Bilder vom Leben, Bilder fürs Leben Einführung zur Innovationsallianz Molekulare Bildgebung Eckhard Heybrock
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- Arthur Martin
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1 Bilder vom Leben, Bilder fürs Leben Einführung zur Innovationsallianz Molekulare Bildgebung Eckhard Heybrock Heute sterben in Deutschland 575 Menschen. Morgen auch. Übermorgen werden es wieder so viele sein. Sie sterben an Krebs. Bei 8000 Bundesbürgern wird diese Woche ein bösartiger Tumor entdeckt. Und bei 36 Kindern. Dies ist eine Wahrheit unserer Zeit - und Krebs ist mit seinen gut 200 Arten nur eine kleine Gruppe der heute bekannten Krankheiten. Das Problem: 2/3 dieser Krankheiten sind heute ursächlich nicht behandelbar. 3/4 der Mittel in der globalen Gesundheitsfürsorge werden daher für die symptomatische Behandlung fortgeschrittener Krankheitsbilder ausgegeben. Die Zukunft liegt in vorbeugenden und frühzeitigen Gesundheitsmaßnahmen. Neue Technologien werden es Ärzten erlauben, Krankheiten im Frühstadium zu diagnostizieren und Patienten umgehend zu therapieren - möglichst noch bevor Symptome auftreten. Wie kann das funktionieren? Werfen wir hierzu einen genaueren Blick auf eine der heutigen Geißeln der Menschheit, den schon erwähnten Krebs. Wir könnten genauso gut auf Herz- und Kreislauferkrankungen, oder Demenzerkrankungen blicken, aber bleiben wir beim Krebs. Die Entstehung von Krebs läuft in den meisten Fällen nach ein und demselben Grundschema ab: Phase 1: Im Kern jeder Körperzelle steuert die Erbsubstanz, die DNA, alle Zellvorgänge. Sie ist dabei ständigen Angriffen ausgesetzt, zum Beispiel durch aggressive Moleküle. Können Schäden hierdurch nicht mehr repariert werden, läuft die Steuerung der Zelle aus dem Ruder. Sie entartet. Eine Leberzelle als Beispiel ist dann keine Leberzelle mehr. Phase 2: Ein unkontrollierbar wuchernder Zellhaufen entsteht, eine Vorstufe des Tumors. Doch das ist noch keine Katastrophe. Solche Entgleisungen kommen im Körper öfter vor - winzige Wucherungen, kleiner als ein Millimeter. Die meisten eliminiert der Körper selbst. Wenn aber alle Sicherheitsprogramme des Körpers versagen, wird die Wucherung für den Körper gefährlich. Phase 3: Denn dann setzt die massive, bösartige Zellteilung ein. Die Wucherung sendet Botenstoffe aus, um Blutgefäße anzulocken. Damit ist die Versorgung mit Nährstoffen gesichert und der Weg frei für ein ungehemmtes Wachstum des Tumors. 1
2 Phase 4: Und mit dem Anschluss an Blutgefäße gibt es dann meist kein Halten mehr. Der Tumor wächst und beginnt zu streuen. Krebszellen wandern ab und bilden andernorts Tochtergeschwüre - Metastasen. In aller Regel setzen Beschwerden erst in dieser Phase ein. Auch Vorsorgeuntersuchungen geben oftmals erst hier klare Hinweise auf eine Erkrankung. Dies ist natürlich viel zu oft viel zu spät. Warum ist das so? Wir sehen den Krebs heute einfach noch nicht eher. Und das, obwohl die medizinische Bildgebung bereits einen langen und erfolgreichen Weg hinter sich hat. Mit immer neuen Verfahren leistet sie Tag für Tag einen wesentlichen Beitrag für die Gesundheitsfürsorge. Hierbei hat sie auch das Bild des Menschen von sich selbst revolutioniert und neue Dimensionen des Verständnisses eröffnet. Die 1. Dimension: Die Geschichte der modernen, anatomisch orientierten Medizin in Europa beginnt in der Renaissance, u. a. mit Leonardo da Vinci. Er sezierte für 2
3 seine Körperstudien sogar heimlich Leichen. Die Medizin macht sich erstmalig die Bildgebung zunutze - wenn auch erst post mortem. Die 2. Dimension: 1895 entdeckt Wilhelm Konrad Röntgen in Würzburg seine X- rays. Erstmals können Bilder aus dem Inneren des lebenden menschlichen Körpers erzeugt und dabei auch krankhafte Veränderungen sichtbar gemacht werden. Die medizinische Diagnostik erobert das Reich 2-dimensionaler Bilder. Und bis heute ist das Röntgen, was im Prinzip ja nur ein Schattenbild ist, die am häufigsten eingesetzte medizinische Bildgebung. Mit Kontrastmitteln wurde auch schnell die Darstellung von Gefäßen oder inneren Organen möglich. Jedoch nur unzureichend. Und so brachte die Medizintechnik immer neue Verfahren hervor, die Ultraschall-Diagnostik oder nuklearmedizinische Verfahren z. B. in Form der Schilddrüsen-Szintigraphie, oder minimalinvasive optische Verfahren für Bilder aus dem Innern des Menschen. Die 3. Dimension: Einen richtigen Schub in der medizinischen Bildgebung brachte dann die Einführung von tomografischen Verfahren in den 70er Jahren. Sei es die Röntgentomografie, die Magnetresonanztomographie oder die Positronen- Emissions-Tomographie. Kürzel wie CT oder Kernspin gehören längst zum allgemeinen Sprachwortschatz. Ihnen gemeinsam ist die Röhre, in der der Patient liegt, während ihn die Detektorsysteme abscannen. Leistungsstarke Computer berechnen hieraus Schnittbild für Schnittbild und weiten so die medizinische Diagnostik in alle 3 Raumdimensionen aus. Hochmoderne, absolute Spitzentechnologien; und trotzdem, noch sind der Krebs und viele andere Krankheiten stärker. Es ist daher an der Zeit, einen Strategiewechsel vorzunehmen. Eine neue Dimension der Bildgebung muss die Erkenntnis nutzen, dass den pathologischen Prozessen einer Erkrankung frühe molekulare Mechanismen zu Grunde liegen. 10, mitunter bis zu 20 Jahre vor dem heute nachweisbaren Tumorwachstum treten bereits molekulare Veränderungen und Signale in Zellen auf. Sie verraten die Krankheit bereits auf zellulärer Ebene. 3
4 Die Sprache der Zellen verstehen und bildlich darstellen, dies ist der Vorstoß in die neue, in die 4. Dimension der medizinischen Bildgebung. Diese Sprache wurde von der Natur schon vor Jahrmillionen entwickelt. Es ist das wohl ausgetüfteltste Kommunikationsprinzip, welches das Leben in seiner Evolution hervorgebracht hat. Es ist ein molekulares Prinzip, hochspezifisch und hochsensitiv auf molekularer Ebene. Die Sprache der Zellen basiert in einem ganz einfachen Modell auf dem Aussenden von Botenstoffen, das sind bestimmte Molekülgruppen, aus der signalisierenden Zelle und dem Andocken dieser Stoffe an Rezeptoren der Zielzelle, zumeist an ihrer Oberfläche. In einem einfachen Modell funktioniert dies nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. In der Zielzelle wird hierdurch eine spezifische Reaktion ausgelöst. Im Falle von Defekten oder Funktionsänderungen präsentiert die Zelle nun spezifische Rezeptoren. Die Zelle signalisiert damit anderen Zellen und Molekülen des Körpers ihren momentanen Zustand. Und genau hier muss man ansetzen. Es gilt diese Signale der Zellen nachzuweisen, um erste Hinweise einer Erkrankung aufzuspüren. Hierzu muss man eine Vielzahl von Schlüsseln entwickeln, die spezifisch auf diese Rezeptoren der Zelle passen. Docken Sie an, so ist man fündig geworden. Damit man diese Vorgänge nun auch noch räumlich lokalisieren, also bildlich darstellen kann, bedarf es eines weiteren Tricks. Man bindet an die Schlüssel noch einen besonderen Schlüsselanhänger, ein Signalmolekül für unsere Detektoren. Es kann leuchten, magnetische, elektrische oder jede andere messbare, physikalische Eigenschaften vorweisen. Diese Sonden lassen sich dann mit einer neuen Generation bildgebender Systeme sichtbar machen und so einer kranken Zelle auf die Spur kommen. Diese neue Gerätegeneration muss hochselektiv, aber insbesondere hochsensitiv sein. Denn will man eine Krankheit im frühen Anfangsstadium nachweisen, dann 4
5 sind diese spezifischen Rezeptoren ja nur sehr vereinzelt an wenigen der etwa 100 Billionen Körperzellen vorhanden. Das dies grundsätzlich möglich ist, hat uns die Natur längst vorgemacht. Zu welcher Leistung dieses Prinzip fähig ist, zeigt das Beispiel des Schmetterlingsweibchens: Weibliche Tiere geben einen sehr spezifischen Duft ab, mit dem sie über viele Kilometer Entfernung Männchen anlocken können. Dabei hat jede Schmetterlingsart ihren eigenen Sexuallockstoff entwickelt. Nur Männchen der eigenen Art besitzen auf ihren Antennenbäumen Rezeptoren für diesen Duft. Sie können damit bereits einzelne Duftmoleküle wahrnehmen. Für eine solche Trennschärfe und Empfindlichkeit braucht es einen echten Innovationsschub bei Geräte- und Informationstechnologien für die Bildgebung. Und damit schmilzt der Vorsprung der Krankheit Stück für Stück dahin. 5
6 Betrachten wir hierzu im konkreten Fall wieder den Krebs, diesmal noch konkreter den Brustkrebs. Wie groß muss der Tumor sein, um ihn feststellen zu können: Zum Vergleich: Der Mensch besteht insgesamt aus ca. 100 Billionen Zellen, tödliche Tumorgrößen liegen zwischen ca. 1 Milliarde bis 1 Billion Zellen, Tumore sind tastbar bei ca. 1 Milliarde Zellen, sie werden im Röntgenbild sichtbar bei ca. 100 Millionen Zellen, und jetzt die Zukunft: mit molekularer Bildgebung werden Tumore erkennbar bei ca. 1 Million bis hin zu einer einzelnen Zelle! Oder anders ausgedrückt: bis Millionen mal kleinere Tumore erkennen können als Tast- oder heutige Röntgenbefunde es könnten, und dies sogar live in der natürlichen Umgebung des Tumors oder der Krankheitsherde selbst. Und ist eine Krankheit in ihrer frühesten Entwicklungs- und Progressionsphase erst einmal erkannt, so kann sie auch ähnlich zielgerichtet und effizient therapiert werden. Dies ist das Potenzial der molekularen Bildgebung: Krankheiten an der Wurzel packen, anstatt Symptome zu lindern. Molekulare Bildgebung ist dabei so vielfältig wie das Leben selbst. Man erkennt dies auch schon daran, welch unterschiedliche Fachgebiete und Unternehmen hier in der Innovationsallianz zusammenwirken. Die Anstrengungen auf diesem Forschungsfeld sind es auf jeden Fall wert. Die Innovationsallianz Molekulare Bildgebung öffnet für den Menschen das Tor zur Medizin der Zukunft und stärkt zugleich den Medizintechnik- und den Pharma- Standort Deutschland. Immerhin ist Deutschland hinter den USA der zweitgrößte Exporteur für Medizintechnik mit einem deutschen Gesamtumsatz von rund 16,6 Mrd. Euro im Jahr Und die rund 900 Unternehmen der deutschen Pharmaindustrie erwirtschafteten im selben Jahr einen Umsatz von 29,4 Mrd. Euro. 6
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