Teil I Allgemeine Grundlagen

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1 Teil I Allgemeine Grundlagen

2 6 1 Ohrakupunktur 1.1 Die junge Geschichte der Ohrakupunktur Abb. 1.1 Dr. Paul Nogier Die Ohrakupunktur wurde zunächst ausschließlich in der Humanmedizin angewendet und erforscht. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gab es nur wenige bekannte Punkte am Ohr oder in unmittelbarer Nähe des Ohres. Diese waren aber in die Körperakupunktur integriert und hatten somit nichts mit dem völlig selbstständigen Akupunktursystem der Ohrakupunktur gemein. In den letzten drei Jahrhunderten gibt es einzelne Berichte aus Nordafrika und Südeuropa, in denen Kauterisationen auf der Anthelix (Bogenwulst des Ohres) zur Therapie von Ischialgien beschrieben werden. Ein Konzept, wie es die heutige Ohrakupunktur darstellt, kann zu dieser Zeit aber noch nicht erkannt werden. So muss man eindeutig feststellen, dass die Ohrakupunktur eine geniale Entdeckung des französischen Akupunkturarztes Dr. Paul Nogier ist (Abb. 1.1). Um die Selbstständigkeit als eigenständiges Akupunktursystem hervorzuheben, welches zunächst mit der klassischen Akupunktur nichts weiter gemeinsam hatte als das Einstechen von Nadeln in die Haut, nannte man die Ohrakupunktur auch nach dem lateinischen Wort auris (das Ohr) auch ganz bewusst Aurikulotherapie bzw. Aurikulomedizin. In der Tat kann man sagen, dass sich im Laufe eines halben Jahrhunderts eine völlig neue Medizin aus dieser Idee entwickelt hat. Der Ausgangspunkt bei Nogiers Entdeckung war, dass er 1950 bei mehreren Patienten aus dem iberischen und nordafrikanischen Raum mit chronischen Ischiasbeschwerden am Ohr Narben fand, die nach deren Angaben von in therapeutischer Absicht durchgeführten Kauterisationen stammten und ihre damaligen Beschwerden sehr gut innerhalb weniger Minuten bis Stunden gelindert hatten. Nogier vermutete, dass es sich ähnlich wie bei Akupunkturpunkten um Trigger- oder Reflexpunkte am Ohr handeln könnte, über die man einen regulierenden Einfluss auf die entsprechenden Körperregionen ausüben könne. In den folgenden Jahren kauterisierte Nogier seinerseits erfolgreich den bekannten Ischiaspunkt und ging schließlich dazu über, den Punkt nur noch mit Akupunkturnadeln zu behandeln, ohne dass dadurch die Behandlungserfolge geringer wurden. Die immerwährende Frage nach der Lage eventueller weiterer Reflexpunkte am Ohr brachte ihn schließlich auf eine spontane Idee. Da der Ischiaspunkt am Ende der Anthelix lag, meinte er, dass die gefundenen Triggerpunkte am Ohr einer Abbildung des Körpers gleichen könnten. Hierbei war die Zuordnung in etwa der eines auf das Ohr projizierten Fetus (Abb. 1.2) ähnlich. Der Kopf ist auf den Bereich des Ohrläppchens (lat. Lobulus),. Fast alle Organreflexzonen befinden sich in der Ohrmuschel (lat. Concha auricularis). Zunächst suchte Nogier bei entsprechenden Schmerzen, z. B. der Halswirbelsäule, in dem von ihm vermuteten Bereich des Ohres nach druck-

3 1 Ohrakupunktur 7 sensiblen Punkten und fand diese auch. Beim Stechen der neuen Punkte konnte er zum Teil sehr gute spontane Erfolge erzielen. Obwohl sich zunächst niemand für seine Ideen interessierte, gelang es ihm schließlich doch, den bekannten französischen Akupunkturarzt Dr. Niboyet auf seine Arbeit aufmerksam zu machen. Auf dessen Betreiben hin konnte er im Jahre 1956 seine Erkenntnisse auf dem 1. Kongress der französischen Akupunkteure erstmalig einem Fachpublikum prä sentieren. Dr. Bachmann, der Herausgeber der Deutschen Zeitschrift für Akupunktur, stellte Nogiers Vortrag 1957 in seiner Zeitschrift den deutschen Akupunkturärzten vor. Die Veröffentlichung wurde von dem chinesischen Arzt Dr. Hsiao Lin aus Shanghai wahrgenommen. Dr. Hsiao Lin war für Akupunkturveröffentlichungen außerhalb Chinas zuständig und berichtete in der Shanghaier Zeitschrift für chinesische Medizin über Nogiers Ohrakupunktur. So wurde die Methode in China bekannt, dort weiterentwickelt und schließlich sogar als chinesische Entdeckung dargestellt. In Frankreich entwickelte Nogier seine Methode durch weitere Untersuchungen und durch die Hinzunahme der so genannten RAC-Tastung (s. Kap. I 3) kontinuierlich weiter. Das anfänglich noch grobe Schema wurde im Laufe der Jahre anfangs von Nogier, später vor allem von Bahr und Strittmatter in der Deutschen Akademie für Akupunktur und Auriculomedizin (DAA) verfeinert. Abb. 1.2 Projektion eines Embryos in die Ohrmuschel Inzwischen sind in der Humanmedizin außerordentlich detaillierte Ohrkarten verfügbar (Strittmatter 2005), in denen nicht nur exakte Organund orthopädische Lokalisationen festgelegt sind, sondern auch differenzierte nervale Strukturen wie z. B. Nervus trigeminus, Ganglion stellatum und Plexus coeliacus zu finden sind. Diese moderne, in der DAA entwickelte Ohrakupunktur traf in China erneut auf großes Interesse und es entstand eine enge Zusammenarbeit der DAA mit den beiden größten chinesischen Akupunkturuniversitäten in Beijang und Nanjing. Mittlerweile findet ein regelmäßiger Gedanken- und Ideenaustausch zwischen China und Deutschland statt, ständig reisen größere Ärztedelegationen von der DAA nach China und umgekehrt. Die Universitäten in Beijang und Nanjing verliehen dem deutschen Akupunkturarzt und Vorsitzenden der DAA Dr. Bahr in Anerkennung seiner Arbeiten auf dem Gebiet der Ohrakupunktur, erstmalig für einen Ausländer, die Ehrenprofessur. Etwa 30 Jahre nach Nogiers Entdeckung hielt die Ohrakupunktur auch in der Veterinärmedizin Einzug. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre wurde in Deutschland von Artmeier und König [2] sowie von Lambart von ihren ersten Erfahrungen mit der Ohrakupunktur beim Hund berichtet. In Südafrika beschäftigte sich Still mit diesem Thema [48]. Die ersten Veröffentlichungen mit Entwürfen orthopädischer Ohrkarten kamen von Krüger und Krüger [16]. Die Lokalisationen waren in den frühen Karten jedoch noch nicht ausreichend an die anatomischen Strukturen des Hundeohres angepasst. So lagen die Wirbelsäulenpunkte nicht wie beim Menschen auf der Anthelix. Man nahm an, dass die Anthelix der Ohrfalte entspricht, die beim Umschlagen eines Hundeohres entsteht. Auch die Punkte der Gliedmaßen waren in den frühen Veröffentlichungen den Lokalisationen, wie sie inzwischen seit fast 30 Jahren beim Menschen erprobt waren, sehr unähnlich. Ein wesentlicher Unterschied lag vor allem in der Position der distalen Gliedmaßenbereiche. Beim Menschen treffen sich Vorder- und Hintergliedmaße in der Nähe des Histaminpunktes am vorderen Ohrrand und nicht am Darwinpunkt, der der Ohrspitze der Tiere entspricht. Bei den angesprochenen Karten endet die Vordergliedmaße aber in der Ohrspitze und auch die Hintergliedmaße ist zur Ohrspitze hin orientiert. Ende der 80er Jahre veröffentlichte ich eine erste orthopädische Ohrkarte vom Pferd (Abb. 1.3),

4 8 Teil I Allgemeine Grundlagen Art. cubiti Karpus Fesselgelenk Hufgelenk Hufgelenk Fesselgelenk Tarsus Sakrum Genus Art. coaxe Übergeordnete Punkte 1 Allergie - Hinweispunkt 2 Valium - Punkt 3 ACTH - Punkt 4 Thalamus - Punkt 5 Thymus - Punkt 6 Omega - Hauptpunkt 7 PE 1 - Punkt Cauda equina Medulla spinalis L5 Med. Th. 18 Med. C7 / Th. 1 Art. humeri Med. C1 BWS HWS Art. mandibularis Angulus mandibulae Mandibula Abb von Dr. vet. med. U. Petermann veröffentliche Ohrkarte vom Pferd [25] die erheblich von den bisher bekannten Karten abwich [25]. Die Lokalisationen zu dieser Karte wurden systematisch über die RAC-Diagnostik (s. Kap. I 3) erstellt und an mehreren Probanden verifiziert. Es fand sich der gleiche Bezug zu den entsprechenden anatomischen Ohrstrukturen, wie sie sich zuvor schon beim Menschen gezeigt hatten. Darüber hinaus waren bereits diverse übergeordnete Punkte wie z. B. Thalamuspunkt, Thymuspunkt und Valiumpunkt einzusehen. Die Karte hat, von kleinen Korrekturen abgesehen, bis heute Gültigkeit. Im Jahr 2000 veröffentlichten Ambronn, Petermann und Werner das weltweit erste Lehrbuch über Ohrakupunktur in der Tiermedizin [1]. Während in Europa in der Humanmedizin die Ohr- und die Körperakupunktur annähernd gleich wertig angewendet werden und in der Europäischen Akademie für Akupunktur (EAA) die Ohrakupunktur sogar die bedeutendere Rolle spielt, ist die Ohrakupunktur in der Veterinärmedizin trotz der immensen zusätzlichen Möglichkeiten, die sie bieten, noch nicht wirklich etabliert. 1.2 Ohrakupunktur als einfacher Einstieg in die Akupunktur Bei der Ohrakupunktur handelt es sich zunächst um einen rein westlichen Gedankenansatz. Man behandelt hier ganz einfach Triggerpunkte für die Leber, den Dickdarm, das Ovar bzw. den Nierenpunkt, den Thymuspunkt oder den Uteruspunkt. In der orthopädischen Ohrakupunktur behandelt man den Kniegelenkspunkt, den Ellbogenpunkt oder den Punkt des 3. Brustwirbels usw.! Das heißt, genauso, wie es für jede Kör perstruktur, sei es ein Gelenk, ein Organ, ein Mus kel oder ein Nerv, einen konkreten Projek tionsbereich in der Hirnrinde gibt, gibt es einen analogen Referenzpunkt bzw. Bereich am Ohr. Die neurologischen Zusammenhänge zwischen Ohrpunkt und Körper beweist eine aktuelle Untersuchung Litscher, der aufgrund von Magnet resonanz unter suchungen des Gehirns ermittelt konnte, dass durch eine Reizung z. B. des Kniegelenkpunktes am Ohr exakt das gleiche Areal der Hirnrinde aktiv wird, wie bei der direkten Reizung des Kniegelenkes [17].

5 4 Systematik der kontrollierten Akupunktur 21 Tab. 7.1 Laserfrequenzen nach Bahr Frequenz 1 599,5 Hz Frequenz der tiefen Schicht bzw. des tiefen pathologischen Punktes TPP, primäres Krankheitsgeschehen, Affinität zum Sympathikus Frequenz Hz Frequenz der mittleren Schicht bzw. des mittleren pathologischen Punktes, sekundäres Krankheitsgeschehen, Affinität zum Parasympathikus Frequenz Hz Frequenz der Oberflächenschicht auf der lateralen Seite, biotische Punkte, Vitaminpunkte, Punkte der Belastungen auf der Stirn Frequenz Hz Frequenz der Oberflächenschicht auf der kontralateralen Seite, biotische Punkte, Mineralstoffpunkte, Spurenelementpunkte Frequenz Hz Antioszillatorische Frequenz, Frequenz der Kardinalpunkte, des MGO (Ni3) und der PGO (persönliche Punkte gegen Oszillation) Frequenz Hz (149,875 Hz) Frequenz des LG Frequenz Hz (299,75 Hz) Frequenz des KG, Frequenz der verdeckten Zahnherde