Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. 1. Kor 1,3

Transkript

1 Evangelische Kirchengemeinde Allmersbach im Tal Ökumenischer Gottesdienst am zum Fest zwischen den Kirchen Himmelfahrt 1. Könige 8,22-28 Wo ist Gott? (Vikar Frederik Guillet) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. 1. Kor 1,3 Liebe Gemeinde, Bevor ich den Predigttext lese, sollte ich eine kurze Einordnung geben um was sich der Text eigentlich dreht. Das ist auf den ersten Blick nicht so einfach! Als erstes bitte ich Sie die Lesung aus der Apostelgeschichte mal kurz bei Seite zulegen. Jetzt folgt eine kurze Geschichte von Gottes Tempel in Jerusalem: Wir befinden uns im Jahre 1000 v.chr. Ganz Israel ist von einem König beherrscht... Ganz Israel? Ein König? Nein! In Israel leben viele Volksstämme, die noch keinen König haben. Aber ein kleiner schmächtiger Junge steigt schon bald zum König über Israel auf: David! Er vereint Israel unter sich und macht Jerusalem zur Hauptstadt. Und wie das so ist, wenn man König ist und eine Hauptstadt baut, braucht diese auch einen riesigen Tempel. Besonders wenn das israelitische Volk schon so viele gute Erfahrungen mit seinem Gott gemacht hat. Der HERR führte das Volk aus Ägypten und offenbarte sich Mose. Dieser trug die Lade in einem Zeltheiligtum auf seiner Wanderung mit sich. In der schweren Zeit, als Israel noch erobert werden musste, war die Lade ein Machtinstrument. Durch sie wirkte Gott erstaunliche Wunder. Selbstverständlich ist es auch Davids Wunsch für diese Lade einen entsprechenden Tempel zu bauen Aber dies wird ihm verwehrt. Gott spricht durch Nathan: 11b Und der HERR verkündigt dir, dass der HERR dir ein Haus bauen will. 12 Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern schlafen legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. 13 Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich. (2.Sam 7,11b-13) Ah ha. David darf nicht bauen, aber sein Nachkomme! Salomo ist dieser Nachkomme. Er baute ca. 950 v.chr. den Jerusalemer Tem-

2 pel. Es muss ein prachtvoller Bau gewesen sein, der auch ein Allerheiligstes einschloss. In diesem Tempel sollte Gott wohnen. Direkt in der Hauptstadt des Volkes Israels. Und Salomo sprach bei der Tempel Einweihung unseren heutigen Predigtext. Ich lese aus 1.Kön 8, die Verse 22-28: 22 Und Salomo trat vor den Altar des HERRN angesichts der ganzen Gemeinde Israel und breitete seine Hände aus gen Himmel 23 und sprach: HERR, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch unten auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen; 24 der du gehalten hast deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast. Mit deinem Mund hast du es geredet, und mit deiner Hand hast du es erfüllt, wie es offenbar ist an diesem Tage. 25 Nun, HERR, Gott Israels, halt deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast: Es soll dir nicht fehlen an einem Mann, der vor mir steht, der da sitzt auf dem Thron Israels, wenn nur deine Söhne auf ihren Weg Acht haben, dass sie vor mir wandeln, wie du vor mir gewandelt bist. 26 Nun, Gott Israels, lass dein Wort wahr werden, das du deinem Knecht, meinem Vater David, zugesagt hast. 27 Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen - wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe? 28 Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, HERR, mein Gott, damit du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor dir: Wie man hört, war Salomo durchaus bewusst, dass Gott viel zu groß ist, als dass er in einem Haus wohnen könnte, wo ihn doch der unvorstellbar große Himmel nicht fassen kann. Wozu dann der Tempel? (Pause) Gott sollte unter ihnen sein! Bei seinem Volk, wie er es schon immer gewesen war. Aber die Geschichte endet nicht mit unserem heutigen Text! Der Tempel, der Ort, an dem Gott gegenwärtig sein sollte, bleibt ein dramatischer Handlungsort! Über mehrere Generationen entfernte sich das Königtum immer weiter von seinem Ideal David! Salomo sündigte und jeder nachfolgende König noch mehr. Bis schließlich 587 v.chr., so vermuten Historiker, Jerusalem zerstört wurde. Und mit der Stadt auch der Tempel. Große Teile des Volkes Israels wurden nach Babylon in die Gefangenschaft verschleppt. Das Volk in einer doppelten Krise. Nicht nur, dass es sein Heimatland verlassen

3 musste, das könnte man ja noch verschmerzen, nein, das Schlimmste war: Der Tempel wurde zerstört. Und wurde ein Tempel nach antiker Vorstellung zerstört, wurde der Gott des Volkes besiegt, ja sogar vernichtet. Um es mit Nietzsche zu sagen: Gott war Tod!. ABER der HERR unterscheidet sich von den antiken Göttern. Er ist DER Gott, der EINE und EINZIGE Gott! Ihn können die Himmel der Himmel nicht fassen! Und so begleitete Gott, der HERR sein Volk auch in die babylonische Gefangenschaft und kehrte mit ihm nach Israel zurück. Von da an veränderte sich die Vorstellung von Gott, der im Tempel wohnte. Gott war nicht mehr fest mit dem Tempel verbunden, so dass er seine Zerstörung nicht überleben würde! Gott war nicht mehr nur im Tempel. Aber die Bedeutung des Tempels als heiliger Ort blieb. Dort konnte man Gott direkt ansprechen. Man war ihm näher. Der Tempel wurde später wieder aufgebaut und auch wieder zerstört. Heute besteht er leider nur noch aus der Klagemauer. Auch wir Christen kennen solche besonderen Orte: Es sind die Kirchen! Doch was macht die Kirche zum Tempel? Zu jenem heiligen Ort an dem Gott seinen Namen wohnen lässt? (Prediger hält Stein hoch) Dieser Stein könnte wohl in jedes Haus eingebaut werden. Wenn ich ihn aber zum Bau einer Kirche verwende, baut er dann ein heiliges Haus? Bestimmt die Art des Steins automatisch die Art des Hauses? Brauche ich einen gemütlichen Stein um ein gemütliches Haus zu bauen? (Pause) Ich glaube nicht. Am einzelnen Stein erkennt man nicht das Haus! Der einzelne Stein bekommt erst eine Bedeutung, wenn ich ihn für mein Haus aussuche und benutze. So wie es mit den meisten Dingen ist, die man mit eigenen Händen aufbaut oder mit hart erarbeitetem Geld bezahlt. Mit dem ersten Stein wächst eine Beziehung zu dem Haus. Ich denke genauso verhält es sich auch mit Kirchen. Mit jedem Stein sieht man die Kirche weiter wachsen. Und so wie sie wächst, wächst auch die Beziehung zu ihr. Wie das eigene Heim nicht nur ein Dach über dem Kopf bleibt und zur Heimat wird, so ist die Kirche nicht nur irgendein Gemeinschaftsbau, sondern wird zum heiligen Ort! Erst die Gefühle, die der Mensch einem Bau entgegenbringt, machen die Kirche oder Gemeindezentren (Prediger deutet auf die beiden Gemeindezentren) bereit Ort Gottes zu werden. Das was der Kirche seine

4 Bedeutung gibt ist weniger das Gebäude, sondern viel mehr der Mensch, der dieses füllt. Gott hat sich nicht entschieden im Tempel zu wohnen, sondern er hat sich entschieden bei dem Menschen zu wohnen. Wie es Salomo in seinem Einweihungsgebet sagt: Kein Haus kann Gott fassen! Christi Himmelfahrt macht genau das auf eine etwas andere Art deutlich. Die Ereignisse um den Tod Jesu deuten erst auf das genaue Gegenteil: Beim Tod Jesu zerreißt der Vorhang des Tempels, der das Allerheiligste als Gottes Angesicht verdeckt. Ein deutliches Zeichen: der Vorhang wird nicht mehr gebraucht, denn Gott ist nicht mehr im Allerheiligsten. Er hat den Tempel verlassen. Und dann, an Christi Himmelfahrt, verlässt Gott in Christus schon wieder diese Welt um im Himmel zu wohnen. Wir sind hier unten alleine zurück geblieben. Gott scheint jetzt sehr fern zu sein. Das Versprechen immer bei seinem Volk zu sein scheint gebrochen (Pause) Zu dieser dunklen Schlussfolgerung habe ich eine Warnung gelesen, die lautet: Darum hüte dich, dass du nicht denkst, er sei jetzt weit von uns weggekommen. Gerade im Gegenteil. Als er auf Erden war, war er uns fern. Da konnte er nicht zu gleicher Zeit an allen Orten und bei allen sein. Jetzt, da er im Himmel ist, ist er uns nahe. So muss man seine Himmelfahrt verstehen, sonst hat s weder Saft noch Kraft. Er ist darum dahin gefahren, dass er auch bei uns sein kann, dass er alle Dinge erfüllte und an allen Orten könnte sein. (M. Luther) und in der Lesung spricht Christus: [denn] ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. ( Apg 1,8) Durch Gott, der sich uns als Heiliger Geist sendet, ist das Gebäude vielleicht zerstört, aber der heilige Ort ist geblieben. Da wo Menschen in seinem Namen versammelt sind, da sendet er seinen heiligen Geist und ist unter ihnen. Die Frage Wo wohnt Gott? Wo steht sein Tempel? wird in Gottes Geschichte mit seinem Volk deutlich. In der Lade und im Tempel war er symbolisch bei seinem Volk. Dann war Jesus der Ort an den Gott wohne, als Jesus Christus. Und durch ihn hat er dem Menschen schließlich die Möglichkeit gegeben überall Gottes Tempel aufzubauen. Die Treue, um die Salomo im Tempel gebetet hat wurde durch Jesus Christus der ganzen Welt zugesprochen.

5 Bei der Vorbereitung auf diesen Gottesdienst bin ich bereits bei der Ansprache ins Schwitzen gekommen: Ja, als Theologe kommt man ständig wegen den einfachsten Dingen ins Schwitzen, das gehört zur Einstellungsvoraussetzung! Sag ich Liebe Gemeinde? Oh, Moment. Vielleicht doch lieber ganz formell, damit niemand vergessen wird: Liebe katholische Gemeinde, liebe evangelische Gemeinde, liebe Gäste. Ah, nee, klingt auch doof. Das ist ja kein Geburtstag, wo man sagt: Liebe Familie, Liebe Freunde, Liebe Gäste.. Nur Liebe Gemeinde auch komisch, nicht dass da einige denken Jetzt spricht der Vikar nur seine Gemeinde an. Ich sah 100 Fettnäpfchen und ich konnte mir aussuchen ob ich in die 50 links oder 50 recht treten durfte Na toll! Und dann kamen dieser Bibeltext und die Lesung, die sich um Tempel, Kirche und damit auch um Gemeinde drehen. In erste Linie sind wir nicht katholisch und evangelisch, das sind unsere leicht unterschiedlichen Bekenntnisse. Auch sind wir als erstes nicht die Gemeinde von Allmersbach, oder sonst noch wer. Zu aller erst bindet uns unser Glaube an Jesus Christus als Gemeinde von Gott, dem Vater, Jesus Christus und dem heiligen Geist zusammen. In unserer Gemeinschaft schaffen wir erst den Ort zu dem Christus kommt. Das macht dieses Fest, an dem Christus um der Welt nahe zu sein, sich aus der Welt entfernen musste, so besonders. Christus hat in der ganzen Welt seinen heiligen Tempel in den Gemeinden gebaut, wo Menschen sich begegnen! In der Gemeinschaft hat er uns seine Treue versichert. Das macht das Fest zwischen den Kirchen so besonders, da wir das gemeinsame Gotteshaus hier im Atrium, im Zentrum unserer beiden Gemeinden, durch unsere Gemeinschaft bauen. Nichts zeigt dies besser als die gemeinsame Organisation dieses Tages! Ich lade Sie ein, sich diesen Tag in Christi Namen, als seine eine Gemeinde zu versammeln und so seinen Tempel zu errichten, denn so ist er den ganzen Tag mitten unter uns! Amen. Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.