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1 Dokumentation der Fachtagung am 04./05. November 2004 in der Fachhochschule Köln Herausgegeben von Gerd Hamacher Herbert Schubert Antje Eickhoff Sandra Nüß

2 SRM-Reihe Band 3 ISBN Verlag Sozial Raum Management, Köln Fachhochschule Köln Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften Institut für Management und Organisation in der Sozialen Arbeit Forschungsschwerpunkt SOZIAL RAUM MANAGEMENT Mainzer Straße Köln Fax.: Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Titelblattentwurf: Axel Joerss Druck: Peipers Köln 4

3 INHALT Gerd Hamacher / Herbert Schubert Vorwort 7 Akteursperspektiven Gerd Hamacher / Herbert Schubert Der Blick auf die anderen. Erfahrungen aus der interdisziplinären Lehrforschung 11 Winfred Kaminski Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit 33 Reiner Staubach Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus der Sicht der Stadtplanung 43 Reinhard Thies Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit 75 Gabriele Steffen Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des "sozialen Raumes" Stadt 103 Reflexionen Monika Alisch Gegensätze ziehen sich? Reflexionen zur Partnerschaft von Sozialer Arbeit und Stadtplanung 131 Clemens Altschiller Sozialräume gestalten Chancen und Grenzen des interdisziplinären Zugangs 142 5

4 Ulrich Deinet Wird die Voraussetzung des Handelns auf gleicher Augenhöhe in der Zusammenarbeit von Sozialarbeit und Stadtplanung erfüllt? 149 Praxisperspektiven Heinz-Peter Junker Wohnsicherheit in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Das Modell Dortmund-Hörde, Clarenberg 172 Uwe Brandt / Heike Ohlmann Soziale Stadt NRW - Stadtteil Aachen-Ost 194 Joachim Boll/ Daniela Walter / Thorsten Witte Initiative ergreifen ein programmatischer Ansatz für bürgerschaftliche Projekte 212 Daniela Walter Planung von unten: Siedlergenossenschaft Kalscheurer Weg in Köln 227 Antje Eickhoff Soziales Engagement und gebaute Umwelt: Exkursion zu Kölner Beispielen 233 6

5 sozial raum stadt Vorwort Die Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften und die Fakultät für Architektur der Fachhochschule Köln arbeiten seit dem Jahr 2001 im Forschungsschwerpunkt Management von Planung und sozialer Arbeit im Sozialraum zusammen. Die gemeinsamen Forschungsaktivitäten wurden in den Jahren 2003 bis 2005 vom Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW gefördert. Im Herbst 2004 zogen wir eine Zwischenbilanz und luden Architekt/innen, Stadtplaner/innen, Freiraumplaner/innen, Sozialwissenschaftler/innen, Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagogen/innen zu einer Fachtagung in die Rotunde der Fachhochschule Köln ein. Sie fand am 04./05. November 2004 unter dem Titel sozial raum stadt Perspektiven bei der Planung des sozialen Raumes Stadt statt. Damit die übergreifende Kooperation, Kommunikation und Koordination unter den Professionellen von Stadtplanung und sozialer Arbeit in Verbindung mit den Investoren und mit einer aktivierten Bürgerschaft gelingen kann, braucht es die interdisziplinäre Kompetenz der beteiligten Fachleute. Die Fachtagung stellte die Frage, wie hierzu neue, tragfähige Koalitionen in der Stadtentwicklung, Stadtsteuerung, Sozialplanung und sozialen Arbeit möglich sind und worauf es bei der interdisziplinären Planung ankommt, um eine sozialere und lebenswertere Stadt zu gestalten. Es wurden zwei Blickwinkel eingenommen: Die Akteurs- und die Praxisperspektive. Um die Sicht der Akteure zu öffnen, wurde die Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit zuerst allgemein dargestellt. Konkreter wurde die Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung anschließend von Referentinnen und Referenten unter Rückgriff auf Erfahrungen der beiden Professionen im alltäglichen Miteinander bewertet und reflektiert. Der Reiz der Tagung lag darin, dass dabei Klartext geredet wurde, der Blick auf die anderen nicht tabuisiert wurde und auch Selbstkritik und Ironie ihren Platz hatten. Unter der Praxisperspektive wurden die aktuelle soziale Entwicklung der rechts- 7

6 Vorwort rheinischen Innenstadt Kölns, Netzwerke für sicheres Wohnen in Großsiedlungen der 70er Jahre, die Kooperation beim Quartiermanagement und Planung von unten thematisiert. An den beiden Veranstaltungstagen wurde somit nicht nur die Wichtigkeit der Zusammenarbeit der beiden Disziplinen soziale Arbeit und Stadtplanung beschworen, es wurde auch an guten Beispielen demonstriert, wie Interdisziplinarität vor Ort funktionieren kann. Zur Tagung sind Akteure der beiden Professionen zahlreich erschienen und haben die Gelegenheit genutzt, ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen, zu diskutieren, zu disputieren und neue Anregungen für den eigenen interdisziplinären Alltag mitzunehmen. Mit der vorliegenden Publikation soll das Ergebnis der Fachtagung sozial raum stadt Perspektiven bei der Planung des sozialen Raumes Stadt einem weiteren Kreis zugänglich gemacht werden. Ganz besonderer Dank gilt den Referentinnen und Referenten, ohne deren vorzügliche und gehaltvolle Beiträge die Fachtagung nicht so facettenreich geworden wäre. Und natürlich ist dem Team des Forschungsschwerpunkts zu danken, dessen Engagement wesentlich zum Erfolg der Tagung beigetragen hat. Hervorzuheben sind dabei die Leistungen der Projektbearbeiterinnen Dipl.-Ing. Antje Eickhoff und Dipl.-Soz.Päd. Sandra Nüß; Dank gebührt nicht zuletzt auch Axel Joerss für das gelungene Tagungsmanagement. Die Herausgeber: Gerd Hamacher, Prof. Dipl.-Ing. Fakultät für Architektur Herbert Schubert, Prof. Dr. phil. Dr. rer. hort. habil. Leiter des Forschungsschwerpunkts SOZIAL RAUM MANAGEMENT Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften 8

7 sozial raum stadt Akteursperspektiven 9

8 sozial raum stadt: Akteursperspektiven 10

9 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Gerd Hamacher / Herbert Schubert Der Blick auf die anderen. Erfahrungen aus der interdisziplinären Lehrforschung Vorbemerkung Seit dem Jahr 2001 arbeiten die beiden Autoren in der Lehre und in der Forschung persönlich zusammen. Im Jahr 2003 entstand daraus an der Fachhochschule Köln eine Kooperation der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften und der Fakultät für Architektur. Mit Studierenden der beiden Fakultäten führten die beiden Autoren ein interdisziplinäres Lehrforschungsprojekt im Wintersemester 2003/2004 und im Sommersemester 2004 durch. Es war der Versuch, bei Studierenden und Lehrenden die in den beteiligten Professionen jeweils vorherrschenden unterschiedlichen Denk-, Sprach- und Handlungsweisen zu verbinden. Aber passen die beiden Charaktere von Architektur / Städtebau und soziale Arbeit / Angewandte Sozialwissenschaften sowie ihre Praxis überhaupt zusammen? Wie wirken sich die Differenzen im professionellen Habitus auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit aus? Und wo liegen die Übereinstimmungen und die Gemeinsamkeiten in der professionellen Praxis? Im Folgenden möchten wir vor dem Erfahrungshintergrund unserer Kooperation zu diesen Fragestellungen einige Anmerkungen machen. Es sind selbstverständlich keine endgültigen Aussagen oder gar Antworten, sondern man hätte es vorausahnen können wir thematisieren erst einmal in bester Sozialpädagogen-Manier die bestehenden Vorurteile und Vorbehalte ganz nach dem Motto: wer viel und oft miteinander redet, wird sich irgendwann auch verstehen. An diesem unüblichen Einstieg können die Leserin und der Leser erkennen, dass hier zwei Akteure schreiben, deren Zusammenarbeit begründet ist, andererseits aber nicht selbstverständlich. In der Stadtplanung und in der sozialen Arbeit ist es kaum verbreitet, sich gegenseitig als enge Koopera- 11

10 sozial raum stadt: Akteursperspektiven tionspartner zu bezeichnen. Um zu verstehen, warum das so ist und wie der mäandernde Argumentationsfluss letztendlich zur Kooperation führt, wird hier der Blick auf die jeweilig andere Profession gerichtet. Die Altehrwürdigen Wenn wir den Blick auf die Stadtplanung richten, dann fällt auf, dass es sich um ein altehrwürdiges Fach handelt. Im Gegensatz zu der Profession der Sozialen Arbeit können Frauen und Männer, die als Architekten und Stadtplaner tätig sind, auf eine lange Geschichte zurückblicken. Dem Begriff des Baumeisters haftete im Mittelalter etwas Faszinierendes an. Denken wir beispielsweise an Giotto di Bondone, den berühmten Maler, der zwischen 1266 und 1337 nicht nur hochgeschätzte Bilderzyklen und Fresken hergestellt hat, sondern auch im Städtebau hervorgetreten ist. Ab 1334 war er in Florenz als Stadtbaumeister tätig. Leider hat ihn dieser Job das Leben gekostet: Denn Giotto stürzte beim Ausbau des Doms im Jahr 1337 als 70-jähriger aus der dritten Etage des Campanile ab. Unabhängig von diesem Einzelschicksal ringen Architekten und Städtebauer aus dieser Zeit unbewusst den Anspruch auf eine hochrangige Stellung in der Stadt ab. Denn der alte Baumeister war quasi der Baumeister: Architekt Poelzig lokale König des Baus der Stadt: Als Hie- Foto: Otto Sander rarch lieferte er den Plan und befehligte und koordinierte die Heerscharen der handwerklichen Gewerke. Diese Attitüde des Meisterhaften und des großen Plans hat sich über Generationen im Selbstverständnis und im Habitus der Profession von Architektur und Städ12

11 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen tebau verankert. Der berufsständische Stolz und der Wille zum Machen zeugen noch heute von dem alten Selbstbild des Baumeisters. Die neuzeitlich Modernen Während die Rolle des traditionellen Baumeisters eine Domäne des Mannes war, ist die Erfindung der sozialen Arbeit als Profession auf Frauen zurückzuführen. Der Unterschied der beiden Professionen zeigt sich besonders in ihrer Geschichte. Die soziale Arbeit und die damit verbundenen Sozialreformen sind vergleichsweise relativ jung. Ihre Wurzeln reichen nur bis ins 19. Jahrhundert zurück. Damals begann mit einjährigen Kursen die systematische Ausbildung zur sozialen Arbeit in Deutschland, die Jeannette Schwerin ( ) angeregt hatte. Grundlage waren die Erfahrungen der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit ; 1893 in Berlin gegründet. Es waren bedeutende Frauen des deutsch-jüdischen Bürgertums, die nicht nur in der frühen deutschen Frauenbewegung eine Schlüsselrolle spielten, sondern auch erste Antworten lieferten, welche Handlungskonsequenzen die so genannte soziale Frage erfordert. Neben Jeanette Schwerin ( ) sind vor allem Alice Salomon ( ) und Henriette Fürth ( ) zu nennen. Die erfolgreiche Entwicklung der Kurse unter der Leitung von Alice Salomon führte 1908 zur Gründung einer zweijährigen Sozialen Frauenschule in Berlin-Schöneberg. Sie wurde zum Vorbild für die Alice Salomon: Archivbild der asfh-berlin.de/archiv professionelle Ausbildung und hat die Entwicklung der sozialen Arbeit in Deutschland entscheidend mit geprägt. 13

12 sozial raum stadt: Akteursperspektiven Eine andere Wurzel der sozialen Arbeit reicht ebenfalls bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Der Volkswirtschaftliche Kongress, dessen Mitglieder Anhänger des frühen Liberalismus und Manchester-Kapitalismus waren, wandte sich damals gegen oppositionelle Ideen und verstieß abweichende Denker. Dies war der Auslöser für die Gründung des Vereins für Socialpolitik, dem insbesondere Professoren, aber auch andere Mitglieder angehörten. Er wurde zu einem wichtigen Forum der Sozialwissenschaften im deutschen Kaiserreich, aus dem die Impulse für sozialpolitische Innovationen und friedliche Reformen kamen. Politisch bezogen sie eine Position zwischen Liberalismus und Marxismus, was ihnen die Kritik als Kathedersozialisten einbrachte. Als ihre Hauptaufgabe sahen sie die Unterstützung so genannter Enqueten über soziale Probleme an. Diese ersten Informationssammlungen heute würden wir Sozialraumanalysen sagen waren die Voraussetzung sozialer Reformen. In der Beschäftigung mit der extremen Armutsform des Pauperismus und mit frühkapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen entwickelten Sozialarbeiterinnen und sozialpolitisch orientierte Wissenschaftler Attitüden, die zum Habitus von Architekten und Stadtplanern einen deutlichen Kontrast bildeten. Im permanenten Widerspruch zu den etablierten Institutionen und Regeln stilisieren sie das Außenseitertum des Kampfes für Gerechtigkeit und Erneuerung. Die Akteure der sozialen Arbeit stecken in einem Dilemma: Sie agieren am unteren Ende der gesellschaftlichen Anerkennungsleiter, eher nachgeordnet, bestenfalls korrigierend, für Ausbesserungen zuständig, aber sie können nicht mit richtungsweisenden Entscheidungen auf den gesellschaftlichen Entwicklungsprozess Einfluss nehmen. Ihr Metier ist die Behandlung von unvermeidlichen sozialen Lateralschäden der vorwiegend ökonomisch determinierten gesellschaftlichen Entscheidungsprozesse. 14

13 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Feuer und Wasser: Weltbürger versus Alltagsmenschen Die kurze historische Rückblende zeigt deutlich, dass Architektur / Städtebau auf der einen Seite und soziale Arbeit / Sozialwissenschaften auf der anderen Seite zwei grundsätzlich verschiedene Milieus verkörpern. An einigen Klischees, an denen etwas Wahres dran sein muss, lässt sich das veranschaulichen: Schauen wir doch einmal in den Alltag eines Architekturbüros hinein. Ganz dem freien Markt verpflichtet orientiert sich die Büroinhaberin oder der Büroinhaber nicht an Wertvorstellungen eines gesellschaftlichen Zusammenlebens, sondern an der HOAI also an der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Die Planung und Baubetreuung von Gebäuden, sonstigen Baumaßnahmen und Anlagen wie Erweiterungsbauten, Umbauten und Modernisierungen sowie von Freianlagen und raumbildenden Ausbauten werden vor allem als wirtschaftliche Tätigkeiten aufgefasst. Von Interesse sind meistens nur die zu bebauende Fläche und die Gestaltung des Baukörpers. Nach innen wird das Büro streng autoritär geführt. In Anlehnung an das alte Baumeister-Prinzip gibt es keinen Zweifel, wer der Bestimmer ist. Nach außen achten Architekten und Städtebauer als Marktakteure auf eine stilisierte Selbstdarstellung, meistens als individualisierte Künstler mit hochbürgerlichem Habitus. Das repräsentiert den gestalterischen Alleingang: Dem gewöhnlichen Geschmack enthoben, vertreten sie die Auffassung, dass sich die Bewertung der produzierten künstlichen Wohn- und Stadtwelten dem Beurteilungsvermögen der Alltagsmenschen entzieht. So beharren sie im Allgemeinen darauf, sich nach nichts und niemandem richten zu müssen. Im Feld der sozialen Arbeit fehlt der Weitblick über die eigenen Grenzen hinaus. Und ebenso der Mut und die Fähigkeit, vom einzelnen Betroffenenschicksal zu abstrahieren und sich aus den begrenzten Bezügen zum Individuum herauszulösen. Die Akteure der sozialen Arbeit sind so zu lokal gebundenen professionellen Zauderern und Bedenkenträgern in einer längst globalisierten Welt geworden, die aus dem Blickwinkel der anderen Pro- 15

14 sozial raum stadt: Akteursperspektiven fession offene und ungebundene Weltbürger erfordert. Das hat der berühmte Architekt Egon Eiermann 1952 bei den Darmstädter Gesprächen vorausschauend mit den Worten formuliert: Die Heimat, wie sie früher war, gibt es nicht mehr, unsere Heimat wird die Welt sein. Angesicht solchen Fortschrittglaubens wirken die Akteure der sozialen Arbeit und der Angewandten Sozialwissenschaften wie die Hüter der letzten Widerstandsnester einer überkommenen Zeit des Glaubens an die soziale Glücksseligkeit. Als Vertreter der sozial Entrechteten verharren sie in widerspenstiger Ohnmacht angesichts der Dominanz von realen Prozessen der gesellschaftlichen Entwicklung im Allgemeinen und der städtischen im Besonderen. Ganz anders der Lebensstil von Architekten: Ein Blick in die Literatur vermittelt eine Vorstellung davon. Ein gutes Beispiel ist der Roman Der Winter des Architekten, den Jem Poster im Jahr 2003 bei Goldmann veröffentlicht hat. Der Protagonist ist der Architekt John Stannard, der als Ich-Erzähler relativ unsympathisch wirkt. Er ist nur auf sein eigenes Fortkommen und seinen eigenen Nutzen bedacht. Während seines Auftrages, in einem abgelegenen englischen Dorf einen verfallenen Kirchenbau zu restaurieren, frustriert er sämtliche Personen, denen er begegnet, durch seine egozentrische Zielorientierung. Sein soziales Umfeld behandelt er arrogant; es gibt keine Anzeichen einer sozialethischen Haltung. Fehler bzw. eigenes Unvermögen nimmt er nicht zur Kenntnis, sondern lastet die daraus entstandenen negativen Ereignisse anderen an. Stannard sieht sich fort- T-Shitrts im Internet: 16

15 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen schrittlichkeitsfeindlichen Dorfmenschen ausgesetzt, die seine Architektur nicht verstehen und ständig seine Arbeit behindern. Eigentlich ist das Muster gar nicht auf eine Profession allein zu beziehen. Nach Richard Sennett ist diese Korrosion des Charakters nämlich für viele Berufsbilder im flexiblen Kapitalismus kennzeichnend. Aber es ist wohl kein Zufall, dass der Autor die Profession der Architektur wählte, um uns das neue Profil einer ungeduldigen und oberflächlichen Gesellschaft, die nur auf das Ökonomische schielt, vor Augen zu führen. Sennett schreibt, die Werte der neuen flexiblen Gesellschaft seien: Bleib in Bewegung, geh keine Bindungen ein und bring keine Opfer! Das ist eine klare Gegenposition zum Leitbild der alten Soziallehren, an denen die soziale Arbeit eisern festhält. Sie hütet die alten Werte der Solidarität und der absichtslosen Hilfe in ihrem professionellen Tabernakel. Auch wenn Architekten meinen, die Menschen bräuchten keine Heimat mehr, wird das Prinzip des vertrauten sozialen Bezugsraums sozialphilosophisch als Lebenswelt bezeichnet nicht aufgegeben. Wegen der tiefen Verstrickung in das Alltagsleben ist die soziale Arbeit nicht immer auf der Höhe der Zeit! Eine Marktorientierung kannte sie bis in die jüngere Vergangenheit nicht, denn die Überweisungen kamen regelmäßig von den öffentlichen Händen als sozialrechtlich verpflichtete Kostenträger. Auch der Begriff Führung galt lange Zeit als Fremdwort. In der Regel wurde über Aufgaben so lange gesprochen, bis der kollektive Konsens sie entropisch glatt geschliffen hatte. Im öffentlichen Auftreten sind die Akteure der sozialen Arbeit an dem eigentümlichen Habitus zu erkennen. Die innere Haltung wird von der Orientierung am Helfen und vom engen Blick auf Zielgruppen sowie Individuen bestimmt. Äußerlich handelt es sich eher um eine Verweigerung der stilisierten Selbstdarstellung. Auch wenn es das bärtige Sozialarbeiterklischee im karierten Holzfällerhemd kaum noch gibt, so ist die Tradition der Konsumverweigerung doch auch heute noch zu erkennen. Bei der Reparatur so- 17

16 sozial raum stadt: Akteursperspektiven zialer Welten gelten andere Kleidungsstandards, weil soziale Arbeit Partei für ihre meistens benachteiligten Klienten ergreift und ihnen als gleichwertig gegenübertreten will. Die Akteure der sozialen Arbeit und der Angewandten Sozialwissenschaften verkörpern in ihrem Verhalten und in ihrer Selbstdarstellung die von unserer Gesellschaft an den Rand gedrängten sozial engagierten Gutmenschen. Weil die gesellschaftliche Rolle von Akteuren der sozialen Arbeit und der Sozialwissenschaften nur wenig Anerkennung erhält, verstärkt sich das Verhalten und die Selbstdarstellung des guten Außenseiters. Die schwache Position in der bösen Gesellschaft wird kompensiert durch die moralische Selbstaufwertung in der Helferrolle und eine verbreitete Stilverweigerung, mit der auch im Erscheinungsbild die gesellschaftliche Sonderrolle zum Ausdruck gebracht werden kann. Die Welt des selbstbewussten Auftretens der flotten und dynamischen Entscheider und Macher und deren Lust an Konsum und großzügiger Lebens- und Denkweise bleibt ihnen eher fremd. Dies schlägt durch bis in die Beurteilung der gestalterischen Qualität von gebauten Umwelten in den Städten und Gemeinden. Wenn die beiden Milieus von Architektur / Städtebau auf der einen Seite und soziale Arbeit / Sozialwissenschaften auf der anderen Seite zugegebenermaßen verkürzt und zugespitzt so gegenübergestellt werden, verhalten sie sich zueinander wie Feuer und Wasser. Aber Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an! Definitionsmacht der wahren Experten Hans Paul Barth stellte 1974 fest, dass der Soziologe bei planerischen Überlegungen die Bauweise von vorgestern voraussetzt..., und bemängelte damit deren unzureichenden Informationsstand und geringen Weitblick bei Fragen der Stadtentwicklung. Auf die Akteure der sozialen Arbeit trifft ähnliches heute zu. In ihren gestalterischen und ästhetischen Vorstellungen 18

17 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen neigen sie eher zu den konventionellen, anheimelnden und scheinbar natürlichen Gestaltungsmustern der (kleinbürgerlichen) Gemeinschaft und weniger zur Ästhetik einer funktionalen Moderne oder gar zu gestalterischen Experimenten für die Stadtgesellschaft. Sie behaupten, näher an den Menschen und ihren Bedürfnissen zu sein, und grenzen sich von den selbsternannten Gestaltungsexperten der Architektur und Stadtplanung ab. Es herrscht eine Art Tunnelblick : Denn die Akteure der sozialen Arbeit und der Sozialwissenschaften sehen sich einer von ökonomischen und politischen Mächten dominierten feindlichen Welt ausgesetzt. Da gilt es Position zu beziehen für die sozial Schwächeren und Entrechteten und deren Lebenswelten. Als Kämpfer auf verlorenem Posten fühlt sich der soziale Akteur umgeben von feindlichen Bürokraten und Technokraten, die im Gegensatz zu seinem eigenen Widerstand längst und bedenkenlos ein Bündnis mit der Macht und dem Kapital eingegangen sind. Dabei repräsentieren insbesondere Architekten und Stadtplaner vermeintliche Exponenten selbstherrlich autoritären Handelns und stehen unter Generalverdacht. Wie auch sonst wären die Probleme und Defizite unserer städtischen Umwelt erklärbar, wenn nicht mit dem Versagen oder gar dem bewussten Fehlverhalten der Planungstechnokraten und den diese tragenden Geld- und Machteliten. Für die Akteure der sozialen Arbeit und der Sozialwissenschaften ist die notwendige Bindung von Architektur und Stadtplanung an Macht und Geld prinzipiell schwer begreiflich. Denn sie bewegen sich im besonderen wirtschaftlichen Kontext des Sozialmarktes und gehen wie selbstverständlich davon aus, dass die öffentlichen Hände als Kostenträger auftreten. Ihre eigene Existenz muss deshalb nicht im freien wirtschaftlichen Marktgeschehen erkämpft werden, sondern ist im Rahmen von Sozialbudgets gesichert. 19

18 sozial raum stadt: Akteursperspektiven Aneinander vorbei reden Da stellt sich die Frage, wie es bei so viel signifikanter Differenz in der Geschichte, im beruflichen Gegenstand und im professionellen Habitus an der Fachhochschule Köln zu einer Zusammenarbeit zwischen der Fakultät für Architektur und der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften kommen konnte. Zumal es noch weitere Hürden gibt: Wir meinen das große Aneinandervorbeireden. Architektur und Städtebau sind primär visuell ausgerichtet nicht das Wort zählt, sondern das gestaltete Bild. In der sozialen Arbeit und auch in den Sozialwissenschaften dreht sich hingegen alles um das Zauberwort Kommunikation oft nicht mehr als Mittel, sondern als Selbstzweck betrieben. Nichts veranschaulicht das deutlicher als das Klischee von der Sozialpädagogin bzw. dem Sozialpädagogen, die bzw. der jedes Problem handlungsresistent zu zerreden weiß. Der Satz Schön, dass wir drüber geredet haben. ist zum Inbegriff dafür geworden. Unter diesen Randbedingungen miteinander ins Gespräch zu kommen, ist sicher kein leichtes Unterfangen. Der hohe Grad der Objektbezogenheit, die für eine Zusammenarbeit mit Architekten und Stadtplanern nötig ist, bleibt Akteuren der sozialen Arbeit noch immer weitgehend fremd. Ihnen werden kaum konkrete und handgreifliche Produkte abverlangt, die sie selbstverantwortlich in die Welt setzen und für die sie persönlich einstehen müssen. Im Zentrum des Engagements der Akteure der sozialen Arbeit stehen gerade die Produkte anderer Professionen, insbesondere auch die von Architekten und Stadtplanern. Zusammen mit den Nutzern bilden sie das Rohmaterial ihrer Arbeit. Und hauptverantwortlich für ihre mühsame und oft nur bedingt erfolgreiche Arbeit werden Architekten und Stadtplaner als mutmaßliche Verursacher der sozialen Schäden ausgemacht. Die Akteure der sozialen Arbeit sind Helfer mit verengtem Blick auf ihre Zielgruppen und dem Auftrag der Reparatur sozialer Welten. In diesem Sinne sind ihre Produkte kaum angreifbar oder kritisierbar. Selbst der Misserfolg 20

19 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen kann als Scheitern an den übermächtigen Kräften der ökonomisch und politisch Stärkeren noch positiv gewendet werden und macht gegenüber Selbstzweifeln resistent. Akteure auf derselben Baustelle Aber wir wollen den Blick nicht weiter auf das Trennende richten, sondern das Gemeinsame suchen. Denn wir arbeiten in gewissem Sinn auf derselben Baustelle. Die professionelle Praxis der sozialen Arbeit ist im Stadtteil an den konkreten Ort und an konkrete Personen gebunden. Soziale Entwicklungsprozesse werden immer lokal und personal verortet initiiert und begleitet. In der sozialen Arbeit wird das als emanzipatorischer Prozess bezeichnet. Darin ist in der Tat eine Nähe zum traditionellen Berufsbild von Architekten und Stadtplanern zu erkennen. Aus den spezifischen Bedingungen des Ortes heraus, entfalten sie gemeinsam mit einem aufgeklärten und formbaren Bauherren oder Auftraggeber einen Entwurfsprozess, der für beide zu einem noch nicht endgültig definierten Ergebnis führt. Architekten und Stadtplaner nennen das: Planung als emanzipatorischer Prozess. Wir sind uns sicher, dass in der professionellen Praxis heute die trotz aller überspitzten Vorurteile vorhandenen Gemeinsamkeiten beider Professionen gefordert sind. Sie müssen deshalb als verbindende Elemente aufgegriffen werden: Ergänzt durch die spezifischen Fähigkeiten der beiden Professionen, nicht als abgrenzende sondern als integrierende Potenziale, in der gemeinsamen Anstrengung und dem Streben nach Erhalt, Rückgewinnung und Neuentwicklung sozialer und kultureller Qualitäten. Die Akteure der sozialen Arbeit und Sozialwissenschaften sowie der Architektur und Stadtplanung sind zwar jeweils gebunden in ihren eigenen berufsspezifischen Denkgebäuden, deren enge Verwobenheit allerdings noch nicht vollends begriffen ist. Aber sie befinden sich tatsächlich auf derselben Baustelle: Die Entwicklung der Stadt als soziale und physische Einheit. 21

20 sozial raum stadt: Akteursperspektiven Suche nach einem gemeinsamen Stadtverständnis Es hat einige Zeit gedauert, bis sich das Verständnis Wir arbeiten auf derselben Baustelle. auf beiden Seiten verbreiten konnte. Hemmend wirkte in der jüngeren Vergangenheit die so genannte Charta von Athen des CIAM des Internationalen Kongresses für Moderne Architektur. Darin plädieren Professionelle der Architektur und Stadtplanung angeführt von Le Corbusier in den Jahren 1933 bis 1941 dafür, die soziale Entwicklung der Städte selbst in die Hand zu nehmen. In der These Nr. 10 der Charta heißt es zum Beispiel: In den zusammengedrängten Stadtvierteln sind die Wohnbedingungen unheilvoll, weil der den Wohnungen zugebilligte Raum nicht genügt, weil keine Grünflächen zur Verfügung stehen und weil die Gebäude nicht in gutem Zustand erhalten werden ( ). Ein Tatbestand, der noch verschlimmert wird durch das Vorhandensein einer Bevölkerung mit einem sehr niedrigen Lebensstandard. Hier kommt der Städtebau den sozialreformerischen Gründermüttern der sozialen Arbeit ganz nah. Er zeigt Engagement und entwirft das Modell einer lebenswerten Stadt. In der Charta von Athen wird gefordert, dass die städtischen Wohnviertel unabhängig von der sozialen Stellung der Bewohnerschaft nicht zu dicht besiedelt, in günstiger Sonnenlage gebaut und in der Nähe von Grünflächen, Schulen und anderen Einrichtungen des Gemeinbedarfs gelegen sein sollen. Architektur und Städtebau wurde hier nicht mehr als freies, kreatives Spiel mit dem Titelbild: Rowohlts deutsche Enzyklopädie ca. 1959, 22

21 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Raum aufgefasst, sondern als Methode, modernen demokratischen Gemeinschaftsideologien eine Gestalt zu geben. Diese neue Sicht auf die Stadt hätte eine gute Basis für das weitere Zusammenspiel von Architektur / Städtebau und sozialer Arbeit / Sozialwissenschaften für die Bewohner der Stadt sein können. Leider hatte die neue Ideologie einen kleinen Haken: In der Charta wurde gegen das Chaos in den Städten gewendet das Planungsprinzip der Funktionstrennung erfunden. In den Thesen 77 bis 79 heißt es dazu: Die Schlüssel zum Städtebau liegen in folgenden vier Funktionen: wohnen, arbeiten, sich erholen (in der Freizeit), sich bewegen. Die Planungen werden die Struktur jedes den vier Schlüsselfunktionen zugewiesenen Viertels bestimmen, und sie werden deren entsprechende Lokalisierung innerhalb des Ganzen fixieren. Der Zyklus der täglichen Funktionen: wohnen, arbeiten, sich erholen wird durch den Städtebau unter Berücksichtigung größter Zeiteinsparung geregelt, indem die Wohnung als das eigentliche Zentrum der städtebaulichen Bestrebungen und als der Angelpunkt aller Maßnahmen betrachtet wird. Der Kommentar der sozialen Arbeit dazu: Knapp vorbei, ist auch daneben! Denn in der Praxis hieß das eben nicht dieselbe Baustelle. Die Stadt zerfiel seit den 60er Jahren in ihre Funktionen: Die Planung des Straßenverkehrs löste sich von der Planung der Baumasse entlang der Straße und von der Planung der Grünflächen; für jeden Planungsbereich bildeten sich eigene Professionen heraus: Verkehrsplaner, Stadtplaner, Freiflächenplaner. In diesem Zusammenhang verselbständigte sich übrigens auch die Planung der sozialen Arbeit. Zur Gestaltung von sozialen Infrastruktureinrichtungen entstand das Profil der Sozialplanung. Jede Planungsfachfrau / jeder Planungsfachmann kümmerte sich nur noch um die zugewiesene Aufgabe; für die anderen Planungsbereiche war man nicht zuständig. Die Folge ist eine Verinselung einzelner Funktionen, wie wir sie von Kinderspielplätzen ohne Bezug zur Umgebung, von Verkehrskreuzungen im Widerspruch zu den angrenzenden Wohnfunktionen oder von großflächigem Einzelhandel auf 23

22 sozial raum stadt: Akteursperspektiven der grünen Wiese kennen. Zu welchen Blüten diese Funktionsmontage und collage geführt hat, lässt sich exemplarisch am Barbarossaplatz in Köln zeigen. In der Aneinanderreihung von Funktionen wie Individualverkehrskreuzung, Straßenbahnkreuzungs- und haltepunkte, Fußwegen, Versorgungseinrichtungen und Wohnen ist ein Sammelsurium entstanden, das den Begriff städtischer Platz kaum noch verdient, weil er nur noch räumlich Funktionen und nicht mehr sozial Stadt und Lebenskultur integriert. Die Einheit der Stadt verschwindet hinter ihren Funktionen. Erst spät wurde die Beschränktheit dieser Sichtweise, sich auf einzelne Funktionen zu konzentrieren, erkannt. In einer Gegenbewegung nähern sich inzwischen Architektur / Städtebau auf der einen Seite und soziale Arbeit / Sozialwissenschaften auf der anderen Seite an. Gute Beispiele in der Praxis findet man vor allem in einem Typ der sozialen und baulichen Stadterneuerung, der in Nordrhein-Westfalen in den frühen 90er Jahren mit dem Programm Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf erfunden worden ist, das später Vorbild für das bundesweite Programm Soziale Stadt wurde. Auf die Dauer war es einfach nicht haltbar, dass die einen also die Akteure der sozialen Arbeit nur ihre Zielgruppen und deren soziale Einrichtungen wahrnehmen und die anderen also der Städtebau nur den städtischen materiellen Raum. In einem sozialökologischen Sinn muss die Stadt durch das Ineinandergreifen von materieller Hardware und sozialer Software als ein zusammenhängendes Menschen-Umwelt-System verstanden werden. Insofern muss soziale Arbeit Zielgruppen in ihrer Raumgebundenheit und Städtebau den Raum in seiner Belebung durch soziale Gruppen erkennen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis entwickelte sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Fakultäten Angewandte Sozialwissenschaften und Architektur in der Fachhochschule Köln. 24

23 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Kooperative Lehrforschung Im Wintersemester 2003/2004 startete unser Lehrforschungsprojekt zum Thema Management von Planung und sozialer Arbeit im Sozialraum. An diesem Projekt nahmen Studierende des Studiengangs Stadtplanung und Studierende des Studiengangs Sozialpädagogik teil. Die Studierenden besuchten ausgesuchte Lehrveranstaltungen der jeweils anderen Fakultät und arbeiteten dort eng zusammen. An einem praktischen Untersuchungsbeispiel wurde das Erlernte zugleich umgesetzt und erprobt. Untersuchungsraum war der Leverkusener Stadtteil Rheindorf-Nord. Dort führten die Studierenden städtebauliche und sozialräumliche Analysen durch. Aus den Ergebnissen wurden schließlich Konzepte und Maßnahmen für die sozialpädagogische und stadtplanerische Praxis entwickelt. Im Wintersemester 2004/2005 und im Semestersemester 2005 wurden ebenfalls in interdisziplinärer Zusammenarbeit in Rheindorf-Nord kulturpädagogische Projekte entwickelt und durchgeführt. Ziel dieses vernetzten Lehrangebots war die Erhöhung der Fach-, Methodenund Sozialkompetenz der Studierenden. Es sollte zudem ein Verständnis für die teilweise doch sehr unterschiedlichen Denk-, Sprach- und Handlungsweisen der anderen Profession erreicht werden. Ein solches Verständnis dafür, dass andere Disziplinen eine andere Sprache sprechen, einen anderen Habitus und ein anderes Berufsverständnis haben, ist ein erster wichtiger Schritt für gegenseitigen Respekt und eine gute Zusammenarbeit sowie gelingende Kommunikation. Das beschriebene Lehrforschungsprojekt diente dazu, auf der Grundlage von Forschungsergebnissen Qualifizierungsmodule für Akteure der Stadtplanung und der sozialen Arbeit in Stadtentwicklungsprozessen auszuarbeiten. Dafür förderte das Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW in den Jahren 2003 bis 2005 den Forschungsschwerpunkt Management von Planung und sozialer Arbeit im Sozialraum. 25

24 sozial raum stadt: Akteursperspektiven Die Zusammenarbeit der beiden Fakultäten Angewandte Sozialwissenschaften und Architektur begann allerdings schon früher. Ende 2001 wurde in einem studentischen Projektseminar gemeinsam ein Planungskonzept für die Goltsteinstraße in Köln-Bayenthal erarbeitet und im Frühjahr 2002 führten wir Sozialraumanalysen in Leverkusen-Alkenrath durch. Während die Studierenden der Fakultät Architektur städtebauliche Entwürfe für die Neugestaltung des öffentlichen Raumes erarbeiteten, entwarfen die Studierenden der Sozialpädagogik ein begleitendes Konzept für die Bürgerbeteiligung und für die Bürgeraktivierung. Trotz der Teilung der Aufgaben nach den Kernkompetenzen der Disziplinen standen im Mittelpunkt die interdisziplinäre Herangehensweise und die Kooperation zwischen den Disziplinen. Die Kooperation der Fakultäten Angewandte Sozialwissenschaften und Architektur passt zurzeit gut auch in die hochschulpolitische Landschaft. Schließlich folgen wir mit der Zusammenarbeit dem neuen Leitbild der Wissensgesellschaft, Innovationen durch Interdisziplinarität zu fördern. Jahrzehntelang hatte es eine Kritik an der Versäulung des Forschungssektors gegeben und die Überwindung der Hindernisse zwischen disziplinärer Wissensgenerierung und integrierter Anwendung wurde zur wissenschaftspolitischen Aufgabe erklärt, wie viele Förderprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstreichen. Die Kritik bezieht sich auf traditionelle Formen der Wissensproduktion, den so genannten Mode 1. Die neuen Formen der Wissensproduktion werden als Mode 2 bezeichnet. In diesem neuen Modus löst sich die Wissensproduktion aus dem isolierten disziplinären Rahmen. Im Idealfall werden Forschungsprobleme transdisziplinär bearbeitet, d.h. die Methoden und theoretischen Ansätze verschmelzen dabei und auch soziale, politische und ökonomische Kriterien finden ausdrücklich Berücksichtigung. Wenn Forschungsfragen transdisziplinär generiert werden, dann werden sie aus den 26

25 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Problemen der Lebenswelt und im Kontext mit den Anwendern anstatt rein disziplinär entwickelt. Aber es gibt auch Kritik an dieser Perspektive. So vertreten andere die Gegenthese, das moderne Wissenschaftssystem habe sich mit der Entstehung von Disziplinen so ausdifferenziert, dass es keine transdisziplinäre Forschung außerhalb der Disziplinen als Basis geben könne. Wenn wir uns die Bedeutung der disziplinenspezifischen Karrieremuster und Sozialisiationsprozesse anschauen, klingt das plausibel. Insofern werden wir uns nicht dazu hinreißen lassen, unsere Kooperation an der Fachhochschule Köln als transdisziplinär zu bezeichnen. Mit reiner Interdisziplinarität bewahren wir den Bezug zu den beiden Disziplinen Architektur/Städtebau auf der einen Seite und Angewandte Sozialwissenschaften auf der anderen Seite. Für uns ist entscheidend, dass ein integrierter Mechanismus wie die Interdisziplinarität das Auseinanderfallen komplexer Probleme der Stadtentwicklung in isolierte Einzelperspektiven verhindert und dadurch eine bessere Lösung ermöglicht. Perspektive des Interdisziplinaritätsstils Bezogen auf ein Analyseschema des Wissenschaftszentrums Berlin lässt sich unsere Kooperation als forschungspraktischer und heuristischer Interdisziplinaritätsstil charakterisieren: (1) Verbunden sind wir über Forschungs- und Beratungsprojekte, die sich stark am Kundenbedarf orientieren. (2) Methodisch-theoretisch liegt nur eine schwache Integration (d.h. lose Kopplung) vor, denn die Problembearbeitung steht im Vordergrund, das Gewinnen neuer theoretischer und methodischer Erkenntnisse im Hintergrund. Wir basieren auf einem sozialökologischen Kontext, der die beiden Disziplinen in den Zusammenhang 27

26 sozial raum stadt: Akteursperspektiven eines Menschen-Umwelt-Systems stellt, aber wir untersuchen ihn nicht. (3) Die organisatorische Kooperation erfolgt in Lehrforschungsprojekten. Sie weisen eine mittlere Aufgabenunsicherheit auf, weil der kognitive Erfolg nicht genau vorauszusehen ist. Dabei wird die Kooperation aber als gemeinsamer Lernprozess gesteuert. Ob unter diesen Bedingungen eine transdisziplinäre Verschmelzung von Sozialraumarbeit und Sozialraumarchitektur zu dem propagierten Paradigma des Sozialraummanagements gelingen kann, wird nicht zuletzt unsere weitere Zusammenarbeit, aber auch in ersten Ansätzen die vorliegende Publikation zeigen. Prof. Dipl.-Ing. Gerd Hamacher/Prof. Dr. Herbert Schubert. Foto: Axel Joerss 28

27 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Übersicht: Der Blick auf die anderen Passen die beiden Charaktere von Architektur / Städtebau und soziale Arbeit / Angewandte Sozialwissenschaften sowie ihre Praxis überhaupt zusammen? Architektur / Städtebau GEGENSÄTZE: Differenzen im professionellen Habitus Attitüde des klassischen Baumeisters Hierarch der Gewerke (Tradition der mittelalterlichen Zünfte) Machtanspruch (z.b. in der Stadtentwicklung) Markt-/erwerbswirtschaftlicher Handlungskontext (überwiegende Finanzierung durch Private) Orientierung am Establishment Bestimmer : autoritäre Führung Soziale Arbeit / Angewandte Sozialwissenschaften Attitüde des Vertreters der Entrechteten stilisiertes Außenseitertum (Tradition der Socialpolitik und der Soziallehren des 19. Jahrhunderts) Ohnmacht (insbesondere in Prozessen der Stadtpolitik) Wirtschaftlicher Kontext des Sozialmarktes (öffentliche Hände als Kostenträger) Orientierung an Lebenswelten Abstimmer : kooperative Führung mit Tendenz zur Führungsschwäche Individualprinzip und Alleingang Kollektivprinzip und Konsensorientierung Künstler Verengter Blick auf die Fläche und das Gebaute Produktion neuer künstlicher Welten Selbstreflexionen nicht zugängliches Machen Selbstdarstellung mit Stil Helfer Verengter Blick auf Zielgruppen Reparatur sozialer Welten Wirkungsresistentes Reden ( Schön, dass wir drüber geredet haben.) Stilverweigerung = Verkörperung von zwei grundsätzlich verschiedenen sozialen Milieus 29

28 sozial raum stadt: Akteursperspektiven Architektur / Städtebau Soziale Arbeit / Angewandte Sozialwissenschaften ÜBEREINSTIMMUNGEN: Gemeinsamkeiten in der professionellen Praxis Architekturentwurf als kreatives Spiel mit dem Raum Manifestation von Gemeinschaftsideologien Monopol der städtischen Raumgestaltung Produktion des Raumes: gebaute Raummuster als Hardware Zuweisung und Gestaltung des Orts im Gemeinwesen für die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft Funktionalistische Verinselung der Stadt Schaffung des räumlichen Zeichen- und Regelsystems Erneuerung des Bestands Sozialpädagogische Konzepte nach der Methode Versuch und Irrtum Soziale Dienste als politisch definierte Versorgungsarrangements Monopol der Definition sozialer Probleme und ihrer Lösungsansätze Unbewusste Mitgestaltung des Raumes: Beeinflussung der Nutzungsmuster als Software Unterstützung beim Arrangement des Orts im Gemeinwesen mit Gesellschaftsmitgliedern Monofunktionale Versorgungsarrangements in Einrichtungen / Diensten Ermöglichung eines regelkonformen Alltags für die Menschen Organisation von Partizipationsprozessen = Kooperation auf derselben Baustelle : Entwicklung der Stadt als soziale und physische Einheit Literatur Alexander, Christopher / Ishikawa, Sara / Silverstein, Murray et al. 1995: Eine Muster- Sprache. A Pattern Language. Städte - Gebäude - Konstruktion. Wien. Asmus, Gesine (Hrsg.) 1982: Hinterhof, Keller und Mansarde. Einblicke in Berliner Wohnungselend 1901 bis Die Wohnungs-Enquete der Ortskrankenkasse für den Gewerbebetrieb der Kaufleute, Handelsleute und Apotheker. Reinbek bei Hamburg. 30

29 Hamacher/Schubert: Der Blick auf die anderen Bahrdt, Hans Paul 1974: Die moderne Großstadt. Soziologische Überlegungen zum Städtebau. München. Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften / Fakultät für Architektur 2002a: Perspektiven der Stadtteilentwicklung in Köln-Bayenthal. Dokumentation einer Planungswerkstatt am 7. und , Fachhochschule Köln. Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften / Fakultät für Architektur 2002b: Sozialraumanalyse in Leverkusen-Alkenrath Ergebnisse eines Projektseminars der Fachhochschule Köln, Köln. Feldtkeller, Andreas 1994: Die zweckentfremdete Stadt. Wider die Zerstörung des öffentlichen Raumes. Frankfurt/M., New York. Le Corbusier 1957: An die Studenten. - Die Charte d Athènes. Reinbek bei Hamburg, 1962 Poster, Jem 2003: Der Winter des Architekten. Roman. München. Röbbecke, Martina / Simon, Dagmar / Lengwiler, Martin / Kraetsch, Clemens 2004: Inter-Disziplinieren. Erfolgsbedingungen von Forschungskooperationen. Berlin Riege, Marlo / Schubert, Herbert (Hrsg.) 2005: Sozialraumanalyse - Grundlagen, Methoden, Praxis. 2. neu bearbeitete Auflage, Wiesbaden Salomon, Alice, vgl. URL Schubert, Herbert / Spieckermann, Holger 2004: Standards des Quartiermanagements: Handlungsgrundlagen für die Steuerung einer integrierten Stadtteilentwicklung. Köln Sennett, Richard 1998: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin 31

30 sozial raum stadt Akteursperspektiven 32

31 Kaminski: Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit Winfred Kaminski Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit Meine nachfolgenden Ausführungen zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit lassen sich leiten von der Grundidee, dass es kein zwingendes Argument gegen interdisziplinäre Zusammenarbeit gibt und es so etwas wie spezifische Kultur dieses Arbeitens gibt. Allerdings, und dies ist dann doch eine Einschränkung des öffentlich zur Schau getragenen Optimismus, lohnt es sich einen Blick darauf zu werfen, ob und wie ein solches Projekt Erfolg versprechend durchgeführt werden könnte und welche Hindernisse evtl. auftauchen könnten. Blickrichtungen Ehe ich meine Lupe ganz nahe ans Objekt halte, möchte ich einen kleinen Umweg gehen. Dazu stelle ich ihnen als erstes eine Formulierung aus dem Jahre 1922 des Künstlers Francis Picabia, er war Dadaist und Surrealist, vor: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Und dann möchte ich ihnen ein sehr bekanntes Bild des Malers Rene Magritte zeigen: Das Zitat Picabias wie das Bild Magrittes haben eines gemeinsam: Sie weisen darauf hin, dass sowohl in der Kunst, als auch in der Wissenschaft auf den Blickwinkel und die Blickweise ankomme. Derselbe Gegenstand, ein ähnlicher Sachverhalt zeigt uns je nach unserer Stellung an- 33

32 sozial raum stadt Akteursperspektiven dere Seite und je mehr Richtungen wir uns zutrauen, desto mehr Seiten können wir an einem Gegenstand oder Sachverhalt erfassen. Wenn sich also zwei Forschungsrichtungen zusammen tun, entdecken sie vermutlich mehr auf Grund der je unterschiedlichen Denkrichtungen. Was aber trägt nun Magrittes Bild zur Kultur der interdisziplnären Zusammenarbeit bei? Die Antwort fällt leicht: Sein Kunstwerk, zusammengesetzt aus Bild und Schriftzug, die etwas miteinander zu tun und sich doch voneinander unterscheiden, lässt uns auf die Problematik von Abbildlichkeit durch ein Malerei und von Abbildlichkeit durch Schrift aufmerksam werden. Im ersten Moment sehen wir eine Pfeife, genauer wir sehen das Bild einer Pfeife, und im zweiten Moment lesen wir den Satz: Diesda ist keine Pfeife. Natürlich ist der Satz als Satz keine Pfeife, aber auch die bildliche Wiedergabe ist nicht etwa die wirkliche Pfeife, eine Pfeife wie sie in Wirklichkeit ist, sondern es ist eine künstliche/künstlerische (analoge) Wiedergabe. Oben hatte ich gesagt, dass es auf Blickweise und Blickrichtung ankomme und das wird durch Magrittes Kunstwerk nochmals deutlich: Unser Modus des Betrachtens von Wirklichkeit, z.b. der sozialen Realität, ist determiniert durch unsere Darstellungsmittel, und wir können außerdem nur darstellen, was wir durch unsere jeweilig eingenommene Perspektive zu sehen bekommen. Alles andere bleibt uns verstellt. Wenn also eine Person oder auch eine Wissenschaftsdisziplin notwendig durch ihre sprachlichen Mittel eingeschränkt ist, könnte dann interdisziplinäres Arbeiten dies aufheben? Als Soziologe sehe ich soziologisch, als Architekt baulich und als Mieter und Bewohner wieder anders. Vor allem aber sehen alle drei hier genannten Gruppen jeweils, obwohl sie womöglich das gleiche vor Augen haben, gänzlich Verschiedenes. Wie kann es dann zu einer Kommunikation kommen? Zu bedenken ist ja auch, dass Soziologen soziologisch sprechen, Architekten ebenfalls in einer Fachsprache und Mieter zum Entsetzen aller in der Umgangssprache, vielleicht sogar Dialekt. 34

33 Kaminski: Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit Zwei oder mehr Kulturen Doch nun einen Sprung zurück: Vor gut einem halben Jahrhundert hat der Wissenschaftshistoriker C.P. Snow die Formel von den two cultures eingeführt, und er meinte damit die Naturwissenschaften (hard sciences) auf der einen und die Geisteswissenschaften (soft sciences) auf der anderen Seite: I believe the intellectual life of the whole western society is increasingly being split into two polar groups... at one pole we have the literary intellectuals, who incidentally while no one was looking took to referring to themselves as >intellectuals< as though there were no others at the other scientists, and as the most representative, the physical scientists. Between the two a gulf of mutual incomprehension sometimes hostility and dislike, but most of all lack of understanding. They have a curious distorted image of each other. 1 Er sah eine Kluft zwischen ihnen, die sich z.b. durch je unterschiedliches Methodenbewußtsein und Forschungsgegenstand oder auch durch die Polarität von Erklären und Verstehen definieren ließe. Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts nahm dann der Berliner Soziologe Wolf Lepenies Snows Diskussion auf und veränderte die Formel. Bei ihm heißt es jetzt Die drei Kulturen 2 und er verortet die Soziologie nun zusätzlich zwischen Wissenschaft und Literatur. Beide Forscher gehen davon aus, dass es konkurrierende Modelle von Wissenschaft gibt und dass die jeweiligen Kulturen stark dahin wirken, sich gegen die anderen abzugrenzen, um das je eigene zu schützen. Zwischen den Wissenschaften gibt es starke Exklusionsvorgänge. 1 C.P. Snow zititiert in: Der Streit um die zwei Kulturen in: Gegenworte, Heft 6 2 Wolf Lepenies Die Drei Kulturen. Soziologie zwischen Literatur und Wissenschaft München/Wien

34 sozial raum stadt Akteursperspektiven Die jeweiligen Kulturen geben vor, was getan werden darf, was unterlassen werden muss. Sie zeigen an, wer dazugehört und wer nicht. Ein besonders deutliches Medium, um zu erkennen, wo wer hingehört und wo nicht, ist die jeweilige Sprache vom mathematischen Formalismus bis zum dekonstruktivistischen Slang. Damit aber stellt sich gleich die Frage nach der Übersetzbarkeit von Erkenntnissen aus dem einen Feld in das andere: Dies geht nicht ohne Schwierigkeiten und auch Verluste vor sich. Ein herausragendes Ereignis war in den 90er Jahren der sogenannte science war 3 und die dazugehörende Sokal-Affäre. Alan D. Sokal 4, ein amerikanischer Physiker, veröffentlichte in der Zeitschrift Social Text den Beitrag Transgressing the Boundaries: Toward a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity. Darin karikierte er, ohne dass dies der Redaktion anfänglich bewusst wurde, eine bestimmten Stil kritischer Rede und Schreibe der Postmoderne. Er belegte, dass dieser Jargon davon lebte, etwa naturwissenschaftliche Termini und sogar Theoreme in völlig inakzeptabler Weise zu benutzen und das, was Fachsprache war, zur Leerform verkürzte. 5 Mir geht es nun nicht darum, jegliche Kommunikation zwischen Wissenschaften zu bezweifeln, es kommt aber darauf an, klarzustellen, dass bei den Übergängen, die Sprache sich verändert und damit auch die Dinge sich wandeln. Ein architektonisches Problem ist in soziologischer Sprache kein architektonisches Problem mehr, sondern ein soziologisches und vice versa. Dies ist keine x-beliebige Problematik: Gerade zur Zeit erleben wir durch die Neurowissenschaft wiederum einen Versuch eine Sprache und eine Wissen- 3 siehe auch: Science wars und Naturwissenshaft als große Erzählung des Kapitals 4 file://localhost/e:/winnies Dateien/Eigene Dateien/winter0304/sokalstext.html 5 Hans U. Gumbrecht: Wie der Wissenschaftsschwindel von Alan Sokal erst moralisiert und dann zerredet wurde.zit. Nach: Der Autor zeigt auf, wie sehr dann Sokal selber sich verstrickt. 36

35 Kaminski: Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit schaftskultur durchzusetzen. In den letzten Tagen erschien ein Manifest 6 mehrerer bekannter Neurowissenschaftler: Sie schränkten zwar den Interpretationsanspruch ihres Feldes im Vergleich mit früheren Äußerungen etwas ein, aber beanspruchten weiterhin, dass ihre Wissenschaft nun die Leitwissenschaft werden wird und die Ergebnisse ihrer Forschungen Verbindlichkeit für alle andern Wissenschaften haben werden, die mit Menschen zu tun haben. Ein weit gefasster Anspruch, der zum Teil schon Auswirkungen zeigt dort, wo etwa die Erziehungswissenschaft dem neuen Ton nacheifert und nun den neurodidaktischen Stein der Weisen gefunden zu haben meint. Hier baut sich in meinen Augen erneut ein erstaunliches Missverständnis und damit Missverhältnis auf. Umwege Kann nach all dem überhaupt daran gedacht werden, interdisziplinär zu arbeiten? Wir wissen, dass allein disziplinäres Vorgehen zu einer fragmentierten Anschauung führt. Gerade bei Themen die von grundverschiedenen Wissenschaften gemeinsam bearbeitet werden, werden die Beziehungen und Verständigungsaufgaben noch schwieriger und aufwendiger. Setzen wir den Fall, dass Vertreter unterschiedlicher Disziplinen gemeinsam Probleme untersuchen und dabei unterschiedliche Gegenstandsaspekte und auch unterschiedliche theoretische Integrationsniveaus anbieten, dann haben wir es mit interdisziplinärer Arbeit zu tun. Interdisziplinarität in diesem Sinne ziehlt auf mehr, als auf das Zusammenbringen verschiedener Teilansichten. Wobei, mit Jürgen Kocka 7 zu sagen, der Oppositionsbegriff zu Interdisziplinarität ist nicht die Disziplinarität, sondern die Spezialisierung um jeden Preis. Spezialisierung ist wirklichkeitsfremd. Durch fortschreitende 6 Christian E. Elger et. al. «Auf dem Stand von Jägern und Sammlern Auszüge aus dem Manisfest... in Frankfurter Rundschau Nr Jürgen Kocka (Hrsg.) Interdisziplinarität. Praxis, Herausforderung, ideologie stw. 671, Frankfurt

36 sozial raum stadt Akteursperspektiven Spezialisierung trennte sich das Wissenschaftssystem immer weiter von alltäglichen Erfahrungen und ihren Problemen. Erst der Blick auf die Asymmetrie von Problementwicklung und disziplinärer Entwicklung macht wieder frei für den Zugewinn an wissenschaftlicher Wahrnehmungsfähigkeit. Diese aber braucht sich nicht bei schon verfügbaren Antworten beruhigen, sondern muss neue Fragen entwickeln. Es gibt neben der Welt der wissenschaftlichen Gegenstände, weiterhin eine uns umgebende Welt der Bedürfnisse bei schwächer werdender Orientierungsleistung. In den zurückliegenden Tagen habe ich dann einen Blick in die Datenbank der Deutschen Bibliothek (Frankfurt a.m.) geworfen, um unter dem Stichwort Interdisziplinarität nachzuschauen, was und wer dort alles verzeichnet steht. Vor allem hoffte ich herauszufinden, welche Disziplinen sich bisher bevorzugt der fächerübergreifenden Zusammenarbeit geöffnet haben. Ich entdeckte dabei, dass etwa die Palliativmedizin, sich der Interdisziplinarität verpflichtet sieht, dass es sogar Überlegungen zur innerdisziplinären Interdisziplinarität gibt, dass in der Semantikforschung über Interdisziplinarität und Methodenpluralismus nachgedacht wird, dass die Sexualwissenschaft ebenfalls Interdisziplinarität beansprucht; weiter fand ich den Hinweis auf Qualitätsmanagement und Interdisziplinarität, sowie auf die Interdisziplinarität der Risikoforschung in den Gesundheitswissenschaften, ebenfalls interdisziplinär arbeitet auch die Ökologie und entfaltet Bezüge zu Soziologie und Betriebwirtschaftslehre. Dabei sei es vorerst belassen. Den Titel eines Buches aufnehmend, es heißt Grenzbegehungen (1995) scheint Interdisziplinarität mittlerweile zum Wissenschaftsethos zu gehören. Wie ist es aber mit der Frage nach dem Verhältnis von Interdisziplinarität und Effizienz bestellt? Stimmt es, dass sie dazu verhilft, Denkmuster und Verfahrensweisen zu hinterfragen und den jeweiligen fachlichen Partikularismus abzufedern? Einige Stimmen warnen auch davor, dass sich durch Interdisziplinarität das jeweilige fachspezifische Methodenmenü in einen Methodensalat verkehren könnte. 38

37 Kaminski: Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit Dagegen steht aber die Haltung, sie wird etwa von der ehemaligen Hessischen Wissenschaftministerin Evelies Mayer 8 vertreten, dass die gegenseitige Abschirmung von Fachkulturen synergetische Effekte verhindere. Sie sieht folgende Vorteile von Zentren mit interdisziplinärem Zuschnitt: Umgehen von Sichtbehinderungen durch fachliche Scheuklappen Prüfstein für eine angemessene Wissensproduktion in den einzelnen Fächern Ausbildung des Nachwuchses für flexible, fachübergreifende wissenschaftliche Arbeit. Rahmenkonzepte für die Bearbeitung von Problemen durch mehrere Disziplinen. Zeitlich befristete Kombination von Fächern für eine problemorientierte Forschung Erhöhung der gesellschaftlichen und politischen Akzeptanz von Hochschulen. Evelies Mayer betont aber auch, dass es bestimmter Voraussetzungen bedarf, um interdisziplinär forschen zu können: Angemessene Grundausstattung und Planungssicherheit für eine bestimmte Zeit Forschung als zentrale Aufgabe Starke akademische Leitung und klar umrissener Arbeitsauftrag Enge Verbindungen zu den Fakultäten und Rückhalt bei der Hochschulleitung 8 vgl. ihren Vortrag Technik und Gesellschaft an deutschen Universitäten am an der TU Berlin 39

38 sozial raum stadt Akteursperspektiven Zentraler Ort als Heimstatt für interdisziplinäre Wissenschaftlergruppen Regelmäßige Evaluation, die dem Charakter interdisziplinärer Arbeit angemessen ist. Interdisziplinarität trägt dann zur akademischen Kultur bei, wenn sie sich so Evelies Mayer durch Flexibilität, Innovation, Komplementarität und qualitativen Wandel auszeichnet. Wie kann nun diese erwartete Orientierungsleistung etwa in der Zusammenarbeit von Architekt und Soziologe aussehen? Hat nicht der Architekt auf das zu bauende Stadtviertel notwendig eine gänzlich andere Sicht als der Soziologe? An dieser Stelle nun kommt nicht ganz überraschend Niklas Luhmann zu seinem Recht: Wissenschaftliche Kommunikation ist, wie immer besonders und selbstreferentiell geschlossen sie sich etabliert und aus sich selbst speist, immer auch Kommunikation, das heißt Vollzug von Gesellschaft. Offensichtlich ist und bleibt Wissenschaft, bei allen Trends zur Mathematisierung und Computerisierung, auf die gesellschaftliche Sprache angewiesen und zwar nicht deshalb, weil sie gelegentlich so etwas wie >ordinary language< anwenden muss, sondern weil sie selbst aus Kommunikationen besteht. 9 In einem frühen Vortrag hat N. Luhmann einmal von den inkongruenten Perspektiven gesprochen, die sich der Wissenschaftler zueigen machen muss, um zu fruchtbaren Fragen zu gelangen. Wie hilfreich wird es da erst sein, durch Kommunikationen und auf dem Umweg über die >ordinary language<, d.h. die Umgangssprache, zwei so verschiedene Disziplinen wie Architektur und Soziologie mit ihren je schon nicht deckungsgleichen Blickwinkeln einander anzunähern und die Schnittstellen auszumachen? 9 Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft Frankfurt 1990, S

39 Kaminski: Zur Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit Von Paul Klee stammt der Satz: Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar. Das gilt in gewisser Hinsicht auch für wissenschaftliche Arbeit und wie viel mehr für eine interdisziplinäre Arbeit: Selbst wenn es so sein sollte, dass wir noch einiges zur Kultur des interdisziplinären Arbeitens beitragen müssen, ehe sie selbstverständlich funktioniert. Dabei wird ein wichtiger Schritt sein, nicht gegeneinander oder aneinander vorbeizureden, sondern miteinander. Was als erstes auffällt, wenn man in interdisziplinäre Kontexte eintritt, ist die Tatsache, dass die anderen Umwege machen; während die eigene Disziplin die eindeutigen, richtigen Wege zu kennen scheint, eben diejenigen, die ohne Umweg zum Ziele führen. Damit ich aber fächerübergreifend arbeiten kann, muss ich umwegtolerant sein. Kultur macht nicht nur Umwege, sie ist der Umweg. 10 Zum Schluss und zusammenfassend: Die Anforderungen, Fähigkeiten zu entwickeln für die Problemanalyse und bewältigung in neuen, größeren und sich verändernden Systemzusammenhängen und Wissensgrenzen zu überwinden, nehmen zu. Studierende der Universität Kassel 11 haben verdeutlicht, dass zu diesen Systemzusammenhängen immer stärker nicht nur technische, naturwissenschaftliche oder geisteswissenschaftliche, sondern auch soziologische und ökonomische gezählt werden müssen. Die Ausbildung der Hochschulen ist darauf bisher wenig vorbereitet, im Vordergrund stehen vielmehr Fachspezialisierung, Wissensvermittlung und die Einzelleistung. 10 Ich entnehme dieses schöne Wort Ralf Konersmann Kulturphilosophie zur Einführung Hamburg 2003 S.125 ff 11 Bericht der Untersuchungsergebnisse eines Semesterprojekts des Studiengangs Systemdesign FB 20 der Universität Kassel 11/2003 Studieren für die neue Wirklichkeit die Universität für zeitgemäße, interdisziplinäre Studienangebote öffnen (Mspt.) 41

40 sozial raum stadt Akteursperspektiven Gefordert werden daher: Die Fähigkeit zu interdisziplinärer Projektorganisation mit übergeordneter Aufgabenstellung Die Fähigkeit, die mentalen Modelle anderer Disziplinen zu verstehen und Spezialisierungen zielführend zu kommunizieren Innovationspotentiale zu erkennen und ihre Realisierung voranzutreiben. Problemstellungen und Lösungsansätze im größeren soziotechnischen Systemzusammenhang zu verfolgen, Suboptimierungen zu vermeiden und den Gesamtnutzen erhöhen. Veränderungen und deren Triebkräfte früh wahrzunehmen und vorhandenes Wissen, Erkenntnisse und Verhalten durch ständige Lernprozesse zu aktualisieren. Das Fazit lautet, dass es ohne soziale Kompetenz, ohne Meta-Lernen und Wissen, ohne interdisziplinäres Systemdenken und ohne Kreativität nicht weitergehen wird, aber diese Erfolgsfaktoren unter den gegenwärtigen hochschulischen Bedingungen nicht nur nicht thematisiert werden, sondern durch betonte fachliche Grenzziehungen sogar konterkariert werden. Prof. Dr. Winfred Kaminski Foto: Axel Joerss 42

41 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung Reiner Staubach Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus der Sicht der Stadtplanung 1. Welche Aspekte der städtischen Planung sind Akteuren der sozialen Arbeit fremd? In meiner über 20-jährigen praktischen Arbeit in der Stadtteil- und Quartiersentwicklung im Planerladen, dem Verein zur Förderung demokratischer Stadtplanung und stadtteilbezogener Gemeinwesenarbeit, habe ich mit Sozialarbeitern, Diplom- und Sozialpädagogen, mit Sozialwissenschaftlern und auch Erziehern zu tun gehabt. Selbstverständlich verbietet sich eine pauschalisierende Beantwortung dieser Eingangsfrage, zumal ich schon aus dem Stegreif heraus einige Sozialprofis nennen könnte, für die die folgenden Ausführungen eben nicht gelten. Es erscheint mir dennoch legitim, einige Handlungsfelder anführen, die von Profis der Sozialen Arbeit tendenziell vernachlässigt werden oder deren Relevanz oftmals sogar abgestritten wird. Eigenwert von Investitionen in die Hardware der Stadt Nicht angemessen gewürdigt wird in der Stadtteil- und Quartiersentwicklung von Akteuren sozialer Arbeit aus meiner Sicht vor allem die Bedeutung der physisch-materiellen Raumstrukturen, sowohl als Determinanten für die Wohn- und Lebensqualität eines Stadtteils als auch als Faktoren für die Kennzeichnung von Entwicklungspotenzialen und perspektiven. Gemeint sind also Standortqualitäten wie die Lage, die Erreichbarkeit, die städtebaulich-architektonische Gestalt, die Wohnungsausstattung, die Qualität der öffentlichen und privaten Infrastrukturen, die Freiraumausstattung oder auch die Umweltsituation. Während nämlich die Interventionen der Sozial- 43

42 sozial raum stadt Akteursperspektiven profis in der Regel darauf angelegt sind, die Lebenschancen von Individuen oder Gruppen zu verbessern (z.b. Eröffnung von Zugangsmöglichkeiten zu Arbeit, Bildung oder Wohnraum häufig unter Einsatz kompensatorischer staatlicher Transfers), geht es bei der Verbesserung der Lebensqualität in einem Stadtteil oder Quartier vor allem darum, die benachteiligenden Wirkungen der Umfeldbedingungen zu mindern. Dies erfolgt gewissermaßen im Sinne des grundgesetzlich verankerten Prinzips der Herstellung gleichwertiger (nicht gleicher) Lebensbedingungen. Eine Vernachlässigung dieser letzten Endes baulich-investiven Dimension, welche vor allem durch die Stadtplanung bearbeitet wird, hieße auf Dauer ein Zurückfallen bestimmter Stadtteile oder Quartiere hinter die gesamtstädtische Entwicklung in Kauf zu nehmen. In Zeiten der Schrumpfung von Städten und der zunehmend schärfer werdenden Marktkonkurrenz zwischen Wohnquartieren käme dies letztendlich sogar einer Aufgabe einzelner Stadtteile als Wohnstandorte gleich, würde zumindest aber die Hinnahme von Erscheinungen der Vernachlässigung oder gar Verslumung bedeuten. Tatsächlich wurde erst mit der Veröffentlichung von W. J. Wilson The Truly Disadvantaged (1987) das Ausmaß der benachteiligenden Effekte von hoch-segregrierten Wohnstandorten in den Blick gerückt. Wilson machte damit zugleich auf die sozial-räumliche Dimension verschärfter Armutsentwicklungen, d.h. auf die Realität und Dynamik segregativer Tendenzen in US-amerikanischen Städten, aufmerksam. Hierzulande wurde auf die Tragweite solcher Entwicklungen vor allem durch Hartmut Häußermann (2003) hingewiesen. So stellte er heraus, dass Ausgrenzung zwar ein mehrdimensionaler Prozess ist, der in der Regel mit der Marginalisierung auf dem Arbeitsmarkt beginnt und sich in sozialen und kulturellen Ausschluss umsetzt. Generell können vorhandene Benachteiligungen von Personen bzw. Haushalten aber durch benachteiligende Stadt- und Raumstrukturen, insbesondere auch durch räumliche Isolation, eine zusätzliche Verschärfung erfahren (Häußermann 2003, 147f.). Demzufolge führt er im Hinblick auf benachteili- 44

43 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung gende Effekte eines Quartiers neben dem sozialen Milieu (Kultur der Armut) und dem negativen Image (schlechte Wohnadresse) auch die physisch-materiellen Merkmale an: Hier schlägt neben der Wohnung und ihrer Größe, Ausstattungsqualität sowie ihrem Zustand vor allem auch die Qualität des Wohnortes zu Buche. Darüber hinaus bieten die unmittelbar vor Ort für die Bewohner sichtbar werdenden Bauinvestionen in Siedlungen, Gemeinschaftseinrichtungen, Wohnumfeld, Spielplätze u.a.m. legitime Anlässe und praktische Experimentierfelder für soziale Kommunikations- und Lernprozesse zwischen allen relevanten Akteuren. Wenn diese tatsächlich als gute Beispiele ( Good practice ) genutzt werden, werden sie zu einem unverzichtbaren Element von Beteiligungs- und Ermutigungsstrategien. Zugleich belegen und signalisieren sie, dass sich tatsächlich etwas tut und es nicht bei Ankündigungen und Gerede bleibt. Neben den für die Nutzer unmittelbar erfahrbaren Qualitätsverbesserungen durch Investitionen im Bereich von Städtebau und Wohnungsbau darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese erhebliche Multiplikatorwirkungen für öffentliche und private Folgeinvestitionen entfalten. Diese erreichen nach einer aktuellen Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts (RWI) ein Mehrfaches der eingesetzten Fördersumme. Zugleich liefert die Städtebauförderung auch wichtige Impulse für die lokale und regionale Wirtschaft, vor allem indem sie Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft sowie in vor- und nachgelagerten Produktionsbereichen sichert (vgl /11/24/ html). Verbesserung der Lebensqualität in den Städten als Gegenstrategie zur Stadtflucht Die einseitige Konzentration auf eine Strategie zur Erhöhung individueller Lebens- bzw. Zugangschancen durch Investitionen in das Humankapital (z.b. 45

44 sozial raum stadt Akteursperspektiven durch Qualifizierungs- und Trainingsmaßnahmen) läuft letztlich darauf hinaus, dass diejenigen Gruppen und Haushalte, die diese Maßnahmen für ihren individuellen Aufstieg nutzen, früher oder später den Stadtteil verlassen ( Creaming ). Die Segmentierung der Stadt in Gebiete mit hohem und niedrigem sozialen Status wird damit weiter vorangetrieben. Auffällig ist, dass die Akteure der Sozialen Arbeit diesen sozial selektiven Abwanderungsprozessen in den benachteiligten Quartieren, die nicht zuletzt im Zusammenhang zu sehen sind mit der fortgesetzten Bevölkerungsund Arbeitsplatzsuburbanisierung des städtischen Umlandes, scheinbar resignativ oder gar ignorant gegenüberstehen. Trotz der in zahlreichen Stadtregionen sichtbaren strukturellen Veränderungen auf den Wohnungsmärkten halten sie häufig weiterhin an althergebrachten Programmatiken fest. Dies gilt etwa für die Bekämpfung von Privatisierungsbemühungen oder die Verteidigung des belegungsgebundenen Wohnungsbestandes. Tatsächlich ist vielerorts inzwischen die Realität eines Mietermarktes (Angebotsüberhang) gegeben, wodurch vor allem die Wohnstandortoptionen bzw. die Wahlfreiheit für zahlungskräftige Haushalte deutlich erweitert werden, mit der Folge, dass die Segregation nach Einkommen und Lebensstil immer mehr zunimmt (Häußermann 2002, 76f.). Hinzu kommt, dass sich die Attraktivität der Wohnung immer stärker auch über die Lage, die Ausstattung und den Status des jeweiligen Wohnquartiers definiert, was bei anhaltenden demografischen Schrumpfungen und damit längerfristig rückläufiger Nachfrage die Konkurrenz zwischen schlechteren und besseren Adressen und Standorten noch deutlich erhöht. Ohne nachdrückliche Bemühungen zur Beseitigung benachteiligender Umfeldbedingungen in Form von Investitionen in die Hardware durch städtebauliche Modernisierungsund Aufwertungsmaßnahmen und damit der Ermöglichung von Wohnkarrieren im Stadtteil selbst, bleibt den mittelschichtigen und bildungsnahen Haushalten kaum eine Alternative, sich andernorts entsprechenden Wohnraum zu suchen. 46

45 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung Um tatsächlich Ansatzpunkte zur Gegensteuerung bei der Bevölkerungssuburbanisierung ausmachen zu können, bedarf es einer Auseinandersetzung sowohl mit den pull- als auch mit den push-faktoren von Suburbanisierungsprozessen. Dabei gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass in unseren Stadtregionen eher von einer Stadtflucht als von einer Stadtvertreibung zu sprechen ist. Denn es sind weniger die idealen Wohnbedingungen im suburbanen Raum, die die entsprechenden Haushalte aus der Stadt ins Umland ziehen, als vielmehr die schlechte Wohn- und Lebensqualität sowie die fehlenden Möglichkeiten der Realisierung der eigenen Wohn- und Lebensstilvorstellungen (sprich das fehlende Angebot qualitativ angemessener Wohnungen). Deshalb erweist sich der Umzug in die Umlandgemeinde häufig eben nur als Strategie zweiter Wahl. Dies belegen auch die inzwischen zahlreichen Untersuchungen zu den Wanderungsmotiven von Haushalten. Darauf weist auch Volker Eichener (2002) hin, wenn er für den Wohnungsmarkt in Schwerin konstatiert: Ausgerechnet bei der Bevölkerungsgruppe, die den Suburbanisierungsprozess am stärksten vorantreibt, den Familien mit Kindern, sind die Präferenzen für die Kernstadt mit 82 % besonders hoch. Die einzige Gruppe, bei der die Vorliebe für das Umland überwiegt, sind ältere kinderlose Paare (Eichener 2002, 56). Ein zusätzlicher Verursachungszusammenhang für zunehmende Segregation ist zudem im Schulbereich zu verorten. In kaum einem anderen europäischen Land erweist sich die mangelnde bzw. vermeintlich schlechte Qualität der Schulen in einem Stadtteil als ein so entscheidender Segregationsmotor. So machen viele Eltern einheimischer Kinder die wachsenden Anteile von Migrantenkindern für Probleme im Lern- und Erziehungsfortschritt ihrer Kinder verantwortlich oder befürchten diesen zumindest. Die Reaktion ist eine Abstimmung mit den Füßen, d.h. der Wegzug spätestens dann, wenn die Einschulung der eigenen Kinder ansteht (vgl. Häußermann 2002, 78). Insgesamt sollten die Akteure Sozialer Arbeit zur Kenntnis nehmen, dass die physisch-materiellen Raumstrukturen sowohl Restriktion als auch Ressource für die soziale Arbeit sein können. 47

46 sozial raum stadt Akteursperspektiven Ansatzpunkte zur Wiederinwertsetzung von stigmatisierten Wohnadressen Der Blick auf das Beispiel der Dortmunder Nordstadt belegt, wie ein über Jahrzehnte verfestigtes und über die in den Medien veröffentlichte Meinung auch stets gepflegtes Negativ-Image nachhaltig wirksam wird. Dies gilt nicht nur auf lokaler Ebene in den Köpfen der Stadtteilbewohner selbst als notwendigen sozialen Trägern von Erneuerungsprozessen, sondern entfaltet längst auch eine regionale Ausstrahlung, die das miserable Ranking des Stadtteils als Wohnstandort im Wettbewerb mit anderen Stadtteilen scheinbar unverrückbar erscheinen lässt. Das Investitionsverhalten der wohnungswirtschaftlichen Akteure bleibt davon nicht unberührt, da sich diese fragen müssen, ob mit Blick auf die Renditeentwicklung zukünftig ein Engagement in der Bestandserhaltung und Bestandsaufwertung nach ihrer Logik noch Sinn macht. Seit Jahrzehnten bemüht man sich um den Dortmunder Norden. Der Stadtteil ist wie ein Fass ohne Boden (WAZ ) Gehasst und gefürchtet: Die Dortmunder Nordstadt, eines der schlimmsten Wohnviertel im Revier (Bild ) Hier zeigt sich: Neben systematischen kleinteiligen und gebietsbezogenen Verbesserungen in der Substanz sowie weithin sichtbaren städtebaulichen Investitionen mit Signalwirkung besteht die Notwendigkeit, auch am Image des Stadtteils zu arbeiten. Nach der Devise Tue Gutes und rede auch darüber sollten die im Zusammenhang mit Maßnahmen der Sozialen Stadt aber auch mit weitergehenden städtebaulichen Umstrukturierungsmaßnahmen ( Stadtumbau ) einhergehenden Bemühungen zur Aufwertung von Siedlungen, Quartieren oder Stadtteilen deshalb durch Initiativen zur Verbesserung des Stadtteilimages und des Stadtteilmarketings flankiert werden. Damit ist ein Aufgabenfeld angesprochen, das von den Akteuren sozialer Arbeit, wenn nicht gerade mit Verachtung gestraft, so doch zumeist höchst 48

47 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung misstrauisch beäugt wird. Dabei müsste doch gerade bei ihnen angekommen sein, dass die subjektive Problemwahrnehmung durch die Stadtteilbewohner (etwa das häufig grassierende Unsicherheitsgefühl) mit der objektiven Problemlage im Wohnviertel in der Regel nur selten zur Deckung zu bringen ist. In kritischer Distanzierung zu Versuchen der Errichtung Potemkinscher Dörfer im Sinne von bloßem Facelifting und Fassaden-Make-up muss bei solchen Marketinganstrengungen das Anliegen der Neu- bzw. Wiederinwertsetzung die Profilierung von Qualitäten und Eigenarten von Quartieren entlang von Alleinstellungsmerkmalen im Zentrum stehen. Für manche Protagonisten aus dem politischen Raum stellt allerdings bereits der Schritt zur Aufnahme von Stadtteilen in Sonderprogramme wie Soziale Stadt bzw. Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf einen Beitrag zur Stigmatisierung dar. Um solche Effekte zu vermeiden, sollten diese Programme ihre Ansatzpunkte nicht vornehmlich in der Identifizierung und Definition von Problemen und Defiziten suchen, sondern vor allem auf die Entwicklung der Stärken und Potenziale setzen. Ein Beispiel hierfür ist der von der Arbeiterwohlfahrt in Dortmund ausgelobte und zusammen mit dem Quartiersmanagement-Hafen in Trägerschaft des Planerladen e.v. realisierte Bürgerwettbewerb WasserWelten. Die Bewohner der Brandungszone (also des Hafenviertels) und darüber hinaus der Nordstadt sowie Dortmunds insgesamt waren aufgerufen, sich an einem Mal-, Gestaltungs- und Erlebniswettbewerb zu beteiligen. Über die mit gut 40 Artikeln allein in den Dortmunder Zeitungen sehr große Medienresonanz ist es ge- 49

48 sozial raum stadt Akteursperspektiven lungen, Ideen für die weitere Entwicklung des Hafenviertels, sprich die mit dem Strukturwandel auch entstehenden Chancen der Öffnung der Stadt zum Wasser hin sowohl nach außen hin zu präsentieren als auch in den Stadtteil hineinzutransportieren. Durch das breite Spektrum der Teilnehmer, von Kindergärten und Schulen bis hin zu Gestaltungsprofis, konnte zugleich die Stärke der Nordstadt als ein bunter Stadtteil mit zahlreichen engagierten Akteuren und kultureller Vielfalt präsentiert werden. Ein anderes Beispiel ist die Image-Kampagne Mein Lieblingsort in der Nordstadt, bei der Bewohner ebenfalls im Rahmen eines Bürgerwettbewerbs in Bild und Wort auf ihre Lieblingsorte im Stadtteil aufmerksam machen konnten. Nach einer Presseaktion mit einer Dortmunder Tageszeitung werden die von den Teilnehmern benannten schönen Seiten der Nordstadt inzwischen in Form einer Wanderausstellung auch einem größeren Publikum in der Stadt näher gebracht, wobei es insbesondere um positive Aha-Effekte zu diesem in der Wahrnehmung vieler Stadtbewohner tabuisierten Stadtteil hinter m Bahnhof geht. Leitbilder und Visionen als Motor und Plattform für lokale Entwicklungspartnerschaften Die bei solchen Stadtteilmarketingansätzen notwendigerweise unterlegten Leitbilder und Visionen für eine schönere Zukunft des Stadtteils, die vor allem von den lokalen Sozialprofis oftmals als Schönfärberei und Ablenkungsmanöver abgetan werden, erhalten damit eine neue Aktualität. Für die bei der angestrebten öffentlichen Schwerpunktförderung heute obligatorischen integrierten Handlungskonzepte stellen sie inzwischen sogar eine notwendige Voraussetzung dar, und zwar sowohl als Triebfedern als auch als Richtungsgeber für die Formulierung gemeinsamer Ziele und Strategien der unterschiedlichen Akteure im Stadtteil. Generell haben Leitbilder für Städtebau und Stadtplanung, nachdem sie in den 70er und 80er Jahren einen erkennbaren Bedeutungsverlust erfahren 50

49 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung hatten, inzwischen wieder Konjunktur. Sei es, indem sie einen Orientierungsrahmen für die kommunale Planung abstecken, Konsensformeln bei politischen Auseinandersetzungen generieren oder auch eine Diskussionsgrundlage für die Bürgerbeteiligung liefern (Becker 1998, 129). Vor allem beziehen sie sich heute nicht mehr allein auf Ziele und Inhalte, sondern auch auf den Weg dorthin, indem sie grobe Entwicklungs- bzw. Handlungskorridore aufzeigen. Gerade in komplexen Akteurskonstellationen mit sehr divergierenden Interessen können Leitbilder eine Wegweiserfunktion übernehmen, indem sie eine programmatische Plattform liefern und damit den notwendigen und auf Dauer sogar unverzichtbaren Schulterschluss zu konzertierten Aktionen im Stadtteil, sprich den Aufbau lokaler Partnerschaften, erleichtern helfen. Betrachtet man die zahlreichen Beispiele für aktuelle Leitbilder im Bereich der Stadtentwicklung, so fällt auf, dass viele von ihnen zunächst durch die Formulierung recht abstrakter stadtentwicklungspolitischer Zielsetzungen und gesellschaftspolitischer Wertsetzungen zu charakterisieren sind. Dies betrifft etwa das unter dem Oberziel der Nachhaltigkeit angestrebte Leitbild der ökologischen und der solidarischen bzw. sozialen Stadt (vgl. Becker 1998, 131). Als ein Beispiel für die gesamtstädtische Ebene lässt sich die im Auftrag des Senators für Stadtentwicklung verfasste Berlin Studie anführen. Programmatisch wird damit der Weg aufgezeigt für eine zivilgesellschaftliche Orientierung als prozedurales Grundprinzip für die weitere Entwicklung der Stadtgesellschaft und eine gleichzeitige Modernisierung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft. Das Integrierte Handlungskonzept für den Stadtbereich Süd-Ost in Gelsenkirchen, das in einem engen Dialog mit relevanten lokalen und gesamtstädtischen Akteuren (u.a. in einer Serie quartiersbezogener Zukunftswerkstätten) entwickelt wurde, stellt demgegenüber ein Beispiel für die Einbettung stadtteilbezogener Ziele und Strategien in den gesamtstädtischen Kontext dar. 51

50 sozial raum stadt Akteursperspektiven Die Internationale Bauausstellung Emscher Park ( ) wiederum liefert ein Beispiel für die Neuinwertsetzung einer ganzen Region über zukunftsgerichtete Leitbilder und -projekte. Dabei suchte sie unter der Devise Wandel ohne Wachstum eher einen Mittelweg zwischen der unverbindlichen Aufstellung allgemein gültiger und allseitig konsensstiftender gesellschaftspolitischer Zielsetzungen und Visionen auf der einen und dem aktionistischen Durchwursteln des (unzusammenhängenden) Inkrementalismus auf der anderen Seite, indem sie die Strategie des perspektivischen Inkrementalismus kreierte. Und zwar favorisierte sie die Strategie der kleinen Schritte, versah diese projektförmigen Meilensteine aber mit gemeinsamen Qualitätsstandards. Deren Umsetzung erfolgte in weiten Bereichen über großmaßstäbliche Leuchtturmprojekte Ohne hier grundsätzlich große Projekte verteufeln zu wollen, wie dies auch aus den Reihen der Akteure Sozialer Arbeit nach gängigem Freund-Feind- Schema zuweilen getan wird, sollte nach den überaus ambivalenten Erfahrungen der IBA Emscher Park zukünftig stärker die Frage nach den möglichen Wechselwirkungen von großen städtebaulichen Investitionsvorhaben und dem jeweiligen sozial-räumlichen Umfeld gestellt werden. Während hier seitens der Befürworter solcher Strategien der Festivalisierung von Stadtpolitik ganz selbstverständlich bestimmte Wohlfahrtgewinne in Form von sog. Sickereffekten reklamiert werden, sollte sich der kritische Blick der Akteure Sozialer Arbeit vor allem auf die soziale Verträglichkeit bzw. Unverträglichkeit von städtebaulichen Großprojekten richten und zugleich mit Forderungen nach einem konkreten Sozialen Mehrwert auch für die gebietsbezogenen Entwicklungsanstrengungen verbunden werden (z.b. in Form von Arbeitsplätzen, Qualifizierungschancen, verbesserter infrastruktureller Versorgung). In den Niederlanden sind solche Debatten längst im Gange (Stichwort: Social Return) und auch in den USA existiert schon lange ein eigener Diskurs zu solchen Linkage -Politiken bei Großprojekten der Stadtentwicklung und des Wohnungsbaus (Stichwort: Inclusionary Zoning). 52

51 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung Dass Leitprojekte, ob kleinmaßstäblich oder eher größer dimensioniert, wichtig sind für die Konkretisierung von Zukunftsprojektionen und über die anschauliche und plakative Wirkung von Bildern zugleich Leitbilddiskurse auch über den Kreis der üblichen Verdächtigen (Planungs- und Sozialprofis, Politik, Verwaltungsexperten etc.) hinaus geführt werden können, zeigen die diesbezüglichen Initiativen in der Dortmunder Nordstadt. Neben dem Instrument der Bürgerwettbewerbe (s.o.) wurde hier über kleinräumliche Nachbarschafts- und Quartiersforen ein dialogischer Prozess über die zukünftige Entwicklung des Stadtteils angestoßen, der auch Bewohner aus sehr unterschiedlichen sozialen Schichten sowie Migranten umfasste. Die suggestive Kraft von Bildern wird von Akteuren der Sozialen Arbeit häufig unterschätzt. Im Rahmen der EU-Gemeinschaftsinitiative URBAN II für die Dortmunder Nordstadt wird diese hingegen unter dem Namen Bilderflut 53

52 sozial raum stadt Akteursperspektiven sogar im Rahmen eines eigenständigen Projektansatzes systematisch genutzt (siehe 2. Gibt es bei der Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung Verständigungsbarrieren? Bei der Frage nach Punkten, bei denen sich Stadtplaner von Professionellen der Sozialen Arbeit häufig nicht oder zumindest schlecht verstanden sehen, gelangt man oftmals sehr bald zum Aspekt der Bürgerbeteiligung. Dies hat zum einen damit zu tun, dass dieser Bereich beiden zumeist erklärtermaßen ein Anliegen ist. Dies ist zum anderen aber auch darauf zurückzuführen, dass sich kaum ein anderes Thema derart politisch und mitunter auch emotional aufgeladen zeigt. Dabei werden selbst unter Sozialarbeitern auf der einen und unter Planern auf der anderen Seite oftmals ganz unterschiedliche Konzepte mit diesem Begriff assoziiert oder transportiert. So meint Beteiligung etwa im Sprachgebrauch der Kinder- und Jugendhilfe häufig nichts anderes als die Einbindung der Träger der Kinder- und Jugendarbeit, vielleicht noch die Durchführung von projektbezogenen Spielaktionen, Stadtteilerkundungen, Spurensuche etc. mit Kindern oder auch von Events mit Jugendlichen. Sonstige formelle Instrumente (z.b. aktive Nutzung von Verfahren nach dem Baugesetzbuch, dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder der Gemeindeordnung zur Erweiterung von Gestaltungsspielräumen) oder informelle Möglichkeiten (etwa Jugendforum als Teil von Stadtteil- oder Quartiersforen) werden hingegen ausgeblendet oder geraten nur zufällig in den Blick. Generell wird von Sozialprofis zudem kaum bedacht, dass projektbezogene Beteiligungsspielräume über die Mitwirkung an der Phase der Planung von sozialen Einrichtungen oder öffentlichen Räumen wie Straßen und Plätzen hinausgehen können, sich auch auf die Phasen der Umsetzung und der dauerhaften Bewirtschaftung erstrecken sollten. Darüber hinaus wird nur bei wenigen das Bemühen erkennbar, ihre zielgruppenbezogenen Beteiligungs- oder Aktivierungsbemühungen in einen Zusammenhang zu stellen 54

53 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung mit weitergehenden Versuchen zur längerfristigen Etablierung einer tragfähigeren Kommunikations-, Kooperations- und Streitkultur im Stadtteil, obwohl doch nur dann im Wortsinne von nachhaltigen Wirkungen die Rede sein kann (vgl. Staubach 1997). In der Stadtplanung wird hingegen zwischen allgemeiner Öffentlichkeitsbeteiligung sowie spezifischer Betroffenenbeteiligung unterschieden. Damit sind grundsätzlich zunächst einmal alle potenziell interessierten und betroffenen Personen oder Haushalte im Blick der Beteiligungsanstrengungen, d.h. es herrscht ein universaler Beteiligungsanspruch vor. Dabei haben die Erfahrungen mit den formellen Partizipationsangeboten die Notwendigkeit aufgezeigt, die obligatorischen formellen Beteiligungsansätze mit den fakultativen informellen Beteiligungsinstrumenten flexibel zu verknüpfen. 55

54 sozial raum stadt Akteursperspektiven Das hier präsentierte Schichten-Schema (nach Selle 2002, 92) zu den Strategie-Elementen und Methoden der Bürgerbeteiligung verdeutlicht, dass sich das heute bekannte Strategie- und Methoden-Bündel sukzessive und mit vielfältigen Erfahrungen, natürlich vor allem aus Projekten der Gemeinwesenarbeit, aber eben auch aus der bewohnerorienierten Stadterneuerung angereichert zu einem systematischen Strategieansatz der Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen verdichtet hat. Bezogen auf die lokalstaatlichen Steuerungsstrukturen geht die Entwicklungsrichtung dabei From Government to Governance!, d.h. von formell hoheitlicher Steuerung zu informellen Verfahren und Prozessen der Selbstregulation der zivilgesellschaftlichen Akteure. Ob nun Stadtplaner diese Programmatik stets mit dem Impetus verfolgen, wie sie die Produkte ihrer planerisch-kreativen Arbeit zu verkaufen bemüht sind, sei dahingestellt. Hier soll gerne eingeräumt werden, dass je nach Neigung bei ihnen durchaus die Tendenz Oberhand gewinnen kann, in den Beteiligungsverfahren eher auf Akzeptanz hinzuwirken, als sich auf ergebnisoffene dialogische Prozesse einzulassen. Auf der Suche nach den ursächlichen Triebkräften für die angesprochenen Missverständnisse und Kommunikationsdefizite zwischen Profis aus unterschiedlichen Handlungsbereichen kann kaum verborgen bleiben, dass die Arbeit von Akteuren der Stadtplanung ebenso wie die der Sozialen Arbeit zu einem großen Teil durch die öffentlichen Hände vorgeprägt ist. Das heißt, durch ihre organisatorisch-strukturelle Verfasstheit und durch ihre goldenen Zügel der sektoralen Förderstränge kann die öffentliche Verwaltung sowohl Gestaltungsmacht im Hinblick auf die Problemdefinition als auch hinsichtlich der Prioritätensetzungen im Handeln der professionellen Akteure im Sozial- und im Planungsbereich ausüben. Dabei tritt spürbar die in die Verwaltungsstruktur eingebaute generelle Konkurrenz zwischen Ressortprinzip und Territorialprinzip zu Tage. Während das Ressortprinzip die fachliche Tiefenschärfe im Detail und die Entstehung 56

55 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung von speziellen Fachkontakten auch und gerade über die verschiedenen Verwaltungsebenen und -hierarchien hinweg in vertikaler Richtung begünstigt, fördert das Territorialprinzip durch die tendenziell ganzheitliche Sichtweise und Zuständigkeit für einen (Sozial-)Raum eher die Ausbildung von Querschnittswissen und damit die horizontale Koordination. So geht die Betonung des Ressortprinzips in der Regel einher mit sektoralen Strategien und Herangehensweisen und einer Splittung von Zuständigkeiten entlang von Fachressorts. Folge ist zumeist das Verfolgen von sehr speziellen, teilweise erkennbar selbstreferenziellen Diskursen, was den Dialog über die fachliche Ingroup hinaus massiv behindert. Dominiert aber das Territorialprinzip die Handlungsweise von Akteuren der Sozialen Arbeit, etwa indem erklärtermaßen eine Sozialraumorientierung gepflegt wird, dann kommt es viel häufiger zum inhaltlichen Brückenschlag über Fachgrenzen hinweg, so dass sich eine Annäherung in den Wahrnehmungen und Sichtweisen sowie ein fruchtbarer Austausch viel einfacher gestaltet. 3. Welchen Beitrag können Akteure der sozialen Arbeit zur Schaffung sozialer Räume leisten? Die Beantwortung dieser Frage setzt zunächst einmal eine Auseinandersetzung mit der Frage nach den Mechanismen der Enstehung bzw. Konstituierung sozialer Räume voraus. Nach Pierre Bourdieu (1995) ist der soziale Raum ein Raum der Beziehungen, in dem eine Konstellation von Personengruppen anzutreffen ist, die in ungleicher Weise mit ökonomischem, sozialem und kulturellem Kapital ausgestattet ist. Er unterscheidet zwischen sozialem Raum und angeeignetem physischen Raum, womit er wiederum darauf verweist, dass der physische Raum letztlich sozial konstruiert ist. Die Möglichkeiten, den geografischen Raum sozial anzueignen, sind letztlich aber nicht nur von der Position im sozialen Raum, sondern auch von den (vorgefundenen) symbolischen und materiellen Faktoren abhängig, wie Martina Löw (2001) zu Recht betont. Das heißt, Raum konstituiert sich in 57

56 sozial raum stadt Akteursperspektiven einer Wechselwirkung zwischen Handeln und Strukturen. Die materielle Komponente dieser Strukturen umfasst die naturräumlichen Gegebenheiten (Fluss, Küste, Topografie etc.) und die anthropogenen Überformungen (Wohnsiedlung, Infrastruktur, Verkehrssystem etc.) sowie die körperlichphysischen Möglichkeiten und Notwendigkeiten der verschiedenen Nutzer (Mobilität, Schlafrhythmus etc.) (Löw 2001, 189ff.). Die potenziellen Interventionen von Sozialprofis können aus meiner Sicht vor allem hier ansetzen. Ein wesentlicher Beitrag kann darin bestehen, bei anstehenden Planungsvorhaben zur Veränderung der physisch-materiellen Gegebenheiten in einem Stadtteil oder Quartier die im Rahmen der praktischen Arbeit bis dahin bereits Beteiligung von Migrantinnen in der Dortmunder Nordstadt bekannt gewordenen Nutzeransprüche aufzunehmen und zu spezifizieren. Darüber hinaus gilt es, durch den angemessenen Einsatz der bewährten Methoden der empirischen Sozialforschung (z.b. teilnehmende Beobachtung, qualitative Interviews, aktivierende Befragungen usw.) sicherzustellen, dass dabei Selektivitäten in der Wahrnehmung minimiert werden, d.h. möglichst das gesamte Spektrum der vor Ort anzutreffenden Nutzerinteressen zu identifizieren. Eine wichtige Aufgabe von Akteuren der sozialen Arbeit liegt vor allem auch darin, möglichst noch im Vorfeld der Planungs- und Beteiligungsverfahren auf jene Nutzungsansprüche aufmerksam zu machen, die 58

57 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung gerne aus der Wahrnehmung der Öffentlichkeit verdrängt werden und deshalb Gefahr laufen, gänzlich außen vor zu bleiben. Dies gilt zum Beispiel für Nutzergruppen (z.b. Obdachlose, Punks), die auf Grund ihres Sozialen Status wenig artikulationsstark und damit politisch durchsetzungsschwach sind oder deren Verhaltensweise (z.b. Grillen türkischer Familien auf öffentlichen Parkflächen) aus anderen Gründen als vom allgemeinen Mainstream abweichende Praktik gilt. Da die Möglichkeiten der sozialen Aneignung von Räumen sehr stark auch von ihrer Zugänglichkeit und (rechtlichen) Verfügbarkeit abhängig sind, sollte das Augenmerk der Sozialprofis stets auch auf die benachteiligten Nutzer- bzw. Personengruppen gerichtet sein. Gerade bei den schwerer erreichbaren sozialen Gruppen, die aus nachvollziehbaren Gründen nur wenig Gestaltungsvertrauen entwickelt haben, wird es letztlich nicht selten darum gehen, sie in ihrem Gestaltungsanspruch zu ermutigen. Darüber hinaus können auch Hilfen bei der Selbstorganisation von Nutzergruppen mit dem Ziel der dauerhaften Etablierung gemeinschaftlicher Bewirtschaftungsstrukturen (z.b. Trägerverein für Bewohnergärten oder Quartiersparks) Sinn machen. Gerade in den hoch verdichteten Quartieren werden sie angesichts knapper Freiflächen letzten Endes nicht umhin kommen, sich Gedanken über die Möglichkeiten des Mit- bzw. Nebeneinanders konkurrierender und damit konfligierender Nut- Begehung Bewohnergärten durch Nachbarschaft 59

58 sozial raum stadt Akteursperspektiven zungsinteressen zu machen (z.b. Ansätze der Stadtteil- bzw. Nachbarschaftsmediation). Die hier aus der Sicht eines Stadtplaners formulierten Erwartungen an mögliche Beiträge von Akteuren der sozialen Arbeit zur Schaffung sozialer Räume enthebt die Akteure der Stadtplanung selbst natürlich nicht ihrer Verpflichtung, sich im Rahmen der Bestandsaufnahme und analyse vor Ort eine eigene Anschauung von der Ausgangssituation und den potenziellen Nutzungsansprüchen und konkurrenzen zu verschaffen. Für die entsprechend dem Baugesetzbuch vorzunehmende planerische Abwägung von öffentlichen und privaten Interessen und die damit verbundenen obligatorischen partizipativen Verfahrensschritte stellt dies ohnehin einen unverzichtbaren Schritt dar. 4. Welche typischen Fixierungen von Akteuren der sozialen Arbeit gibt es? Die Beantwortung dieser Frage soll von dem Bemühen bestimmt sein, möglichst pointiert jene typischen Verhaltensweisen von Akteuren der sozialen Arbeit herauszuarbeiten, die mir in meinem bisherigen Berufsleben untergekommen sind, ohne dabei gleich eine ganze Zunft der Verunglimpfung aussetzen zu wollen. Um die nicht selten anzutreffende, aus meiner Sicht durchaus verständliche Hin- und Hergerissenheit von Akteuren der sozialen Arbeit herauszuarbeiten, die im Kern auf wohlmeinende Absichten zurückzuführen ist, in ihrer letztendlichen Wirkung aber häufig mit zumindest widersprüchlichen Ergebnissen einhergeht, soll die sich anschließende Charakterisierung über die Bildung von Gegen-Sätzen erfolgen: 60

59 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung Akteure der sozialen Arbeit predigen Hilfe zur Selbsthilfe und die Förderung von Selbstorganisation, ihre Arbeit ist oftmals aber von Fürsorglichkeit und therapeutischer Zuwendung geprägt. reden ständig von Empowerment, agieren häufig aber stellvertretend für ihre Klientel. sprechen von partnerschaftlicher Zusammenarbeit, verteidigen aber verbissen ihre institutionellen Territorien. erklären sich unter dem Banner katalytischer Gemeinwesenarbeit zu einem Neutrum, schlagen sich aber (klammheimlich) auf die Seite der Benachteiligten. fordern einen flexiblen Methoden-Mix, zeigen sich in der Praxis aber methodenverliebt. propagieren interkulturelle Öffnung und Begegnung, kommen aber über ihre zielgruppenbezogenen Angebote nicht hinaus. wenden sich dem Gemeinwesen bzw. dem Sozialraum zu, verengen sich perspektivisch aber auf den Nahraum (auf Familie, Nachbarschaft und Viertel). pflichten dem Grundsatz Fördern & Fordern bei, verteidigen aber hartnäckig die Bastionen des fürsorglichen Versorgungsstaates. klagen die mangelnde Sozialverträglichkeit von Stadtplanung an, verweigern sich aber dem Diskurs über die Dimensionen sozialer Nachhaltigkeit. Hier könnte nun eingewendet werden, dass bei entsprechender Professionalität in ihrem Handeln die Akteure der sozialen Arbeit eben gerade nicht den hier behaupteten Ambivalenzen in ihrem beruflichen Habitus anheim fallen. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die mit den Gegen-Satz-Paaren 61

60 sozial raum stadt Akteursperspektiven beschriebenen Spannungsfelder faktisch vorhanden sind und abhängig von den durch den jeweiligen Auftraggeber und den jeweiligen institutionellen Kontext vorgegebenen Handlungsspielräumen in jedem Fall gehandhabt werden müssen. Gerade im Hinblick auf den in der obigen Aufzählung letztgenannten Aspekt müssten entsprechende Beiträge der Sozialprofis eingefordert werden, um die Diskussion über die Operationalisierung von Nachhaltigkeitskonzepten nicht weiterhin vor allem den Ökologen und Ökonomen zu überlassen. So wäre es sehr hilfreich, etwa bei Strategien der Stadtteil- und Quartiersentwicklung über die Ebene der Beschwörung der nachhaltigen Wirkungen und Synergieeffekte sozial-integrativer Mehr-Ziel-Projekte sowie präventiver Maßnahmen hinauszukommen. Beispielsweise geht es darum, jenen Akteuren der Wohnungswirtschaft den sozialen Mehrwert und die Effizienz sozialorientierter Ansätze (Mieterbetreuung, Concierge-Projekte, Soziales Siedlungsmanagement etc.) plausibel zu machen, die mit durchaus legitimem Anspruch unter kaufmännischen Aspekten die Frage nach Kosten und Nutzen stellen. Von einigen zarten Versuchen abgesehen, haben sich die Professionellen Sozialer Arbeit mit zahlreichen Killer -Argumenten oftmals z.b. mit dem Hinweis auf die weichen Effekte und die Prozesshaftigkeit ihres Handelns lange Zeit darum gedrückt, ihre Projekte und Aktivitäten dem bilanzierenden Blick externer Evaluatoren zugänglich zu machen. Jenseits sozial-romantischer Verklärtheit und karitativ-moralischer Motivation fehlen ihnen heute häufig die guten Argumente für die Fortsetzung ihrer Maßnahmen, obwohl sie doch so sehr von deren positiven sozial stabilisierenden und integrativen Wirkungen überzeugt sind. 5. Wo sind Schnittstellen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit? Bei den frühen Begegnungen von Akteuren sozialer Arbeit auf der einen und Stadtplanern auf der anderen Seite, die sich vor allem in den 60er und 70er 62

61 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung Jahren im Rahmen städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen oder bei der Modernisierung bzw. dem Abriss von Obdachlosensiedlungen ergaben, kam es häufig zu einer direkten Gegnerschaft zwischen Planungs- und Sozialprofis. Letztere sahen sich zuständig für die Mobilisierung von Gegenmacht oder auch das Zustandekommen von Gegenplanungen, jedenfalls dort, wo sie etwa in der Rolle von Sozialplanern nicht zum bloßen Erfüllungsgehilfen von Flächensanierungskonzepten werden wollten. Heute liefern vor allem die integrierten Handlungskonzepte für Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf und die dafür entwickelten integrierten Fördersystematiken nicht nur eine geeignete strukturelle Plattform für ein gemeinsames Handeln, sondern auch einen inhaltlichen Bezugsrahmen für kooperative intersektorale Projektansätze. Immerhin erhielten seit 1999 schrittweise inzwischen über 300 Stadtteile bzw. Quartiere in weit mehr als 200 Städten und Gemeinden das Etikett Stadtteil mit besonderem Entwicklungsbedarf und wurden in das Bundesprogramm Soziale Stadt aufgenommen. Wegen des spezifischen Programmcharakters ist damit die Wahrscheinlichkeit extrem gestiegen, dass sich in der einen oder anderen Weise neuartige Formen der Zusammenarbeit zwischen Profis der sozialen Arbeit und solchen der Stadtplanung ergeben oder sich diese je nach Wahrnehmung gegenseitig ins Gehege kommen. Die Berichte aus den Programmbegleitungen vor Ort zu den Modellstädten sowie die mittlerweile vorliegenden (Zwischen-) Evaluationen zum Gesamtprogramm bestätigen dies. Zu konkreten Kooperationserfahrungen kommt es insbesondere in dem in vielen Quartieren installierten Quartiersmanagement, das in den verschiedenen Untersuchungen unisono als Schlüsselinstrument für die erfolgreiche Bewältigung der komplexen Aufgaben integrierter Stadtteil- und Quartiersentwicklung bezeichnet wird. Dieser fachgrenzenübergreifende Dialog, der eine besonders intensive Ausformung etwa im Rahmen der sog. Tandem- Bildung erfährt, beschränkt sich erkennbar aber nicht nur auf das bilaterale 63

62 sozial raum stadt Akteursperspektiven Interagieren der Akteure der sozialen Arbeit und der Stadtplanung. Er erstreckt sich neben anderen Professionen vielmehr auch auf das Zusammenwirken der unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteure, Institutionen und Sektoren (Öffentliche Hand, Wirtschaft, Verbände, Wissenschaft, Politik, Bürger). Die Basis für die hier vielerorts offenbar vollzogenen Grenzüberschreitungen und gegenseitigen Annäherungen bildet die hohe Vor-Ort-Nähe und Lebensweltorientierung, die bei allen Beteiligten einen Perspektivenwechsel erzwingt und interdisziplinäre Lernprozesse fördert. Im Kern ist das genannte Programm zwar dominant baulich-investiv angelegt. Es soll erklärtermaßen aber nur ein Leitprogramm sein, an das andere Ressorts auf Bundes- und Landesebene andocken und so zielgerichtet ihre Ressourcen auf bestimmte Stadtteile und Quartiere lenken sollen. Hier gibt es zwar einige sichtbare Erfolge. Einige wichtige Ressourcenträger zeigen aber noch deutlich Zurückhaltung (Wirtschaftsministerien!) im Hinblick auf das angestrebte ressortübergreifende Handeln. Zugleich wird wieder deutlich, wie groß die durch das Ressortprinzip diesbezüglich aufgebauten Hürden letztlich sind. Auch auf der kommunalen Ebene bedarf es noch eines langen Atems, um den von vielen Seiten längst geforderten organisatorischen Umbau der sektoralisierten Verwaltungszuständigkeiten in Richtung dezernatsübergreifender Projektgruppen mit Sozialraumorientierung voranzutreiben. Trotz dieser vielfach noch sichtbaren Blockaden bieten die Stadtteilprogramme der Sozialen Stadt aber wertvolle Experimentierfelder für neue Organisations- und Steuerungsformen in der Verwaltung, die durch systematische Lernprozesse und Erfahrungstransfer weitergehende Perspektiven für eine Verstetigung und Verbreiterung des ressortübergreifenden Ansatzes eröffnen. Die hier vollzogenen ersten Schritte zum Aufbrechen monodisziplinärer Fachseilschaften sollten weiterentwickelt und jeweils für die gesamte Stadt nutzbar gemacht werden. Damit entfalten diese Stadtteilpro- 64

63 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung jekte eine innovative Kraft auch über die eigentlichen Programmgebietsgrenzen hinaus. 6. Welche Anforderungen kommen zukünftig auf die Akteure der sozialen Arbeit zu? Ohne gleich dem Glauben an den scheinbaren Determinismus statistischer Prognoseverfahren zu verfallen oder gar Kaffeesatzleserei betreiben zu wollen, lassen sich doch einige gesellschaftliche Entwicklungstendenzen benennen, die mit neuen Aufgabenfeldern nicht nur für Akteure der sozialen Arbeit verbunden sein werden. So löst der wachsende globale Wettbewerb zwischen den Regionen, der in Richtung einer Hierarchisierung des transnationalen und interregionalen Städtesystems drängt, Restrukturierungsprozesse im globalen Maßstab aus, die letztlich mit erheblichen Folgen für die konkrete Stadt- und Regionalentwicklung verbunden sind. Der ökonomische und soziale Strukturwandel in den Städten und Regionen erfährt damit eine erhebliche Beschleunigung, wobei unterschiedliche Entwicklungsrichtungen zum Tragen kommen können. Welche Entwicklungen, ob Wachstum, Stagnation oder Schrumpfung dominieren, wird zunächst wesentlich davon abhängen, für welche (internationalen) Investoren und für welche Nutzergruppen (sprich sozialen Milieus und Lebensstilgruppen) die jeweilige Stadt bzw. Region als konkreter Standort attraktiv ist. Letzteres wiederum misst sich daran, welchen Rang diese in der Hierarchie der Städte und Regionen einnimmt bzw. im interregionalen oder gar transnationalen Wettbewerb behaupten kann. Zwar sind auch die spezifischen lokalregionalen Ausgangsbedingungen und die darauf bezogenen Politiken von besonderer Bedeutung. In dem Maße, wie die unternehmerischen Entscheidungen zunehmend aber nicht am konkreten Standort fallen, reduzieren sich jedoch zugleich die Interventionsmöglichkeiten der lokalen, regionalen und letzten Ende sogar der nationalen Ebene. 65

64 sozial raum stadt Akteursperspektiven Mit der fortschreitenden Deindustrialisierung und gleichzeitigen Tertiärisierung der Wirtschaftsstrukturen hin zur Dienstleistungsgesellschaft sowie den Tendenzen zur Deregulierung des Wohlfahrtsstaates wird auch der soziale Wandel in der Bundesrepublik Deutschland vorangetrieben. Eine Folge ist die Zunahme von Armutsrisiken und die Polarisierung der Einkommen. Schon jetzt zeichnen sich zudem massive demografische Veränderungen ab, wobei neben den rückläufigen Bevölkerungszahlen vor allem die Umkehrung in der Alterspyramide anzusprechen ist. Hinzu tritt der sich beschleunigende gesellschaftliche Wertewandel, der nicht zuletzt in einer Pluralisierung der Lebensstile und Haushaltsformen sowie in deutlich veränderten Mobilitätsmustern seinen Ausdruck findet. Für die hochmobilen städtischen Haushalte etwa verlieren die identitätsvermittelnden Bindungskräfte des lokalen Umfeldes dabei zwar an Bedeutung, zugleich erfährt es als Statussymbol der Wohnadresse aber einen Bedeutungszuwachs. Einige der im Zusammenhang mit den hier skizzierten Entwicklungen virulent werdenden Aufgabenfelder sollen im Folgenden kurz umrissen werden: Management von Schrumpfung in ostdeutschen und westdeutschen Städten Zwar lässt sich in den Bevölkerungsprognosen generell ein langfristiger Trend zur demografischen Schrumpfung ablesen. Dieser zeigt sich aber regional deutlich ungleich verteilt: Von den aktuellen Schrumpfungserscheinungen sind hauptsächlich Städte und Regionen in Ostdeutschland betroffen. In Westdeutschland gilt dies hingegen vor allem für die altindustriell geprägten sog. strukturschwachen Regionen. Hier droht bereits eine weitgehende Entwertung ganzer Stadtteile und Quartiere, die mit Verfallserscheinungen von bislang nicht bekannten Ausmaßen verbunden sein kann. Auffällig ist, dass es regional auch zu einer Gleichzeitigkeit von Wachstum und Schrumpfung bzw. Stagnation kommen kann. Die in Westdeutschland inzwischen bewährten Steuerungsinstrumente (z.b. das Programm Soziale 66

65 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung Stadt und das Baugesetzbuch) geraten unter solchen Vorzeichen erkennbar an ihre Grenzen und bedürfen der Ergänzung bzw. Novellierung. Dies verleiht der Aufgabe des Stadtumbaus nicht nur eine neue Aktualität, sondern rückt diese auch in ein ganz anderes Licht. Bei einigen Stadtteilen in Westdeutschland ist das Image als Wohnstandort in der Konkurrenz mit anderen Standorten so nachdrücklich schlecht, dass mit behutsamer Instandsetzung, Modernisierung, Wohnumfeldverbesserung, einigen sozialintegrativen Projekten und flankierenden sozialen Stabilisierungsmaßnahmen schnell das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Insbesondere in dominant schrumpfenden Städten und Regionen geht es darum, das Verlassen des Wachstumspfades auch als Chance für einen Paradigmenwechsel zu begreifen, bei dem ganz neue Ansatzpunkte für die Verbesserung der Wohnund Lebensqualität in den Stadtteilen und Quartieren zu entwickeln sind. Zum Teil besteht ein erheblicher Umstrukturierungsbedarf in den Siedlungen, Quartieren oder Stadtteilen. Dies schließt auch in westdeutschen Städten längst Strategien des Abrisses, teilweisen Rückbaus und der Auflockerung mit ein. Angesichts des auf Grund mangelnder Nachfrage inzwischen massiven Qualitätswettbewerbs zeigen einzelne Akteure aus der institutionellen Wohnungswirtschaft zudem bereits die Neigung, manche Standorte gänzlich aufzugeben. So sprechen im Ruhrgebiet Vertreter der regionalen Wohnungswirtschaft inzwischen in erkennbar euphemistischer Weise von sog. konzeptionellen Stadtteilen, was darauf verweist, dass diese im Rahmen der Ausdifferenzierung ihrer Portfolio-Strategien in Zukunft ihre Modernisierungsaktivitäten auf bestimmte Stadtteile konzentrieren wollen. Diese verschärfte Selektion der Standorte entsprechend ihrer Renditeaussichten kommt einer Aussonderung lagebenachteiligter Stadtteile gleich. Die knappen öffentlichen Kassen und die Durchökonomisierung der öffentlich dominierten vormals gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften lassen zugleich nicht erwarten, dass dies durch entsprechende öffentliche Interventionen abgefedert werden könnte. 67

66 sozial raum stadt Akteursperspektiven Damit die verbleibenden öffentlichen Förderansätze noch ein Mindestmaß an Wirkung erzielen können, wird eine Kooperation mit der Wohnungswirtschaft in jedem Fall unerlässlich sein. Die Grenzlinie in der Kooperation wird seitens der öffentlichen Planung dort zu ziehen sein, wo Stadtumbau im Kolonialstil und rein nach Renditegesichtspunkten verfolgt wird. Hier wird die Stadt (ob sie will oder nicht) mit politischen Beschlüssen und Prioritätensetzungen sowie mit erklärter Handlungsbereitschaft, was etwa den Einsatz restriktiver Rechtsinstrumente angeht, entsprechende Signale geben müssen. Der Königsweg wird sicher aber in einer frühzeitigen Einbindung auch der privatwirtschaftlichen Akteure liegen. Verstetigung und perspektivische Aufweitung der Politik des sozialen Ausgleichs Vorab sollte klar gestellt werden, dass es bei aller Begeisterung für die noch relativ jungen integrierten Förderprogramme nicht um die ressortübergreifende Zusammenführung von Politiken als Selbstzweck, sondern um die Verstärkung ihrer Moschee in der Dortmunder Nordstadt Foto: Staubach integrativen Wirkungen für die von sozialer Ausgrenzung bedrohten Personengruppen und Haushalte gehen muss. Tatsächlich können hochsektoral angelegte und in zentralistischer Manier von oben umgesetzte Programme in ihrer Wirkung in positiver wie in negativer Richtung viel durchschlagender 68

67 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung für einen Stadtteil und seine Bewohner sein, als dies für die in ihrer Ausstattung vergleichsweise überschaubaren sog. integrierten Stadtteilprogramme der Fall ist. Insgesamt bietet das Programm Soziale Stadt für die Verminderung der benachteiligenden Kontexteffekte in den Förderstadtteilen sicher sehr gute Ansätze, vor allem zeigt es innovative und damit richtungsweisende Wege auf. Dennoch kann nicht in Abrede gestellt werden, dass den großen und komplexen Problemen in den Programmgebieten im Verhältnis eher knappe Mittel gegenüberstehen. So weist etwa das Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum für Nordrhein-Westfalen darauf hin, dass wegen der begrenzten Programmdimensionen ein erheblicher Teil der identifizierten Problemquartiere weiterhin außen vor bleiben muss. Aus dieser Perspektive mutet das Programm Soziale Stadt ebenso wie das in NRW dazu korrespondierende Programm Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf in Bezug auf das zur Verfügung gestellte Mittelvolumen eher bescheiden an, insbesondere wenn man Vergleiche anstellt mit den Fördervolumina, die häufig für Großvorhaben im Rahmen von Stadtkronenpolitiken über die Städtebauförderung und über die Förderschienen anderer Ressorts zur Verfügung gestellt werden. Nicht von ungefähr kommen da bei manchem Erinnerungen an das zu Anfang der 80er Jahre in Berlin durch den damaligen Sozialsenator Ulf Fink installierte Programm zur Selbsthilfeförderung auf, dem Joseph Huber z.t. durchaus anerkennend, z.t. mit eher zynischem Unterton zugestand, dass es hier gelungen sei, mit Kleingeld große Politik zu machen (Huber 1987, 111). Noch nie sei über so wenig Geld so viel geredet worden. Wenn man sich vor Augen hält, dass heute zugleich sozialstaatliche Sicherungs- und Versorgungsstandards zurückgefahren werden, vielerorts Stadtteilbüchereien oder Bücherbusse eingestellt werden, Liegenschaften, auf denen vormals Kinderspielplätze angelegt waren, veräußert werden, Sprachkurse für ältere Migranten eingestellt 69

68 sozial raum stadt Akteursperspektiven werden u.a.m., dann kann zudem der Eindruck entstehen, dass mit dem Programm Soziale Stadt die Kür ohne die Pflicht verrichtet wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über die Gültigkeit des im Grundgesetz und auch in den Grundsätzen zur Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz) verankerten Prinzips der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen scheint es fast eine Frage der Zeit zu sein, wann im politischen Raum Förderprogrammen (z.b. Soziale Stadt), die auf einen kompensatorischen Ausgleich von Benachteiligungen zielen, die Unterstützung aufgekündigt wird. Zumal der politische Einsatz für solche Stadtteile wenig attraktiv erscheint, weil diese angesichts geringer Wahlbeteiligung und einem hohen Anteil an Menschen ohne Wahlrecht, d.h. ohne echten Bürgerstatus, quantitativ nur wenig Gewicht bei der Zusammensetzung der kommunalen Parlamente entfalten. Mit Blick auf die angekündigte Umstellung der Förderstrategien durch das Land Nordrhein-Westfalen, das zukünftig prioritär die tüchtigen Städte und Stadtteile fördern und es den Städten weitgehend selbst überlassen will, was sie mit den Landeszuwendungen anstellen, sind auch die Akteure der sozialen Arbeit aufgerufen, unter der Programmatik der solidarischen Stadt mit innovativen Initiativen und Lobbyarbeit mit dafür Sorge zu tragen, den gesellschaftlichen Konsens über die notwendige Verteilung von Integrationslasten in der jeweiligen Stadt zu erneuern (vgl. Präsident des Landtags NRW 2004, 314f.). Dies muss letztlich auch über die Stadtgrenzen hinweg erfolgen, da gerade die Umlandgemeinden in der Stadtregion wesentlich Nutznießer jener erheblichen Integrationsleistungen sind, die insbesondere die Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf als Haupteingangstore überregionaler Zuwanderung erbringen. Interkulturelle Öffnung und Management von urbaner Vielfalt und Differenz In NRW liegt Köln unter den größeren Städten mit einem Ausländeranteil von 18,8% klar an der Spitze, wobei die Anzahl der Personen mit Migrati- 70

69 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung onshintergrund deutlich über 25% liegt (vgl. MSGFF 2004, 44). Aufgrund der räumlich differenzierten Verteilung rechnet das ILS Dortmund damit, dass der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in den jüngeren Altersgruppen im Jahre 2040 in vielen Großstädten über 50% liegen wird (vgl. ILS 2002, 9). Zuwanderung ist in Bezug auf die soziale und ethnische Herkunft heute sehr viel heterogener als in den Jahrzehnten der traditionellen Arbeitsmigration. Zugleich haben sich die Rahmenbedingungen für die Integration von Zuwanderern in den Städten deutlich verändert, im Hinblick auf die Arbeitsmarktintegration sogar signifikant verschlechtert. Damit sind die Anforderungen an die Integrationsleistungen der Städte deutlich gewachsen. Tatsächlich finden sich in den Kommunen einerseits Belege für die Integrationserfolge der Integrationsmaschine Stadt. Wie der 3. Zuwanderungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen zeigt, gibt es aber auch Hinweise auf zunehmende Ausgrenzungsrisiken für bestimmte Migrantengruppen. Dies gilt fast für alle integrationsrelevanten Bereiche: Insgesamt haben Zuwanderer vom wirtschaftlichen Strukturwandel in deutlich geringerem Maße profitiert als deutschstämmige Referenzgruppen. Zugleich liegt die Sozialhilfequote von nichtdeutschen Haushalten doppelt so hoch wie die deutscher Haushalte. Zudem finden sich deutlich geringere Anteile von jugendlichen Migranten in den weiterführenden Schulen (vgl. ILS Dortmund 2003, 46). Alarmierend sind auch die Tendenzen der Kumulation und der Verfestigung sozialer Segregation. So hat sich das Gewicht des Ausländeranteils seit 1970 als verlässlicher Indikator für Segregationsprozesse deutlich erhöht. Tatsächlich werden die Sozial- und Planungsprofis bei ihrer Arbeit in den Stadtteilen der Sozialen Stadt zukünftig fast durchweg einer Gebietsbevölkerung gegenüberstehen, die sich mehrheitlich aus Menschen und Haushalten mit Migrationshintergrund zusammensetzt wenn dies nicht heute schon längst der Fall ist. Dies verweist darauf, dass die interkulturelle Kompetenz der mit dem Management solcher Stadtteile oder Quartiere beauftragten 71

70 sozial raum stadt Akteursperspektiven Profis eine zentrale Schlüsselqualifikation darstellt. Tandems aus Profis mit und ohne ethnischen Migrationshintergrund bieten sich hier besonders an. Auffällig ist, dass der Anteil von Migranten im Bereich der öffentlichen und sozialen Dienstleistungen heute immer noch sehr gering ist, obwohl doch ein erheblicher Teil ihrer Klientel einen entsprechenden Hintergrund aufweist. Die entsprechenden Ausbildungsgänge sollten bei ihren Anwerbungsstrategien und bei ihren Curricula entsprechend darauf reagieren. Die immer stärkere Einbettung der regionalen Wirtschaftsaktivitäten in globale und internationale Kontexte wird sich zukünftig noch mehr zu einer Triebfeder der interkulturellen Öffnung in den Städten entwickeln. Denn diese können auf das bei Migranten vorhandene Humankapital (Bilingualität und interkulturelle Kompetenz) und auf deren häufig vorhandene unternehmerische Initiative immer weniger verzichten. Dies belegt etwa auch der von der Bertelsmann-Stiftung im Jahre 2004 ausgelobte Wettbewerb, bei dem unter dem Motto Erfolgreiche Integration ist kein Zufall bundesweit 105 Kommunen miteinander wetteiferten. Integration wird immer mehr zum Standortfaktor für Städte, so ein Zwi- schenfazit der Stiftung. Zur Politik der Anerkennung von ethnisch-kultureller Vielfalt im Sinne der Integrationsoffen- sive des Landes Nordrhein-Westfalen als Dialog mit aufrechtem Gang und als partizipativ-diskursivem Prozess gibt es aus meiner Sicht Kulturelle Vielfalt im öffentlichen Raum Foto: Staubach keine Alternative. Dies ist gewissermaßen eine Ermunterung dazu, Integrati- 72

71 Staubach: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der Stadtplanung onsarbeit als mühsamen und schrittweisen Prozess zu begreifen, in dem Differenzierung und Augenmaß sowie die Bereitschaft zum interkulturellen Lernen auf allen gesellschaftlichen Ebenen unabdingbar sind. Klaus-Peter Strohmeier (ZEFIR-Bochum) kann nur beigepflichtet werden, wenn er immer wieder darauf hinweist, dass unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit der Städte gerade die Integration der jungen Menschen mit Migrationshintergrund zum Gradmesser für die Chance zu einer nachhaltigen Entwicklung wird. Angesichts der Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie wird deutlich, wie wichtig systematische und angemessen dimensionierte Anstrengungen gerade in den Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf sind. Fotos und Abbildungen in diesem Beitrag: Rainer Staubach Literatur: Becker, Heidede (1998): Leitbilder, in: Häußermann, Hartmut (Hrg.): Großstadt Soziologische Stichworte, Opladen Bourdieu, Pierre (1995): Sozialer Raum und Klassen Leçon sur la Leçon (3. Auflage), Frankfurt a.m. Eichener, Volker (2002): Zukunft des Wohnens Perspektiven für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Rheinland und Westfalen (Schriftenreihe des VdW Rheinland Westfalen), Bochum Häußermann, Hartmut (2002): Global, lokal, sozial. Von der Unteilbarkeit der Stadt, in: Walther, U.J. (Hrsg.): Soziale Stadt Zwischenbilanzen: Ein Programm auf dem Weg zur Sozialen Stadt?, Opladen, Häußermann, Hartmut (2003): Armut in der Großstadt Die Stadtstruktur verstärkt soziale Ungleichheit, in: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.): Soziale Benachteiligung und Stadtentwicklung (Informationen zur Raumentwicklung Heft 3/4.2003), Bonn, Huber, Joseph (1987): Die neuen Helfer, München 73

72 sozial raum stadt Akteursperspektiven ILS Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein- Westfalen (2002): Demographische Entwicklung Schrumpfende Stadt (Bericht für die Sitzung des ILS-Beirates am 13. Februar 2002), Dortmund ILS Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein- Westfalen (2003): Das Ruhrgebiet ein besonderer Teil der Metropolregion Rhein- Ruhr, Dortmund Löw, Martina (2001): Raumsoziologie, Frankfurt a.m. Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen Enquetekommission Zukunft der Städte in Nordrhein-Westfalen (Hrg.; 2004): Zukunft der Städte, Düsseldorf MGSFF Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.; 2004): Zuwanderung und Integration in Nordrhein- Westfalen 3. Bericht der Landesregierung, Düsseldorf Selle, Klaus (2000): Was? Wer? Wie? Warum?, Voraussetzungen und Möglichkeiten einer nachhaltigen Kommunikation, Dortmund Staubach, Reiner (1997): Bewohner/innenbeteiligung in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf, in: ILS Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Die Menschen machen ihren Stadtteil selbst Soziale Netze und Bewohner/innenbeteiligung in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf (ILS-Schriftenreihe 117), Dortmund, Wilson, William Julius (1987): The Truly Disadvantaged The Inner City, the Underclass, and the Public, Chicago / London 74 Prof. Rainer Staubach Foto: Axel Joerss

73 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit Reinhard Thies Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit 1. Soziale-Stadt-Politik an der Schnittstelle von Sozialarbeit und Stadtplanung Festzustellen ist, dass eine isoliert agierende kommunale Sozialpolitik zunehmend nur noch reagiert und zum Reparaturbetrieb für Versäumnisse oder Fehler in anderen Politikbereichen wird. Es wird zwar mit viel Leidenschaft über sozialpolitische Themen diskutiert, im Mittelpunkt stehen dabei jedoch vor allem die explodierenden Kosten, die vermeintlich alle Handlungsspielräume in den `primären` Politikbereichen einschränken. Die Sozialpolitik ist deutlich in der Defensive. Ihre Akteure aus Politik, Verwaltung und Verbänden werden analog zur gesellschaftlichen Abwertung ihres Klientel in eine Randstellung gedrängt und die Ausgaben des Sozialbudgets werden zunehmend als unrentierlich und Belastung betrachtet. Das Gegenmodell dazu ist eine Soziale-Stadt-Strategie, die als Präventionspolitik ihre sektorale Zuständigkeit überwindet und für benachteiligte Sozialräume Struktur- und Querschnittsaufgaben erfüllt. Aus gesamtstädtischer Sicht wird ein Rahmen geschaffen, der zu einem sozialen Ausgleich im Gemeinwesen führt (Stichwort: Solidarische Stadt). Dieser Politikansatz braucht deshalb dringend eine Aufwertung im kommunalen Sozialstaat. Im Folgenden werden einige ausgewählte Handlungsfelder beschrieben, die sich an der Schnittstelle von sozialer Arbeit und Stadtplanung befinden. Im Rahmen einer kommunalen Kinder- und Jugendpolitik gehört es zu den Aufgabenfeldern einer Soziale-Stadt-Politik eine kinder- und familienfreundliche Stadt zu schaffen. Dazu ist es notwendig, dass verschiedene Politikbereiche (u.a. Stadt- und Verkehrsplanung, Städte- und Wohnungsbau) zusammenwirken. Die Beteiligung der betroffenen Kinder- und Jugendlichen 75

74 sozial raum stadt Akteursperspektiven an der Planung und Durchführung von Maßnahmen ist zu gewährleisten. Der Auftrag des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zur Jugendhilfeplanung verpflichtet die öffentlichen Jugendhilfeträger eine Bestands- und Bedarfserhebung vorzunehmen und die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen. Es ist Aufgabe Sozialer-Stadt-Politik, dazu beizutragen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die Erleichterung des Lebensalltags vor allem von Frauen herzustellen. Dazu gehört neben der Bereitstellung von frauen- und familienunterstützenden Systemen (z.b., Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen mit gesicherten Öffnungszeiten) auch die Schaffung und Ausgestaltung von frauen- und familienfreundlichen Arbeitsplätzen. Ohne einen frauen- und damit familiengerechten Städtebau sowie einer bedarfsgerechten Versorgung mit sozialen und technischen Dienstleistungen kann diese Aufgabe nicht erfüllt werden. Die Folgen von Zuwanderung in den Kommunen sind auch im Rahmen Soziale-Stadt-Politik zu bearbeiten. Eine aktive Integrationspolitik stellt nicht nur Anforderungen an die Gruppe der MigrantInnen selbst, sondern an verschiedene lokale Politikbereiche, Akteursnetze und Verwaltungen, die neben der sozialen und kulturellen auch eine angemessene wirtschaftliche und städtebauliche Integration gestalten und fördern. Es sind dazu unterschiedliche Fachdisziplinen und Planungsbereiche herausgefordert, spezifische Beiträge zu leisten. Der Stadtteil als Bezugsfeld hat, insbesondere bezogen auf das soziale Zusammenleben, eine wichtige Funktion. Viele Soziale Brennpunkte sind in diesem Sinne Orte der Integration und übernehmen besondere Integrationsleistungen in den Kommunen und Regionen. Eine kommunale Sozialhilfepolitik, die sich auf das einfache Verwalten von Sozialhilfefällen beschränkt, wird einer Soziale-Stadt-Politik nicht gerecht. Vielmehr sind über die Einzelfallbearbeitung, der Beratung und Hilfeplanung hinaus politische Zielvorgaben und Maßnahmenplanung notwendig, die den Hilfeberechtigten ein menschenwürdiges Leben in der Gemeinschaft 76

75 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit sichert. Dies gilt in besonderem Maße für die Entwicklung von Konzepten zur Prävention und Überwindung von Obdachlosigkeit und Arbeitslosigkeit. Die Hilfen zur Überwindung von Wohnungslosigkeit und sozialer Ausgrenzung sowie die Hilfen zur Sicherung der Wohnung bei Mietschulden sind konsequent einzusetzen und als Mittel kommunaler Politikgestaltung zu nutzen. Eine Soziale-Stadt-Politik im Sinne einer aktiven kommunalen Arbeitsmarktund Beschäftigungspolitik darf sich nicht allein auf eine Wirtschaftsförderpolitik beschränken. Vielmehr ist mit gezielten Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt gegenzusteuern. Die Kommunen haben eine Querschnittsaufgabe wahrzunehmen, die sozialintegrative Maßnahmen zur Beschäftigung, Qualifizierung und Ausbildung nach dem einschlägigen Gesetzen des SGB mit arbeitsmarktintegrativen Initiativen (Hilfe zur Arbeit, lokale Beschäftigungsinitiativen) für zusätzliche Beschäftigungspotentiale in verschiedenen sozialökologischen Dienstleistungs- und Produktionsbereichen mobilisiert. Ein Leitbild einer Soziale-Stadt-Politik im Sinne einer sozialen Wohnungspolitik muss die normative Vorgabe beinhalten, dass allen BürgerInnen einer Kommune eine dauerhafte und angemessene Wohnungsversorgung zusteht. Kommunale bzw. regionale Wohnraumversorgungskonzepte sind zur Erreichung dieser Zielsetzung zu entwickeln. Ein flexibler Einsatz von Förderund Belegungsinstrumenten sowie die Kooperation zwischen Kommune, Wohnungswirtschaft und Freien Trägern der Wohlfahrtspflege ist hier Voraussetzung. Soziale-Stadt-Politik darf sich nicht der Aufgabe einer sozialen Stadtteilentwicklungspolitik in benachteiligten Wohnquartieren und Sozialen Brennpunkten entziehen. Hier bedarf es einer gezielten und behutsamen Stadtteilerneuerung, die mit Beteiligung der Bewohner zu entwickeln ist. Hierbei sind die Förderung von Bewohner- und Stadteilinitiativen sowie die anwalt- 77

76 sozial raum stadt Akteursperspektiven liche Unterstützung der Betroffenen durch Gemeinwesenarbeit sicherzustellen. 2. Soziale Arbeit und Stadtplanung im Handlungsfeld Sozialraum Durch negative sozialräumliche Segregationsprozesse entstehen soziale Spannungen, die zu einem Bedrohungspotential für den sozialen Frieden in den Kommunen werden. Misslingt eine gezielte Präventionspolitik, droht diese Entwicklung unbeherrschbar zu werden und ganze Bevölkerungsgruppen werden dauerhaft ausgegrenzt. Das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt unterstützt kommunale Konzepte zur sozialen Stadterneuerung und propagiert neue Formen der integrierten Stadtentwicklung zur Armutsbekämpfung, mit dem Ziel, insbesondere Risiken und Fehlentwicklungen in benachteiligten Stadtteilen und sozialen Brennpunkten zu mildern und zu verhindern. Der sozialen Arbeit kommt bei der Entwicklung ganzheitlicher Maßnahmen für diese Sozialräume sowie für die Erschließung von Perspektiven und Teilhabechancen für die betroffenen Menschen in ihrer Lebenslage eine besondere Bedeutung zu. Das Land Hessen z.b. hat in den letzten Jahren in diesem Bereich positive Erfahrungen vorzuweisen, die allerdings von der aktuellen Landespolitik in viel zu geringem Maße unterstützt werden. Im Rahmen der Hessischen Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt (HEGISS) wird auf kommunaler und staatlicher Ebene zwar entsprechender Handlungswille gezeigt. Vom Land Hessen wurden jedoch die Arbeitsstrukturen für die soziale Arbeit und insbesondere für Gemeinwesenarbeit in diesem Handlungsfeld massiv abgebaut. Für deren Vernetzungsstruktur im Rahmen der Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte ist der Handlungsspielraum für sozialpolitisches Handeln deutlich geschrumpft, während die Ressourcen für städtebauliches Handeln als auch für die `klassische` Stadtplanung durch das B-L-Programm endlich zur Verfügung stehen. 78

77 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit 2.1 Soziale Brennpunkte als Sozialräume mit prioritärem Handlungsbedarf Sozialräumliche Ausgrenzung steht und stand für die Akteure der sozialen Arbeit immer im Blickpunkt. `Ihre` Klientel konzentriert sich in benachteiligten Stadtteilen und sozialen Brennpunkten. Die Träger der freien und öffentliche Sozial- und Jugendhilfe konnten und können sich dem nicht entziehen. Für die Akteure des Städtebaus sind und waren diese Stadträume eher politische Randbereiche. Der Blick der Stadtplanung richtet(e) sich eher auf die `städtebaulich interessanten` Stadtregionen bzw. `Leuchttürme` der Stadtentwicklung. Aus Sicht der sozialen Arbeit stellen sich Handlungsbedarf prioritär für folgende Stadtteiltypen und Sozialräume: Kommunale Obdachlosenunterkünfte sind nach wie vor existierende Armutsinseln, in denen unter oft menschenunwürdigen Bedingungen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Familien mit Kindern längerfristig untergebracht sind. Trotz verschiedentlicher Anstrengungen von Städten und Gemeinden, diese Notunterkünfte, Schlicht- und Einfachstwohnungen oder Übergangswohnungen aufzulösen oder zu sanieren, gehört diese extreme Form der sozialen Ausgrenzung, Abschreckung und Bestrafung zur harten Realität der örtlichen Gemeinwesen. Identifizierte Soziale Brennpunkte sind weitere Orte der Ausgrenzung. Der Deutsche Städtetag definiert diese als Wohngebieten, in denen Faktoren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohner und insbesondere die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen negativ bestimmen, gehäuft auftreten. Hier wird nicht nur der die Armut bestimmende Zustand der Wohnungslosigkeit beschrieben, sondern vielmehr auf die Verursachungskette für Benachteiligung und materielle Notlage im gesamten sozialen Feld verwiesen. Entsprechende Erscheinungsformen finden sich verstärkt in Quartieren mit vernachlässigten Substandardbeständen, potentielle Sanie- 79

78 sozial raum stadt Akteursperspektiven rungsgebieten und unattraktive Großwohnanlagen im sozialen Wohnungsbau und Abschreibungsobjekten. In weiteren Stadtgebieten mit besonderem sozialem Entwicklungsbedarf, die nicht zwangsläufig auch städtebauliche Mängel aufweisen (und deshalb nicht Soziale-Stadt-Standorte sind), sind neue Räume der sozialen Segregation entstanden. Diese Sozialräume, die von der Wohnungswirtschaft als Orte überforderter Nachbarschaften charakterisiert wurden, sind durch ungleiche Verteilung und Konzentration von benachteiligten Bevölkerungsgruppen geprägt. Die sozialräumliche Entmischung oder Konzentration von sozialen Risiken kann punktuell oder latent zu einem starken sozialen Gefälle zwischen Stadtgebieten führen und es besteht die Gefahr zur Polarisierung innerhalb einer Kommune. Allerdings ist die sozialräumliche Ungleichheit allein noch kein Indikator für die soziale Benachteiligung eines Stadtquartiers. Erst die überproportionale Häufung von sozialen Risiken lässt darauf schließen, dass hier besondere Gefährdungen und ein sozialpolitischer Handlungsbedarf bestehen. 2.2 Indikatoren für Handlungsbedarf in Sozialräumen Die Akteure der Stadtplanung und die Träger der soziale Arbeit setzten oft unterschiedliche Handlungsprioritäten, was direkte Auswirkungen auf die Auswahl von Stadtquartieren sowie die Entwicklung und Umsetzung von lokalen Handlungskonzepten bzw. Aktionsplänen hat. Insofern ist die Benennung von Indikatoren für die Identifizierung von benachteiligten Stadtteilen notwendig und sinnvoll. Eine integrierte Stadtentwicklungs- und Sozialplanung, der eine sozialräumliche Beobachtung zugrunde liegt, leitet sich in hohem Maße von den Kenntnissen und Lebensweltbezügen der sozialen Fachkräfte ab. Die Prognose von Entwicklungen zu Sozialen Brennpunkten, die sich unter den Akteuren der Sozialarbeit und Stadtplanung oft nicht einheitlich dar- 80

79 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit stellt, ist in hohem Maße abhängig vom Vergleich von Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen mit anderen Stadtgebieten sowie von stadtpolitischen Vorgaben und Leitbildern. Daher ist davor zu warnen, undifferenziert und voreilig entsprechende Etikettierungen vorzunehmen. Es bedarf sowohl einer Auswertung von kleinräumigen Sozialdaten als auch einer sehr sorgfältigen qualitativen Quartierforschung und Stadtteilanalyse, damit es nicht zu zweckorientierten und eindimensionalen Problembeschreibungen kommt. Von einer negativen Stigmatisierung können weitere Gefährdungen für eine nachhaltige Stadtteilentwicklung in diesen Risikogebieten ausgehen, die nicht angemessen und vertretbar wären. Eine kontinuierliche stadtteilbezogene Sozial- und Armutsberichtserstattung kann dafür Sorge tragen. Als Indikatoren für soziale Risiken der Entwicklung eines Stadtgebietes sind zu nennen: Bevölkerungsentwicklung, Altersstruktur, Ausländeranteile, Wanderungsbewegungen Struktur und Entwicklung der Sozialhilfehaushalte Dichte der Arbeitsmarktrisiken, Erwerbslosenquote, Ursache für Arbeitslosigkeit Bildungsstatus, Schulabschluss, berufliche Qualifikation Wohnungsversorgung, Wohnflächenbilanz, Wohnungsausstattung Häufung von Jugendhilfemaßnahmen Kriminalitätsrate und Jugenddelinquenz Städtebauliche Situation und sozialräumliche Anbindung Versorgung mit Dienstleistungen und sozialer Infrastruktur Existenz von formeller und informeller Stadtteilkultur, Vereinsleben Politische Teilhabe, Wahlverhalten 81

80 sozial raum stadt Akteursperspektiven Mit der notwendigen Aufmerksamkeit gilt es, soziale Entwicklungen in der Kommune zu beobachten und zusammen mit den BürgerInnen in den Stadtgebieten an der Gestaltung des Gemeinwesens zu arbeiten. Falls das nicht gelingt, können die Folgen fatal sein. Abwendung und Ausgrenzung führt zur weiteren Stigmatisierung und Polarisierung. Soziale Spannungen im Quartier und unter den sozialen Gruppen gefährden das nachbarschaftliche Zusammenleben in der Stadt. 2.3 Rechtliche Grundlagen für Sozialraumarbeit Das Sozialgesetzbuch definiert eine Vielzahl von Aufgabenstellungen für ein breites Handlungsspektrum für soziale Arbeit, die ihre Wirkungen insbesondere in und für die oben genannten Sozialräume entfalten müssen. Dies wird oft von den Akteuren der Stadtplanung nicht zur Kenntnis genommen oder in ihrer Relevanz für die Konstituierung von Stadt(teil)- Entwicklungsprozessen nicht genügend beachtet. Aus fast allen Bereichen des Sozialgesetzbuches (SGB) lassen sich entsprechende Vorgaben ableiten. Einige ( insbesondere SGB II/Hartz IV) werden sich noch in der Praxis der Sozialarbeit zu bewähren haben. Exemplarisch soll hier auf die Aufgaben der sozialen Arbeit und deren Relevanz für das Handeln in benachteiligten Sozialräumen nach dem Kinder- und Jugendhilfe- sowie dem Bundessozialhilfegesetz hingewiesen werden. Hier wird insbesondere auf Kooperations-, Beteiligungs- und Mitwirkungsverpflichtungen hingewiesen. Diese gilt es auf die Ebene der Sozialräume zu übertragen und hier vor allem auf die sozialen Brennpunkte anzuwenden. Bereits auf dieser Grundlage bestehende Arbeitsstrukturen sollten bei der Entwicklung von neuen Stadtteilmanagement Ansätzen nicht übergangen werden. Die Stadtplanung sollte dieses besonders beachten bzw. den Sozial- und Jugendhilfesektor frühzeitig einbinden, um Parallel- und Doppelstrukturen sind zu vermeiden. 82

81 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit Darüber hinaus finden sich Hinweise zur Einbindung der sozialen Arbeit auch im Baugesetzbuch und im Wohnraumförderungsgesetz, auf die im Folgenden ebenfalls kurz eingegangen werden soll Rechtliche Grundlagen nach dem Sozialgesetzbuch Nach dem SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) stellen sich folgende Aufgaben: Die Jugendhilfe soll dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. ( 1) Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten. Sie hat die Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsform zu achten. (...) und dabei verschiedenen Formen der Selbsthilfe stärken. ( 4) Leistungen der Jugendhilfe sollen unter anderem als gemeinwesenorientierte Angebote durch Verbände, Gruppen und Initiativen der Jugend und freien und öffentlichen Trägern zur Verfügung gestellt werden. ( 11) Angebote der Jugendsozialarbeit zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen (...) sollen mit den Maßnahmen der Schulverwaltung, der Bundesagentur für Arbeit, der Träger betrieblicher und außerbetrieblicher Ausbildung sowie der Träger von Beschäftigungsangeboten abgestimmt werden. ( 13) Die Kreise oder kreisfreien Städte sind Träger der öffentlich örtlichen Jugendhilfe. Kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtlicher Träger sind, können für den örtlichen Bereich Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen. Die Planung und Durchführung dieser Aufgaben ist 83

82 sozial raum stadt Akteursperspektiven in wesentlichen Punkten mit dem örtlichen Träger abzustimmen; dessen Gesamtverantwortung bleibt unberührt. (...) ( 69) Die Aufgaben des Jugendamtes werden durch den Jugendhilfeausschuss und die Verwaltung des Jugendamtes wahrgenommen. ( 70) Dem Jugendhilfeausschuss gehören zu drei Fünftel VertreterInnen des Kreis- /Kommunalparlamentes oder von diesen gewählte in der Jugendhilfe sachkundige Frauen und Männer an; zu zwei Fünftel werden diese auf Vorschlag der im Bereich des öffentlichen Trägers wirkenden und anerkannten Träger der freien Jugendhilfe von den Parlamenten gewählt. Der Jugendhilfeausschuss befasst sich mit allen Angelegenheiten der Jugendhilfe..., insbesondere mit Problemlagen, Anregungen und Vorschlägen der Weiterentwicklung der Jugendhilfe, mit der Jugendhilfeplanung und der Jugendhilfeförderung. ( 71) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Bildung von Arbeitsgemeinschaften anstreben, in denen neben ihnen die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sowie die Träger geförderter Maßnahmen vertreten sind. Hier sollen die geplanten Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden... ( 78) Für die Planung der Jugendhilfe haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Planungsverantwortung (Bestandsaufnahme, Bedarfsermittlung, bedarfsgerechte Planung). Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden,... dass Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können, (...) junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden... Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. (...). Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen 84

83 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen. ( 80) Nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) (ab 2005: SGB XII) gilt: Die Sozialhilfe umfasst Hilfe zu Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen. Die Sozialhilfe soll den Empfänger... soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben... ( 1) Die Träger der Sozialhilfe sollen mit den Kirchen und Religionsgesellschaften sowie den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten und dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben achten. Die Arbeit des Sozialhilfeträgers und die der Verbände sollen sich wirksam ergänzen. Die Träger der Sozialhilfe können allgemein an der Durchführung ihrer Aufgaben nach dem Gesetz die Verbände der freien Wohlfahrtspflege beteiligen oder ihnen die Durchführung solcher Aufgaben übertragen, wenn die Verbände mit der Beteiligung oder Durchführung einverstanden sind. (...) ( 10) Zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten werden persönliche Hilfen gewährt. Zur Abwendung, Beseitigung, Milderung, Verhütung von Verschlimmerung sind Beratung, Betreuung, Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen zur Wohnungserhaltung/-beschaffung zu bieten; Zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ist in geeigneten Fällen ein Gesamtplan zu erstellen. ( 72) Die Bildung von Arbeitsgemeinschaften soll angestrebt werden,...wenn es geboten ist, die gleichmäßige und gemeinsame Durchführung von Maßnahmen zu beraten und zu sichern. (...) In den AGs sollen vor allem die Stellen vertreten sein, deren gesetzliche Aufgaben dem gleichen Ziel dienen oder die bei der Durchführung der Maßnahmen beteiligt sind... ( 95) 85

84 sozial raum stadt Akteursperspektiven Rechtliche Grundlagen nach dem Baugesetzbuch Darüber hinaus gibt es Fundstellen im Baugesetzbuch (BauGB), die für die Arbeit im Sozialraum an der Schnittstelle Stadtplanung- Sozialarbeit von Bedeutung sind. Im Städtebaufördergesetz des BauGB heißt es im Zusammenhang von Sanierung und Sozialer Stadt- Erneuerung": Die Sanierung soll mit den Eigentümern, Mietern, Pächtern und sonstigen Betroffenen möglichst frühzeitig erörtert werden. Die Betroffenen sollen zur Mitwirkung (...) angeregt und (...) im Rahmen des Möglichen beteiligt werden. ( 137) Öffentliche Aufgabenträger sollen (...) die Vorbereitung und Durchführung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen unterstützen. ( 139) Städtebauliche Maßnahmen der Soziale Stadt werden zur Stabilisierung und Aufwertung von durch soziale Missstände benachteiligte Ortsteile oder andere Teile des Gemeindegebietes, in denen ein besonderer Entwicklungsbedarf besteht eingesetzt ( 171e): insbesondere in Gebieten,...in denen es einer aufeinander abgestimmten Bündelung von investiven und sonstigen Maßnahmen bedarf. Die Gemeinde legt das Gebiet (...) durch Beschluss fest. Es ist in seinem räumlichen Umfang so festzulegen, dass sich die Maßnahmen zweckmäßig durchführen lassen. Grundlage für den Beschluss (...) ist ein von der Gemeinde unter Beteiligung der Betroffenen ( 137) und der öffentlichen Aufgabenträger ( 139) aufgestelltes Entwicklungskonzept, in dem die Ziele und Maßnahmen schriftlich darzustellen sind. Das Entwicklungskonzept soll insbesondere dazu dienen, die Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die Schaffung und Erhaltung stabiler Bewohnerstrukturen zu verbessern. 86

85 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit Bei der Erstellung des Entwicklungskonzeptes und bei seiner Umsetzung sollen die Beteiligten in geeigneter Form einbezogen und zur Mitwirkung angeregt werden. Die Gemeinde soll die Beteiligten im Rahmen des Möglichen fortlaufend beraten und unterstützen. Dazu kann im Zusammenwirken von Gemeinde und Beteiligten eine Koordinierungsstelle eingerichtet werden. (...) Wirken sich städtebauliche Maßnahmen voraussichtlich nachteilig auf die persönlichen Lebensumstände der im Gebiet wohnenden und arbeitenden Menschen aus, soll die Gemeinde Vorstellungen entwickeln und mit den Betroffenen erörtern, wie die nachteiligen Auswirkungen möglichst vermieden oder gemildert werden können. (...) Das Ergebnis (...) sowie die Maßnahmen (...) und Möglichkeiten ihrer Verwirklichung sind schriftlich darzustellen (Sozialplan). ( 180) Die Möglichkeit zum Härteausgleich auch im sozialen Bereich ist gegeben. ( 181) Im Wohnraumförderungsgesetz finden sich weitere gesetzliche Vorgaben, die die Einbindung der sozialen Arbeit nahe legen. Neu ist die Fokussierung der Förderung auf Zielgruppen, die Zugangsprobleme zum Wohnungsmarkthaben oder sich nicht selbst mit angemessenem Wohnraum versorgen können. Die Gemeinden sind aufgefordert Konzepte zur sozialen Wohnraumversorgung zu erstellen. Das Gesetz sieht die Möglichkeiten des flexibleren Einsatzes von Förder- und Belegungsinstrumenten vor, um unter anderem besser die Entstehung einseitiger problematischer Bewohnerstrukturen verhindern zu können. Das Gesetz spricht auch eine Empfehlung zu Kooperationsverträgen zwischen Kommunen und Wohnungswirtschaft aus, an denen auch die Träger der Wohlfahrtspflege beteiligt werden können. 87

86 sozial raum stadt Akteursperspektiven 3. Soziale Arbeit im Handlungsfeld Sozialraum Soziale Arbeit im Stadtteil/Quartier ist auf Koproduktion mit weiteren Akteuren der Stadtplanung angewiesen. Vernetztes Handeln, lokale Entwicklungspartnerschaften und verbindliche Kooperationsstrukturen sind dafür zwingende Vorrausetzung. Schon vor der Einführung des Begriffs `Quartiermanagement` hat sich für ihr Handeln in Quartieren und Stadtteilen neben dem Prinzip der sozialraumorientierten Sozial- und Jugendhilfe das Konzept der `Gemeinwesenarbeit` etabliert. Hier zeigen sich Parallelentwicklungen in der Stadtplanung, die allerdings nicht zu Konkurrenz- bzw. Doppelstrukturen führen dürfen. Stadtplanung muss zur Kenntnis nehmen, dass soziale Arbeit mit Projekten freier und öffentlicher Träger sowie Dienste der Verbände der Wohlfahrtspflege in vielfältiger Weise in den Kommunen präsent ist und auch nach Ablauf der intensiven Zuwendung der Stadtplanungs- und Städtebauakteure mit ihren Einrichtungen und Angeboten der Sozial- und Jugendhilfe in den Stadtteilen tätig bleiben wird. Insbesondere in Quartieren mit besonderem Unterstützungsbedarf bleiben viele freie Träger und Verbände in Ergänzung zu den Projekten und Diensten der öffentlichen Träger der Sozial- und Jugendhilfe mit der Bevölkerung und den Quartiersakteuren in engem Kontakt. 3.1 Soziale Arbeit als Partner für den Sozialraum Ob in Kitas, Jugendzentren, Beratungsstellen, Beschäftigungsprojekten oder in Einrichtungen für ältere Menschen erreicht Sozialarbeit die Menschen im Quartier unmittelbar. Sie ist im Gemeinwesen verankert und kennt die Lebenswelten sowie die Lebenslagen der betroffenen Menschen. Mit ihren differenzierten Angeboten ist sie wichtiger Teil von Akteursnetzwerken im Stadtteil und unterstützt bzw. schafft Kommunikation gerade in den überforderten Sozialräumen. 88

87 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit Auf der Grundlage von BSHG und KJHG sind neben den öffentlichen Trägern der Jugend, und Sozialhilfe insbesondere auch die freien Träger bewährte Partner der kommunalen Daseinsfürsorge und wirken mit an der lokalen Sozial- und Jugendhilfeplanung. Als Träger öffentlicher Belange sind sie herausgefordert, zu öffentlichen Planungsvorhaben Stellung zu nehmen und die sozialen Aspekte in Abwägungsprozesse einzubringen und anwaltlich Interessen von benachteiligten Gruppen zu artikulieren. Insbesondere sind die Träger der Wohlfahrtspflege Partner in der kommunalen Sozialberichterstattung. Sie sind dabei herausgefordert, prioritäre Handlungsbedarf und Handlungskonzepte zur sozialen Stadtentwicklung zu formulieren. Dies gilt auch in Bezug auf das die Gestaltung des Bund/Länder-Programms Soziale Stadt (Gebietsauswahl, Integriertes Handlungskonzept usw.) 3.2 Gemeinwesenarbeit als Handlungsprinzip für Stadtteilentwicklung Viele Verbände verfügen als Träger der Gemeinwesenarbeit über einschlägige Erfahrung in der quartiersbezogenen Zusammenarbeit insbesondere mit Bewohnern von sozialen Brennpunkten und anderen ausgegrenzten Gruppen. Sie verfügen über differenzierte Kenntnisse der Quartiere und sozialen Milieus. In Partnerschaft mit Akteuren aus Bürgerschaft (Ehrenamtlichen aus Kirchengemeinden, Selbsthilfe und Vereinen usw.) bilden sie eine wichtige Lobby für diese Stadtgebiete und übernehmen Anwaltsfunktion für benachteiligte Bewohnergruppen. Eine lebensweltorientierte (funktionale), lebenslagenorientierte (kategoriale) und stadtteilorientierte (territoriale) Gemeinwesenarbeit (GWA) kann in lokalen Entwicklungspartnerschaften und interdisziplinären Stadtteilmanagement Strukturen die Funktion des Quartiersmanagement übernehmen und auch über Förderzeiträume hinweg nachhaltig sicherstellen. Die GWA kann sich demnach nicht nur als methodischer Ansatz der Sozialarbeit darstellen, sondern eine Managementfunktion für einzelne Quartiere und ganze 89

88 sozial raum stadt Akteursperspektiven Stadtteile erhalten, indem sie ihr Fachprofil mit folgenden Alleinstellungsmerkmalen offensiv darstellt: Verankerung im Stadtteil/Quartier Die besondere Qualität der Gemeinwesenarbeit begründet sich in ihrer Verankerung im Quartier/Stadtteil. Die GWA ist mit niedrigschwelligen Anlaufstellen sowie Räumen und Gelegenheiten zur Kommunikation in den Quartieren präsent. Mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Einzelne und unterschiedliche Zielgruppen stellt sie den Bezug zum gesamten Sozialraum und den unterschiedlichen Nachbarschaften am unmittelbaren Ort des Geschehens her. Die hieraus entstehende Vertrautheit mit stadtteil- und wohngebietspezifischen Kommunikations- und Sozialstrukturen und die geschärfte Sensibilität für Problemhintergründe, aber auch vorhandene Potentiale im Stadtteil, sind die wesentliche Voraussetzung für eine stabile Vertrauensbasis zur Bewohnerschaft und zu den Stadtteilakteuren. Aktivierung von Nachbarschaften Unkonventionelle GWA-Methoden zur Aktivierung der Bewohner und Kontaktaufnahme unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen prägen die Zugänge. Aktivierende Bestandsaufnahmen zusammen mit den Akteuren aus den Quartieren bilden eine wichtige Grundlage für sozialräumliche Analyse und Planung. Für die nachhaltige positive Entwicklung in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf ist entscheidend, dass die Aktivierung, Einbindung und Beteiligung möglichst aller Bevölkerungsgruppen und Nachbarschaften gelingt. Wichtig ist, dass vorhandene Ressourcen und Potentiale im Stadtteil erkannt und genutzt werden. Politik und Verwaltung müssen überzeugt und für Aktivitäten und Engagement im Stadtteil gewonnen werden. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Stadtteilakteure soll vorangetrieben werden. Die Träger der Sozial- und Jugendhilfe müssen 90

89 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit ihre Konzepte und Strategien zur Sozialraumorientierung und Gemeinwesenarbeit (GWA) weiterentwickeln, um den neuen Herausforderungen, Lebenslagen, Kooperationen usw. gerecht werden zu können Partnerin für Akteure im Stadtteil Gemeinwesenarbeit bietet sich den Menschen im Stadtteil als Partnerin an. GWA ist nicht nur Anlaufstelle für die Bevölkerung in den Quartieren, GWA ist gleichzeitig Vernetzungsinstanz für unterschiedliche Stadtteilakteure und Gruppen, die sich als Interessenvertreter im Rahmen der Gebietsentwicklung formieren. Stadtteil-/Quartiersbüros ( Stadtteilwerkstatt ) bilden Nachbarschaftsagenturen, die einerseits Wegweiser in der Einzelfallhilfe sind, gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass sich Interessen von Menschen formulieren bzw. organisieren. GWA unterstützt Initiativen der Akteure zur Selbstorganisation und stärkt somit die Lobby für den Stadtteil im Entwicklungsprozess. GWA versteht sich als Motor für lokale Entwicklungspartnerschaften zur Stärkung von Stadtteilidentität. In Stadtteilbüros finden Menschen ein offenes Ohr für ihre Anliegen und Probleme. Ob es um den letzten Sozialhilfebescheid, den Lärm der Jugendlichen auf dem Spielplatz, die Erhöhung von Mietnebenkosten oder die geänderte Straßenführung geht, Gemeinwesenarbeit weiß um Zuständigkeiten, kennt Strategien, schafft Zugänge und unterstützt eigenverantwortliches Handeln. GWA fördert und stabilisiert selbsttragende Strukturen im Sinne einer Strategie Hilfe zur Selbsthilfe ohne eine professionelle Grundversorgung im Stadtteil zu gefährden. Moderation, Kooperation und Vernetzung Gemeinwesenarbeit wendet sich als intermediäre Instanz an Bürger und Akteure im Stadtteil sowie an Verwaltung und Politik. Die Moderation zwischen den verschiedenen Interessen, die Kooperation mit Partnern und die 91

90 sozial raum stadt Akteursperspektiven Vernetzung der Akteure und Aktivitäten gewinnen immer mehr Bedeutung in der Stadtteilarbeit. Kenntnisse und Erfahrungen mit den unterschiedlichen Lebenswelten und sozialen Milieus, ein hohes Maß an kommunikativer Kompetenz und ein vielfältiges Wissen von Methoden zur Arbeit mit Gruppen ist Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit in den Quartieren. Die Lebenssituation der Menschen in den klassischen Sozialen Brennpunkten war bei allen Unterschieden in der individuellen Lebenslage vergleichsweise homogen. Die Gemeinwesenarbeit war hier häufig die einzige Unterstützung, die die Menschen vor Ort hatten. Heute haben wir es mit Stadtteilen zu tun, in denen viele verschiedene Bevölkerungsgruppen wohnen und miteinander auskommen (müssen). Gerade diese Gebiete sind Orte der Integration. Verschiedene ethnische und soziale Gruppen leben hier, zum Teil ohne direkte Bezüge zueinander zusammen. Ähnliches gilt für verschiedene soziale Einrichtungen, Schulen, Vereine, Geschäfte und Betriebe im Stadtteil. Auch hier sind Kontakte meist eher zufällig. Projektentwicklung zur Gestaltung des Gemeinwesens Zusammen mit den BürgerInnen, mit Einrichtungen im Stadtteil, mit Beschäftigungsträgern, mit dem lokalen Gewerbe und der Wohnungswirtschaft, mit Verwaltung und Politik und weiteren Partnern arbeitet die Gemeinwesenarbeit an der Gestaltung der Lebensbedingungen im Stadtteil. Im Verbund und in Kooperation entwickelt sie Projekte zur Verbesserung der Nachbarschaft wie Stadtteilfeste und Kulturprojekte. GWA konzipiert und aktiviert für Projekte zur Verbesserung des Wohnumfelds (z.b. Grünflächengestaltung, Parkraumgestaltung) oder zur Beschäftigungsförderung (z.b. Stadtteilcafes, Fahrradwerkstätten) Handlungsleitend für ihr Engagement ist dabei die Interessen des Stadtteils insgesamt und der dort lebenden Menschen. 92

91 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit 4. Stadtteilmanagement als Koproduktion im Sozialraum Zu den Erfolgsvoraussetzungen für eine zielgerichtete sozialen Stadtteilentwicklung gehört die gleichberechtigte Einbeziehung und Kooperation der Akteure des ersten (öffentlichen), zweiten (wirtschaftlichen) und dritten (gemeinnützigen) Sektors. In der Praxis ist das B/L-Programm Soziale Stadt aufgrund seines Ursprungs und seiner Finanzierung oft von Akteuren des Städtebaus bzw. der Stadtplanung dominiert. Die Umsetzung orientiert sich daher immer noch weitgehend am Vorgehen der traditionellen Stadterneuerung. Subsidiäre Ansätze, wie im Sozialgesetzbuch verankert, haben im Städtebau kaum Tradition. Partizipative Sozialplanung, Anwaltsplanung, Aktivierung von Selbsthilfepotentialen usw., sowie sie GWA-Konzepte bzw. die GWA-Strategien verstehen, hat sich in der Praxis der Stadterneuerung nur verhalten durchgesetzt. Trotz vieler richtungsweisender Ansätze zur interdisziplinären und politikfeldübergreifender Zusammenarbeit haben sich koproduktive und auf Augenhöhe beruhende Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung nur unzureichend durchgesetzt. Nach wie vor besteht ein Nebeneinander der Akteure. Zum einen fehlt es gegenseitiger Akzeptanz, die oft zu Konkurrenz bzw. Ignoranz führt. Die Akteure der sozialen Arbeit haben sich in der Praxis der Stadterneuerung noch nicht genügend profiliert. Als Folge erhalten sie auch nicht die notwendige Bedeutung bei der Entwicklung und Gestaltung von "Integrierten Handlungskonzepten". Das zeigt sich sowohl in der verwaltungsinternen Gewichtung als auch in der mangelnden Einbindung der freien Träger aus Sozial- und Jugendhilfe. Maßnahmen und Projekte zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe der Bevölkerung, zur nachhaltigen Stabilisierung der sozialen Verhältnisse und des nachbarschaftlichen Zusammenlebens im Stadtteil kommen häufig zu kurz. Die freien Träger Sozial- und Jugendhilfe bringen sich mit ihrer Gemeinwesenkompetenz nicht genügend ein und nehmen die Herausforderung und Chance zur Mitgestaltung in den Stadtteilen nur unzureichend an. 93

92 sozial raum stadt Akteursperspektiven 4.1 Kooperatives Stadtteilmanagement zur Prozessgestaltung Für ein leistungsfähiges nachhaltig wirksames "Kooperatives Stadtteilmanagement" sind die Träger der Sozialarbeit/ Gemeinwesenarbeit unverzichtbare Partner. Sie müssen daher auch im Sinne der Leitfäden zur Sozialen Stadt bei der Gestaltung des Prozesses der Stadtteilentwicklung gleichberechtigt einbezogen werden. Es muss allerdings ein praktikables Modell zur Kooperation gefunden werden, das die unterschiedlichen Akteure aus Politik, Verwaltung, Trägerspektrum, Wirtschaft und Bürgerschaft zu einer lokalen Entwicklungspartnerschaft zusammenführt und sowohl Transparenz als auch Effizienz sicherstellt. Bei der Entwicklung und Umsetzung von integrierten Handlungskonzepten und lokalen Aktionsplänen und der Etablierung von lokalen Entwicklungspartnerschaften sind zur Sicherung der Nachhaltigkeit die Akteure der sozialen Arbeit (öffentliche und freie Träger) wichtige Partner für die Zeit nach dem Einsatz der Städtebauförderung. Ihr Zugang zu den Stadtteilen und deren Bewohnergruppen wird weiter, ggf. unter veränderten Bedingungen, bestehen bleiben. Insofern liegt hier der Schlüssel für die Verstetigung von Stadtteilentwicklungsprozessen und die Kontinuität von Vernetzung und Partizipation der Stadtteilakteure. Nur durch das Zusammenwirken von Sozialplanung und baulicher Stadtplanung können integrierte Handlungs- und Steuerungskonzepte für Entwicklungsprozesse in den Stadteilen wirkungsvoll umgesetzt werden. Als zentrale Bausteine gelten dabei: Beteiligung der Bürgerschaft und Stadtteilakteure Entwicklung einer bedarfsgerechten sozial- kulturellen Infrastruktur Etablierung einer lokalen Ökonomie und Beschäftigungsstrategie Verbesserung der Wohnverhältnisse und des Wohnumfeldes Stabilisierung der städtebaulichen Gesamtsituation 94

93 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit Die notwendigen Kooperationsstrukturen für soziale Stadtteilentwicklung, so wie sie sich in der Praxis schon teilweise bewährt haben, werden in dem nachfolgenden Kapitel in einem Strukturmodell dargestellt. Dieses soll als Grundlage für eine Verständigung für lokal geeignete Vernetzungs-, Kooperations- und Steuerungsstrukturen insbesondere unter den Akteuren der sozialen Arbeit und Stadtplanung dienen und ist zwingende Voraussetzung, um sich im politischen Raum nicht gegenseitig aufzureiben. 4.2 Kernelemente eines kooperatives Stadtteilmanagements Zum einen ist innerhalb der kommunalen Verwaltung eine verantwortliche Koordination der städtischen Behörden als Stabsstelle notwendig. Zum anderen ist für die Aktivitäten vor Ort ein besonders qualifiziertes Team von Stadtteilentwicklern (Tandem aus Gemeinwesen- und Planungsbeauftragten) einzusetzen, das unterschiedliche Aufgaben und Funktionen für den Stadtteil wahrnimmt. Im Stadtteil müssen unter den Akteuren aus der Bewohnerschaft und des Trägernetzwerkes formelle und informelle Arbeitsstrukturen entwickelt werden. Eine Stadtteilpolitik kann sich nur etablieren, wenn es auch gelingt, die politischen Verantwortungsträger kontinuierlich einzubinden. 95

94 sozial raum stadt Akteursperspektiven Schaubild1: Kooperatives Stadtteilmanagement in Partnerschaft von Kommune, Wohnungswirtschaft, Freien Trägern der Sozialarbeit, Stadteilakteuren u. BürgerInnen PARLAMENT/ORTSBEIRAT Grundsatzbeschluss für ein Stadtteilentwicklungskonzept Stadtteilbeirat - Politik, VertreterInnen der Bürger u. StadtteilakteurInnen - (Anteil BürgerInnen 51 %) Ämterübergreifende Lenkungsgruppe komm. Koordinationsstelle Erweiterte Lenkung Quartiermanagement, Wohn.- Unternehmen, Träger etc. Stadtteilbüro Gemeinwesen- und Planungsbeauftragter Tandem Stadtteilarbeitdkreis Träger-/ Akteursnetzwerk (z.b.trägerverbund) Foren der Bürgerschaft Organisation BürgerInnen (Inis, Räte, Gruppen) Stadtteilbüro als Scharnier von Sozialarbeit und Stadtplanung als Tandem von Gemeinwesen- und Planungsbeauftragten Als Erfolg versprechend hat sich das an einigen Standorten praktizierte Tandem -Modell erwiesen. In Stadtteilbüros werden die Kompetenzen des Gemeinwesen- und des Planungsbeauftragten zusammengeführt. Während der Gemeinwesenbeauftragte durch Aktivierung und Unterstützung der Bürger und Bewohnergruppen sowie durch Organisation des Träger- und Akteursnetzwerks im Stadtteil den Bottom-up - Ansatz realisiert, bringt der Planungsbeauftragte Planungs- und Entwicklungsvorstellungen der Kommune und der Wohnungswirtschaft Top down ein. Nur dieses Tandem, d.h. beide Professionen gemeinsam, kann die unterschiedlichen Interessen kooperativ integrieren. 96

95 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit Freie Träger haben eine besondere Unterstützungsfunktion für die Entwicklung von neuen Beteiligungsforen für Stadtteilakteure und zur Schaffung einer neuen partizipativen Planungskultur sowie zur Überwindung von Politikverdrossenheit in benachteiligten Stadtquartieren. Lenkungsgruppe und kommunale Koordinationsstelle Zwingend notwendig ist die dezernats- bzw. ämterübergreifende Koordination (Stabstelle) und Lenkung. Diese ist bei Sozialverwaltung unter Nachhaltigkeitsaspekten am besten platziert. Der Städtebau ist nur temporär engagiert und hat eine Schlüsselrolle über das Finanzierungsprivileg im Rahmen der Städtebauförderung. In der Lenkungsgruppe sollten die Verantwortungsträger für den Soziale-Stadt-Prozess als Schlüsselpersonen, d.h. auch die Akteure des Stadtteilbüros (Tandem) und der beteiligten Wohnungswirtschaft, vertreten sein. Träger-/ Akteursnetzwerk im Stadtteil Es versteht sich von selbst, dass die im Stadtteil engagierten Träger und weitere Schlüsselakteure zu handlungsfähigen Akteurs- bzw. Trägernetzwerken (Stadtteilarbeitskreis, Stadtteilkonferenz etc) zusammengeführt werden müssen. Die Grundelemente sind in jeder einzelnen Kommune und jedem Stadtteil auf die örtlich vorzufindenden Gegebenheiten auszurichten. Das heißt, vor Ort müssen die gewachsene Strukturen, Konstellationen, beteiligte Akteure, langjährige Traditionen und vieles mehr Berücksichtigung finden. Foren der Bürgerschaft zur Selbstorganisation Betont werden muss, dass die Selbstorganisation zur Aktivierung und Beteiligung der BürgerInnen (Bürgerinitiativen, Mieterräte, Quartiers- bzw. Ziel- 97

96 sozial raum stadt Akteursperspektiven gruppensprecher) an dem jeweiligen Standort unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen einer nachhaltigen sozialen Stadtteilentwicklung ist. Bürgerforen und Arbeitsgruppen bearbeiten Themen des Stadtteils, des Quartiers bzw. einzelner Gruppen mit dem Ziel Grundlagen für Entscheidungen zu schaffen. Stadtteilbeirat als Bindeglied von Bürgerschaft und Politik Zur Stärkung der Möglichkeiten zur Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen bedarf es verbindlicher Formen der Beteiligung der betroffenen Bevölkerung. Gerade in den benachteiligten Stadtquartieren fehlen diese bis heute. Neben "offenen Bürgerforen" und "Runden Tischen" muss ein Bürger- Politikdialog konstituiert werden, der zur Überwindung von Politikverdrossenheit beitragen kann. Hier sind Stadtteilbeiräte ein erfolgserprobter Ansatz. In Stadtteilbeiräten debattieren Delegierte aus unterschiedlichen Quartieren und kulturellen Milieus mit den Vertretern der Parlamentsfraktionen über politische Prioritäten. Diese Form der politischen Auseinandersetzung, in denen unter anderem über die Verwendung von Verfügungsfonds entschieden wird, schafft Offenheit, Transparenz und eine neue politische Kultur. Erfahrungen zeigen, dass sich so ein neues Wir-Gefühl und eine Lobby für benachteiligte Stadtteile entfalten. Gemeinwesenarbeit kann dazu beitragen, dass auch zunächst sprachlose Gruppen neue Zugänge zur Entwicklung von Nachbarschaften finden. Neben punktuellen "Events" können so nachhaltige Strukturen zur Partizipation entstehen. 5. Verstetigung von Soziale-Stadt-Politik durch Verbundstrukturen Eine verstetigte Soziale-Stadt-Politik braucht zuverlässige Unterstützung durch die staatlichen Ebenen (Bund/Länder) sowie der europäischen Union, um die Anschlussfähigkeit von benachteiligten Stadtteilen und deren Bürge- 98

97 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit rinnen sicherzustellen. Es bedarf daher einer Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt aller politischen Ebenen und aller politischen relevanten Fachakteure (Mehr-Ebenen-Mehr-Felder-Strategie), die die Egoismen der einzelnen Fachpolitiken überwindet. Herausgefordert sind neben der öffentlichen Hand insbesondere auch die Verbände und gesellschaftlichen Gruppen, die ihre spezifischen Ressourcen zum verstetigten Handeln für die Sicherung des sozialen Friedens in den benachteiligten Stadtgebieten einbringen müssen. Notwendig sind integrierte staatliche Förderstrategien, die unter den Fachressorts zu gemeinsamen Soziale-Stadt-Förderleitlinien abgestimmt und zu einer interministeriellen Verbundbudget zusammengefasst werden. Zur Verstetigung und Ausweitung des Programmansatzes "Soziale-Stadt" sollten interministeriell abgestimmte Voraussetzungen gelten, die zumindest gemeinsamen überprüfbaren Vorgaben des Städtebau- und Sozialministeriums unterliegen. Für die kommunale Ebene bedeutet das, dass für Stadtteile mit besonderem sozialen und städtebaulichen Entwicklungsbedarf zukünftig im Rahmen einer lokalen Gesamtstrategie integrierte Handlungskonzepte zu entwickeln und lokale Aktionspläne umzusetzen sind. Dazu bedarf es stabiler, handlungsfähiger und interdisziplinärer ausgerichteter lokaler Partnerschaften zur Gestaltung örtlicher Gemeinschaftsinitiativen Soziale Stadt (LOGISS). LOGISS-Entwicklungs-Partnerschaften aus Vertretern des öffentlichen, des unternehmerischen sowie des zivilgesellschaftlichen Sektors müssen in der Lage sein, Soziale-Stadt-Prozesse auch über Förderzeiträume hinaus sicherzustellen. Dieses setzt einen fairen Konsens unter den Partnern (Win-Win- Verständnis) voraus, der von gemeinsamen politischen Willen getragen wird und verschiedene Sichtweisen und Handlungslogiken der Beteiligten respektiert. Die LOGISS-Partnerschaften unterstützen daher eine interkommunale Kooperation zur Entwicklung eines sozialräumlichen Beobachtungsinstrumen- 99

98 sozial raum stadt Akteursperspektiven tes. Dieses Vorhaben erfordert insbesondere eine enge Abstimmung der Akteure von Städtebau und Wirtschaft mit der Sozialplanung auf allen Ebenen. Im Rahmen der Sozialen-Stadt-Planung und Förderung sind die Gebietsauswahl, die Problemdiagnose und das Handlungskonzept zukünftig auf objektivere Grundlagen zu stellen. Voraussetzung ist eine interdisziplinäre Sozialraumplanung, die auf eine träger- u. fachübergreifende Sozialraumbetrachtung fundiert wird und partizipative Planungsverfahren und Durchführungsprozesse verinnerlicht. Neue Trägerformen für interdisziplinäre Stadtteilmanagements sind anzustreben und haben sich bereits vielerorts bewährt. So haben sich in einigen Stadtteilen bereits verschiedene Träger der Sozialarbeit (öffentliche und freie Träger der Sozial- und Jugendhilfe) mit lokalen Beschäftigungs- und Qualifizierungsträgern sowie Akteuren aus der Wohnungswirtschaft zu einem Kooperationsverbund im Stadtteil zusammengeschlossen, um gemeinsam die Trägerschaft für das Stadtteilmanagement (Trägerverbund für Stadtteilbüro) zu übernehmen. Hier erhält die Koproduktion einen Rechtsstatus, der der lokalen Kooperation eine Perspektive auch über Förderzeiträume eröffnet. Dieses gilt besonders für die Stabilisierung der Tandem - Kooperation" im Stadtteilbüro und eröffnet Chancen zur Überwindung von Egoismen einzelner Träger. Nicht zuletzt eröffnen Verbundstrukturen im Stadtteil neue Perspektiven zur Schaffung von Sozialraumbudgets. Eine Politik, die sicherstellen will, dass Gestaltungsspielräume für eine präventive Kinder- und Jugendhilfe in gefährdeten Stadtteilen genutzt werden können, ist darauf angewiesen, dass die Akteure in den Quartieren gemeinsam planen und sich auf Prioritäten verständigen. Es bedarf einer Fachlobby in den Gebieten, die zusammen mit den verschiedenen Bevölkerungsgruppen Standards für die Stadtteilentwicklung reklamiert und ihre Kräfte bündelt, sodass Stadt- und Stadtteilpolitik dem lokalen Druck nicht ausweichen kann. Hierzu ist die Kooperation und Koproduktion 100

99 Thies: Zur Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung aus Sicht der sozialen Arbeit von Sozialarbeit und Stadtplanung zu intensivieren. Die eigenen Fachlichkeiten dürfen nicht ignoriert, sondern müssen vielmehr im Sinne von mehr Schlagkraft zusammenführt werden. Geeignete Foren zur Qualifizierung von interdisziplinärem Stadtteil- bzw. Quartiermanagement sind weiterzuentwickeln. Literatur: Bauministerkonferenz (ARGEBAU), (2000), Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt, in: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Hessische Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt (HEGISS), Wiesbaden Boulet, Jaak/ Kraus, Jürgen/ Oelschlägel, Dieter, (1980), Gemeinwesenarbeit als Arbeitsprinzip Eine Grundlegung, Bielefeld Bartelheimer, Peter, (2001), Sozialberichterstattung für die Soziale Stadt Methodische Probleme und politische Möglichkeiten, Frankfurt/Main Fritz, Hartmut/ Thies, Reinhard, (1997), Armutsbekämpfung in benachteiligten Lebensräumen Stadtteil- und brennpunktbezogene Strategien kommunaler Sozialpolitik, in Hanesch, Walter (Hrsg.): Überlebt die Soziale Stadt, Opladen GdW, Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.v. (Hrsg.), (1998), Überforderte Nachbarschaften, Soziale und ökonomische Erosion in Großsiedlungen, Köln Rheinhard Thies, Geschäftsführer LAG Soziale Brennpunkte Hessen e.v. Foto: Axel Joerss Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, (2000), Hessische Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt (HEGISS), Wiesbaden 101

100 sozial raum stadt Akteursperspektiven Hinte, Wolfgang, (1996), Soziale Kommunalpolitik, Soziale Räume gestalten statt Elend verwalten, in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit, Heft 3/1996 Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, (2004), Die Soziale Stadt - Ergebnisse der Zwischenevaluierung, Bewertung des Bund-Länder-Programms "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt" nach vier Jahren Programmlaufzeit, Berlin Pleiner, Günter/ Thies, Reinhard, (2002), Sozialräumlicher Paradigmenwechsel in Gemeinwesenarbeit und Stadtteilmanagement, in Riege, Marlo u.a. (Hrsg.): Sozialraumanalyse, Grundlagen Methoden - Praxis, Opladen Thies, Reinhard, (2002) Herausforderung der Praxis sozialer Stadtentwicklung, Beitrag der Freien Träger der Wohlfahrtspflege in Diakonisches Werk (Hrsg.): Tagung: Soziale Stadt am 6./ in Berlin, Stuttgart Thies, Reinhard (Hrsg.), (2001/2002), Beitrag in: Entwicklung und Chancen für Kinder und Jugendliche aus Sozialen Brennpunkten Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte Hessen: Dokumentationen: E&C-Regionalkonferenz, Frankfurt/Main Thies, Reinhard, (2000), Kooperatives Stadtteilmanagement und Gemeinwesenarbeit, Neue Ansätze in der Stadtentwicklung und der Gemeinwesenarbeit, in Tennstedt, Florian (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialreform, Wiesbaden Thies, Reinhard, (1999), Soziale Stadterneuerung in gefährdeten Wohngebieten, Präventionsstrategien durch Quartiersarbeit und kooperatives Stadtteilmanagement, in Dietz, Berthold (Hrsg.): Handbuch der kommunalen Sozialpolitik, Opladen Thies, Reinhard (Hrsg.), (1998), Soziale Stadterneuerung, Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte Hessen e.v.: Materialsammlung zur Tagung Soziale Stadterneuerung in Ev. Akademie Arnoldshain, Frankfurt/Main 102

101 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Gabriele Steffen Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des "sozialen Raumes" Stadt "Supervision" ist mir als Rolle zugedacht. Aber ich stehe nicht über den Dingen und spreche auch nicht mit dem Blick einer Unbeteiligten von außen, sondern aus einer mehrfachen Binnenperspektive. Seit fünf Jahren bin ich Geschäftsführerin des privaten Instituts für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber + Partner, das in den 35 Jahren seines Bestehens Planung, Forschung, Organisation, Beteiligung, Dienstleistung und Beratung verbindet in dem ganzen Themenspektrum, das zur Stadt gehört Stadtteilentwicklung, Bauen, Wohnen, Nutzungsmischung, Nahversorgung, Kinder und Jugendliche, Leben im Alter oder mit Behinderung, Migration, interkulturelle Qualifizierung und anderes mehr. Zuvor war ich acht Jahre lang Erste Bürgermeisterin von Tübingen, zuständig für Soziales, Altenhilfe, öffentliche Ordnung (mit Feuerwehr, Ortspolizeibehörde, Verkehr), Standesamt, Schule und Sport, Kultur, Veterinäramt mit Schlacht- und Viehhof; dabei fand ich es selbstverständlich, mich um eine fachübergreifende Stadtentwicklung zu kümmern, die diese unterschiedlichen Bereiche zusammenbringt. In meinem ersten Beruf habe ich an einem wissenschaftlichen Institut interkulturelle und internationale Projekte geleitet. Meine kommunalpolitischen Wurzeln liegen in der Arbeit mit Migrantenfamilien und Bürgerinitiativen zur Stadtentwicklung. Zwei Fragen haben mich bei alledem nicht losgelassen: Was macht das "Städtische" aus? Wie lassen sich Grenzen überschreiten zwischen Kulturen, zwischen Disziplinen, zwischen öffentlicher Verwaltung, privater Wirtschaft und bürgerschaftlichem Engagement? Dabei habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht: vom erklärten Widerstand ("nicht in meinem Revier wildern") bis zur intensiven und produktiven fachübergreifenden Zusammenarbeit in der Verwaltung, in unserem Institut und mit Partnern in Kommunen, Ministerien und Verbänden. 103

102 sozial raum stadt Akteursperspektiven Im ersten Teil meines Beitrags werde ich die schwierige "Beziehungsgeschichte" von Stadtplanung und sozialer Arbeit anhand von sieben typischen Konstellationen der Zusammenarbeit deutlich machen. Danach werde ich den Blick auf die Gemeinsamkeiten lenken: Im zweiten Teil auf Probleme, die beide Professionen gemeinsam haben, danach (3.) auf Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden können. 1. Stadtplanung und soziale Arbeit: Beziehungsgeschichte(n) Als erstes fällt mir eine deutliche Asymmetrie in der Themenformulierung auf: Stadtplanung wird der sozialen Arbeit gegenübergestellt. Wird im Bereich des Sozialen nicht geplant und in der Stadtplanung nicht gearbeitet? Das ist sicher etwas zugespitzt, aber sehr oft wird das Verhältnis der beiden Bereiche so verstanden: Stadtplanung ist strategisch orientiert, beschäftigt sich mit den großen Entwürfen und Visionen; soziale Arbeit ist operativ, an der Basis, das Klein-Klein, begibt sich in die Niederungen des Alltags. Stadtplanung schafft Dauerhaftes, Bestehendes, im sozialen Bereich haben wir es dagegen mit Vergänglichem, Flüchtigen zu tun. Andererseits lassen sich Produkte der Planung in absehbarer Zeit herstellen, während im sozialen Bereich Veränderungen viel langfristiger zu sehen sind. Stadtplanung schafft Neues, im sozialen Bereich muss man sich erst einmal am Vorgefundenen, Vorhandenen orientieren. Für herkömmliche Stadtplanung ist gebauter Raum eine hergestellte oder noch herzustellende Sache, ein Produkt des Machens, sie denkt in Kategorien von Bauen, Neubauen, Umbauen, Abreißen soziale Arbeit denkt an Hilfen, Beratung, Betreuung, Maßnahmen, Vernetzung. Man könnte das auch wie Hardware und Software gegenüberstellen in den üblichen Begriffen "investive" und "nicht-investive Maßnahmen" spiegelt sich wieder, dass das Handeln im sozialen Bereich sich scheinbar nur ex negativo bestimmen lässt. 104

103 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt 1.1. Beziehungslosigkeit Aus diesen Unterschieden kann sich die erste Variante der Zusammenarbeit ergeben: Stadt Beziehungslosigkeit oder Nicht-Zusammenarbeit. In einer kommunalen Verwaltung sind soziale Stadtplanung Soziale Arbeit Arbeit und Stadtplanung nicht nur normalerweise in unterschiedlichen Organisationseinheiten Menschen angesie- delt, sondern sie haben auch ganz unterschiedliche Arbeitsformen, sind unterschiedlich nah oder fern von der Praxis und den Leuten, haben einen unterschiedlichen Abstraktions- und Konzeptualisierungsgrad. Falls es ämterübergreifende Arbeitsgruppen zu Projekten der Stadtplanung gibt, sind da meist ja nicht die Praktiker der sozialen Arbeit vertreten, sondern die Führungsebene der entsprechenden Fachbereiche. Projektorganisation und laufende Alltagsarbeit sind manchmal nur wenig mit einander verbunden und in Kontakt Soziale Arbeit als Zuarbeit zur Stadtplanung Die zweite Möglichkeit: Soziale Arbeit Soziale Arbeit Stadtplanung dient als Zuarbeit zur Stadtplanung, als Akzeptanzbeschaffer, zur Krisenintervention. Selbst die größten Skeptiker sind leicht dafür zu gewinnen, soziale Arbeit (z.b. Streetwork) zu fordern, wenn irgendwo die Probleme augenfällig, öffentlich werden, etwa wenn Jugendliche oder Alkoholkon- 105

104 sozial raum stadt Akteursperspektiven sumenten im öffentlichen Raum stören oder keine gewünschten Mieter mehr für "überforderte Nachbarschaften" zu finden sind. Dieses Verständnis der Zusammenarbeit hat sicher auch etwas mit der Geschichte zu tun. Aus der Erfahrung mit der Nachkriegs-Städtebaupolitik (vor allem den monofunktionalen Großwohnsiedlungen, der Flächensanierung mit weiträumigem Abriss) hatte man gelernt, dass Stadtplanung immer auch soziale Auswirkungen hat und eine rein bauliche Sanierung zu kurz greift. Das Städtebauförderungsgesetz 1971 hat daher eine Zusammenarbeit bei Sanierungsvorhaben verankert. Ziel ist es dabei, die "nachteiligen Auswirkungen [...], die sich für die von der beabsichtigten Sanierung unmittelbar Betroffenen in ihren persönlichen Lebensumständen, im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich voraussichtlich ergeben werden" 12, zu vermeiden oder zu mildern. Als Instrumente werden Vorbereitende Untersuchungen, die Beurteilungsgrundlagen über "soziale, strukturelle und städtebauliche Zusammenhänge" und Einstellungen zur Sanierung liefern sollen, und ein Sozialplan verbindlich. Damit ist auch die Perspektive der Planung und des präventiven Handelns ins Spiel gekommen Soziales als kritische Instanz Soziale Arbeit kann, wenn Stadtplanung Soziale Arbeit sie über das Vorgefundene hinausblickt und sich auch als planend versteht ich spreche im folgenden daher auch von Sozialplanung oder der sozialen 12 BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom , zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom , 141 (1) 106

105 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Perspektive von Planung auch eine kritische Instanz sein: Als Prüfstein oder Prüfverfahren für Planungsvorhaben wird oft eine "Sozialverträglichkeitsprüfung" (analog zur gesetzlich vorgeschriebenen und geregelten Umweltverträglichkeitsprüfung) gefordert. Sie bezieht sich freilich nur auf ein einzelnes konkretes Vorhaben. Übergreifend und vorausschauend ist ein laufendes Sozialraummonitoring, das die gesamtstädtische Entwicklung anhand von Sozialindikatoren systematisch beobachtet und auswertet. Auch bei der "Vertretung von Belangen" wäre die Sozialplanung gefordert. Nach dem Baugesetzbuch in seiner jüngsten Fassung sind bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen: 1) die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, 2) die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen Kosten sparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, 3) die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, 4) die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile, 5) die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, 107

106 sozial raum stadt Akteursperspektiven 6) die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, 7) die Belange des Umweltschutzes einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege [...], 8) die Belange a) der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, b) der Land- und Forstwirtschaft, c) der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen [...], 9) die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, 10) die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, 11) die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung." Soziales als Thema und Ziel eines Städtebauförderungsprogramms: Soziale Stadt Mit dem Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt" ist Soziales Ziel und Thema eines Städtebauförderungsprogramms geworden. Dies nimmt nicht nur investive bauliche Maßnahmen in den Blick, sondern auch Handeln in anderen Handlungsfel- Soziale Arbeit Stadtplanung 13 a.a.o., 1 (6) 108

107 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt dern: Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines Integrierten Handlungskonzepts. Auf seine Umsetzung sollen alle verfügbaren Ressourcen konzentriert werden. Dabei setzt man nicht nur an Problemen und Defiziten an, sondern fragt auch nach den Potenzialen in einem Stadtteil: Alle Akteure Verwaltung und Politik, private Wirtschaft, Bürgerschaft sollen an der Verbesserung aktiv zusammenwirken und eine selbsttragende Entwicklung auf den Weg bringen. Damit ist dem Sozialen zumindest programmatisch eine Führungsrolle zugesprochen. Die Erfahrungen bei der Programmumsetzung geben ein etwas anderes Bild. Bei der zweiten Befragung des Deutschen Instituts für Urbanistik, das die Programmumsetzung als Beratungs-, Informations- und Vermittlungsagentur begleitet hat (und als Transferstelle weiter begleitet), von damals 222 Programmgebieten 14 ergibt sich: Unter den Handlungsfeldern, die als besonders wichtig eingeschätzt werden, steht das Thema "Soziale Aktivitäten und soziale Infrastruktur" an erster Stelle, es folgen 2. Wohnumfeld und öffentlicher Raum, 3. Zusammenleben unterschiedlicher ethnischer und sozialer Gruppen, 4. Kinder- und Jugendhilfe (und danach unter anderem weitere Themen aus dem sozialen Bereich). Betrachtet man die Handlungsfelder, die tatsächlich in die integrierten Konzepte einbezogen sind, dann rangiert das Thema Wohnumfeld und öffentlicher Raum ganz vorne, erst danach folgen die sozialen Themen. Das hängt sicher ebenso mit der Programmlogik (Förderung investiver Maßnahmen) zusammen wie mit der Zuständigkeit innerhalb der Verwaltung: Federführend ist der Bereich Planen, Bauen und Verkehr fast sechsmal so häufig wie der Bereich Soziales. Und selbst beteiligt ist der Bereich Soziales deutlich seltener als Planen, Bauen und Verkehr, viel geringer noch ist die Mitwirkung der Bereiche Wirt- 14 Becker, Heidede; Böhme, Christa; Meyer, Ulrike: Integrierte Handlungskonzepte Steuerungsund Koordinierungsinstrument für die soziale Stadtteilentwicklung. In: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.) (2003): Strategien für die Soziale Stadt. Erfahrungen und Perspektiven Um- 109

108 sozial raum stadt Akteursperspektiven schaft, Kultur, Umwelt, Bildung, Finanzen, erst recht Gleichstellung und Gesundheit. Betrachtet man jedoch die konkrete Arbeit, dann wird deutlich, dass gerade im sozialen Bereich eine Vielzahl von Projekten zu vielfältigen Themen und mit innovativen Ansätzen verwirklicht worden sind erst recht gilt das, wenn man die Erfahrungen aus dem neuen Programm LOS (Lokales Kapital für soziale Zwecke) einbezieht. Mit dem Quartiersmanagement ist eine wegweisende Organisationsform entwickelt worden. Demgegenüber scheinen mir neue genuin städtebauliche Ansätze eher unterbelichtet zu sein. Festzuhalten ist, dass Ziel und Konzeption dieses Programms dem Sozialen ein großes Gewicht verschafft und die Entwicklung neuer Ansätze interdisziplinär und trägerübergreifend sehr gefördert hat Addition statt Integration Festzustellen ist aber auch: Zum Zeitpunkt der erwähnten Befragung befand sich bei 21 Prozent der Kommunen das Integrierte Handlungskonzept noch in Arbeit, und immerhin 13 Prozent (das entspricht 29 Gebieten) haben die Frage nach einem Integrierten Handlungskonzept verneint, obwohl dies eigentlich eine Fördervoraussetzung darstellt. Und bei dem, was als Integriertes Handlungskonzept bezeichnet wird, gibt es eine große Variationsbreite: "von der Übernahme wenig aktueller Ergebnisse aus vorbereitenden Untersuchungen als Bestands- und Problemanalyse samt kommentierten Projektübersichten über städtebaulich dominierte und sozial angereicherte Rahmenpläne bis zu umfassenden integrativen Konzepten auf Basis neuer gesamtstädtischer kleinräumiger Analysen mit ausgearbeiteten Leitvorstellungen und detaillierten Vorschlägen zur Umsetzung". Auch bei der Intensität der Beteiligung gibt es ein breites Spektrum; es reicht "von reinen setzung des Bund-Länder-Programms "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf die soziale Stadt." Berlin, S

109 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Top-down-Strategien, das heißt Konzepterarbeitung ausschließlich durch die Verwaltung, über punktuelle Beteiligungsversuche bis hin zu besonderen Beteiligungsangeboten wie beispielsweise Zukunftswerkstätten, Runden Tischen oder Bürgergutachten" 15. Erfahrungsgemäß gibt es sowohl auf der Ebene der Ministerien als auch der kommunalen Verwaltungen unterschiedliche Vorstellungen von "integrativem" Handeln. Man findet nicht selten den Fall, dass eine Vorlage in Umlauf gegeben wird und jede Organisationseinheit, jedes Amt dann das aus seiner Sicht Wichtige und Wünschenswerte hinzufügt. Dies ist eigentlich der klassische Typus der Zusammenarbeit innerhalb einer Verwaltung (nicht nur bei der "Sozialen Stadt"). Unterschiedliche Ansätze, Konzepte, Planungen werden additiv zusammengefügt. Abbildung 1: Traditionelle Verwaltungsstrukturen Finanzmanagement Organisat ionsmanagement Personalmanagement Informations-/ Wissensmanage ment St adt - planung Soziales Kultur Bildung Öf f ent liche Wirtschaft... Ordnung Frauen Ziele Dem entspricht in der Regel auch die Organisation der Verwaltung und Politik: Das Sozialamt (bzw. aktueller: der Fachbereich Soziales) arbeitet mit 15 a.a.o., S

110 sozial raum stadt Akteursperspektiven dem Sozialausschuss des Gemeinderats zusammen, dort sind die sozial Engagierten vertreten und wird das Sozialbudget verwaltet; die Planungsfachleute sitzen im Stadtplanungsamt und Planungsausschuss; die Kämmerei ist für die Finanzen zuständig und damit oft letztlich entscheidend. Neue Steuerungsmodelle der Verwaltungsorganisation haben mehr dezentrale Ressourcenverantwortung gebracht. Wenn diese wie in den meisten Fällen fachlich und nicht räumlich orientiert sind, fördern sie jedoch gerade dieses Ressortdenken, das auch zu einem Ressortegoismus, einer Betriebsblindheit werden kann Integrative Konzepte Im Gegensatz dazu haben integrative Konzepte gemeinsame Ziele und werden gemeinsam entwickelt und umgesetzt. Abbildung 2: Integratives Handlungskonzept Informations-/ Wissensmanagement Organisationsmanagement Finanzmanagement Personalmanagement St adt - planung Soziales Kult ur Bildung Öf f ent liche Wirtschaft Verkehr... Ordnung Frauen Ziele Integriertes Handlungskonzept 112

111 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Integriert bezieht sich dabei auf den Prozess und das Ergebnis, alle Phasen und Arbeitsebenen von der Grundlagenerarbeitung und Gebietsauswahl über die Konzeptentwicklung bis zur konkreten Umsetzung, alle Beteiligten aus und in öffentlicher Verwaltung und Politik, Bürgerschaft und lokaler Wirtschaft und auf gemeinsame fachübergreifende Ziele, die am besten durch Mehrzielprojekte umzusetzen sind Kleinster gemeinsamer Nenner: Schnittmenge (nur?) benachteiligte Quartiere Diesen Idealfall zu verwirklichen, gelingt derzeit am ehesten bei den Gebieten der "Sozialen Stadt". Soziale Arbeit Stadtplanung Es ist zu begrüßen, dass sich die Stadtentwicklung auch den lange Zeit vernachlässigten und benachteiligten Quartieren zuwendet. Hier werden Notwendigkeiten eines koordinierten Handelns am ehesten offensichtlich. Damit hat auch die Stadtplanung neue Kompetenzen erworben. Auch Stadtplanern gehen heute Begriffe wie "sozialräumliche Polarisierung" flüssig über die Lippen. Die benachteiligten Quartiere können somit als kleinster gemeinsamer Nenner angesehen werden. 113

112 sozial raum stadt Akteursperspektiven Die Schattenseite ist: Dies bedeutet nicht unbedingt sogar in aller Regel nicht eine Veränderung der Stadtplanung und des kommunalen Handelns insgesamt. Nach wie vor werden durch bundespolitische Rahmensetzungen (wie Pendlerpauschale, Eigenheimzulage) und kommunalpolitische Entscheidungen (wie Ausweisung neuer Wohnsiedlungen "auf der Grünen Wiese") funktionale und soziale Entmischung und der Auszug aus innerstädtischen gemischten Gebieten massiv gefördert. "Bessere Wohnsiedlungen", Gewerbegebiete, Einkaufszentren und ähnliches werden in aller Regel nicht als Gegenstand von Sozialplanung angesehen. Oft hat hier sogar die kommunale Stadtplanung gegenüber den Wünschen großer Investoren die schlechteren Karten. Dabei ist es gerade von solchen Entscheidungen abhängig, wo die für die Gesellschaft lebensnotwendigen Integrationsleistungen erbracht werden, ob dies immer mehr in immer weniger "überforderten" Gebieten stattfindet, aber auch, welche Chancen der lokale Einzelhandel und die lokal verankerte Ökonomie hat, ob man sich im Stadtteil auf kurzen Wegen selbständig versorgen kann, ob es leichten Zugang zur Arbeit gibt, ob man Beruf und die vielfältigen Anforderungen der Alltagsorganisation miteinander verbinden kann. Für die Zusammenarbeit von Stadt- und Sozialplanung ist eine entscheidende Frage, ob sie das gesamte physisch-räumliche Siedlungsgefüge betrifft, ob "Soziale Stadt" und eine "selbsttragende Entwicklung" durchgängig als Ziele gelten oder ob dies nur auf die benachteiligten Stadtteile eingegrenzt ist. 2. "Völlig losgelöst"? Probleme der Professionalisierung auf beiden Seiten In der Ausschreibung zu dieser Tagung heißt es: "Traditionell sehen sich die Professionellen der Stadtplanung und der sozialen Arbeit als autonome Akteure. Die Architekten und Stadtplaner konzentrieren sich auf den Raum, die Spezialisten der sozialen Arbeit auf ihre Zielgruppen. Zudem sprechen beide Professionen eine andere 'Sprache'." 114

113 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Aber gibt es nicht auch viel Gemeinsames? Ein konkretes Beispiel: Wer hat wohl den folgenden Text geschrieben jemand aus der sozialen Arbeit oder der Stadtplanung? "Die räumlich isolierte Lage und verkehrliche Belastung des Stadtteils stellt eine städtebauliche Herausforderung dar. Angesichts der sozialräumlichen Polarisierung, des großen Anteils an sozial Schwachen und der Entstehung sozialer Brennpunkte soll durch sozialraumorientierte und bauliche Maßnahmen eine Optimierung der Situation in die Wege geleitet werden. Durch das in einem umfassenden, auf drei Jahre angelegten Beteiligungsprozess erarbeitete Maßnahmenkonzept sollen soziale und kulturelle Ressourcen im Quartier mobilisiert, zielgruppenspezifische Angebote realisiert und lokale Akteure motiviert werden." Ich gebe zu: Der Text ist nicht authentisch. Aber er ist aus Bausteinen zusammengesetzt, die in Beteiligungsverfahren tatsächlich verwendet werden. Da ist zum einen die Grammatik, die alle Kennzeichen einer Verwaltungssprache aufweist: Viele Nominalisierungen, Partizipial- und Passivkonstruktionen, kaum aussagekräftige Verben. Auch deswegen werden durch Beteiligungsverfahren im wahren Wortsinne oft nur bestimmte Menschen "angesprochen": Solche, die souverän mit Sprache umgehen, gut Deutsch können, mit dem Fachjargon zurecht kommen. Da ist aber auch eine ganz bestimmte Perspektive: Was sagt das Wort "sozial schwach" aus für die Menschen, die in ihren Quartieren am meisten mit Heterogenität und Differenz zurecht kommen (müssen) sind die eigentlich "sozial Schwachen" nicht gerade die in den schönen homogenen Siedlungen, die sich alle Zumutungen vom Leibe halten? Was richten Begriffe wie "sozialer Brennpunkt" an, der an Lebensgefahr und an Feuerwehr denken lässt? Auch unverfängliche Begriffe sind verräterisch: Das zeigen nicht nur Formulierungen wie "die Bürger draußen im Lande" (aus Sicht der Politik), sondern auch (im Sprachgebrauch der Profis) "Adressaten", "Zielgruppen", "Maßnahmen", die in besten Fall von den "Betroffenen" gut "an- 115

114 sozial raum stadt Akteursperspektiven genommen" werden, sofern sie hinreichend "aktiviert" werden (da wundert es dann nicht, dass die Stadt aus deren Perspektive "die da oben" sind). Ein solch defizitorientierter Blick und ein technokratischer Jargon verhilft vielleicht der sozialen Arbeit zu mehr Selbstbewusstsein, die Menschen dagegen legt er auf eine passive Rolle fest. Man muss dies erst einmal vom Kopf auf die Füße stellen das heißt zum Beispiel, Begriffe wie "soziale Ressourcen und Potenziale" nicht nur in eine ansprechende, gemeinsame Sprache zu übersetzen, sondern ganz anders, aus der Perspektive der Leute mit ihren ganz unterschiedlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten zu denken. Wo Bürgerinnen und Bürger als "Laien" mit "Profis" aus Politik, Verwaltung und Planung kooperieren, stoßen zwei unterschiedliche Funktionslogiken zusammen: Expertenwissen und Alltagskompetenz, das staatliche und das ganz andere, eigensinnige zivilgesellschaftliche Regelsystem. Soziale Arbeit und Stadtplanung sind also heute nicht mehr ohne weiteres an den Sprachen zu unterscheiden, die sich gegenseitig nicht verstehen: eher verstehen sie die anderen nicht. Sind die in letzter Zeit rücksichtsvoll so genannten "schwer Erreichbaren" aus Sicht der Leute nicht vielleicht eher die Profis selbst? Damit ist ein grundsätzliches Problem der Professionalisierung angesprochen. Sie ist eine Antwort auf bestimmte gesellschaftliche Anforderungen sie hat Vorteile und systematische Nebenwirkungen. Mit der Entwicklung eines Spezialisten- und Expertentums geht eine Ausdifferenzierung horizontal (fachlich) wie vertikal (Hierarchie) und tendenziell auch eine Abschottung nach außen einher, die Außenwelt wird ausgeblendet oder nur durch die fachliche Brille gefiltert wahrgenommen, man bezieht sich selbstreferenziell eher auf das eigene Subsystem und tendiert dazu, dies fortlaufend selbst zu erhalten und zu bestätigen. Trifft man auf Probleme, die man selbst nicht lösen kann, verweist man gerne an andere Zuständigkeiten (wenn zum Beispiel bei Bedenken gegen den Abriss preiswerter Wohnungen das Bauamt erklärt, da könne ja die Sozialverwaltung helfen). 116

115 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Oder man verfährt nach dem Motto "mehr desselben" eine der "Anleitungen zum Unglücklichsein" von Paul Watzlawick 16 : die Forderung nach mehr Stellen, mehr Finanzmitteln, mehr Betreuung, mehr Räumen oder mehr Flächen für Neubausiedlungen. Fachlichkeit ist immer auch mit einer Reduktion von Komplexität verbunden. Diese ist nötig auch im Alltag. In Zukunft wird es aber gerade die Aufgabe sein, mit mehr Komplexität, mit Heterogenität, mit Differenz zurechtzukommen. Statt eines immer weiteren finanziellen, personellen und flächenmäßigen Ausbaus steht jetzt der Stadtumbau auf der Tagesordnung, den ich in einem weiteren Sinne verstehe: als andere, intelligente Ansätze zur Neusortierung von Räumen, Personal und Finanzen. In beiden Bereichen Stadtplanung und soziale Arbeit lassen sich ja in den letzten Jahrzehnten parallele Entwicklungen verzeichnen, die man mit "Isolierung und Homogenisierung" überschreiben kann: In der Stadtplanung wurden die einzelnen Funktionen Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung immer großräumiger und großflächiger voneinander getrennt, in reine Wohnsiedlungen, Gewerbegebiete, Büroparks, Einkaufszentren, Bildungszentren, Urban Entertainment Center ausgesiedelt, so dass die einzelnen Bereiche und unterschiedliche soziale Gruppen im Alltag schon räumlich nichts mehr miteinander zu tun haben. Auf diese Weise sind Monostrukturen und Monokulturen entstanden, die sich kaum an neue Anforderungen anpassen lassen. Aber auch im sozialen Bereich wurden immer speziellere Einrichtungen und Zuständigkeiten geschaffen, für Kinder und Jugendliche je nach Lebensalter und getrennt von den Erwachsenen und erst recht den Alten, für Menschen mit Behinderungen gesondert und sehr oft weit weg vom normalen Leben. Oft hat man den Eindruck, zwischen den einzelnen Zuständigkeiten und den einzelnen Trägern sind die Claims fest 16 Watzlawick, Paul (1983): Anleitung zum Unglücklichsein. München, S

116 sozial raum stadt Akteursperspektiven abgesteckt und Grenzen eingezogen, die sich nur noch schwer überwinden lassen. Subsidiarität hat in der sozialen Arbeit einen hohen Stellenwert. Aber man muss sie zu ende denken. Sie bedeutet ja nicht nur den Vorrang freier Träger oder kleinerer, personen- und ortsnäherer Organisationen gegenüber "dem Staat", sondern sie bedeutet auch zu fragen, wie Menschen so weit als möglich aus eigener Kraft, selbsttätig und selbstorganisiert, ohne professionelle Hilfe und ohne besondere Maßnahmen in der Nähe ihren Alltag bewältigen, Zugang zu Arbeit finden, sich versorgen, anderen Menschen begegnen, sich bilden können und sich für ihre Umgebung, ihren Stadtteil verantwortlich fühlen, dies nicht an "den Staat" oder "die Stadt" delegieren sie alle sind "die Stadt". Strukturen können so stark professionalisiert, spezialisiert, fachlich sektoriert, hierarchisch aufgebaut und zentralisiert sein, dass sie sich von den Menschen vor Ort kaum noch gestalten lassen (soziale Großorganisationen ebenso wie stadträumliche Verhältnisse). Die Frage ist: Wie sehen dagegen Stadträume aus, die anpassungsfähig 17 an ganz unterschiedliche Bedürfnisse und an sich verändernde Anforderungen sind? 3. Gemeinsame Herausforderungen: (Stadt-)Räume für Zusammenleben und Austausch unter den Bedingungen von Differenz Fragen, auf die ich in meiner Arbeit immer wieder stoße, sind: Jugendliche wollen sich irgendwo treffen, wo sie "mitten drin sind", sie wollen sehen und gesehen werden. Das sorgt in der Nachbarschaft für Aufregung und Ablehnung. Man fordert einen Jugendtreff, aber möglichst weit weg von allem. Ähnliches passiert, wenn Wohnungslose auf den Bänken sitzen und da ihr Bier trinken. 17 Dies war die Ausgangsfrage eines 2004 abgeschlossenen Forschungs-Verbundprojekts "EVA- LO Eröffnung von Anpassungsfähigkeit für lebendige Orte" ( 118

117 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Ein Standort wird gesucht: für ein Haus für Asylbewerber oder wohnungslose Punks, einen Drogenkontaktladen oder ein Wiedereingliederungsprojekt die Anwohner wehren sich mit allen (auch juristischen) Mitteln (selbst gegen eine Buslinie durch die eigene Straße oder einen Kinderspielplatz). Bei Fragen nach dem Zusammenleben wird problematisiert, dass zu viele Ausländer im Stadtteil leben. Das letzte Geschäft im Stadtteil macht zu, damit entfällt nicht nur die Möglichkeit, sich unkompliziert in der Nähe zu versorgen, sondern auch eine ganz wichtige Kontaktmöglichkeit und für viele alte oder nicht erwerbstätige Menschen der einzige Anlass, aus dem Haus zu gehen. Ein Platz im Stadtteilzentrum ist wüst und ausgestorben, auch Verschönerungsmaßnahmen machen ihn nicht lebendig. Sie kennen sicher viele ähnliche Beispiele. Die meisten dieser Probleme werden eher als soziale Probleme diskutiert (oder es ist, wie bei der Nahversorgung 18, eigentlich niemand so recht dafür zuständig). Sie hängen aber ganz eng mit bestimmten Siedlungsformen zusammen, damit, wie Städte gebaut sind und gebaut werden. 3.1 Eigenschaften von Stadt-Räumen Es gibt aber auch Quartiere, die selbst unter den Bedingungen großer Heterogenität ohne großes Aufsehen funktionieren. Einige Bilder sollen dies 18 ein Thema, das den Menschen im wahrsten Sinne "nahe geht"; vgl. Weeber+Partner, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung, Steffen, Gabriele; Weeber, Rotraut; im Auftrag des Verbandes Region Stuttgart (2001): Das Ende der Nahversorgung? Studie zur wohnungsnahen Versorgung. Stuttgart 119

118 sozial raum stadt Akteursperspektiven verdeutlichen gerne würde ich hier nach den unterschiedliche Perspektiven von Stadtplanung und Sozialer Arbeit fragen. Das Gemeinsame: Es handelt sich um Stadt-Räume im eigentlichen Sinne, also um soziale Räume, die nicht einfach nur zufällig in einer Agglomeration namens Stadt lokalisiert, sondern wirklich städtische Räume sind. Das wichtigste Merkmal ist, dass es hier anders als in homogenen Gebieten wie Wohnsiedlungen oder Gewerbegebieten nicht nur eine einzige Nutzung gibt, sondern eine vielfältige und kleinteilige Nutzungsmischung: Wohnen, Läden für täglichen und spezielleren Bedarf, Handwerk, Produktion, Dienstleistungen, Gastronomie, öffentliche und bürgerschaftliche Einrichtungen. Wo es eine große Vielfalt an Nutzungen gibt, kann man die alltäglichen Erledigungen im Zusammenhang organisieren, noch im Alter selbstständig zurechtkommen, können auch Kinder und Jugendliche am städtischen Leben teilhaben, ist ein leichterer Zugang zur Arbeit möglich von Praktika und Jobs bis hin zur Gründung selbständiger wirtschaftlicher Existenz, auch in bescheidenem Umfang. Wo Migranten auch Hauseigentümer, Inhaber von Geschäften (die an vielen Standorten überhaupt noch die Nahversorgung garantieren), von Dienstleistungs- oder anderen Betrieben sind (zunehmend geht das über das traditionelle aber wichtige Angebot der Änderungsschneider, Schuh- und Schlüsselservice hinaus), wo sie selber Kunden sind, werden sie nicht nur als fremde und manchmal anstrengende Wohnnachbarn erfahren, sondern haben Möglichkeit zur Eigentätigkeit und Selbst-Integration. Wo ein gewisser Umtrieb und Geräuschpegel normal ist, stört man sich auch nicht gleich am Lärm von spielenden Kindern oder den Lebensäußerungen von Jugendlichen. Eine nicht zu geringe Dichte ist die Voraussetzung auch für die Dichte der Kontakte, z.b. die Chance, als Kind oder Jugendliche ausreichend Gleichaltrige zu finden, aber auch für kurze Wege bei der Alltagsorganisation, für die Tragfähigkeit von Nahversorgung, öffentlichem Nahverkehr und vielen Infrastruktureinrichtungen. 120

119 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Eine eher kleinteilige Bebauung sorgt dafür, dass Eigentum an Wohnen und Gewerbe für viele erschwinglich ist die im Quartier verwurzelten Eigentümer sind ja ein wichtiger Garant für Aufmerksamkeit und Sicherheit. Wenn die Bebauung in kleinerem statt in großem Maßstab organisiert ist, gibt es auch eine Vielzahl an Eigentümern von Wohnungen, Gebäuden, Inhaber von Läden und Betrieben, von Menschen also, die sich für ihr Umfeld verantwortlich fühlen. Wo die Gebäude dem öffentlichen Raum zugewandt sind und Fenster zur Straße haben, gibt es viele "Augen auf die Straße" 19. "Sehen und gesehen werden" ist ein wichtiger Garant für Sicherheit ohne dass das zur organisierten sozialen Kontrolle wird. Eine kleinteilige Bebauung sorgt auch für die Kurzweiligkeit von Wegen nur dann legt man auch gerne Wege zu Fuß zurück; nur wo der öffentliche Raum eine hohe Aufenthaltsqualität hat, hält man sich auch gerne auf, nur wo eine Vielfalt an multifunktionalen Plätzen vorhanden ist, kommt man sich nicht über Gebühr ins Gehege. Lebendig werden Orte dadurch, dass sie von vielfältigen Nutzungen umgeben und in vielfältige Wegebeziehungen eingebunden sind, so dass ganz viele Menschen dort im Rahmen ihrer alltäglichen Erledigungen, auf dem Weg von oder zur Arbeit oder nach Hause dort zu Fuß vorbeikommen. Gut funktionierende Plätze erlauben nicht nur eine einzelne, "vorgeschriebene" Aktivität, sondern eine Vielzahl möglicher Aktivitäten, sie können von unterschiedlichen Gruppen gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeiten genutzt werden von kleinen Kindern, Jugendlichen oder alten Menschen, Ruhebedürftigen und Lebhaften, Einzelnen oder einer Migrantenfamilie. In gemischter Umgebung werden auch Nutzungen eher akzeptiert, die anderswo als Problem empfunden werden. Auf einem städtischen Platz sorgt die Inhaberin des Marktstands dafür, dass trotz der Wohnungslosen, die dort auf den Bänken gern ihr Bier trinken, der Platz auch für ein anderes Publikum 19 Jacobs, Jane (1963): Tod und Leben großer amerikanischer Städte. Berlin 121

120 sozial raum stadt Akteursperspektiven anziehend bleibt. In normalen Stadthäusern finden auch Wohnprojekte z.b. für ehemals Straffällige ein Stück Neutralität und Anonymität und fallen nicht weiter auf anders als in einer räumlich isolierten, nach außen erkennbaren Sondereinrichtung. Bürgerschaftliche Einrichtungen suchen und finden ihre Standorte fast ausschließlich in funktional gemischten Quartieren, in denen ein breites Spektrum an Räumen und Gebäuden (auch einfachen und abgewirtschafteten) vorhanden ist vom aufgegebenen Laden oder dem Lagergebäude bis zur ehemaligen Fabrik. In einem gerade abgeschlossenen Forschungsprojekt zum Thema "Integration und Nutzungsvielfalt" 20 haben wir auch nach Orten gefragt, an denen unterschiedliche Menschen miteinander in Kontakt kommen. Ein Ergebnis: Mit Fremden ins Gespräch kommt man am ehesten im öffentlichen Raum (39%), in Läden und Dienstleistungsbetrieben (34%), an Haltestellen (16%) und in der Gastronomie (9%), soziale Einrichtungen spielen dabei eine untergeordnete Rolle (2%). In nutzungsgemischten Gebieten sind "Kontaktorte" in großer Zahl und Vielfalt vorhanden und über das ganze Gebiet verteilt; sie hängen eng mit den vielfältigen Nutzungen zusammen, Konflikte werden wegen der Nützlichkeitsvorteile der Mischung eher akzeptiert. In Wohnsiedlungen sind Kontaktorte auf wenige Stellen und Nutzungen beschränkt. Ein weiteres Ergebnis: Bewohner in den nutzungsgemischten Gebieten äußern sich positiver über das Zusammenleben als diejenigen in den Nur-Wohnsiedlungen selbst bei einem doppelt so hohen Migrantenanteil. Soziale Vielfalt wird hier eher als Qualität erlebt, in Wohnsiedlungen als konfliktreich und stigmatisierend. Soziale Mischung (ein oft proklamiertes Ziel) funktioniert also erst, wenn außer den Wohnungen auch noch andere Nutzungen als Katalysator vorhanden sind. 20 Weeber+Partner, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung, Steffen, Gabriele; Baumann, Dorothee; Betz, Fabian (2004): Integration und Nutzungsvielfalt im Stadtquartier. Stuttgart/Berlin 122

121 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt Zusammengefasst: Es geht um integrationsfähige, robuste, lebendige Quartiere. Dabei sind nicht die inszenierten Events gemeint, die von Stadtmarketing-Experten fälschlicherweise als Lebendigkeit verkauft werden sondern die Lebendigkeit, die durch die Teilhabe an den vielfältigen Alltagsaktivitäten hervorgebracht wird. Städtische Kommunikation ist nicht durch Enge, Nachbarschaft und Verbindlichkeit gekennzeichnet. Eine besondere Bedeutung haben die beiläufigen, nicht verpflichtenden, durch Gelegenheiten bedingten Kontakte, die als Nebenprodukte gerade auch durch wirtschaftlichen Austausch entstehen. Für ein auskömmliches Zusammenleben, den Umgang mit Fremdem und auch mit Konflikten spielt es somit eine ganz wesentliche Rolle, ob in einem Stadtteil nur Wohnen und Wohnfolgeeinrichtungen oder auch andere vielfältige Nutzungen insbesondere der lokal verankerten Ökonomie vorhanden sind. Gerade die Wirtschaft wird aber von sozialer Arbeit und von Stadtplanung bisher eher mit Skepsis betrachtet oder einfach systematisch ausgeblendet. Für Nutzungsvielfalt ist eigentlich niemand so recht zuständig und kompetent. Wohnen und Arbeiten sind auch bei Projektentwicklern "zwei Welten, die nicht zusammenarbeiten" 21. Dabei könnte gerade dies das Bindeglied zwischen den Professionen sein: Nutzungen bilden ein Scharnier zwischen Städtebau und sozialem Handeln. Städtebau ist ja im eigentlichen Sinne die Anordnung von Nutzungen im Raum. Durch die Art der Bebauung werden bestimmte Optionen eröffnet oder andererseits verhindert. Eine Vielfalt an Optionen ist auch die Basis für zivilgesellschaftliches Handeln dafür, dass Menschen sich für ihren Stadtteil engagieren und nicht einfach alles an "die Stadt" oder "den Staat" delegieren. Solche Qualitäten finden sich heute fast nur noch in den älteren funktional gemischten Quartieren. Diese Quartiere, die oft trotz großer Heterogenität ohne großes Aufsehen "funktionieren" und nicht als Problemgebiete emp- 21 Süddeutsche Zeitung

122 sozial raum stadt Akteursperspektiven funden werden, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Heute heißt es oft, sie seien organisch gewachsen. Neu herstellen ließen sich lebendige Quartiere nicht. 3.2 Entwicklung eines neuen lebendigen Quartiers eine gemeinsame Aufgabe Deswegen möchte ich zum Schluss ein Beispiel ansprechen, das mir als Erste Bürgermeisterin von Tübingen besonders am Herzen lag: In der Tübinger Südstadt entsteht auf ehemaligen französischen Militärgeländen ein kleinräumig funktionsgemischter Stadtteil hoher Nutzungsdichte 22. Die Stadt hat sich von vornherein entschlossen, hier ein Quartier mit tatsächlich städtischen urbanen Qualitäten eine "Stadt der kurzen Wege" zu entwickeln und das Gebiet als städtebaulichen Entwicklungsbereich auszuweisen. Wesentliche Bestandteile des Konzepts sind: eine konsequente Nutzungsmischung bei den Neubauten steht das Erdgeschoss grundsätzlich für gewerbliche Nutzungen zur Verfügung, eine relativ dichte Bebauung, ein öffentlicher Raum, der vorrangig dem Aufenthalt, dem Alltag und dem notwendigen Wirtschaftsverkehr dient, eine kleinmaßstäbliche Parzellierung, die für Vielfalt und in Verbindung mit mehrgeschossiger Bauweise für erschwingliche Grundstücke sorgt, 22 vgl. Feldtkeller, Andreas (2001): Städtebau: Vielfalt und Integration Neue Konzepte für den Umgang mit Stadtbrachen. Stuttgart/München. Darin u.a. Steffen, Gabriele: Robuste Quartiere: Erwartungen und Resultate, S Andreas Feldtkeller war als damaliger Leiter des Stadtsanierungsamts für die Konzeption und Umsetzung des Projekts verantwortlich 124

123 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt der Erhalt von Altbauten, die für vielfältige wirtschaftliche, kulturelle und sportliche Aktivitäten wichtig sind und dem Stadtteil von vornherein Identität geben, die Veräußerung der Grundstücke und Altbauten in der Regel direkt an die Nutzer zu einem großen Teil Baugruppen, die sehr weitgehende Möglichkeiten haben, die Gebäude nach ihren Bedürfnissen zu planen. Festgehalten sind die Planungsgrundsätze in einem Städtebaulichen Rahmenplan, der fachübergreifend von der Stadt entwickelt und in einem umfassenden Beteiligungsverfahren breit diskutiert wurde. Dies ist ein allgemein verständliches Handbuch, das durchgängig den Zusammenhang zwischen physischer Struktur und sozialem Handeln deutlich macht und beispielsweise auch Kapitel zu den Themen "Zugewanderte und ihre Stadt" und "Kinder im Stadtquartier" enthält. Das Prinzip der Nutzungsvielfalt und der selbstorganisierten Nutzergruppen führt zu einer breiten Streuung der Beteiligung. Familien, die anders keine Chance auf Wohneigentum haben oder sonst ein Einfamilienhaus im Umland erwerben würden, sind mit von der Partie. Aussiedler bauen auf der eigenen Parzelle ihr Haus mit einem hohen Anteil an Eigenarbeit. Bei den Existenzgründungen sind Migranten ebenso beteiligt wie Deutsche. Auch Mieter finden Raum. In den kleinteilig angelegten Quartieren ist bereits eine beachtliche Vielfalt kleiner und mittlerer Unternehmen ganz unterschiedlicher Couleur und privat getragener kultureller und sozialer Angebote entstanden, die durch eine traditionelle Bedarfserhebung niemals hätte ermittelt werden können: von Werkstätten in umgenutzten Altbauten und Läden bis hin zu IT-, Planungs-, Finanz- und Bildungsdienstleistern und der erfolgreichen Nabendynamoproduktion in einem Neubau. 125

124 sozial raum stadt Akteursperspektiven Bürgerinnen und Bürger bauen also als Nutzer ihren Stadtteil selber, sie investieren nicht nur in Wohnungen, sondern auch in Gewerbe und kulturelle und soziale Infrastruktur von Kindereinrichtungen, der gesamtstädtischen Volkshochschule und dem gemeinsam geplanten barrierefreien Umbau eines Mannschaftsgebäudes über eine von zwei Vereinen betriebene Tanz- und Schulsporthalle bis zum privaten Vorstadttheater. Während in einer Neubau-Wohnsiedlung höchstens einige wenige "Wohnfolgeeinrichtungen" auch zeitlich dem Wohnen folgen, finden sich hier auch Nutzungen von gesamtstädtischer Bedeutung. Ganz früh haben wir einen Polizeiposten in einem gemischt genutzten Gebäude angesiedelt und eine Stadtteilschule auf den Weg gebracht, die mit ihrem begeisternden Konzept als Kristallisationspunkt und Mitte wirkt. Dies zeigt, dass sich ein lebendiges Stadtquartier auch heute noch entwickeln lässt, wenn man es wirklich will und traditionelle Festlegungen überschreitet Unterschiedliche Leistungen von Stadtquartieren Stadtteile haben also ganz unterschiedliche Qualitäten und erbringen unterschiedliche Leistungen für die Alltagsorganisation der Einzelnen mit ihren ganz unterschiedlichen Bedürfnissen ebenso wie für gesellschaftliche Anforderungen. Als gemeinsame Aufgabe für die Planung des sozialen Raums Stadt verstehe ich, eine Perspektive zu entwickeln für lebendige Quartiere, in denen Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, Generationen, Begabungen und Lebenslagen miteinander zurechtkommen, "für einander nützlich" 24 sein können, 23 Bei der Verleihung des Deutschen Städtebaupreises einer der zahlreichen Preise, mit denen das Projekt inzwischen ausgezeichnet wurde hat die Jury gerade auch den "umfassenden operationalen, methodischen Entwicklungsansatz sowohl in soziokultureller als auch stadtbildender Hinsicht" hervorgehoben 24 Wirth, Louis (1974, zuerst 1938): Urbanität als Lebensform. In: Herlyn, Ulfert (Hrsg.): Stadt und Sozialstruktur. München, S. 51: "Wenn [die Stadt] Menschen aus allen Ecken der Erde zusam- 126

125 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt in denen vielfältige Möglichkeiten zu Arbeit, Beschäftigung, Tätigsein generiert werden, die Eigeninitiative, Selbstständigkeit, Selbstorganisation, Selbsthilfe, Austausch fördern, in denen Kinder und Jugendliche am städtischen Leben teilhaben und im öffentlichen Raum präsent sind, so dass man sie nicht "von der Straße holen" muss. Die wesentliche Frage ist die nach den (Stadt-)Räumen für Zusammenleben und Gabriele Steffen Foto: Axel Joerrs Austausch unter den Bedingungen von Differenz. Es geht also nicht nur um "Schnittstellen" zwischen sozialer Arbeit und Stadtplanung, sondern um zwei Blickwinkel auf denselben Sachverhalt: Stadtplanung hat immer eine soziale Dimension. Soziales Handeln und auch soziale Arbeit findet immer in Räumen statt. Der entscheidende Unterschied ist dann nicht der zwischen den beiden Professionen, sondern zwischen unterschiedlichen Arten von Räumen, stadträumlichen Verhältnissen und Auffassungen von Planung: Neubau "auf der Grünen Wiese" und "hingestellte Siedlungen" oder Stadtreparatur, Stadtumbau, behutsame Stadterneuerung, Konzentration auf Bestand, vorhandene Ressourcen, Potenziale und Begabungen; Isolierung und "einsame Gebäude" oder Denken und Planen im Kontext; Trennung der Funktionen und Bevölkerungsgruppen oder funktionale Vielfalt und Dichte; Planung im großen Maßstab, aus einem Guss, aus einer Hand oder Kleinteiligkeit, menbringt, so nicht um ihrer Homogenität und Geistesverwandtschaft willen, sondern gerade weil sie verschieden, und deshalb füreinander nützlich sind" 127

126 sozial raum stadt Akteursperspektiven Vielzahl der Eigentümer, Investoren, funktionierende Mikrowelten; die Vorstellung von Machbarkeit, Planbarkeit, Herstellbarkeit oder eine klare Perspektive und gleichzeitig Raum für Entwicklungen, auch Ungeplantes; umfassende Versorgung und Betreuung in Sondereinrichtungen oder Selbsthilfe und Selbstorganisation; bloßes Mitreden bei Bürgerbeteiligung oder eine nutzerorientierte und nutzergetragene Entwicklung mit Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger; Ausblendung von Wirtschaft und Arbeitswelt oder Stärkung der lokal verankerten Ökonomie; lineares und deterministisches Denken oder Denken in komplexen Systemen und Netzwerken; fachliche Gliederung oder neue fachübergreifende, raum- und quartiersbezogene Organisationsformen. Nutzungsvielfalt in der Tübinger Südstadt Fotos: WEEBER+PARTNER Kinder auf der Straße im selben Block die Kirch am Eck... Französischer Platz: Treffpunkt auch für Menschen aus den umliegenden Wohnsiedlungen und für Eltern und Kinder

127 Steffen: Die Beiträge von sozialer Arbeit und Stadtplanung bei der Planung des sozialen Raumes Stadt P14: Wohnen, Läden, Werkstatt... gegenüber Bushaltestelle und umgebaute Pferdeställe Panzerhalle...heute überdachter Mehrzweckplatz Gastronomie als Projekt der Neuen Arbeit Migranten als Existenzgründer 129

128 sozial raum stadt: Reflexionen Reflexionen 130

129 Alisch: Gegensätze ziehen sich an? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit & Stadtplanung Monika Alisch Gegensätze ziehen sich? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit und Stadtplanung Die Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen der sozialen Arbeit und der Stadtplanung kann inzwischen durch verschiedene praktische Beispiele belegt werden. Sie findet also statt, bleibt aber offenbar als Beziehung im unverbindlichen Status der Liaison oder des Flirts (zitiert man die Veranstalter dieser Fachtagung). Bevor über Verbindlichkeiten, z.b. in der akademischen Ausbildung gesprochen werden kann, soll deshalb die Frage geklärt werden., ob die beiden Partner soziale Arbeit und Stadtplanung überhaupt zusammen passen. Dazu einige grundlegende Thesen: Die wesentliche Gemeinsamkeit zwischen sozialer Arbeit und der Stadtplanung 25 besteht darin, dass beide Disziplinen ihre Denkmuster und Handlungsprinzipien im letzten Jahrzehnt neu definieren mussten. Der Druck dafür speist sich aus unterschiedlichen Quellen: Unter dem Stichwort einer neuen Planungskultur wurde zu Beginn der 90er Jahre gefordert, dem Wandel der Werte und Normen bezüglich der individuellen Lebensplanungen, der Brüche familialer Strukturen, der Verfügbarkeit neuer Technologien auch und besonders innovative Strukturen hinsichtlich der städtebaulichen und architektonischen Ausformung, der Chancen für soziale Netzwerke und Partnerschaften, der Rechtsformen, Finanzierungen und Verfügbarkeiten und der Partizipation entgegenzusetzen (vgl. Brech 1993: 9). Planungsprozesse sollten deutlich stärker an den Bedürfnissen der Beteiligten, insbesondere der nicht organisierten Bewoh- 25 Ich werde im Folgenden versuchen, die Fachdisziplinen, auf die ich mich beziehe auch jeweils zu benennen. Damit möchte ich vermeiden, dass die deutlich unterschiedlichen Handlungsund Forschungsprinzipien der Stadtplanung, der Architektur oder Landschaftsplanung, der Soziologie oder der Sozialen Arbeit polarisierend in ein technisches und ein soziales Lager sortiert werden. 131

130 sozial raum stadt: Reflexionen ner beplanter Areale ausgerichtet werden. So sollten Breschen in verkrustete Strukturen der Administration und Politik geschlagen und Formen der selbstverantwortlichen Lebensorganisation neu erprobt werden (vgl. Brech 1993: 10). In diese Strömung beziehe ich auch die zweite Welle der Sozialverträglichkeitsdebatte ein. Nachdem schon in den 1970er und frühen 1980er Jahren versucht wurde, analog zur Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategie zur sozialen Technikfolgenabschätzung zu installieren (vgl. u.a. van den Daele), entstand knapp zehn Jahre später eine erneute Diskussion um Sozialverträglichkeit, die sich nun auf geplante und gewünschte Stadtentwicklungsprozesse bezog, die nachweislich negative soziale Folgewirkungen zeigten (New Urban Management, Unternehmen Stadt, Produktion benachteiligender Wohnquartiere; vgl. Alisch 1993; Alisch / Dangschat 1993;1998; Hater 1993). In den Blickpunkt traten dabei zum einen die Forderung nach Beteiligungsmethoden und -prozessen, die sich unmittelbar an den Bedürfnissen der betroffenen Menschen orientieren sollten. Zum anderen wuchs die Aufmerksamkeit für die Ebene der Quartiere und Stadtteile als adäquate Handlungs- und Interventionsebene städtischer Politik. Spätestens an dieser Stelle wäre eine systematische Kooperation sinnvoll und notwendig gewesen zwischen den eher technisch ausgebildeten Stadtplanenden und ArchitektInnen die von ihrer Qualifikation nicht das Handwerkszeug kennen konnten, das hier angemessen gewesen wäre und den Akteuren der sozialen Arbeit, die sich gewundert hätten, dass auf der anderen Seite des Experten-Zauns gerade die Handlungsprinzipien der Gemeinwesenarbeit neu erfunden wurden sofern sie an diesen Prozessen überhaupt beteiligt gewesen wären Als sozialwissenschaftliche Disziplin, die sich ohnehin um die Erklärung des Zusammenhangs zwischen sozialer und räumlicher Organisation bemüht, hat sich die Stadt- und Regionalsoziologie seit Beginn der 1990er Jahre stark in der Frage der Sozialverträglichkeit von Planung in Publikationen und anwendungsbezogener Forschung engagiert. Allerdings entstanden auch 132

131 Alisch: Gegensätze ziehen sich an? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit & Stadtplanung Anders die soziale Arbeit: Ihr Veränderungsdruck nährt sich aus meiner Sicht unter der groben Überschrift Soziales Management. Handlungsstrukturen sollen sich zunehmend an Effektivität und Effizienz der Arbeit orientieren, soziale Einrichtungen werden in die betriebliche (Schein)-selbstständigkeit entlassen und aus Betreuerinnen sollen sukzessive Prozessmanagerinnen oder Moderatorinnen werden. Seit auch die Jugendhilfe auf ein sozialraumbezogenes Paradigma umschwenkt und Arbeitsvolumen und Erfolg nicht mehr nach Fallzahlen, sondern nach Budgets für Sozialräume an sich erst einmal Verwaltungsgebiete bemisst, ist eine weitere Herausforderung zur Hinwendung raumbezogener Erklärungs- und Handlungsmuster innerhalb der sozialen Arbeit hinzugekommen. Jedoch ist nach dem Beitrag von Reiner Staubach zu bedenken, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Raumentwicklung (-gestaltung und -produktion, z.b. Wohnformen, Umzugsverhalten etc.) der sozialen Arbeit fremd ist. Diese Darstellung ist bewusst sehr pauschal und kurz, da ich selbst nicht Teil dieses Prozesses war und andere hier besser reflektieren können. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Begriff des Sozialraums keineswegs eindeutig definiert ist und sich derzeit als ebenso wehrlos gegenüber Instrumentalisierung erweist wie z.b. die Nachhaltigkeit oder das Stadtteilmanagement (vgl. Alisch 2002). Eine Gemeinsamkeit der Stadt- und Raumplanung mit der sozialen Arbeit hat sich anhand der Beiträge dieser Fachtagung noch herauskristallisiert: Beide Disziplinen sind auf einen Perspektivenwechsel angewiesen, denn sie sind vor ihrem jeweiligen kulturellen und Hintergrund nicht Teil der Lehier Konzepte und Handlungsvorschläge für adäquate Partizipationsprozesse, kleinteilige und auf das Quartier bezogene Strategien der Integration, die quasi vollständig ohne Bezüge zu den theoretische und praktischen Erfahrungen der Gemeinwesenarbeit auszukommen schienen (vgl. z.b. Alisch 1997; Alisch / Dangschat 1993; 1994; 1998). Für die Raumplanung, die sich mit der ausführlichen Dokumentation und Auswertung europäischer Handlungsansätze zur bewohnerorientierten, bedürfnisgerechten und lokalen Quartiersentwicklung verdient gemacht hat, gilt das Gleiche (vgl. Froessler et.al 1994). 133

132 sozial raum stadt: Reflexionen benswelten der Menschen, die an den Entwicklungsprozessen der sozial definierten Räume beteiligt sind. Von den Akteuren beider Disziplinen ganz gleich, wie die Aufgaben- und Rollenverteilung in diesen Prozessen organisiert ist müssen sich einlassen und können nicht neutral bleiben. Die dritte Gemeinsamkeit hat die soziale Stadtentwicklung als Politikfeld insofern sichtbar gemacht, als deutlich wurde, dass weder die klassischen Ansätze von Sozialfürsorge noch der Städtebau bzw. die Stadterneuerung die Komplexität der sozial-räumlichen Probleme abbilden können, die sie lösen sollen. Sie sind jeweils auf Ausschnitte auf die Gesamtheit (der zu lösenden Aufgaben in der Stadt) gerichtet und führen aufgrund der Organisation von Ressortverwaltungen zu einseitigen Schwerpunktbildungen. Probleme werden auf der Basis von Kompetenz (Zuständigkeit für ein Handlungsfeld) oder von Sinnfälligkeit (nicht mehr zu übersehende Armut im Stadtbild, Kapazitätenschwund bei der Bearbeitung von Fällen ) und verfügbaren finanziellen Mitteln bearbeitet (vgl. Alisch 2002, 2003). Als Stadtsoziologin habe ich lange Zeit eine zunächst unbeabsichtigte Moderatorinnenrolle zwischen den Disziplinen eingenommen, denn um eine der Kernfragen dieser Fachtagung noch einmal aufzugreifen: Es gibt natürlich Barrieren durch verschiedene Fachsprachen vor allem jedoch aufgrund verschiedener Grundannahmen über (1) das Arbeitsobjekt (Raum? Fläche? Menschen? Gemeinwesen, Wirtschaftsraum?) (2) Ressort vs. Territorialprinzip, (3) den sozial geprägten Raum, (4) den Stellenwert der beteiligten Menschen (zu betreuen?, zu beteiligen?, zu aktivieren?, ihr Umfeld verbessern? Zu verteilen?) (5) den Umgang mit Prozessen und deren Geschwindigkeit. 134

133 Alisch: Gegensätze ziehen sich an? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit & Stadtplanung Diese Vermittlerrolle fand und finde ich war durchaus sinnvoll angesiedelt. Ist es doch schließlich die Stadtsoziologie, die den Raum als soziales Konstrukt erklären kann, die Ursachen von Armut und deren räumliche Strukturmuster kennt, die Methoden zur Sozialstrukturanalyse und andere Grundlagen der Arbeit im Sozialraum kennt (und auch verbreiten möchte). Bedeutet das nur, dass es noch (mindestens) eine weitere Fachdisziplin gibt, die den Königsweg kennt und sich fachlich prädestiniert fühlen darf? Spätestens hier ist es mit der Freude über die intermediäre Rolle auch schon vorbei, denn: Auch wir Soziologen haben unsere eigene Fachwelt, inklusive Sprachecode und Selbstverständnis, wie wir mit der Praxis umgehen. Wir sind den Architekten und Stadtplanern (beide Professionen durfte ich in der Hochschullehre erleben) zu sozial oder zu theoretisch, den Professionellen der Sozialen Arbeit wieder zu analytisch und ebenfalls zu theoretisch. 27 Ich beziehe die vermittelnde Aufgabe zunächst auf die praktische Arbeit (auf die Ausbildungssituation gehe ich danach gesondert ein), denn es ist eine politisch-praktische Notwendigkeit der Zusammenarbeit dieser Disziplinen entstanden. Sie wurde manifest durch die Entwicklung des Politikfeldes Soziale Stadtentwicklung (vgl. Alisch 2002; Walther 2002). Hier wurde in Richtlinien und Beschlüsse gegossen, welche Standards in der Arbeit in benachteiligten städtischen Teilräumen erreicht werden sollten. Hier wurden Quartiersbezug, Kooperation, Beteiligung und Aktivierung, Bedürfnis- und Ressourcenorientierung in einer Weise verankert, dass ein Ausweichen oder sich verweigern zur eigenen professionellen Ausgrenzung geführt hätte. Gleichzeitig hat diese Programmatik die Frage der möglichen oder unmöglichen Zusammenarbeit sozialer Arbeit und Stadtplanung aufgeworfen. 27 Die Geschichte der Stadt- und Regionalsoziologie ist seit jahrzehnten begleitet von dem Streit, ob überhaupt, in welcher Form und welchem Ausmaß Stadtsoziologie anwendungsbezogen forschen sollte und inwieweit sie (noch) in der Lage ist, einen Beitrag zur Theorie von Gesellschaft leisten kann (vgl. Alisch 2002). 135

134 sozial raum stadt: Reflexionen Vertreterinnen beider Fachrichtungen trafen sich als Akteure des gleichen Prozesses vor Ort und buhl(t)en um die Macht der Lösungskompetenz. Dazu ein Zitat. Unter der Überschrift Wissenstransfer zwischen Akteurinnen und Akteuren der Sozialen Stadt und den Planungs- und Gestaltungsfachbereichen an den Hochschulen Fragen und Ideen für den Integrierten Handlungsansatz hat sich die Hessische Servicestelle für soziale Stadtteilentwicklung HEGISS 2001 zu folgender These hinreißen lassen: Zur Positionierung der Planung als Disziplin im Kontext zu anderen beteiligten bzw. zu beteiligenden Disziplinen wird die These vorausgeschickt, dass die Diskussionen der letzten Jahre zur neuen Planungskultur, zu dialogischen und zu parallelen Planungsverfahren, zu Moderation und Mediation in der räumlichen Planung einen erheblichen Qualitätssprung darstellen, auf dem aufzubauen ist. Deswegen wird die Profession hier auch als eine bewertet, die vom Hintergrundpotenzial her, unstrittig eine (provozierende Variante: die) prädestinierte für die Moderation des Entwicklungsprozesses in den Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf ist (Lücken-Isberner 2001: 2). Nicht minder selbstbewusst wird derzeit an Hessens kleinster Fachhochschule Fulda im Fachbereich Sozialwesen ein berufsbegleitendes Online- Masterprogramm zur Sozialraumentwicklung und -organisation installiert, das Teil eines hochschulübergreifenden Masters of Advanced Professional Studies darstellt und sich im wesentlichen an solche Interessierten wendet, die in der stadtteilbezogenen sozialen Arbeit berufstätig sind und oder ihr Studium in diesem Bereich abgeschlossen haben. Ziel ist dabei, zum einen die Profession der sozialen Arbeit wieder auf eines ihrer traditionell wesentlichen Handlungsprinzipien die sozialraum-, d.h. auch gemeinwesenbezogene soziale Arbeit hin zu qualifizieren und zum anderen sie für die Anforderungen an die moderierenden, begleitenden, koordinierenden Funktionen eines professionellen Quartiermanagements kompetent weiterzubilden. 136

135 Alisch: Gegensätze ziehen sich an? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit & Stadtplanung Meine Schlussfolgerung aus dieser Analogie ist nicht, dass hier unterschiedliche Fachdisziplinen auf dem Ausbildungsweg für ein und dieselbe Aufgabe qualifiziert werden. Richtig ist jedoch, dass sich gerade über das Instrument des Quartiermanagement ein Aufgabenspektrum herauskristallisiert, das sich nicht um vorhandene Qualifikationsprofile herum arrangiert, sondern selbst die Anforderungen an die Qualifikationen formuliert hat. Als Beispiel mögen die folgenden Thesen zum Selbstverständnis von Quartiermanagement dienen: Die klassischen Ressortpolitiken (in denen qualifizierte Sozialpädagogen, Sozialarbeiter und Stadtplaner tätig sind) haben durch Richtlinien und Programmstrukturen den Charakter zentral vorgegebener Gesamtstrategien. Sie sind starr und unflexibel und dazu gezwungen, Probleme von oben zu vereinheitlichen (und damit die Komplexität zu reduzieren). Sie sind deshalb nicht geeignet, sozialräumliche Gegensätze zu entschärfen. Der Ansatz des Quartiermanagements setzt deshalb auf die Dezentralisierung der Verantwortung für jeweils lokal zu entwickelnde und umzusetzende gebietsbezogene Strategien und ergebnisoffene Beteiligungs- und Vermittlungsprozesse in den Quartieren. Die staatlichen bzw. städtischen Interventionen sind als Starthilfen für selbstorganisierte Prozesse und eine gemeinwesenökonomische Entwicklung wichtig aber begrenzt. Als klassisches Projektmanagement hat Quartiermanagement den Anspruch, Organisationsformen zu schaffen, die das gemeinsame Ziel für die Entwicklung des Quartiers nicht aus dem Auge verliert, den Prozess der Entwicklung inklusive Bewohnerbeteiligung gestaltet und in die Richtung des vereinbarten Ziels lenkt, ohne dabei die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure zu vernachlässigen (vgl. Alisch 2003). Diese Aussagen implizieren ein interdisziplinäres Anforderungsprofil. Hier hat das Politikfeld soziale Stadtentwicklung einen Beitrag geleistet und inzwischen herausgearbeitet, welche Anforderungen erfüllt sein sollten, um erfolgreich einen Entwicklungsprozess auf lokaler Ebene in Gang zu setzen und zu halten 137

136 sozial raum stadt: Reflexionen Es steht eben nicht das Entwickeln von Projekten im Vordergrund, sondern das Entwickeln von Potenzialen durch das Erschließen von materiellen Ressourcen (öffentliche Mittel: klientelorientierte Politiken sind Ressourcen der Quartiersentwicklung; privatwirtschaftlich: Unternehmen entwickeln Verantwortung für die Quartiersentwicklung) auch Räume, Flächen, Gebäude, Lagevorteile sowie die Hilfestellung bei der Problemidentifikation, der Netzwerkbildung, dem Projektmanagement: d.h. Erschließen von immateriellen Ressourcen. Hieraus ergibt sich auch meine Empfehlung für die weitere Netzwerkbildung: Ich stelle den Sinn einer fächerübergreifenden Zusammenarbeit gar nicht mehr in Frage. Vielmehr sollte es künftig stärker darum gehen, das Interdisziplinäre zu betonen. Dieser Begriff entzieht sich meiner Meinung nach bisher praxistauglichen Definition. Vertrauter ist uns wahrscheinlich die Multidisziplinarität, die das Miteinander oft nur das gemeinsame Nebeneinander meint, während Interdisziplinarität eigentlich darauf schauen sollte, was wirklich zwischen den einzelnen Fachkontexten steht, ob sich aus den unterschiedlichen Perspektiven eine neue Kompetenz herausbildet, die die bestehenden nicht ersetzt. Winfred Kaminski hatte drei Voraussetzungen für Interdisziplinarität (definiert als fachübergreifende Zusammenarbeit) benannt: Blickrichtungen wechseln können, zwei oder mehr Kulturen vereinbaren, auf Umwege einlassen. Diese Umwege, so die These, sind der Schlüssel zu neuen Antworten und zu neu formulierten Fragen an die jeweils andere Kultur! Der Erfolg bewusst interdiszipliärer Vorgehensweisen liegt in einer erhöhten Flexibilität, erwei- 138

137 Alisch: Gegensätze ziehen sich an? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit & Stadtplanung terten Rahmenkonzepten, der Chance, einen weiteren Prüfstein für eigene Ideen nutzen zu können und Sichtbehinderungen (Betriebsblindheit) zu vermeiden, denn Probleme verändern sich durch die Perspektive und je mehr Perspektiven auf einen Gegenstand, desto klarer die Erkenntnis. Soweit die Theorie frei nach dem Beitrag von Winfred Kaminski. Gerade diese Umwegtoleranz ist dort, wo seit langem gewachsene Probleme beseitigt werden sollen (ich beziehe mich auf die sozialräumliche Konzentration sozial und ökonomisch benachteiligter Menschen), relativ gering insbesondere unter den Positionsinhabern aus Politik und Verwaltung. Die Kompetenz, die aus meiner Sicht zwischen den zusammenarbeitenden Fachdisziplinen der Stadtplanung und der Sozialen Arbeit zu kultivieren ist, bezeichne ich als interdisziplinäre Kommunikations-Kompetenz. Es ist die fächerübergreifende, aber unbedingt zu erlernende Befähigung, die a) unterschiedlichen Perspektiven auf den sozial geprägten Raum, b) die Grundannahmen, c) Problemwahrnehmungen, d) Handlungsprinzipien und e) Lösungswege kennen zu lernen, zu verstehen und auch übersetzen zu können und zwar ohne Bewertungen und Gewichtungen vorzunehmen und auch ohne das Profil einer fachspezifischen Basisausbildung aufzugeben. Diese Kompetenz hat sowohl einen präventiven wie nachsorgenden Charakter, denn sie fokussiert darauf die Verständigung auf die Regeln der Übersetzung zu erlernen. Dort, wo es gilt, Entwicklungsprozesse in Gang zu setzen und zu halten (auch wenn z.b. Förderprogramme zurückgefahren werden) muss Kommunikation beginnen, muss Übersetzung geleistet werden, muss Geduld für Umwege aufgebracht werden. Erkenntnisziel sollte sein, dass es keine 139

138 sozial raum stadt: Reflexionen schnellen Lösungen gibt und nur die Geduld für Umwege (Perspektivenwechsel) zu nachhaltigen Lösungen führt. Literaturhinweise Alisch, Monika 2003, 16. Februar: Philosophie und Ansatz des Quartiermanagements. 12 Thesen als Versuch, ein Konzept der Realität anzupassen. URL: http//www. stadtteilarbeit.de/seiten/ theorien/alisch/ Quartiersmanagement.htm. Alisch, Monika 2002: Soziale Stadtentwicklung Widersprüche, Kausalitäten und Lösungen. Leske + Budrich. Opladen. Alisch, Monika (Hrsg.) 1998/2001 (2. Aufl.): Stadtteilmanagement Voraussetzungen und Chancen für die Soziale Stadt. Leske + Budrich. Opladen. Alisch, Monika / Dangschat, Jens S. 1998: Armut und soziale Integration. Strategien sozialer Stadtentwicklung und lokaler Nachhaltigkeit. Leske + Budrich. Opladen. Alisch, Monika / Dangschat, Jens S. 1993: Die solidarische Stadt Ursachen von Armut und Strategien für einen sozialen Ausgleich. Verlag für wissenschaftliche Publikationen. Frankfurt am Main. Alisch, Monika / Dangschat, Jens S. 1994: Ziele und Strukturen einer Stadtentwicklung des sozialen Ausgleichs. In: Froessler, R./Lang, M./Selle, K./Staubach R. (Hrsg.), 1994: Die Erneuerung benachteiligter Quartiere in europäischen Städten. Birkhäuser, Basel et al. Alisch, Monika 1997: Dialog für eine sozial- und gesundheitsverträgliche Planung. In: Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen e.v. (Hrsg.): Impulse, Newsletter zur Gesundheitsförderung. 2. Quartal 1997/Juni. Brech, Joachim 1993: Neue Wege der Planungskultur. Orientierungen in Zeiten des Umbruchs. Wohnbund. VWP. Frankfurt. Froessler, Rolf / Lang, Markus / Selle Klaus / Staubach, Reiner (Hrsg.)1994: Lokale Partnerschaften Die Erneuerung benachteiligter Quartiere in europäischen Städten. Stadtforschung aktuell, Band 45. Basel et al. Hater, Katrin 1993: Ein alternatives Konzept zur Sozialverträglichkeitsprüfung. In: Sevenich /Gellrich (Hrsg.) 1993: Sozial verträglich? Teil 1 Arbeitshilfen zum Thema Sozialverträglichkeit im Braunkohlenplan Ganzweiler II. Aachen. S

139 Alisch: Gegensätze ziehen sich an? Reflexionen zur Partnerschaft von sozialer Arbeit & Stadtplanung Lüken-Isberner, Folkert 2001: Soziale Stadt als Lernort. HRGISS. Materialien zur sozialen Stadtentwicklung. Dokumentation. Walther, Uwe-Jens 2002: Soziale Stadt Eine Zwischenbilanz. Leske+Budrich. Opladen. 141

140 sozial raum stadt: Reflexionen Clemens Altschiller Sozialräume gestalten Chancen und Grenzen des interdisziplinären Zugangs 1. Ein paar theoretische Einfälle zuerst! Das Programm eines interdisziplinären Zugangs zu komplexen Phänomenen im Grenzbereich des Sozialen und des Technischen ist mitnichten neu. Vor allem in den 60er und 70erJahren gab es einen lebhaften von der kritischen Theorie inspirierten Angriff auf das sog. Fachidiotentum. Diese Diskurse standen unter dem Primat der damals tonangebenden Soziologie. Heute ist davon keine Rede mehr, gegenwärtig gibt eher der betriebswirtschaftliche Management-Jargon den Ton in der interdisziplinäreren Kommunikation an. Hier stellt sich gleich eine erste interessante Frage: Wird der interdisziplinäre Zugang erst über die Sprachspiele und Paradigmen einer Leitdisziplin geöffnet oder geht das auch unter nicht hegemonial geordneten Verhältnissen?? Es braucht wohl ein gemeinsames Ethos, um Partner aus fremden Disziplinen auf Augenhöhe zusammenzuführen. Die damaligen Forderungen und Programme hatten jedenfalls keine nachhaltige Wirkung. Interdisziplinarität ist und bleibt aktuell und prekär zugleich als typisches Konzept der reflexiven Moderne: Entdifferenzierung wird gegen den Mainstream der Moderne gestellt, gegen die Herausbildung und Verselbstständigung immer differenzierterer Teilsysteme auf allen Handlungsebenen, Komplexität soll bearbeitet und nicht reduziert werden. dazu sind Netzwerke besser geeignet als funktional gegliederte Bürokratien. 142

141 Altschiller: Sozialräume gestalten- Chancen und Grenzen des interdisziplinären Zugangs Das alles bleibt Wunschdenken, solange es nicht in mehreren sozialen Handlungssystemen kohärent umgesetzt wird. Es geht dabei um sehr verschiedene Inhalte: Wissenschaft und Ausbildung => Wissen, Wahrnehmen, Denken Professionalität, Berufswelt => Berufskultur, soziale Identität, Karriereinteressen Fachressorts der Verwaltung, der Planungsinstitutionen =>Zuständigkeiten, Verfahren, Hierarchien, Prioritäten Fachpolitiken, Dezernate etc => politische Konkurrenz, Machtverhältnisse. Maßgeblich ist nicht zuletzt die Marktlage: hat Interdisziplinarität bzw. die daraus erwachsende Handlungskompetenz einen eigenen Marktwert? Ganz abwegig scheint dieser Gedanke nicht zu sein. Einem Faltblatt der Nassauischen Heimstätte zur Expo Real 2004 in München sind beispielhafte Belege zu entnehmen: Unter dem Motto Raum für s Ganze werden potentiellen Kunden u. a. Management-Kompetenzen angeboten, die in ihrer Breite ohne Interdisziplinarität gar nicht denkbar sind ( Bürgerbeteiligung, Schnittstellenkoordination, Soziale Stadt, infrastrukturelle Dienstleistungen, Ressourcenmanagement ). 2. Dann zur Praxis: Welche Rolle spielen gesellschaftliche Rahmenbedingungen, gesetzliche oder institutionelle Vorgaben usw.? Die Chancen des interdisziplinären Vorgehens in der Praxis werden erheblich beeinflusst von institutionellen und gesetzlichen Randbedingungen und natürlich von den Interessenlagen der beteiligten Akteure. Deren aktuelle und oft auch gegenläufige Trends sind daher aufmerksam zu verfolgen. Auch das es bisher kaum verbindliche zentralstaatliche Regularien für interdisziplinäres Handeln gibt (klassisches Beispiel: Sozialplanung in Sanie- 143

142 sozial raum stadt: Reflexionen rungsgebieten), weisen in letzter Zeit doch vermehrte Signale in diese Richtung: Fördersysteme des Bundes oder der EU sind mehrdimensional angelegt und erheben die Ressort übergreifende Kooperation zur Fördervoraussetzung bzw. bieten klare Anreize in diesem Sinn; das gilt für Programme wie Soziale Stadt, URBAN, aber auch Stadtumbau Ost/West. Der komplexe Ansatz der Sozialen Stadt erhält mit seiner Aufnahme in das Stadterneuerungs-Instrumentarium des gerade novellierten Baugesetzbuches sogar normative Qualität. Die neuen Leitbilder für good urban Governance beinhalten die Maximen integrierter strategischer Planung, komplexer Programme und koordinierter Praxis. Weniger hilfreich oder zumindest sehr zweischneidig erscheinen die Effekte der Verwaltungsreform in ihrer zunächst dominanten Form des sog. Neuen Steuerungsmodells (NSM), das den altbekannten Ressortegoismen durch das Prinzip der dezentralen Budgetverantwortung einen neuen haushaltstechnischen Schub verleiht. Die in nahezu allen Verwaltungen florierende innere Verrechung aller Leistungen begrenzt spürbar die Spielräume der Kooperation. Hochproblematisch für eine interdisziplinäre Praxis können die Nebenwirkungen der Ressortverteilung in Kommunen und Behörden werden, zumal im Verhältnis von Akteuren, die oft zu einander in politischer Konkurrenz stehen. Hier scheint nur die Zauberformel der Win-win-Strategie einen Erfolg versprechenden Ausweg zu bieten, d.h. es ist die Aufgabe des interdisziplinären Projekt-Managers, die Gewinnchancen zu streuen und möglichst vielen Schlüsselpersonen die praktischen Vorteile integrierten Handeln durch Erfolgserlebnisse zu vermitteln. 144

143 Altschiller: Sozialräume gestalten- Chancen und Grenzen des interdisziplinären Zugangs Schließlich führt im Bereich des Wohnungs- und Städtebaus kein Weg vorbei an den wirtschaftlichen Interessen der Wohnungsunternehmen, die z. Z. unter erheblichem Druck von Renditeerwartungen ihrer privaten wie auch ihrer öffentlichen Eigentümer stehen und unter härteren Maßstäben der Kreditwirtschaft ihre Risiken genauer kalkulieren müssen. Das eingangs zitierte Beispiel der Nassauischen Heimstätte zeigt jedoch, dass komplexe Handlungskompetenz gerade auf sozial und politisch sensibeln Märkten auch schon als Pluspunkt im Unternehmensprofil gepflegt wird. 3. Das Programm Soziale Stadt: die Probe auf s Exempel! Das Programm Soziale Stadt setzt auf Stadtentwicklung gegen städtische Armut und hat die bisher größte Versuchsreihe zur integrierten Gestaltung sozialer Räume angestoßen. Inzwischen liegen Ergebnisse aus der bundesweiten Zwischenevaluation durch das IfSS28 vor, die nicht nur die Chancen und Grenzen des Förderprogramms im Spiegel seiner Umsetzung abbilden, sondern damit auch eine hochaktuelle Bilanz ziehen für die Bearbeitung städtischer Probleme durch angewandte Interdisziplinarität. Die folgende stichwortartige, d.h. subjektiv und unvollständig getroffene Auswahl soll den Stand der Dinge skizzieren: Leitbilder und Ziele integrierter Projekte sollten sich von den realen Möglichkeiten nicht zu weit entfernen und sind laufend einer durch die Praxis angeleiteten Kritik zu unterziehen. Wie gestaltbar sind sozialräumliche Strukturen und Zustände, wer definiert die im Hintergrund stets wirksamen Maßstäbe sozialer Normalität und mit welchem oft nicht ausformulierten Inhalt? 28 Zwischenevaluation des Bund-Länder-Programms Förderung von Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf die soziale Stadt, Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH (im Auftrag des BMVBW), Sept

144 sozial raum stadt: Reflexionen Die Frage, was das Programm mit seinem Anspruch der Integration von Handlungsfeldern wirklich kann und besser kann, ist immer noch offen. In den meisten Fällen lässt sich die Zwischenbilanz auf die Kurzformel bringen: Stimmung gut Werte (=Indikatoren) schlecht! Viele integrierte Programme erweisen sich als additive Projektsammlungen, die überwiegend einem Container-Paradigma folgen: Ist die räumlich physische Qualität eines Gebiets erst mal aufgewertet, wird auch alles andere irgendwie besser werden. Auch die Umkehrung dieses Ansatzes kommt häufiger vor: Erst wenn die soziale Lage angehoben wird, kann es überhaupt besser werden. Kontextbezogene Strategien, die quer zu den Ressortgrenzen neue Potentiale zur Geltung bringen, sind in der Praxis, d.h. außerhalb klimatisierter Diskurs-Räume noch äußerst selten, weil schwer machbar. Zwar scheitert die horizontale Kooperation kaum an offener Verweigerung, sie leidet eher am passiven Widerstand oder an disparaten Prioritäten. Denn fast immer werden die Kernteams dominiert von einem federführenden Ressort in aller Regel dem Planungsdezernat; die anderen halten sich zurück, erst recht in Zeiten extrem knapper Ressourcen. Und doch gibt es ohne Zweifel viele Fortschritte und frische Impulse für eine interdisziplinäre Praxis: Neue kooperative Aktionsräume wurden vielerorts überhaupt erst geschaffen, die dazugehörigen Grundelemente einer kooperativen Infrastruktur sind inzwischen als Standard akzeptiert (Lenkungsgruppen, Quartiersmanagement, Stadtteilforen.) Integrierte oder zumindest abgestimmte und breiter verankerte Handlungskonzepte schaffen gemeinsame, verbindlichere Referenzen in der Kooperation! 146

145 Altschiller: Sozialräume gestalten- Chancen und Grenzen des interdisziplinären Zugangs Auf operativer Ebene wachsen tragfähige Netzwerke und sogar echter Mannschaftsgeist (=> gemeinsames Ethos) kommt auf; bewährt haben sich Tandems aus Fachleuten des Planungs- und des Sozial- Ressorts in gemeinsamer Projektverantwortung. Schließlich hat auch die politische Unterstützung, mit der alles steht und fällt, - und sei es mit dem Rückenwind der Fördergelder, insgesamt zu- und nicht abgenommen! 4. Gibt es eine interdisziplinäre Zukunft jenseits der Modellprogramme? Die Antwort lautet wie immer: Ja, aber; vielleicht besser noch: Warum nicht?! Die zitierten Erfahrungen aus dem Praxisfeld der sozialen Stadt und aus anderen Projekten im öffentlichen wie privaten Sektor lassen optimistische Erwartungen zu. Sie zeigen aber auch deutlich, wie sehr es auf Beweglichkeit und Geschick der Akteure ankommt: auf der Handlungsebene des interdisziplinären Managements reicht es nicht aus, die Steuerungsmethoden zu verfeinern. Divergierende oder gar gegensätzliche Interessenlagen gehören zur sozialen Realität und lassen sich durch administrative Routinen nicht einfach wegsteuern. Deshalb enden emsig optimierte Steuerungsmechaniken so oft im wohl moderierten Leerlauf. es liegt auf der Hand und findet laufend praktische Bestätigung: unverzichtbar für erfolgreiches Management ist die richtige Performance und dazu gehören sehr persönliche Qualitäten der Manager/innen. Im Mittelpunkt gelungener integrierter Projekte steht etwa in der Rolle des Quartiersmanagements immer wieder ein Typus, der im o. g. Evaluationsbericht als politische(r) Unternehmer/in charakterisiert wird! 147

146 sozial raum stadt: Reflexionen die interdisziplinären Planer, umso mehr wenn sie aus den Sozialwissenschaften kommen, müssen aus der Deckung des Beschreibens, Analysierens und Moderierens heraus gehen und als Erfinder oder Konstrukteure sozialräumlicher Projekte Mut zum Risiko zeigen. Interdisziplinäre Praxis ist mindestens so sehr eine Kunst, wie sie technische Ansprüche an Wissen und Know-How derer stellt, die sie ausüben. 148

147 Deinet::Handeln auf gleicher Augenhöhe? Ulrich Deinet Wird die Voraussetzung des Handelns auf gleicher Augenhöhe in der Zusammenarbeit von Sozialarbeit und Stadtplanung erfüllt? In meinen Ausführungen beziehe ich mich vor allem auf die Seite der sozialen Arbeit und frage am Beispiel eines ihrer Felder (der Kinder- und Jugendarbeit), welche Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit mit der Stadtplanung erfüllt werden müssen. Die Chancen einer Kooperation schätze ich je nach Ausrichtung der sozialen Arbeit ambivalent ein: So könnte man einerseits sagen: Anstatt die Revitalisierung des öffentlichen Raumes für Kinder und Jugendliche zu unterstützen, beteiligt sich die soziale Arbeit weitgehend an der Einschließung von Kindern und Jugendlichen in pädagogischen Angeboten, die durch ihre vermeintliche Präventionswirkung anerkannt werden. Eine derart ausgerichtete soziale Arbeit ist kein interessanter Partner der Stadtplanung! Demgegenüber steht eine völlig andere Einschätzung: Wenn sich die soziale Arbeit als Expertin für die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen e- tabliert und spezifische Blickwinkel und Methoden dafür einbringt, kann, sie ein interessanter Partner für eine Stadtplanung sein, die ebenfalls einen über Steine hinaus geöffneten Blick auf die Lebenswelten der Menschen besitzt. Dazu ein Beispiel für eine kooperative Praxis: Eine mobile Jugendarbeiterin hat Kontakt zu Cliquen im Stadtteil und versucht, diese nicht nur in ein vorhandenes Jugendzentrum zu integrieren (was auf Grund der vorhandenen Cliquenstruktur oft aussichtslos erscheint), sondern die Jugendlichen bei ihrer Selbstorganisation zu unterstützen. Die Jugendlichen suchen Orte im öffentlichen Raum. Die mobile Jugendarbeiterin versteht sich als Anwältin und versucht, die Anliegen der Jugendlichen auch durch eine enge Zusammenarbeit mit der Stadtplanung zu unterstützen. Der öffentliche Raum soll 149

148 sozial raum stadt: Reflexionen für die Jugendlichen wieder stärker nutzbar gemacht werden durch die Bereitstellung von Treffmöglichkeiten, die Schaffung von Spielräumen usw. 1. Sozialraumorientierung der sozialen Arbeit als Grundlage für eine Zusammenarbeit mit der Stadtplanung Grundlage für eine Zusammenarbeit ist auf Seiten der sozialen Arbeit ein Ansatz, der als sozialräumliche Orientierung in den letzen Jahren diskutiert wird. Die aktuelle Sozialraumdebatte wird weitgehend bestimmt durch die Thematik Soziale Stadt und soziale Arbeit. Es geht um die Probleme der Städte, der Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, um Strategien zu deren Lösung wie Stadtteilmanagement und Quartierfonds etc. Das auch weit über die Jugendhilfe hinausgehende Paradigma einer Sozialraumorientierung wird innerhalb der verschiedenen Felder der sozialen Arbeit aber sehr unterschiedlich akzentuiert. Neben dem dominanten Begriff des Sozialraums, der bereits sehr unterschiedlich verstanden wird, existieren in der Diskussion zahlreiche andere, zum Teil synonym verwendete Begriffe, die ebenfalls oft unscharf und wenig klar benutzt werden: Quartier, Milieu, Lebenswelt usw. Insbesondere der Begriff der Lebenswelt deutet auf einen Aspekt der Sozialraumorientierung hin, der nicht auf eine administrative Planungsgröße reduziert werden kann, sondern individuelle subjektive Bezüge in den Vordergrund stellt. So hat Hans Thiersch (1998) in seinem Ansatz der Lebensweltorientierung immer wieder auf die subjektive Sichtweise von sozialen Räumen hingewiesen. Die unterschiedlichen Debatten in den Bereichen der sozialen Arbeit können hier nicht intensiv diskutiert werden. So werden etwa im Bereich der Hilfen zur Erziehung spezielle Themen diskutiert, wie die Bildung von Sozialraumteams oder Sozialraumbudgets, die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen der Jugendhilfe, die insgesamt als ausgesprochen versäult und segmentiert erscheint. Dem gegenüber steht eine völlig andere Sozialraumdebatte in der 150

149 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? Kinder- und Jugendarbeit, die eher lebensweltbezogen ist (s.u.). Ein Teil der sozialen Arbeit beschäftigt sich über das Programm Soziale Stadt mit den neuen Ansätzen der Gemeinwesenarbeit, mit Quartiersmanagement und ist hochgradig motiviert für eine Zusammenarbeit mit Stadtplanung und anderen Partnern. Man muss jedoch davon ausgehen, dass auch dieser Teil der sozialen Arbeit eine spezifische Szene darstellt, die nicht unbedingt mit allen anderen Bereichen vernetzt ist. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die viel diskutierte Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe oft zu einem sozialgeografischen Muster verkürzt wird (Wohngebiet, eingegrenzter Sozialraum, Planungsraum etc.). In diesem - aus planerischer Sicht nachvollziehbaren - Verständnis wird auch die Kinder- und Jugendarbeit (mit der ich mich im folgenden stärken beschäftigen will) in eine für die Jugendhilfe insgesamt zentrale Sozialraumorientierung eingepasst, z. B. in die Präventionsstrategien für soziale Räume oder in regionalen Teams mit den Hilfen zur Erziehung. Dass der Sozialraumbezug der Kinder- und Jugendarbeit darüber demgegenüber stark subjektorientiert ist, die Lebenswelten einzelner Gruppen und Cliquen differenziert sieht und mit diesem sozialräumlichen Blick eine profilierte Rolle in der Sozialraumdebatte der Jugendhilfe spielen kann wird noch ausgeführt Öffentliche Räume als gefährliche Straße? Besonders interessant für die Frage nach einer Zusammenarbeit zwischen sozialer Arbeit und Stadtplanung scheint mir die Diskussion um die Bedeutung öffentlicher Räume für Kinder und Jugendliche in der sozialen Arbeit zu sein, weil in der gemeinsamen Gestaltung des öffentlichen Raums ein möglicher Schnittpunkt und ein Kooperationsfeld zwischen sozialer Arbeit und Stadtplanung sein kann. In der sozialen Arbeit werden öffentliche Räume und deren Bedeutungen oft im Zusammenhang mit vielfach geforderten Präventionsleistungen in dem 151

150 sozial raum stadt: Reflexionen Sinn diskutiert, die diese als Angsträume, als gefährliche Bereiche erscheinen lassen. Die in vielen Bundesländern entstandenen Projekte zur Prävention zwischen Jugendhilfe, Polizei, Schule und anderen Partnern sind als Reaktion auf Probleme im öffentlichen Raum zu verstehen. Gewalt an Schulen, die Auseinandersetzung mit gewaltbereiten und/oder rechtsorientierten Jugendlichen, Drogenprobleme an bestimmten Orten etc. sind vielerorts Anlässe für die Bildung runder Tische und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Institutionen im Rahmen von Präventionsprojekten. Auf die unklare und zum Teil sehr unterschiedlich interpretierte Bedeutung des Begriffes Prävention soll hier ebensowenig eingegangen werden wie auf die problematische Verwischung der unterschiedlichen Profile von Jugendhilfe und Polizei. (vgl. dazu Müller 2001 sowie Freund/Lindner 2001) Für die Diskussion des Sozialraumbegriffes sind Präventionsprojekte deshalb von Interesse, weil sie meist ein bestimmtes Verständnis von sozialen Räumen formulieren und transportieren, in dem diese meist negativ als Gefahrenraum, z. B. als gefährliche Straße gesehen werden. Der öffentliche Raum wird dort meist nur unter dem negativen Vorzeichen eines unkontrollierten Raums gesehen, in dem Verschmutzung und Verwahrlosung unter Kontrolle gebracht werden müssen. Hilfe - angesiedelt zwischen Prävention und Repression - kann innerhalb dieser Logik nur bedeuten, Kinder und Jugendliche aus dem öffentlichen Raum durch gezielte Angebote heraus zu holen und sie entsprechend zu schützen: Dadurch werden Erfahrungsräume von Jugendlichen immer mehr eingegrenzt. Ihre Welt ist bereits mit Warnschildern und Verhaltensregeln gepflastert, bevor sie diese selbst erschließen können (Sturzenhecker 2000, S. 15). Eine in diesem Verständnis orientierte soziale Arbeit ist kein interessanter Partner von Stadtplanung weil es eben nicht um die Gestaltung oder Revitalisierung dieser Räume geht, sondern um die eher einrichtungsbezogene Gestaltung von Angeboten, die Kinder und Jugendliche von der gefährlichen Strasse in pädagogisch/präventive Settings holen soll. 152

151 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? 1.2 Soziale Arbeit und das Programm Soziale Stadt Sozialraumorientierung wird in diesem Programm als integrierte Stadtentwicklung begriffen mit einer Orientierung, die weit über die Jugendhilfe hinausgeht. Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung, Verkehrs- und Umweltpolitik werden in einen sozialräumlichen Zusammenhang gebracht. Die Grundphilosophie besteht darin, das übliche Ressortdenken zu überschreiten und ressortübergreifend Mittel zu bündeln, die in sehr unterschiedlicher Weise zur Verbesserung von Sozialräumen beitragen sollen. Der Anteil der Jugendhilfe steht sehr stark unter einem präventiven Aspekt. Insgesamt verstärken die EU- und Bundesprogramme die in der Jugendhilfe schon seit längerem angelaufene Projektorientierung mit dem Ziel, Ressourcen ergebnisorientiert wirkungsvoll und zeitlich begrenzt einsetzen zu können. Die EU- und Bundesprogramme haben sicher eine nicht unbedeutende Wirkung auf die Diskussion um die Sozialraumorientierung der Jugendhilfe. Der Begriff des Sozialraums wird dabei bezogen auf den sozialgeografischen Raum eines Stadtteils, einer Region auf soziale Brennpunkte bzw. Quartiere, die sich negativ entwickeln. Eine mögliche Zusammenarbeit von Sozialarbeit und Stadtplanung wird in der Praxis reduziert auf die sog. Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. Die Konzentration sozialer Arbeit in diesen Stadtteilen, die sicher fachlich begründet ist, führt zu zahlreichen Nebeneffekten, die eher als unerwünscht bezeichnet werden müssen wie z.b. die Reduzierung von Leistungen in solchen Stadtteilen, die nicht zum Programmgebiet gehören oder auch zu einer ungewollten Stigmatisierung der Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. 153

152 sozial raum stadt: Reflexionen 2. Soziale Arbeit versteht Sozialräume auch als subjektive Lebenswelten In der Diskussion fehlt oft der Blick der Akteure, etwa von Kindern und Jugendlichen, die Sozialräume und Stadtteile als Aneignungsräume sehen und spezifische Nutzungen suchen. Es geht darum, diese subjektive, qualitative Sichtweise des Sozialraums als Ertrag der Entwicklung eines sozialräumlichen Musters der Jugendarbeit stärker in die Sozialraumdebatte der Jugendhilfe zu bringen und als Grundlage einer Zusammenarbeit mit der Stadtplanung zu begründen. Dabei plädiere ich für ein erweitertes Verständnis des Sozialraumbegriffes wie er etwa von Kurt Bader verwendet wird. Der hier verwendete Begriff des Sozialraums bedeutet die erschlossenen und genutzten sozialen bedeutsamen Handlungszusammenhänge, verweist aber gleichzeitig auf bisher unerschlossene und wenige bzw. nicht genutzte Handlungsmöglichkeiten - Möglichkeitsräume. Sozialraum ist hier ausdrücklich als Subjektbegriff verwendet und setzt sich entschieden von einem Begriff des Sozialraums ab, der in den letzten Jahren verstärkt in der Sozialverwaltung als quantitative Raumzuweisung verwendet wird (Bader 2002, S.55). In Abgrenzung zu einem eher administrativen Begriff des Sozialraums als Planungsraum soll im folgenden eine stärker subjektorientierte Sichtweise von Sozialräume als Lebenswelten entwickelt werden. 2.1 Sozialräume als subjektive Aneignungsräume verstehen So basieren die in der Kinder- und Jugendarbeit entwickelten sozialräumlichen Konzepte (vgl. Deinet 1999) auf wissenschaftlichen Traditionen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene als handelnde Subjekte in ihrer Lebenswelt sehen. Dabei untersuchen sozialökologischen Ansätze (Baacke 1984, Zeiher 1983) insbesondere die räumlichen Bedingungen der Lebenswelt und beschreiben vor allem die Struktur kindlicher und jugendlicher Lebensräume und deren Veränderungen. Die Frage nach der Qualität der 154

153 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? Räume wird zwar implizit gestellt, oft aber bleiben die Lebensweltbezüge einseitig auf eine strukturelle Ebene bezogen: die Veränderung der Struktur des Lebensraumes z. B. im Modell der Verinselung erklärt noch nicht die Qualität der Räume (Inseln). Die Verdrängung von Kindern und Jugendlichen aus dem öffentlichen Raum durch die weitgehende Verplanung und Funktionalisierung aller Flächen ist nicht zu leugnen, dennoch zeigen viele Beispiele, dass sich Kinder und Jugendlichen auch in der heutigen Stadtumwelt Räume aneignen (z.t. mit hohem Risiko), sich inszenieren (Skater) und abbilden (Sprayer) können. Es geht also nicht nur um die Struktur, sondern wesentlich um die Qualität von Räumen; diese werden immer erst durch die in ihnen liegenden (neuen) Möglichkeiten zu sozialen Räumen. Um diese qualitative Verbindung zwischen Subjekt und Ort im sozialräumliche Muster der Jugendarbeit herzustellen, greife ich im Folgenden auf das Aneignungskonzept zurück. Die Ursprünge des Aneignungskonzeptes gehen auf die sogenannte kulturhistorische Schule der sowjetischen Psychologie zurück, die insbesondere mit dem Namen Leontjew (1972, 1983) verbunden ist. Die grundlegende Idee dieses Ansatzes ist die, die Entwicklung des Menschen als tätige Auseinandersetzung mit seiner Umwelt und als Aneignungsprozess der gegenständlichen und symbolischen Kultur zu verstehen. Die Umwelt präsentiert sich dem Menschen in wesentlichen Teilen dabei als eine Welt, die bereits durch menschliche Tätigkeit geschaffen bzw. verändert wurde. Als tätigkeitstheoretischer Ansatz wurde das Aneignungskonzept in Deutschland besonders von Klaus Holzkamp (1983) weiterentwickelt und auf die heutigen gesellschaftlichen Bedingungen übertragen. Der Leontjewsche Begriff der Gegenstandsbedeutung (als Vergegenständlichung gesellschaftlicher Erfahrung, die im Aneignungsprozess erschlossen werden muss) wird von Holzkamp auf die gesellschaftliche Ebene komplexer sozialer Beziehungen übertragen, die in der individuellen Entwicklung ebenfalls von 155

154 sozial raum stadt: Reflexionen einfachen (gegenständlichen) Formen bis zu hochkomplexen Zusammenhängen verallgemeinert werden müssen. Zusammenfassend kann man den Aneignungsbegriff wie folgt operationalisieren. Aneignung für Kinder und Jugendliche ist: eigentätige Auseinandersetzung mit der Umwelt (kreative) Gestaltung von Räumen mit Symbolen etc. Inszenierung, Verortung im öffentlichen Raum (Nischen, Ecken, Bühnen) und in Institutionen Erweiterung des Handlungsraumes (die neuen Möglichkeiten, die in neuen Räumen liegen) Veränderung vorgegebener Situationen und Arrangements Erweiterung motorischer, gegenständlicher, kreativer und medialer Kompetenz Erprobung des erweiterten Verhaltensrepertoires und neuer Fähigkeiten in neuen Situationen Entwicklung situationsübergreifender Kompetenzen im Sinn eine Unmittelbarkeitsüberschreitung und Bedeutungsverallgemeinerung 2.2 Lebensweltanalyse als methodischer Ansatz zum Verständnis jugendlicher Aneignungsräume Auf einem subjektorientierten Verständnis aufbauend, versucht eine sozialräumliche Lebensweltanalyse Einblicke in die unterschiedlichen Lebenswelten und Sozialräume von Kindern, Jugendlichen, Mädchen, Jungen verschiedenen Cliquen usw. zu erhalten. Qualitative Methoden einer Lebensweltanalyse ermöglichen die erforderlichen differenzierten Einblicke: 156

155 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? Stadtteilbegehung mit Kindern und Jugendlichen Nadelmethode Cliquenraster Institutionenbefragung Strukturierte Stadtteilbegehung Autofotografie Subjektiven Landkarten Zeitbudgets, Fremdbilderkundung (vgl. Deinet/Krisch 2002) Der Begriff der Lebensweltanalyse wird in diesem qualitativen Verständnis als Gegenbegriff zu einer rein formalen, quantitativen Sozialraumanalyse verstanden. Eine qualitative sozialräumlich orientierte Kinder- und Jugendarbeit verfügt damit über ein methodisches Repertoire, um die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen zu erkunden und daraus Anforderungen nicht nur für die eigene Arbeit zu gewinnen. Sozialraum- und Lebensweltanalyse werden als Basis einer Bedarfsermittlung und Zielbestimmung betrieben und unterstützen damit auch eine sozialraumorientierte Jugendhilfeplanung. Neben der Verwendung von statistischem Material zur Bevölkerungsstruktur und anderer relevanter Daten des jeweiligen Sozialraums werden in einer Lebensweltanalyse qualitative Methoden aus dem Reservoir der empirischen Sozialforschung im Rahmen einer "kleinen" Feldforschung eingesetzt. Teilweise können auch Methoden der Jugendhilfeplanung oder aber Aktionsformen der Jugendarbeit selbst eingesetzt werden (z. B. Videostreifzüge). Die Anwendung solcher Methoden soll helfen, Lebenswelten von Kindern 157

156 sozial raum stadt: Reflexionen und Jugendlichen besser zu erfassen und die in der Praxis immer noch vorhandene Einrichtungsbezogenheit zu überwinden. Diese Methoden lehnen sich zum Teil an qualitative ethnografische oder biografische Forschungsmethoden an und versuchen, diese für die Praxis der Jugendarbeit anwendbar zu machen. Die Ergebnisse der Methoden können dann im Rahmen einer Konzeptentwicklung genutzt werden. Damit kann eine sozialräumlich orientierte Sozialpädagogik ein Methodenrepertoire und eine Kompetenz zum Verstehen der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen einbringen, das weit über die klassischen Betreuungsfunktionen hinausgeht und sich somit zu einem wichtigen Bestandteil einer gemeinwesen- und lebensweltorientierten Jugendhilfe weiterentwickeln. Die Qualität einer sozialräumlich orientierten Kinder- und Jugendarbeit in folgenden Punkten zusammen: Kinder- und Jugendarbeit hat ein subjektorientiertes Bild vom Sozialraum als Aneignungsraum Kinder- und Jugendarbeit gewinnt ihre konkreten (und sich verändernden!) Ziele aus einer qualitativen Sozialraum/Lebensweltanalyse Ziele werden nicht (nur) aus abgefragten Bedürfnissen sondern aus Bedarfen entwickelt Kinder- und Jugendarbeit versteht sich als Unterstützung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und stellt dazu Aneignungsund Bildungsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Ebenen zur Verfügung. Kinder- und Jugendarbeit gewinnt die Kompetenzen einer Expertin für die Belange von Kindern und Jugendlichen im sozialen Raum und tritt deshalb für die Revitalisierung öffentlicher Räume als Aneignungsräume für Kinder und Jugendliche ein. 158

157 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? Eine im skizzierten Sinn sozialräumlich orientierte Jugendarbeit kann durch ihren qualitativen Blickwinkel auf die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen und den daraus entwickelten Schlussfolgerungen für die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen der Jugendhilfe und der Stadtplanung wichtige Beiträge liefern. 3. Veränderte sozialräumliche Bedingungen machen eine Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung erforderlich Die Lebenswelten spezifischer Zielgruppen oder einzelner Kinder und Jugendlicher entstehen in dem skizzierten aneignungsorientierten Verständnis als subjektive Aneignungsräume und sind nur zum Teil mit dem jeweiligen Sozialraum als Verwaltungsbezirk deckungsgleich. So hat schon Helga Zeiher (1983) die Lebenswelten von Kindern in der Großstadt mit Ihrem Inselmodell beschrieben, das nicht mehr von der Vorstellung eines kontinuierlich sich vergrößernden Raumes ausgeht, sondern von einzelnen Rauminseln, die zum Teil aus Sicht des Kindes bzw. des Jugendlichen in keinem direkten räumlichen Zusammenhang stehen. Martina Löw (2001) geht noch weiter und beschreibt, dass Kinder und Jugendliche heute keine wie frühere Generationen homogene Raumvorstellung entwickeln können, sondern Raum als inkonsistent erfahren. Diese neue Sozialisationserfahrung bestätigt nicht mehr die Vorstellung im Raum zu leben. Raum wird nun auch als diskontinuierlich, konstituierbar und bewegt erfahren. An einem Ort können sich verschiedene Räume herausbilden. Dadurch entsteht, so meine These, neben der kulturell tradierten Vorstellung im Raum zu leben, d.h. von einem einheitlichen homogenen Raum umgeben zu sein, auch eine Vorstellung vom Raum, die einem fließenden Netzwerk vergleichbar ist (Löw 2001, S. 266). Die Tatsache, dass Kinder und Jugendliche keinen homogenen Raum erleben, führt Löw insbesondere auch auf den Einfluss der modernen Medien zurück: Was jedoch die Kinder und Jugendlichen betrifft, die mit Cyber-space-Technologien aufwachsen, so ist 159

158 sozial raum stadt: Reflexionen meine Schlussfolgerung, dass in virtuellen Räumen systematisch wiederholt wird, was bereits in der verinselten Raumaneignung vorgegeben wird: Die Bezugnahme auf einen nicht einheitlichen Raum (Löw 2001, S. 100). Es stellt sich die Frage, inwieweit das Muster der gegenständlichen Aneignung an Relevanz verliert, wenn man es auf virtuelle Räume und die neuen Medien bezieht. Lothar Böhnisch spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten parasozialen Räumen: Je enger die soziale und kulturelle Umwelt für die Jugendlichen wird, je weniger selbstständiges Aneignungsverhalten möglich ist, desto mehr verbreitet sich die Tendenz, sich in mediale, parasoziale Räume begeben zu müssen, vielleicht sich sogar ihnen auszuliefern, vor allem dann, wenn man nicht mehr sozial eingebettet ist, keinen alltäglich-konkreten sozialräumlichen Rückhalt hat (Böhnisch 2002, S. 71). Auch der Blick auf spezifische Zielgruppen z. B. rechtsradikale Jugendliche in Ostdeutschland oder die von Christian Reutlinger (2002) untersuchte unsichtbare Jugend in unsichtbaren Räumen lassen die Frage aufkommen, inwieweit das tätigkeitsorientierte Aneignungskonzept noch geeignet ist bzw. weiterentwickelt werden muss, um heutige Phänomene angemessen beschreiben zu können. Reutlinger kritisiert die Anwendbarkeit des Aneignungskonzeptes für die heutige gespaltene Stadt mit ihrem Lebensbedingungen: Die bisherigen Ansätze der sozialräumlichen Kinder- und Jugendraumforschung arbeiten mit Gesellschafts- und Handlungsmodellen, die in vergangenen urbanen Realitäten entstanden und deshalb für die räumlichen und sozialen Probleme von Kindern und Jugendlichen in der globalen Stadt blind geworden sind (Reutlinger 2002:255). Er erarbeitet einen sozialgeographischen Ansatz der unsichtbaren Bewältigungskarten, mit dem gezeigt werden kann, wie Heranwachsende in der Stadt die mit den radikalen Veränderungen zusammenhängenden Probleme und Herausforderungen bewältigen. Vor diesem Hintergrund muss der Aneignungsbegriff aktualisiert werden. Er meint nach wie vor die tätige Auseinandersetzung des Individuums mit 160

159 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? seiner Umwelt und kann bezogen auf die aktuelle Diskussion um Raumveränderungen der Begriff dafür sein, wie Kinder und Jugendliche eigentätig Räume schaffen (Spacing) und die (verinselten) Räume ihrer Lebenswelt verbinden. Insofern verbindet sich auch der Begriff der Aneignung mit der von Löw besonders herausgehobenen Bedeutung der Bewegung und der prozesshaften Konstituierung von Raum im Handlungsverlauf. Tätigkeit ist heute nicht mehr (nur) als gegenständlicher Aneignungsprozess in dem klassischen Sinne Leontjews zu verwenden. Tätige Auseinandersetzung ist vielmehr auch die von Kindern und Jugendlichen heute zu leistende Verbindung unterschiedlicher (auch virtueller und symbolischer) Räume Neue Aneignungsformen erfordern eine Revitalisierung öffentlicher Räume als gemeinsame Aufgabe von sozialer Arbeit und Stadtplanung In der Konsequenz bedeutet also die Aneignung von Raum für Kinder und Jugendliche nicht nur die Aneignung schon vorhandener und vorstrukturierter Räume, sondern im Sinne von Martina Löw auch die Schaffung eigener Räume als Plazierungspraxis (Spacing). Die Offene Kinder- und Jugendarbeit hat hier besondere Möglichkeiten, weil sie eine der wenigen gesellschaftlichen Bereiche ist, die noch nicht so gesellschaftlich vordefiniert ist wie etwa die Schule als klassische Bildungsinstitution, die nur nebenbei Raumaneignung von Kindern und Jugendlichen zulassen kann (z.b. auf Schulhöfen, in Treppenhäusern und Toiletten). Jugendarbeit bietet dagegen geografische Orte, an denen die Möglichkeit besteht, soziale Räume zu schaffen bzw. Räume durch Spacing und Syntheseleistung zu kreieren. Gerade der öffentliche Raum hat in Hinblick auf die hier dargestellten Prozesse eine wichtige Funktion als die Bühne für Aneignungsprozesse außerhalb von Institutionen wie Schule oder Jugendarbeit (s.u.). Die Differenzierungen des öffentlichen Raums beschreiben Herlyn u.a. nach Schubert sehr differenziert in zwölf verschiedenen Settings von halböffentlichen 161

160 sozial raum stadt: Reflexionen Übergängen über mobile Transiträume und aufgegebene Flächen bis zur virtuellen Stadtöffentlichkeit (Herlyn u.a. 2003, 288). Aneignung als Veränderung, Bewegung Die prozesshafte Konstituierung von Räumen durch Bewegung im Handlungsverlauf ist für Martina Löw auch Erklärungsmuster für die unterschiedliche Raumkonstitution von Jungen und Mädchen. Geschlechtsspezifische Formen des Spacings sind nur durch Bewegung und Veränderung erklärbar, die Geschlechter eignen sich den Raum in unterschiedlicher Weise an: Die Mädchen werden Fachfrauen für die Einbeziehung von Menschen in die Raumkonstruktion, die Jungen Fachmänner für an sozialen Gütern orientierte Räume. Selbst die Form der Mutproben reproduzieren geschlechtsspezifische Zuständigkeiten: Jungen springen von Felsen oder klettern auf Züge, Mädchen trauen sich fremde Erwachsene anzusprechen und Diskussionen zu bestehen. Diese klare Zweiteilung wäre differenzierter, könnten noch schichtspezifische Aspekte einbezogen werden (Löw 2001, S. 253). Für diese Form der Raumkonstitution durch Veränderung und Bewegung scheint mir der sog. offene Bereich in Kinder- und Jugendeinrichtungen interessante Möglichkeiten zu bieten. Auf Grund der Freiwilligkeit der Teilnahme, aber auch der geplanten Unverbindlichkeit vieler Angebote sind vielfältige Prozesse der Veränderung von Räumen, der Bewegung von Räumen möglich. Diese für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen so wichtige Dimension der Aneignung als Veränderung und Bewegung von Räumen (auch unter geschlechtsspezifischen Aspekten) verweist ebenfalls auf den öffentlichen Raum der Stadt, der durch seine Struktur und Gestaltung Aneignungsprozesse anregen oder auch sehr stark behindern kann. Wie können öffentliche Räume bis hin zu den mobilen Räumen des öffentlichen Nahverkehrs so gestaltet werden, dass die Aneignungsprozesse von Kindern und Jugendli- 162

161 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? chen, Mädchen und Jungen gefördert werden, ohne andere Menschen zu beeinträchtigen: eine schwierige Frage, die in der Zusammenarbeit von sozialer Arbeit und Stadtplanung bearbeitet werden kann. Aneignung als Verknüpfung von Räumen Hintergrund der Notwendigkeit der Verknüpfung von Räumen ist die Entwicklung einer räumlichen Inselstruktur, auch die Entstehung unterschiedlicher Räume an einem Ort bzw. virtueller Räume. Insbesondere durch den Einfluss der neuen Medien, aber auch durch Mobilität und andere Aspekte der Globalisierung, entstehen immer stärker Räume ohne konkrete Ortsbindung: Raum kann nicht mit einem Ort gleichgesetzt werden, weil somit ein komplexer Prozess auf einen Aspekt, nämlich dem Lokalisiert sein an einem Ort reduziert und die Konstitution verschiedener Räume am gleichen Ort ausgeschlossen wird (Löw 2001, S. 270). Aufgrund dieser Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Raumbezüge kommt Martina Löw zum Schluss, dass die Konstitution von Räumen durch Verknüpfung hergestellt werden muss. Insbesondere Kinder und Jugendliche konstituieren Räume in der Zusammenschau einzelner Inseln (Löw 2001, S. 131). Kinder und Jugendliche, die in der Mediengesellschaft bzw. in einer verinselten Lebenswelt aufwachsen, entwickeln also nicht nur gleichzeitig unterschiedliche Raumvorstellungen, sondern auch die Fähigkeit, in unterschiedlichen Räumen gleichzeitig zu agieren. Dies bedeutet Herstellen von Verbindungen zwischen unterschiedlichen Räumen, dem konkreten geografischen Ort, an dem man sich gerade befindet, sowie diesem Ort (durch Aneignung) gegebenen Sinnbedeutungen, den anderen Räumen, mit denen ich jederzeit kommunizieren kann (über Handy) sowie virtuellen Orten im Kopf. Die Verknüpfung von Räumen ist ein Bildungsprozess, den gerade die Kinder- und Jugendarbeit sehr nachhaltig unterstützen könnte. Zum einen geht es um die Verknüpfung konkreter geografischer Orte. Die dazu notwendige 163

162 sozial raum stadt: Reflexionen Mobilität ist zwar vielfach vorhanden, zum Teil aber auch sehr eingeschränkt, wenn man an spezifische Zielgruppen in gespaltenen Städten und abgehängten Stadtvierteln denkt. Konkrete Raumverknüpfungen herzustellen, gehört zum klassischen Repertoire der Kinder- und Jugendarbeit, wenn man an die vielen Projekte, Fahrten, Exkursionen etc. denkt, die immer auch Raumerweiterung und damit auch die Verknüpfung von Räumen zum (informellen) Thema haben. Inwieweit die Verknüpfung von Räumen möglich ist, hängt u.a. auch ab von den die Mobilität beeinflussenden Strukturen einer Stadt, wobei der öffentliche Raum wieder eine bedeutende Funktion hat als Medium Mobilität, Verbindung und Kommunikation Konsequenz: Keine Einschließung von Kindern und Jugendlichen in ihren Sozialräumen! Unter den hier skizzierten Dimensionen des Aneignungsprozesses hat eine zu formale Definition des Begriffs Sozialraum fatale Wirkungen, denn die planerisch nachzuvollziehende sozialgeografische Definition von Stadtteilen etwa im Programm Soziale Stadt und die daraus folgende Konzentration der Ressourcen kann den Effekt einer Einschließung nach sich ziehen. Die für ihre Entwicklung so wichtige Erweiterung des Handlungsraumes ist für Kinder aus sozial belasteten Stadtteilen oftmals schwierig, auf Grund sehr unterschiedlicher Bedingungen. Auch die mit der Installierung spezieller Förderprogramme für sozial belastete Stadtteile verbundene und nicht intendierte Nebenwirkung einer sozialen Etikettierung bzw. Stigmatisierung solcher Stadtteile vergrößert die Barrieren auch für Kinder und Jugendliche, sich ihren Handlungsraum zu erweitern und die Grenzen ihre Sozialraums zu überschreiten. So berichten Praktikerinnen und Praktiker immer wieder darüber, dass Kinder und Jugendliche aus sozial belasteten Stadtteilen diese nur schwer verlassen können, wenig Erfahrung im Umgang mit fremden Situationen haben und deshalb in der Erweiterung ihres Verhaltensreper- 164

163 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? toires eingeschränkt sind. Um so notwendiger sind Projekte und Aktionen, die die Kinder und Jugendlichen in neue Situationen und Räume bringen, um sie sicherer im Umgang mit fremden Menschen und neuen Situationen zu machen. Die Erweiterung des Handlungsraumes als eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben darf nicht durch die Konzentration sozialadministrativer Projekte auf bestimmte Stadtteile behindert werden. Deshalb ist die Kooperation von Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe, Einrichtungen und Schulen außerhalb ihres Stadtteils besonders wichtig, um die beschriebene Intention der Raumerweiterung immer wieder anzuregen und zu fördern. 4. Vorschlag für eine Kooperation von Jugendarbeit, Jugendhilfeplanung und Stadtplanung: Planungsprojekt zur Revitalisierung des öffentlichen Raums für Kinder und Jugendliche Aus ihrem sozialräumlich/jugendpolitischen Mandat heraus, bei dem es auch um die Revitalisierung öffentlicher Räume geht, ist die Kinder- und Jugendarbeit beispielsweise auch Partner von Spielraumplanung und Stadtentwicklung. Ein fast natürlicher Partner insbesondere bei der Durchführung und Auswertung von Methoden der Lebensweltanalyse ist die Jugendhilfeplanung. Aus Sicht der Jugendhilfeplanung macht die Lebensweltanalyse eigentlich nur dann Sinn, wenn die Maßnahmen und Einrichtungen innerhalb eines Sozialraums zusammenarbeiten. MitarbeiterInnen verschiedener Einrichtungen können sich dabei gegenseitig unterstützen und auch von der Einbeziehung nicht einrichtungsgebundener Arbeitsformen, wie z.b. der mobilen Jugendarbeit, profitieren. Auf der Grundlage einer solchen Analyse können dann im Rahmen einer gemeinsamen Planung Schwerpunktsetzungen der Maßnahmen und Einrichtungen diskutiert, koordiniert und festgelegt werden. Entscheidende Fragen für diesen Prozess lauten: Was müsste auf Grund der Analyse der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen im Stadtteil geschehen? Wel- 165

164 sozial raum stadt: Reflexionen che Maßnahme/Einrichtung kann welche neue Funktion und Rolle übernehmen? Welche alten Funktionen und Angebote können verändert oder evtl. abgebaut werden? Welche Rahmenbedingungen der Einrichtungen (z. B. Lage im Stadtteil, räumliche Ressourcen) machen welche Schwerpunktsetzungen möglich? So können Sozialraum- und Lebensweltanalysen zur gesetzlich vorgeschriebenen Jugendhilfeplanung beitragen. Was die soziale Arbeit betrifft, insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe, so hat der Bereich der Jugendhilfeplanung eine besondere Scharnierfunktion zwischen einzelnen Bereichen der Jugendhilfe, etwa der Jugendarbeit und der Stadtplanung. Einstieg in ein gemeinsames Planungsprojekt kann ein gemeinsamer Workshop sein, der die Zielsetzung hat, die Schritte der Planung zu formulieren, Planungs- und Sozialräume zu definieren und sowohl gemeinsame als auch getrennte Fragestellungen zu formulieren. Von den unterschiedlichen Bereichen zu bearbeitende Aufgaben werden festgelegt, erste Ansätze einer interdisziplinären Sichtweise werden erprobt durch gemeinsame Begehungen mit den unterschiedlichen Sichtweisen und durch assoziative Rauminterpretationen. In einer weiteren Phase erfolgt eine eigenständige, d. h. durch die jeweiligen Arbeitsbereiche abzuarbeitende Aufgabenstellung, die sich etwa für die Jugendarbeit, für die Jugendhilfeplanung und die Stadtplanung ergibt. Dieser Teil der gemeinsamen Planung erfolgt bewusst getrennt, um die jeweiligen Sichtweisen nicht zu vermischen, sondern in einem weiteren Schritt konstruktiv miteinander in Kommunikation zu bringen. In einem weiteren Workshop werden so gemeinsame Interpretationen der Räume mit unterschiedlichen Blickwinkeln formuliert. Das Crosschecking, Zusammenbringen der Daten erbringt eine interdisziplinäre Sichtweise auf Räume, Funktionen und Perspektiven. Auf dieser Grundlage können Anforderungen, Ziele für Einrichtungen, Projekte und Beteiligungsmöglichkeiten 166

165 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? konkretisiert werden. Die Kinder- und Jugendarbeit kann insbesondere in der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Stadt- und Raumplanungsprozessen kreative Methoden einbringen über die üblichen Befragungen hinausgehend (Modellbau, Zukunftswerkstatt, qualitative Methoden usw.). Kinder- und Jugendarbeit Jugendhilfeplanung Stadtplanung Einstieg: gemeinsamer Workshop Entwicklung gemeinsamer Aufgaben und Schritte: Planung, Definition von Planungs- und - Sozialräumen, gemeinsame und getrennte Fragestellungen, Methoden. Gemeinsame Begehungen mit unterschiedlichen Interpretationsmustern, assoziative Rauminterpretationen Zwischenschritt: Bearbeitung eigenständiger Fragestellungen und Aufgaben: Jugendarbeit: Fokus: Aneignung und Raum Qualitative Methoden (s.o.) Beteiligung von Kindern und Jugendlichen Jugendhilfeplanung: Bedarfe, sozialstrukturelle Daten Aufbereitung von Daten... Stadtplanung: Raumplanung, Flächennutzung, Bebauung, Freiflächen, Szenarien Workshop:2. Teil: Gemeinsame Interpretation der Räume mit den unterschiedlichen Blickwinkeln, Zusammenbringen der Daten, Crosschecking verschiedener Folien, gemeinsame Interpretation und Formulierung von Anforderungen an die jeweiligen Bereiche, Ziele für Einrichtungen, Projekte und Stadtplanung Organisation von Beteiligung: methodische Differenzierung in Bezug auf die unterschiedlichen Gruppierungen. Konzeptionelle Differenzierung der Jugendhilfe, z.b. Einrichtungen mit veränderte sozialräumlichen Schwerpunkten, mobile Projekte... Entwicklung gemeinsamer Projekte: z.b. Mehrfachnutzung s.u. 167

166 sozial raum stadt: Reflexionen Beispiel Projekt Mehrfachnutzung aus Wien Ein interessantes Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit zwischen dem Verein Jugendzentren der Stadt Wien und einer Planerin der Magistratsabteilung Stadtentwicklung und Stadtplanung, deren besondere Aufgabe die Ermöglichung der Mehrfachnutzung von Flächen insbesondere für Kinder und Jugendliche ist. (Kleedorfer 1999, S. 169) So werden etwa Grundstücke, die zur Bebauuung vorgesehen sind, in der oft nicht unbeträchtlichen Zeit zwischen Planung und Baubeginn genutzt, z.b. durch die Einrichtung eines Beach-Volleyball Platzes, der von einer in der Nähe liegenden Jugendeinrichtung begleitet wird. Literatur Baacke, D.: Der sozialökologische Ansatz zur Beschreibung und Erklärung des Verhaltens Jugendlicher, in: deutsche jugend, Heft 11/1980, S. 493 ff. Baacke, Dieter.: Die 6-12jährigen, Weinheim, 1984 Bader, Kurt: Alltägliche Lebensführung und Handlungsfähigkeit. Ein Beitrag zur Weiterentwicklung gemeinwesenorientierten Handelns, in: Stiftung Mitarbeit: Alltagsträume, Lebensführung im Gemeinwesen Beiträge zur Demokratieentwicklung von unten Nr. 18, Verlag Stiftung Mitarbeit, Bonn 2002, S. 11 B 60 Böhnisch, Lothar/Münchmeier, Richard:Pädagogik des Jugendraums Zur Begründung und Praxis einer sozialräumlichen Jugendpädagogik. Weinheim und München 1990 Böhnisch, Lothar/Münchmeier, Richard: Wozu Jugendarbeit?, Weinheim und München 1987 Böhnisch, L.: Räume, Zeiten, Beziehungen und der Ort der Jugendarbeit in: Zeitschrift Deutsche Jugend 50. Jahrgang, Heft 2/2002, S. 71 Braun, Karl-Heinz, Schule und Sozialarbeit in der Modernisierungskrise, in: "Neue Praxis", 2/1994, S. 107ff. 168

167 Deinet Handeln auf gleicher Augenhöhe? Deinet, Ulrich: Das Konzept "Aneignung" im Jugendhaus. Neue Impulse für die offene Kinder- und Jugendarbeit. Opladen 1992 Deinet, Ulrich: "Sozialräumliche Jugendarbeit. Eine praxisbezogene Anleitung zur Konzeptentwicklung in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit", Opladen 1999 Deinet, Ulrich/Krisch, Richard: Der sozialräumliche Blick der Jugendarbeit. Methoden und Bausteine zur Konzeptentwicklung und Qualifizierung, Opladen 2002 Deinet,Ulrich/Reutlinger, Christian: Aneignung als Bildungskonzept der Sozialpädagogik. Beiträge zur Pädagogik des Kindes- und Jugendalters in Zeiten entgrenzter Lernorte, Opladen 2004, i.e. Herlyn, Ulfert/Seggern, Hille von/heinzelmann, Claudis/Karow,Daniela: Jugendliche in öffentlichen Räumen der Stadt Chancen und Restriktionen der Raumaneignung, Wüstenrot Stiftung, Opladen 2003 Kleedorfer, Jutta Partizipation - gibt s das schon?, in: Verein Jugendzentren (Hrsg.) Sozialpädagogik und Jugendarbeit im Wandel - auf dem Weg zu einer lebensweltorientierten Jugendförderung, Wissenschaftliche Reihe, Band I, Wien 1999 Krisch, Richard: Zur Anwendung von Methoden sozialräumlich orientierter Lebensweltanalysen in der Jugendarbeit, in: Lindner, Werner (Hrsg.) Ethnographische Methoden in der Jugendarbeit, Opladen 2001 Krisch, Richard: Über die pädagogische Aufschließung des Stadtraumes: Sozialräumliche Perspektiven von Jugendarbeit In: Liegle Ludwig/Thiersch Hans/Treptow Rainer (Hrsg.) Zur Neubestimmung des Bildungsbegriffs in der Pädagogik der frühen Kindheit und in der Sozialpädagogik. Lambertus Verlag; Freiburg im Breisgau 2002 Leontjew, A.N.: Problem der Entwicklung des Psychischen, Frankfurt a.m Löw, Martina: Raumsoziologie, Frankfurt a.m Reutlinger, Christian: Stadt, in: Handbuch Kinder und Jugendhilfe, Weinheim und München, S Reutlinger, Christian: Jugend, Stadt und Raum. Sozialgeographische Grundlagen einer Sozialpädagogik des Jugendalters. Opladen 2003 Sturzenhecker, Benedikt: Prävention ist keine Jugendarbeit. Thesen zu Risiken und Nebenwirkungen der Präventionsorientierung, in Sozialmagazin 1/2000, S

168 sozial raum stadt: Reflexionen Thiersch, Hans: Lebensweltorientierte soziale Arbeit und Forschung, in: Thomas Rauschenbach, Werner Thole (Hg.) Sozialpädagogische Forschung, Weinheim und München 1998, Seite 81 ff. Zeiher, Helga: Die vielen Räume der Kinder. Zum Wandel räumlicher Lebensbedingungen seit 1945", in: Preuss-Lausitz, Ulf u. a.: Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder, Berlin 1983 Clemens Altschiller Monika Alisch Ulrich Deinet Die ReflektorInnen im Gespräch Foto: Axel Joerss 170

169 sozial raum stadt Praxisperspektiven 171

170 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Heinz-Peter Junker Wohnsicherheit in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit (1) Das Modell Dortmund-Hörde, Clarenberg In den Zeiten zunehmender gesellschaftlicher und individueller Unübersichtlichkeiten scheint das Wohnen, der Ort des Wohnens- das Haus und die Wohnung - ein letzter verbliebener Ankerpunkt zu sein, von dem aus sich der Einzelne diesen Unübersichtlichkeiten stellen kann. Allerdings wird dieses scheinbar und aus der bundesrepublikanischen Wohnungstradition sichere Feld ebenfalls unübersichtlich. Wohnungsbestände, Wohnungsunternehmen lösen sich immer mehr aus ihren wohnungs- und sozialpolitischen Rahmen und bewegen sich als Marktteilnehmer. Die Wohnung wird zunehmend ein handelbares Wirtschaftsgut. Insofern beginnt der Ankerpunkt Wohnung sich zu lockern und zu lösen. Führte schon in der Vergangenheit die oben skizzierte Unübersichtlichkeit zur Verunsicherung von Individuen und sozialen Gruppen, wird die beschriebene Entwicklung der Wohnungswirtschaft diesen Prozess noch verschärfen (2). Wohnsicherheit ist daher in allen Facetten ein zentrales Thema. Sicheres Wohnen ist von existenzieller Wichtigkeit für jeden Einzelnen und der Schutz vor Bedrohungen ein für viele Bewohner zentrales Bedürfnis. Neben der sozialen Sicherheitskomponente spielt auch die technische Sicherheit eine große Rolle.(3) Aus der Sicht der Nutzer stellt die Wohnsicherheit neben der Identitäts- und Repräsentationsfunktion des Wohnens und der Wohnung das zentrale Thema dar, ( 4) denn wahrgenommene Kriminalität reduzierte(n) die Zufriedenheit mit der Nachbarschaft. ( 5 ) Wenn diese Funktionen gestört sind, ist anzunehmen, dass der Nutzer das Haus, die Wohnung und das Quartier verlassen wird. 172

171 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Diesem Nutzerverhalten steht das primäre Ziel der Wohnungsunternehmen gegenüber, Wohnungen dauerhaft zu vermieten und damit entsprechende Erträge zu erwirtschaften. Die Aufgabe, über Wohnsicherheit nachzudenken, hat daher für Wohnungsunternehmen und ihre Partner eine hohe ökonomisch bedingte Priorität. Ein Quartier, und auf dieses fokussiert sich die Betrachtung, denn das Quartier ist der Ort, an dem Konflikte verschiedenster Art eskalieren, hier zeigen sich die (unerwünschten) Nebenfolgen gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen, ( 6) das den Stempel unsicher trägt, wird zunehmend schneller in einen tatsächlichen und wahrnehmungsspezifischen Abwärtsstrudel geraten, der nicht oder nur mit erheblichem Aufwand aufgefangen und umgekehrt werden kann. Wohnsicherheit ist daher ein quartiersbezogenes Thema, denn für die Bewohner selbst können die als gut ausgestattet empfundenen eigenen vier Wände das äußere Erscheinungsbild des Wohnumfeldes nicht mehr kompensieren: die Häuser und das gesamte Quartier in seinem jetzigen Erscheinungsbild sind zu diesem Zeitpunkt gesellschaftlich stigmatisiert. ( 7 ) Die Folge davon ist, dass das Quartier nicht nur benachteiligt ist, vielmehr benachteiligend wirkt. (8 ) Allerdings genügt hier nicht, ausschließlich bauliche und planerische Maßnahmen als Schlüssel für positive Veränderungen anzusehen, soziale Maßnahmen müssen als eigenständiger Faktor einbezogen werden (9), denn es gibt keine monokausalen Zusammenhänge zwischen Raumfaktoren und Kriminalität. (10 ) Eine Annäherung an die Fragestellung macht deutlich, welche Komplexität hinter dem Begriff Wohnsicherheit aufzufinden und abzuarbeiten ist. 173

172 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Eine grobe Struktur orientiert sich für Wohnungsunternehmen an den Kategorien, welche objektiv wirksamen Wohnsicherheitsfaktoren aufzufinden sind, und welche subjektiv wirkenden Faktoren der gefühlten Sicherheit bei dem/der Bewohner/in zu verzeichnen sind. (11) Beide Kategorien müssen nicht deckungsgleich sein. Möglich - und im Alltag häufig anzutreffen - sind Gegensatzpaare. Eine objektive Lagebeurteilung kann zu einem positiven Ergebnis führen, gleichwohl wird auch vor diesem Ergebnis ein Grad an subjektiver Unsicherheit artikuliert. An dieser Stelle treten für die Entwicklung von Handlungskonzepten durch ein Wohnungsunternehmen erste Schwierigkeiten auf. Im Bereich der objektiv wahrnehmbaren Sachverhalte lässt sich dazu schnell eine Aussage zu den Handlungsfeldern des Wohnungsunternehmens treffen. Das Unternehmen muss bei seiner Produktentwicklung im Neubau, der Modernisierung und Instandhaltung: die allgemeine wohnsicherheitsbezogene Lagebeurteilung (Polizeibefragung, Kriminalität im Quartier) einbeziehen eine wohnsicherheitsbezogene Raumbeurteilung (Wegeführung, Übersichtlichkeit, Überwachung, Beleuchtung, Frei- und Spielanlagen, Aufenthaltsbereiche, Angsträume, Sauberkeit, Gebäudestrukturen) vornehmen eine wohnungsbezogene Beurteilung (Wohnungstür, Fenster, Gegensprechanlage, Sichtverhältnisse Vorflur) durchführen eine hausbezogene Beurteilung (Sichtverhältnisse Hauseingang, Hauseingangsüberwachung und Kommunikation, Farbe und Licht, Lage der Balkone, Fenster, Sauberkeit) erstellen Wahrnehmung des Quartiers (Image/Kriminalität) ermitteln, 174

173 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit und in Handlungskonzepte einarbeiten. Diese Mikroebene muss in einen zweiten Schritt dergestalt erweitert werden, dass die Einschätzung der lokalen, ökonomischen und sozialen Lage hinterfragt wird. Die Analyse mündet in einer Image- und Entwicklungsprognose des Quartiers. Diese Raumanalyse ist zu ergänzen um eine soziostrukturelle Analyse des Quartiers (Sozial- und Altersstruktur, Lebensverhältnisse), damit hinsichtlich der vorhandenen und vorgesehenen Zielgruppen die Wohnsicherheitsanalyse komplettiert werden kann. Verbunden damit ist wesentlich, die Imageanalyse zu betreiben. Das vorhandene bzw. angestrebte Image determiniert wesentlich die Eigenwahrnehmung - die subjektiven Sicherheitswahrnehmungen - und die Wahrnehmung objektiver Faktoren, d. h. positive objektive Sicherheitsfaktoren verlieren ihren Wirkungsgrad, wenn die Wahrnehmung des Quartiers negativ ist, denn das Phänomen der subjektiven Kriminalitätsfurcht und der so genannten Angsträume wird von Merkmalen der bebauten Umwelt beeinflusst. (12) Der zweite wesentlich schwieriger zu beeinflussende Aspekt stellt die subjektive Wahrnehmung von Sicherheit dar. Diese subjektive Wahrnehmung wird gespeist aus: gesellschaftlich verursachter Unsicherheitswahrnehmung (Ökonomie/Kultur/Ökologie/ soziale Lage/ethnische Aspekte) individuell bedingte Unsicherheitswahrnehmungen (Alter, Gesundheit, Lebenslage, sozio-ökonomische Lage/Nachbarschaft) 175

174 sozial raum stadt: Praxisperspektiven raumbedingte handlungsbedingte Unsicherheitswahrnehmung (Raumwahrnehmung, soziale Kontrolle, Gruppen-Vereinzelungswahrnehmung, Ordnungswahrnehmung, Kriminalitätsfurcht) handlungsbedingte Unsicherheitswahrnehmung (Handeln und Bewegen in Räumen). Diese Aspekte wirken sich - miteinander verbunden - aus. Sie bestimmen individuelle Wahrnehmungen, die schwer von außen zugänglich und korrigierbar sind. An diesen Stellen endet in der Regel die Handlungsmöglichkeit eines Unternehmens. Ziel kann es daher nur sein, diese subjektiven Aspekte zu reflektieren und in Beziehung zu den genannten objektiven Faktoren zu setzen. So dürfte beispielsweise eine positive Imageentwicklung eines Quartiers auf die gesellschaftlich verursachte Unsicherheitswahrnehmung einwirken. Die demonstrative Hervorhebung wohnsicherheitsrelevanter Aspekte - Videoüberwachung/ Concierge - dürfte sich in der individuellen Unsicherheitswahrnehmung positiv widerspiegeln. Die kommunizierte, nachvollziehbare Veränderung der Räume (Freianlagen, Wege, Hauseingänge) dürfte der raumbedingten Unsicherheitswahrnehmung entgegenwirken. Problematischer ist die handlungsbedingte Unsicherheitswahrnehmung zu sehen. Das Agieren von Personen in Räumen (Kinder, Jugendliche, ältere Personen) ist in der Regel verbunden mit bestimmten, sozial wirksamen, auf die Eigenoder Fremdgruppen zielenden Signale. Deren Interpretation und Wahrnehmung kann zu Unsicherheitsgefühlen führen. An dieser Stelle mag verstärkte soziale Kontrolle verbunden mit einem entsprechenden Nachbarschaftsangebot positiven Einfluss ausüben. 176

175 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Hier hat das Unternehmen eine sehr begrenzte Wirkungsmöglichkeit auf die Stärke und Ausprägung von Signalen. Sie eröffnen sich in der Regel dann, wenn unterschiedlich interpretierte Signale eine Konfliktintervention vom Unternehmen erfordern. Unter den dargestellten Gesichtspunkten ist es erforderlich, dass sich Architekt und Planer den Wohnsicherheitskategorien und ihren Auswirkungen stellen, sich Wohnungsunternehmen bei ihren Investitionsplanungen der Frage der Wohnsicherheit vorrangig widmen, sich weitere Akteure (Vereine, Polizei, Verwaltungen) in die lokal definierte Aufgabenstellung einbringen, Betroffene in den jeweiligen Entwicklungsprozess einbezogen werden, thematisch und zielgerichtet Kommunikationsprozesse entwickelt werden, Prozesse und die darauf fußenden Analysen als integrierte Vorhaben verstanden werden, den Analysen sicht- und fühlbare Ergebnisse und Umsetzungen erfolgen. Im Projekt Weiterentwicklung Dortmund-Hörde, Clarenberg, wurde versucht, in einem für das Unternehmen in dieser Komplexität ersten Schritt eine entsprechende Konzeption zu entwickeln. 177

176 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Das Modell Dortmund-Hörde, Clarenberg Eine in den frühen Siebzigern begehrte Wohnanlage, hervorragend im alten Ortskern Hörde gelegen, bestens infrastrukturell angebunden, hatte sich abgelebt. Das Thema, wie Wohnungsunternehmen mit Großsiedlungen umgehen können und müssen, steht seit Jahren an der Spitze der Tagesordnung. Dabei ist, wenn man den Zeitrahmen zu Grunde legt, diese Diskussion fast älter als die Großsiedlung. Schon vor fast 40 Jahren - die Entwicklung und Umsetzung der neuen Großsiedlungsformen stand vor dem Höhepunkt, die Neubauaktivitäten entwickelten eine ungeahnte Dynamik - kritisierte Alexander Mitscherlich in seinem gerade heute noch lesenswerten Buch über die Unwirtlichkeit der Städte diese Dynamik. Wir müssen uns wie Mitscherlich schreibt, immer wieder dazu zwingen, uns angesichts der eintönigen, formlosen, jedes kulturellen Gestaltungswillens, jeder Baugesinnung baren Großsiedlung, die sich allerorts ins Land fressen, zu sagen: das und nichts anderes ist die Stadt deiner Zeit. Nur dadurch können wir schließlich unsere Empfindsamkeit dafür schärfen, was menschenwürdig und was pathologisch an dieser Entwicklung unserer Städte ist. (13) Hellsichtig hatte der Autor schon frühzeitig die Probleme erkannt. Er thematisierte begrifflich das, was sich damals schon in den Köpfen der Menschen als Bild der Großsiedlung festsetzen wird. Die vier Gebäudekomplexe mit rund Wohnungen wirken wie Fremdkörper im Ortsteil. Die Gebäude ließen Maßstäblichkeit vermissen. Architektur und Gestaltung erlauben negative Assoziation und Wahrnehmungen. Wege, Freiräume, Zugänge und Eingänge unterstreichen die negativen Wahrnehmungen. Das Fehlen von Sauberkeit und Ordnung wurde mit 178

177 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit wachsender Kriminalität in Zusammenhang gebracht (14). Insgesamt, so der Befund, wurde das Quartier aufgrund seiner baulichen Gestaltung stark negativ in der Fremdwahrnehmung stigmatisiert. Die Gründe dafür waren: a) das bisher schlechte Image der Wohnanlage. Wenngleich bei schon lange dort wohnenden Mietern ein positives Eigen-Image besteht, dessen Grundlage in der guten Nachbarschaft, dem Wohnungszuschnitt und der hervorragenden infrastrukturellen Anbindung gesehen wird, meint diese Mietergruppe, dass das Fremd-Image eher negativ war. (15) b) die negativ belegte städtebauliche Figur und damit das Wohn- und Lebensgefühl vor Ort, weil die städtebauliche Figur des Quartiers mit seiner hochgeschossigen, verdichteten Bebauung den Menschen durch die Maßstäblichkeit erdrückt, die Gestaltung der Häuser sich durch Monotonie auszeichnete. Das Grau der Fassaden kombiniert mit mauselochartigen Hauseingängen wirkte im hohen Maße negativ, die städtebauliche Figur und die Architektur, die dazu führten, dass sowohl der Bewohner als auch der betrachtende Dritte Anonymität, Vandalismus, Kriminalität und Unsicherheit, Angsträume als stabile Assoziationselemente artikulierten, die sich in der Öffentlichkeit verfestigt hatten. Die Bewohner, wenngleich mit den Wohnungen zufrieden, schlossen sich zunehmend dieser Fremdwahrnehmung an, übernahmen sie als Eigenwahrnehmung und artikulierten Wegzugsabsichten, wenn das Wohnungsangebot sich entspannen würde. 179

178 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Die ökonomische und damit weitgehend einhergehende soziale Monostruktur spiegelte sich in den beschränkten ökonomischen Möglichkeiten vieler Haushalte wider. Die in der Vergangenheit geübte Belegungs- und Vermietungspraxis hatte aufgrund der Eigenschaft öffentlich gefördert zu einer sozial, ökonomisch und ethnischen Heterogenität geführt. Dadurch war insbesondere der Eindruck entstanden, dass durch die Belegung der Wohnungen mit sozialen Gruppen aus dem unteren sozio-ökonomischen Drittel der Gesellschaft in einen sozial stigmatisierten Quartier zu leben, das derjenige, der es konnte, schnellstmöglich verlassen wollte. Rund 23 % der Gesamtbewohnerschaft befanden sich Ende der 90er Jahre im Sozialhilfebezug, d. h. in der Regel auch Arbeitslosigkeit. Der Anteil ausländischer Bewohner beträgt 22 %. Als Ergebnis der Problemanalyse kann festgehalten werden, dass eine gestalterisch-städtebauliche Weiterentwicklung und Akzentsetzung stattfinden, die soziale Struktur der Bewohnerschaft geöffnet und damit ausgeglichen gestaltet werden, das Image-Problem aufgearbeitet und behoben und der Wohnkostentwicklung wirksam entgegengesteuert werden musste. Zielsetzung ist es, die Wohnanlage für Dritte wieder interessant werden zu lassen und den jetzigen Bewohnern eine neue Wohnperspektive zu vermitteln. 180

179 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Welche Interessenlagen sind zu betrachten?: a) aus der Sicht des Wohnungsunternehmens geht es um die Sicherung der Vermögenswerte die Nachhaltigkeit der Ertragsentwicklung die dauerhafte Vermietungssicherheit die Erweiterung des Nutzerkreises sowie um die soziale und technisch gestalterische Weiterentwicklung und das Verhindern einer Stigmatisierung b) aus der Sicht der Kommune um die Vermeidung einer sozialen und ökonomischen Stigmatisierung und Ghettoisierung eines Quartiers mit den negativen Folgen für die Stadt- und Stadtteilentwicklung c) aus der Sicht der jetzigen Bewohner um Wohnsicherheit einen Wohnwert zu vertretbaren Kosten die Verhinderung der Stigmatisierung d) aus der Sicht zukünftiger, möglicher Bewohner um modernes, zeitgemäßes und angenehmes Wohnen Wohnwert und Wohnimage kostengünstiges Wohnen 181

180 sozial raum stadt: Praxisperspektiven e) aus der Sicht des Wohnumfeldes um die Vermeidung einer andauernden Stigmatisierung und die Beibehaltung des Umfeldwohnwertes Die Sichtweisen machen deutlich: Die soziale, ökonomische und gestalterische Weiterentwicklung liegt zwar in der Hand des Wohnungsunternehmens, jedoch sind alle Interessengruppen im Sinne einer umfassenden Strategie aktiv mit einzubeziehen. Antworten auf diese Fragestellungen müssen explizit daher auch berücksichtigen, wie das abzeichnende Bild einer überforderten Nachbarschaft wirksam korrigiert werden kann. 16 Die andauernde Stigmatisierung zeigte Erfolge. Alle redeten über den Clarenberg, als wäre dieser ein Patient auf der städtebaulichen Intensivstation, dessen Überleben nur durch stete Zuwendung und Zuführung von Medikamenten gesichert, wenngleich insgeheim ein Überleben gar nicht gewünscht werde. Welche Chancen hat die Clarenberg -Großsiedlung in der Zukunft? 17 Gibt es überhaupt Chancen angesichts des gesellschaftlichen Wandels? Beachtet die Diskussion ausreichend die gravierenden strukturellen Mängel, deren Behebung eine Jahrzehnteaufgabe ist und bleiben wird? Trifft es nicht vielmehr zu, dass, wie es Häußermann/Siebel in ihrem Buch Neue Urbanität vermuten, die neuen Haushaltstypen (...) die Neubauten meiden, weil diese in der Regel auf einen spezifischen modernen Lebensstil zugeschnitten sind, der nach den Vorstellungen der Architekten offensichtlich vor allem durch zweckloses Beisammensein sämtlicher Bewohner geprägt ist? 18 Die Auseinandersetzung mit dem Thema, die Entwicklung von Konzeptionen und das zielgerichtete Umsetzen der Konzeptionen liegen im primären ökonomischen Interesse der Wohnungsunternehmen. Es geht um die langfristi- 182

181 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit ge Sicherung der Werthaltigkeit einer Immobilie und damit wesentlicher Teile der Vermögenssubstanz. Es liegt aber auch im Interesse der Gesellschaft und der Kommunen, wenn Ghettobildungen und Verslumung und damit die Anhäufung sozialen Sprengstoffs vermieden wird. Ökonomische Interessen der Unternehmen und sozialpolitische Zielsetzungen der Gesellschaft verbinden sich hier. Das Unternehmen hatte bei seiner Planung und Umsetzung daraus Konsequenzen gezogen, in deren Mittelpunkt auch die Frage der Wohnsicherheit stand. Wenngleich die objektive Kriminalitätsentwicklung zu keinem Zeitpunkt als besonders kritisch angesehen wurde, stand diesen jedoch die aus subjektiver Wahrnehmung erzeugte Kriminalitätsfurcht gegenüber. 1. Es kann nur ein integriertes Konzept umgesetzt werden, das interdisziplinär entwickelt werden muss. Neben Kommunikation und Marketing, Hausbewirtschaftung und Technik, Gestaltung und Kunst mussten insbesondere sozialarbeiterische Aspekte (soziale Bauleitung, Modernisierungsbegleitung, Mieterinformation, Beteiligungsverfahren) in die Planung und Umsetzung einfließen. Zusätzlich sind weitere Akteure (Arbeitskreise, Nachbarschaftseinrichtungen, lokale Politik und Verwaltung) einzubeziehen. 2. Das Konzept muss kontinuierlich in allen Entwicklungs- und Bearbeitungsstufen kommuniziert werden (Presse/Veranstaltungen). Dazu diente ein strategisch angelegtes Kommunikationskonzept, das die Vorurteilsstrukturen analysieren, aufbrechen und verändern, alle Maßnahmen unter einem zentralen kommunikativen Aspekt ( Slogan ) zusammenfassen, 183

182 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Kommunikationsschritte entwickeln und mit der Maßnahmedurchführung eng verknüpfen, Meinungsträger und lokale Akteure einbeziehen und überzeugen, nach innen und außen gleichermaßen wirken musste. Die gestalterisch-baulichen Maßnahmen mussten so eingreifend sein, dass ein positiv besetzter Wahrnehmungs- und Imagewandel angestoßen und erzielt werden kann, denn Heimat verlangt Markierungen der Identität eines Ortes. 19 Quartiersidentitäten über Farbgestaltungen, Eindeutigkeit der Wegebeziehungen, Beteiligung der Bewohner an einzelnen Entwicklungsschritten, Kommunikation des Projektes und der dazugehörigen Schritte, sozialarbeiterische Begleitung der Baumaßnahmen (soziale Bauleitung) und die quartiersmarkierenden großen Hausnummern als Identitäts- und Imagebildner stellen Hauptpunkte des Wandels dar. Das Prinzip Sehen und gesehen werden Unübersichtlichkeit, Intransparenz, Angsträume, Tatgelegenheitsstrukturen, Unsauberkeit - mit diesen Stichworten waren Hauseingänge, Zuwege und Freianlagen gekennzeichnet. Diese auch psychoemotionalen Elemente ansprechenden Wahrnehmungen determinierten zentral die Raumwahrnehmung - und damit die Sicherheitswahrnehmung des Quartiers. Die bauliche Gestaltung verhinderte das wechselseitige Sehen und Gesehen-Werden, aus dem ein Miteinander entsteht, das nicht einmal der Kommunikation bedarf, um eine erste Gelegenheit zur Bildung von Vertrauen und Toleranz zu sein: Allein über die gegenseitige Wahrnehmung können soziale Beziehungen entstehen und wird soziale Integration mög- 184

183 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit lich. 20 Die diesem Prinzip entgegenstehenden baulichen Teile der Freianlagen wurden beseitigt. Eine klare, gekennzeichnete und beleuchtete Wegeführung, die direkt zum Hauseingang führt, wurde hergestellt. Die Hauseingänge wurden von der Gestaltung und Materialität her aufgewertet. Die Durchsichtigkeit der Eingänge fördert das Sehen und Gesehen-Werden. Wer im Eingangsbereich ist, sieht und wird gesehen. Gleiches gilt nur für weitere Vorzonen vor den Eingängen: Wer dort sich aufhält, wird gesehen - und sieht ebenfalls. Das wohnsicherheitsrelevante Sichtfeld wurde somit erheblich vergrößert. Einbezogen darin sind die Parkplätze, Müllstandplätze und Spielflächen. Unterstützt wird diese Wahrnehmungskomponente durch eine Videoüberwachung der Eingangsbereiche und durch die Conciergerie, die sich im höchsten Haus befindet, von dort Sicherheitsgänge im Quartier vornimmt, und, wesentlich für die subjektive Sicherheitswahrnehmung, bis in die späten Abendstunden präsent ist. Die Kommunikation mit und zwischen den Bewohnern wurde verändert und verbessert. Ein breites nachbarschaftliches Aktivitätsangebot, von den Betreffenden in der Regel selbst organisiert, führt zu einer veränderten gegenseitigen Wahrnehmung und ermöglicht neue soziale Beziehungen. 21 Die Ergebnisse: 1. Der Image- und damit Wahrnehmungswandel des Quartiers ist eingeleitet. 2. Die Wohnsicherheitswahrnehmung hat sich sehr deutlich positiv entwickelt. 3. Es findet kein Wegzug aus dem Quartier wegen der Quartierswahrnehmung statt. Der Versuch, den an seiner Umwelt so enttäuschten und nicht zuletzt auch deshalb so flüchtigen, so mobilitätssüchtigen Städter wieder ein Milieu zu schaffen, in dem er 185

184 sozial raum stadt: Praxisperspektiven konstant Fuß zu fassen, dauerhafte Beziehungen zu Menschen und zu Dingen, zum Beispiel zu seinem Haus - auch wenn es ein Hochhaus sein sollte - herzustellen vermag, scheint in wesentlichen Teilen geglückt zu sein. 4. Die Bewohner sind stolz auf ihr Quartier. 5. Leerstand und Fluktuation konnten deutlich reduziert werden. 6. Vandalismus, Sperrmüll und Unsauberkeit sind nicht mehr vorzufinden. 7. Der Umgang mit dem Haus und dem Wohnumfeld zeigt die positive Wertschätzung der Bewohner. 8. Außenstehende nehmen das Quartier positiv wahr. Die Schwellenangst vor dem Clarenberg konnte aufgehoben werden. Es ziehen zunehmend andere Gruppen - Selbstzahler, Ältere - wegen des integrierten Konzeptes zum Clarenberg. 9. Die vor Ort tätige Kundenbetreuung muss sich immer wieder gewachsenen Ansprüchen und Anforderungen stellen. 10. Konzepte dieser Art lassen sich nur interdisziplinär entwickeln, durchführen und begleiten. Allerdings ist es notwendig, den Ausgangspunkt eindeutig zu definieren, Ziele abzuleiten, Wege und Methoden zielbezogen zu entwickeln. 11. Investitionsmaßnahmen - seien es Neubau, Modernisierung oder Instandhaltung - müssen, da diese vom Unternehmen beeinflusst werden, ein Raster unter kriminalpräventiver Fragestellung durchlaufen. Dieses Raster darf aber bei baulichen Aspekten nicht stehen bleiben. Soziale, quartiersbezogene und die ökonomische Lage der betroffenen Haushalte thematisierende Gesichtspunkte müssen mit in das Raster eingefügt werden. 186

185 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Das Modell Clarenberg macht die Komplexität des Ansatzes deutlich. Gleichwohl lassen sich Rasterelemente für die Planung und Durchführung derartig komplexer Modelle anhand von folgenden Fragestellungen stichwortartig festhalten. 1. Welche Ziele hat Ihr Unternehmen bei der Erneuerung der Großsiedlung Clarenberg verfolgt? Eindeutige Zieldefinition: Dauerhafte, nachhaltige Vermietbarkeit Imagewandel Design Service Wohnsicherheit Sozialraumentwicklung durch zielgruppenbezogene Produktentwicklung verändertes Produktangebot neue Zielgruppen Stabilisierung bisheriger Zielgruppen 187

186 sozial raum stadt: Praxisperspektiven 2. In welcher Weise wurden die baulich-architektonischen, sozialen und wohnungswirtschaftlichen Ziele indisziplinär, also in der Zusammenarbeit verschiedener Professionen bearbeitet? Interdisziplinarität des Ansatzes Architekt und Technik Marketing und Kommunikation objektbezogene Sozialarbeit Zielerfüllung Kundenbetreuung/Hausbewirtschaftung wirtschaftliche Betreuung und Konzeptionierung a) Gleichrangigkeit der Professionen b) Imagewandel Aufgabe Marketing/Kommunikation Design Architekt + Technik Service Kundenbetreuung/ Hausbewirtschaftung objektbezogene Sozialarbeit Sozialraumentwicklung Service/objektbezogene Sozialarbeit/ Architekt/Technik/ Kommunikation/Marketing Wohnsicherheit 3. Worauf kommt es bei der interdisziplinären Stadterneuerung an, damit der Stadtteil ein sozialer, lebenswerter Raum wird? Betrachtung vom Nutzer her: a) bisherige Nutzergruppen b) Definition neuer Ziel- und damit Nutzergruppe mögliche Nutzer- und Nutzungsprofile Nutzererwartungen an Objekt/Umfeld/Service 188

187 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit Betrachtung des sozialen Raumes sozioökonomisches Profil kulturelles und ethnisches Profil sicherheitsrelevantes Profil ermitteln und Ziele in den Feldern definieren. Definition des Ziels sozial und lebenswert. Ermitteln auch des Handlungsspektrums eines Unternehmens/ggf. Einbeziehung anderer Akteure. 4. Welche Sozialmanagement-Beiträge muss das Wohnungsunternehmen leisten, welche Gestaltungsmuster müssen von Architektur und Städtebau kommen und welche weiteren Beiträge müssen Dritte leisten (soziale Arbeit, Polizei u. a.)? a) Sozialmanagement Unternehmen Definition gegenwärtiger und zukünftiger Nutzergruppen. Definition Nutzererwartungen/Abgleich mit den Handlungsmöglichkeiten des Unternehmens. Entwicklung von objekt- und sozialraumbezogener Strategien zur Stabilisierung der Nutzergruppen/Erschließen neuer Nutzergruppen. b) Architektur/Städtebau Imagewandel durch Architektur/Städtebau-Planung 189

188 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Planung entlang ermittelter gegenwärtiger und angenommener zukünftiger Nutzerprofile Strenges Kostenbewusstsein/Kostenkontrolle c) Polizei / soziale Arbeit u. a. Einbringen standort-spezifischer Einflussfaktoren (Kriminalitätsrate/lokalräumliche Sozialstruktur/ Netzwerkstrukturen/ lokalökonomisches Profil) Abgleich der Daten mit Nutzererwartungen/Nutzerprofile 5. Über welche interdisziplinären Kompetenzen müssen die beteiligten Fachleute verfügen, damit die baulich-architektonischen, sozialen und wohnungswirtschaftlichen Ziele erreicht werden und die Projekte erfolgreich verlaufen? konzeptionelles Denken integratives Denken in vernetzten Strukturen Kommunikationsfähigkeit problemlösende Verfahrensweise Einfinden in die Denk-Argumentationsstrukturen der jeweils anderen Professionen 190

189 Junker: Wohnansichten in Zeiten der Neuen Unübersichtlichkeit 6. Welche Empfehlungen werden aus den Erfahrungen für die Kooperation der verschiedenen Professionen abgeleitet, die an der sozialen Stadtentwicklung und wohnungswirtschaftlichen Bestandsentwicklung beteiligt sind? Die wesentlichen Aspekte dazu: Zielvorgaben des Unternehmens im Bereich der Gesamtentwicklungsstrategie des Quartiers hinsichtlich von Zielgruppen zentrale Imageelemente /Gestaltungsbereiche Kostenrahmenvorgaben des Unternehmens Intensive Kooperation mit der öffentlichen Hand vor/während/nach Abschluss eines Projektes ggf. Einbeziehen anderer Disziplinen (z. B. Marketingagentur) Heinz-Peter Junker Foto: Axel Joerss 191

190 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Anmerkungen: (1) dazu Jürgen Habermas,, Die Neue Unübersichtlichkeit, Frankfurt 1985 (2) Hartmut Häußermann, Wie verändern sich die Städte in 1. Form Wohnungswirtschaft, Schriftreihe Bd II Düsseldorf 2002, S 30 f. (3) gdw-leitfaden Innovative Dienstleistungen, Berlin 2004, S. 22 (4) Rotraut Walden, Lebendiges Wohnen: Entwicklung psychologische Leitlinien zur Wohnqualität, Frankfurt 1993, S. 27 ff. (5) Walden, S. 55, vgl. auch Häußermann, S. 33 (6) Heike Herrmann, Sozialraum Quartier, Konfliktfelder und Perspektiven in Großstsadtregionen in Journal für Konflikt- und Gewaltforschung, Bielefeld 2000, S. 207 (7) Herrmann, S. 217 (8) Jens S. Dangschat, Segregation-Indikator für Desintegration, in: Journal für Konflikt- und Gewaltforschung, Bielefeld 2004, S. 19 (9) Britta Bannenberg, Kriminalpräventation in sozialräumlicher Perspektive, Abstractes zur Tagung Wie gefährlich ist Segregation in Städten, Bielefeld 2004, 11. Bielefelder Konferenz des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (10) Herbert Schubert/Angela Schnitger, Sicherheit planen und gestalten, Hannover2004, S. 6 (11) Schubert/Schnittger a.a.o. S. 6 (12) Herbert Schubert/Angela Schnittger, Sicheres Wohnquartier, Gute Nachbarschaft, Hannover 2003, S. 16 (13) Alexander Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit der Städte, Frankfurt 1976, S. 115 f die Vermeidung sozialer Brennpunkte mit den kommunalwirksamen Folgekosten (1) Herrmann, S. 216 (14) FORSA, Die Großsiedlung Clarenberg, Befindlichkeiten der Mieter, Dortmund 1995 (15) Marie-Therese Krings-Heckemeier, Ulrich Pfeiffer, Überforderte Nachbarschaft soziale und ökonomische Erosion in Großsiedlungen, Köln 1998 (16) Hartmut Häußermann/Walter Siebel, Neue Urbanität, Frankfurt 1982, S. 8 (17) ebda, S. 154 (18) Alexander Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, Frankfurt 1976, S. 15 (19) vgl. Herrmann, a.a.o. S. 210 (20) vgl. Kriminalpräventation in Stadtteilen, S. 25 ff, hsg. Rat für Kriminalitätsverhinderung des Landes Schleswig-Holstein, Kiel

191 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 193

192 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Uwe Brandt / Heike Ohlmann Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost Anmerkung: Folgender Beitrag wurde von den Herausgebern aus der Präsentation der Autoren zusammengestellt. Fotos und Abbildungen: Stadtteilprojekt Aachen-Ost 194

193 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 1. Ausgangslage Fördergebiet Aachen-Ost Luftbild des Fördergebiet Aachen-Ost 195

194 sozial raum stadt: Praxisperspektiven 2. Soziale Situation Daten 30 % der Sozialhilfeempfänger, 30 % der arbeitslosen Jugendlichen wohnen in Aachen-Ost. 30 % der Bewohner sind Migranten. Wohnungsbestand im Viertel Wohnungsbestand im Viertel Reichsweg 196

195 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 3. Meilensteine Aufnahme ins Förderprogramm Ende 1999 Schaffung Strukturen / Einrichtung Stadtteilbüro Mitte 2000 Bewilligungsbescheid Ende 2000 / erste kleine Projekte Stadtteilwerkstatt zum Rahmenplan Sommer 2001 Umsetzung größerer Baumaßnahmen ab 2002 Zukunftskonferenz Herbst 2002 Besonderheiten Projekt wird von allen Parteien getragen (Auch unter bisheriger schwarz-gelber Mehrheit) Breiter Konsens auch in der Verwaltung (bisher) hohe Dichte sozialer Einrichtungen im Viertel Das Fördergebiet besteht aus zwei benachbarten Vierteln 197

196 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Stadtteilbüro Ostviertel Stadtteilbüro Rothe Erde 4. Aufgabenschwerpunkte Beteiligung und Kommunikation Soziales und Gesundheit Arbeitsmarkt und lokale Ökonomie Städtebau und Verkehr Freiraum und Umwelt Wohnen Jugend, Frauen und Familie Bildung, Kultur und Freizeit Das Logo 198

197 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 5. Kooperation Projektorganisation 1 Dezernat Umwelt, Wohnen, Gesundheit Beigeordnete Gisela Nacken Wirtschaftsförderung Dieter Begaß Planungsamt Heike Ohlmann Stadtteilbüro NN, Uwe Brandt, Manuela Burek Unsere Aufgaben Uwe Brandt (Stadtteilmanagement) Soziales Kultur Beteiligung Öffentlichkeitsarbeit Anlaufstelle vor Ort Heike Ohlmann (Projektmanagement) Städtebau / Verkehr Wohnen Finanzen Förderung Organisation (z.b. Lenkungsgruppe) 199

198 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Projektorganisation 2 Projektleitung + Stadtteilbüro Verwaltungsinterne Arbeitsgruppe Lenkungsgruppe Bürger, Politik, Verwaltung Politische Gremien 6. Kooperation im Stadtteil Stadtteilkonferenzen Arbeitskreise Projektgruppen Initiativen Runde Tische Kommissionen Kinder zu Besuch im Stadtteilbüro 200

199 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 7. Aktionen + Projekte Stadtteilwerkstatt im Sommer 2001 Türkische Arbeitsgruppe Beteiligung + Aktivierung i. Kinder machen Rahmenplanung Woche der offenen Tür Kinder machen Rahmenplanung 201

200 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Rahmenplanung: Stadtteilwerkstadt im Sommer 2001 Rahmenprogramm Stadtteilwerkstatt Stadtteilwerk- Rahmenprogramm statt Promis gegen Aachen-Ost Stadtteilwerkstatt im Sommer

201 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost Rahmenplan Aachen Ost: Das Ergebnis aus der Stadtteilwerkstatt 8. Umgestaltung Schulhof Düppelstraße 203

202 sozial raum stadt: Praxisperspektiven 9. Spielplatz Weißwasserstraße Spielplatz Weißwasserstrasse 10. Weitere Aktionen: Verkehrssicherheitsaktion Bürgerversammlung 204

203 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 11. Zukunftskonferenz 12. Öffentlichkeitsarbeit: Stadtteilzeitung 205

204 sozial raum stadt: Praxisperspektiven 13. Projektbeispiele Soziales Wohnumfeldverbesserung Weißwasserstrasse Wohnumfeld Weißwasserstrasse Spielplatz Weißwasserstrasse Elterninitiative Spielplatz Barbarastrasse Bildung: Datenführerschein 206

205 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 14. Projektbeispiel Städtebau / Verkehr: Hüttenstraße Vor dem Umbau Vor dem Umbau Die Planungen 207

206 sozial raum stadt: Praxisperspektiven Ortsmitte Rothe Erde Realisierung Umbau Hüttenstraße Eröffnung durch Oberbürgermeister Linden 208

207 Brandt/Ohlmann: Soziale Stadt NRW Stadtteil Aachen-Ost 15. Weitere Maßnahmen und Projekte Fassadenrenovierungsprogramm Postkarten/ Plakate mit Motiven aus der Stadtteilgeschichte Barbarastrasse: Park mit Interkulturellen Gärten, Schulhof 209

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