegriffe: - bestimmte oder - bestimmbare Fallgruppen
5 Wirtschaftlichkeitsaspekte und - Zweckmäßigkeitsaspekte sowie - allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden. Die Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe eröffnet der Finanzverwaltung große Spielräume zur Beurteilung der Frage, ob überhaupt Sachverhaltsermittlungen angestellt werden müssen und wenn ja, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang diese zu erfolgen haben. Die Begriffe Verhältnismäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit überschneiden sich inhaltlich überdies in erheblichem Umfang. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird auf diese Weise nicht angemessen an die aktuellen Verhältnisse des Besteuerungsverfahrens angepasst, sondern in unbestimmter Weise mehr oder weniger deutlich eingeschränkt. Die vorgesehene Änderung des 88 AO schränkt den Amtsermittlungsgrundsatz zumindest insofern erheblich ein, als künftig über die Verhältnisse des Einzelfalls und der Verhältnismäßigkeit hinaus allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden und Wirtschaftlichkeits- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte Berücksichtigung finden können. Dies führt dazu, dass keine erkennbaren nachvollziehbaren Maßstäbe für die Amtsermittlungspflicht mehr vorliegen. Die erwähnten Voraussetzungen sind nicht greifbar. Insbesondere die Einführung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten öffnet einer für den Bürger nicht nachvollziehbaren Ermittlungsauswahl Tür und Tor. Sie kann einerseits zu Lasten des Steuerpflichtigen und andererseits zu Lasten der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gehen. Es handelt sich um eine gravierende Änderung bzw. um eine deutliche Einschränkung des Amtsermittlungsgrundsatzes. Als Eingriffsverwaltung muss die Steuerverwaltung die Maßnahmen im Besteuerungsverfahren von Amts wegen ausführen und eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung gewährleisten. Das Legalitätsprinzip ( 85 AO) ist zu wahren. Bereits nach geltendem Recht ist bei der Amtsermittlung auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (AEAO zu 88 Nr. 1). Der das öffentliche Recht prägende Untersuchungsgrundsatz (vgl. z. B. 24 VwVfG, 20 SGB X) reicht nach unserem Verständnis völlig aus, um im Einzelfall angemessen zwischen Ermittlungsmaßnahme und angestrebtem Erfolg sinnvoll abzuwägen. Nach unserer Überzeugung ist es nach rechtsstaatlichen Maßstäben zur Wahrung des
6 - 6 - Gleichheitsgrundsatzes (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) nur vertretbar, im Besteuerungsverfahren auch Erwägungen anzustellen, die im Ergebnis Zweckmäßigkeitsgründe darstellen (BVerfG, Beschluss vom , 1 BvL 9/71; 1 BvL 19/71, BStBl. II 1973, 720). Neben der Verhältnismäßigkeit halten wir die Aufnahme des Begriffs Zweckmäßigkeit als Tatbestandsmerkmal des 88 AO für vertretbar, wenn auch nicht für zwingend notwendig, die zusätzliche Einführung des Tatbestandsmerkmals Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte ist daneben in jedem Fall zu weitgehend. Es wird ein weiterer unbestimmter Rechtsbegriff eingeführt, dessen Notwendigkeit nicht erkennbar ist. Dass die stärkere Orientierung des Verwaltungsvollzugs an Wirtschaftlichkeits- und Zweckmäßigkeitsaspekten nicht auf Kosten der Bürger und Unternehmen stattfinden soll, ist als Anspruch und Ziel zwar schon zu begrüßen, nach unserer Überzeugung in der Praxis aber nicht realistisch. Abs. 4 Verzicht auf Weiterleitung von Daten durch das Bundeszentralamt für Steuern und die Deutsche Rentenversicherung Im Fall einer zunächst nicht möglichen korrekten Zuordnung von E-Daten auf einen bestimmten Steuerpflichtigen soll es gesetzlich ermöglicht werden, auf eine korrekte Zuordnung zu verzichten und die Daten stattdessen bis zum Ablauf des fünfzehnten Jahres nach dem Jahr der Datenübermittlung zu speichern. Zwar wurde die Frist zur Datenspeicherung (auf Vorrat) von 20 Jahren (Referentenentwurf) auf 15 Jahre reduziert, dennoch stellt sich die Frage, weshalb nicht zunächst der Absender der Daten darüber informiert wird, dass die von ihm übermittelten Daten nicht zuordenbar sind, um auf diesem Weg eine Klärung herbeizuführen. Nummer 14 ( 93c AO Datenübermittlung durch Dritte) 93c AO erweitert bzw. vereinheitlicht die elektronischen Datenübermittlungspflichten Dritter. Die bereits bestehenden elektronischen Datenübermittlungspflichten Dritter
7 - 7 - sollen so ausgestaltet werden, dass im Regelfall eine ausschließlich maschinelle Verarbeitung möglich ist. Der BDL begrüßt ausdrücklich das Aufgreifen der gemeinsamen Forderung von DStV, BdSt, NVL und BDL vom 9. September 2011, die verschiedenen Regelungen und Normen zu harmonisieren und in der AO vor die Klammer zu ziehen. Die Formulierung in 93c Abs. 1 Nr. 3, wonach die mitteilungspflichtige Stelle den Steuerpflichtigen darüber zu informieren hat, welche für die Besteuerung relevanten Daten sie an die Finanzbehörden übermittelt hat und dies in geeigneter Weise und in angemessener Frist zu erfolgen habe, ist zu vage und sollte präzisiert werden. Die Formulierung sollte eindeutig festlegen, dass die mitteilungspflichtige Stelle die gleichen Daten, die sie an die Finanzbehörden übermittelt hat, dem Steuerpflichtigen mitzuteilen hat. Auf welche Weise sie dies tut, sollte der übermittelnden Stelle überlassen bleiben. Wir fordern darüber hinaus, dass die Mitteilung an den Steuerpflichtigen unverzüglich bzw. zeitnah zur Übermittlung an die Finanzbehörden und nicht binnen angemessener Frist zu erfolgen hat. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Mitteilungen an die Finanzbehörden und an den Steuerpflichtigen nicht zeitgleich erfolgen müssen, sondern für letztere eine weitere Frist über den 28. Februar hinaus zugestanden werden soll. Nummern 15, 21 ( 109 AO Verlängerung von Fristen 149 AO Abgabe der Steuererklärungen) Die vorgesehene Neuregelung der Steuererklärungsfristen wird von uns begrüßt. Sie bewirkt eine bürokratische Entlastung für Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen, da sich bisher erforderliche Fristverlängerungsanträge erübrigen. Dies ist zu begrüßen und auch notwendig. Da die von den Dritten gemeldeten und für die Steuererklärung erforderlichen Daten nicht vor dem 28. Februar des Folgejahres abschließend vorliegen müssen, können Steuererklärungen regelmäßig erst ab März erstellt werden. Die Bearbeitungszeit hat sich deshalb im Vergleich zu früheren
8 - 8 - Veranlagungszeiträumen in jüngerer Zeit im Grundsatz um zwei Monate auf 10 Monate verkürzt. Mit der Neuregelung wird einer Notwendigkeit Rechnung getragen. Eine Verlängerung des Stichtags für nicht beratene Steuerbürger vom 31. Mai auf den 31. Juli des Folgejahres hielten wir für folgerichtig. Die im neuen Absatz 4 des 149 AO vorgesehenen Fälle vorzeitiger Anforderung (Vorabanforderung) können für die Berater eine schwer zu organisierende Mehrbelastung schaffen. Lohnsteuerhilfevereine haben aufgrund der überwiegenden Erstattungsfälle hohe Arbeitsspitzen, insbesondere innerhalb des ersten Halbjahres. Wenn in diesen Fällen vorzeitige Anforderungen von Steuererklärungen, beispielsweise durch die vorgesehene Zufallsauswahl, erfolgen, entsteht eine deutliche Mehrbelastung. Die vorab angeforderten Fälle müssen vorrangig bearbeitet werden, da anderenfalls Schadensersatzansprüche aufgrund der Neuregelung eines verpflichtenden Verspätungszuschlages entstehen können. Fristverlängerungen sollten wie bisher ohne großen Aufwand ggf. auch stillschweigend gewährt werden können, z. B. wenn Steuerpflichtige wegen fehlender Unterlagen oder wegen einer Krankheit die Steuererklärung nicht fristgerecht abgeben können. Zumindest aber sollten keine Vorabanforderungen vor dem 31. Mai des Folgejahres vorgenommen und für die Befolgung der Anordnung eine Frist von vier statt drei Monaten vorgesehen werden. Nummer 18 ( 122a Abs. 5, 6 AO Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Bereitstellung zum Datenabruf) Die Einführung einer elektronischen Bekanntgabe von Steuerbescheiden, Einspruchsentscheidungen und sonstigen Verwaltungsakten nach Einwilligung des Steuerpflichtigen oder seines Bevollmächtigten halten wir im Sinne der Reduzierung von Medienbrüchen für richtig. Wir begrüßen auch die geplante Bekanntgabefiktion für Steuerbescheide, Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide und Zinsbescheide inklusive der mit ihnen verbundenen Verwaltungsakte.
9 - 9 - Aufgrund der Tatsache, dass die Bekanntgabe durch Bereitstellung zum Datenabruf nur mit Einwilligung des Steuerpflichtigen erfolgen kann, halten wir die Ausnahmeregelung des Absatzes für sonstige Verwaltungsakte, wie beispielweise Einspruchsentscheidungen (Bekanntgabe erst bei Datenabruf durch die abrufberechtigte Person) für entbehrlich. Die Einwilligung zur Bekanntgabe per Datenabruf wird zunächst im Wesentlichen von Steuerberatern und Lohnsteuerhilfevereinen erteilt werden, die einen regelmäßigen Datenabruf durchführen. Für deren Kanzleiabläufe wäre es einfacher und praxisgerechter, wenn die Dreitagefiktion einheitlich für alle Steuerverwaltungsakte gelten würde. Nummer 23 ( 152 AO Verspätungszuschlag) Die Festsetzung eines obligatorischen Verspätungszuschlags ohne Exkulpationsmöglichkeit 14 Monate nach Ablauf des Besteuerungszeitraums halten wir für nicht gerechtfertigt. Bei Rentnern sind zum Beispiel Fälle denkbar, dass Einkommensteuererklärungen für mehrere vergangene Jahre nachgeholt werden, die allerdings alle aufgrund der geringen Höhe der Einkünfte und wegen hoher Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnlicher Belastungen nicht zu einer Steuerfestsetzung, nur zu einer geringen Steuer oder gar zu einer Steuererstattung führen. Dennoch müsste ein solcher Rentner nach der gesetzlichen Neuregelung ab dem 15. Monat nach Ablauf des jeweiligen Besteuerungszeitraums monatlich 50 EUR Verspätungszuschlag zahlen, so dass schnell ein vierstelliger Betrag zusammen käme. Die Tatsache, dass in Fällen, die vom Finanzamt aufgegriffen werden, regelmäßig gemäß 152 Abs. 2 AO die Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung verlängert werden dürfte oder das Finanzamt diese Frist rückwirkend verlängern kann, hilft nicht. Fordert das Finanzamt nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auf, muss ein Rentner, im Fall einer Steuerpflicht, dennoch Steuererklärungen, möglicherweise auch für mehrere Jahre, nachreichen. Sollte nämlich eine Nachzahlung entstehen, muss der Rentner, um den Vorwurf der Steuerverkürzung
10 durch das Finanzamt und damit eine möglicherweise drohende Strafe zu vermeiden, von sich aus tätig werden und die Erklärungen bereits ohne Aufforderung durch das Finanzamt abgeben. Gerade die derzeitige Praxis zeigt, dass dies der am häufigsten auftretende Fall ist, mit dem unsere Beratungsstellen konfrontiert sind. Eine nachträgliche Fristgewährung durch das Finanzamt i. S. d. 152 Abs. 2 AO-E ist in diesen Fällen nicht gesetzlich vorgesehen. Ein Anspruch darauf besteht nicht. Um zu verdeutlichen, welches Ausmaß die automatisierte Festsetzung eines Verspätungszuschlags annehmen kann, soll das folgende Beispiel dienen: Beispiel: Ein Rentner kommt im Mai des Jahres 2020 in die Beratungsstelle, um prüfen zu lassen, ob er verpflichtet ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Die Beratungsstelle stellt fest, dass er für die Jahre 2017 bis 2019 verpflichtet war bzw. ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Aufgrund der abgegebenen Einkommensteuererklärungen ergeben sich folgende Steuerbeträge: VZ 2017 VZ 2018 Erstattung 200 EUR verbleibende Steuerschuld 120 EUR Nach 152 Abs. 2 und 3 AO-E wäre danach folgender Verspätungszuschlag festzusetzen: Abgabe Mai 2020 Anzahl Monate Verspätungszuschlag EUR VZ 2017 VZ 2018 Verspätungszuschlag Juni 2018 bis Mai 2020 Verspätungszuschlag Juni 2019 bis Mai Summe insgesamt: Es wären also insgesamt EUR Verspätungszuschlag festzusetzen, obwohl sich per Saldo eine Steuererstattung ergibt.
11 Wir lehnen die Neuregelung deshalb insbesondere für die Fälle ab, in denen es zu keiner Steuerfestsetzung, einer geringen verbleibenden Steuerschuld oder einer Steuererstattung kommt. Nummer 25 ( 155 Abs. 4 Satz 1 AO ausschließlich automationsgestützte Bearbeitung) 155 Abs. 4 Satz 1 AO sieht die ausschließlich automationsgestützte Steuerfestsetzung vor, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Laut Gesetzesbegründung wird ein derartiger Anlass insbesondere dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige in hierfür vorgesehenen Abschnitten oder Datenfeldern ( qualifizierten Freitextfeldern ) Angaben macht. Dies begrüßen wir und schlagen vor, diese Formulierung klarstellend in den Gesetzestext aufzunehmen, beispielsweise wie folgt: 155 Abs. 4 Satz 2 Ein solcher Anlass besteht insbesondere, wenn der Steuerpflichtige in der Steuererklärung in dem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld (Freitextfeld im Sinne des 150 Abs. 7 AO) Angaben gemacht hat. Nummer 32 ( 173a AO Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung einer Steuererklärung) Die neue Korrekturnorm berücksichtigt, dass künftig allein die Steuererklärung (regelmäßig ohne Belege und erläuternde Anlagen) an das Finanzamt übermittelt wird. Ihre Einführung entspricht im Grunde genommen der Forderung des DStV, des BdSt, des NVL und des BDL Anpassung des Steuerverfahrens an die moderne Kommunikation mit der Finanzverwaltung aus dem Jahr 2011 (siehe auch Allgemeines in dieser Stellungnahme). Dabei wurde auch unserer Forderung, eine Änderungsmöglichkeit innerhalb der Festsetzungsfrist analog 129 AO aufzunehmen, entsprochen. Dies ist auch sachgerecht, letztlich wird mit einer Korrektur eine materiell-richtige Steuerfestsetzung erreicht.
12 Im Vergleich zur Berichtigung nach 129 AO werden ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in der geplanten Vorschrift nicht aufgeführt. Die Begründung, mechanische Versehen des Steuerpflichtigen bei Erstellung der Steuererklärung seien schwer aufklärbar und beweisbar, überzeugt nicht. Gleiches gilt nämlich - aus Sicht des Steuerpflichtigen - bei mechanischen Versehen des Finanzamtes im Rahmen einer Berichtigung nach 129 AO. Die in der Gesetzesbegründung angeführte Annahme, auf Grund des BFH-Urteils vom IX R 18/14, das hinsichtlich eines schlichten Vergessens einer Eintragung im Steuererklärungsformular erging, sei stets eine Änderung auf Grund neuer Tatsachen i. S. d. 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, ist so nicht zutreffend. Der BFH ließ es gerade offen, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung in Frage kommt. Vielmehr ergibt sich aus dem BFH- Urteil eine Vielzahl von Streitpunkten, die gerade mit der Einführung von 173 a AO vermieden werden sollen. Die sich aus dem Urteil ergebende Änderungsmöglichkeit entspricht im Übrigen auch nicht dem Rahmen der Änderungsmöglichkeiten, der dem Finanzamt in 129 AO zugebilligt wird. In der Literatur (Seer in Tipke/Kruse 129, Rz. 9) heißt es, als den Schreib und Rechenfehlern (beruhend auf mechanischem Verschreiben, Verrechnen) ähnliche Unrichtigkeiten werden solche Fehler angesehen, die in einem sonstigen mechanischen zumal unbewussten, gedankenlos gewohnheitsmäßigen, unwillkürlichen Vertun bestehen, wie Übersehen, Vergreifen, Ablesen, Übertragen, Verwechseln, Vertauschen, falsches Addieren oder Multiplizieren o.ä., Vergessen, sich Verhören oder Versprechen am Telefon. Das Vertun pflegt auf Unachtsamkeit, Flüchtigkeit, Gedankenlosigkeit, Abgelenktheit o.ä. zu beruhen. Ein versehentliches Eintragen in ein falsches Feld in ELSTER wird als ähnliche offenbare Unrichtigkeit und nicht als Schreibfehler zu betrachten sein. Beispiel 1: Für eine Parteispende wird grundsätzlich eine Steuerermäßigung gem. 34g EStG gewährt, d. h. in Höhe von 50 % des Spendenbetrags wird die Einkommensteuer ermäßigt. Trägt man versehentlich die Parteispende als Spende an eine gemeinnützige Einrichtung ein, wird die Steuerminderung nur nach dem persönlichen Steuersatz gewährt, da sie als Sonderausgabe berücksichtigt wird. Die
13 Steuerentlastung ist in diesem Fall deutlich niedriger als bei Anwendung des 34g EStG. Diese Falscheintragung stellt keinen Schreibfehler dar, sondern eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit. Eine Korrektur gem. 173a AO-E würde damit ausscheiden. Beispiel 2: Für Aufwendungen von haushaltsnahen Dienstleistungen wird gem. 35a Abs. 2 EStG eine maximale Steuerermäßigung von EUR gewährt. Trägt man diese haushaltsnahe Dienstleistung im Formular versehentlich als Handwerkerleistung ein, wird die Steuerermäßigung nur bis zum für Handwerkerleistungen gem. 35a Abs. 3 EStG geltenden Höchstbetrag von EUR berücksichtigt. Auch hier liegt kein Schreibfehler vor, sondern eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit. Eine Korrektur nach 173a AO-E wäre auch in diesem Fall ausgeschlossen. Von diesen Fällen sind insbesondere Person betroffen, denen höhere Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen entstehen, z.b. bei intensiv notwendigen Pflegemaßnahmen usw. Aus diesem Grund sollten die Vorschriften von 129 und 173a AO-E, so unser Petitum, gleiche Voraussetzungen für eine Änderung des Steuerbescheids enthalten. Wir gehen davon aus, dass 173a AO-E mit der von uns vorgeschlagenen Ergänzung eine für die Praxis streitarme Vorschrift sein wird. Artikel 4 - Änderung des Einkommensteuergesetzes Nummer 8 ( 32b Abs. 3 5 EStG Erfassung von Lohnersatzleistungen / Stellungnahme des Bundesrates) Der BDL unterstützt die Bitte des Bundesrates, die Träger der Sozialleistungen zur Erstellung von Leistungsbescheinigungen mit Ausweis der in die Einkommensteuererklärung zu übernehmenden Daten zu verpflichten und begrüßt die zugesagte Prüfung durch die Bundesregierung. Den Leistungsempfängern würde die Eintragung des zutreffenden Betrags erleichtert, der Vorschlag ist sachgerecht und praxisnah
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