Geothermische Nutzung in Deutschland
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- Heiko Schwarz
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1 Geothermische Nutzung in Deutschland Kai-Uwe Tannert 1 1 TU Bergakademie Freiberg Abstract. Zurzeit existieren in Deutschland 30 Einrichtungen zum direkten Nutzen geothermischer Energie. Diese haben jeweils eine thermische Fähigkeit von 100 kw. Die gesamt eingespeiste thermische Kapazität beträgt ungefähr 105 MW. Die Anlagen beinhalten zentrale Heizeinheiten, Thermalbäder, in einigen Fällen auch Gewächshäuser. Die meisten der Zentralheizanlagen befinden sich in der Norddeutschen Tiefebene, im süddeutschen Alpenvorland (Molasse) und im Oberrheingraben. Zusätzlich zu diesen großen Anlagen gibt es in Deutschland mittlerweile unzählige kleine und mittelgroße dezentrale Wärmepumpen (Erdwärmepumpen sowie Grundwasserpumpen). Deren eingespeiste thermische Kapazität übertrifft 400 MW. Bis Ende 2004 betrug der Gesamtnutzen aus der geothermischen Energie in Deutschland etwa 505 MW. Das erste geothermische Kraftwerk zur Erzeugung von elektrischer Energie ist seit November 2003 mit einer eingespeisten Kapazität von 230 kw am Netz. Die Entwicklung von geothermischen Projekten hat sich nach 2000 entschieden verbessert, da das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) verabschiedet wurde. Die strikte Umsetzung dieses Gesetzes hat tatsächlich einige neue Projekte im Oberrheingraben, in der Norddeutschen Tiefebene und im Münchener Raum gestartet. Das liegt u.a. an der Erhöhung des Abnahmepreises von 0,089 /kwh auf 0,15 /kwh. Es sind sechs weitere Anlagen zur Stromerzeugung in Groß Schönebeck, Bad Urach, Offenbach, Speyer, Bruchsal und Unterhaching geplant. Die Geothermische Vereinigung (GtV) promotet unterdessen schon das 1- GW-Programm als nächstes erklärtes Ziel in absehbarer Zukunft. Denn: eine
2 2 Kai-Uwe Tannert Studie, die das geothermische Potential Deutschlands untersuchte hat gezeigt, dass die Ressourcen zur geothermischen Energieerzeugung in Deutschland etwa 1021J. Einführung: Die Möglichkeit der Nutzung von geothermischer Energie auf der Erde hat ihren Ursprung schon bei der Entstehung der Erde. Sie resultiert einerseits aus der Restwärme der Zeit der Akkretion (Erdentstehung) und zum Großteil aus radioaktiven Zerfallsprozessen, die seit der Zeit der Erdenstehung permanent im Inneren der erde ablaufen. Oberflächennah kann auch die Sonneneinstrahlung zu geringer Geothermie führen. Die Restwärme der Erde geht bis auf die Entstehung der Erde durch Materie vor 4,6-4,7 Milliarden Jahren zurück, wobei das erhitzte Material Wärme in Form von kinetischer Energie freisetzte. Diese Wärme blieb der Erde aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit der Gesteine zum Teil erhalten. Beim radioaktiven Zerfall handelt es sich um eine natürliche Form der Kernenergie und dabei vorrangig die langlebigen radioaktiven Isotope wie z.b. Uran- 235, Thorium-232, Kalium-40.Diese Elemente sind in Kristallgittern einiger Minerale eingebaut, wie z.b. in Feldspäten und Glimmer in Graniten. Da es in Deutschland keine ausreichenden Vorkommen an natürlichem Wasserdampf gibt, kann bis jetzt auch noch keine Energie daraus gewonnen werden. Heutzutage können nur Kraftwerke Energie erzeugen, die mit dem Prinzip des organischen Rankine Kreislaufs funktionieren. In Neustadt-Glewe (Mecklenburg- Vorpommern) arbeitet seit November 2003 das erste deutsche Geothermiekraftwerk zur Energieerzeugung mit einer Kapazität von 230 kw. Ich möchte hier die vorhandenen geothermischen Ressourcen beschreiben, sowie darauffolgende Möglichkeiten geothermischer Nutzung in Deutschland, und weiterhin den Einfluss der einzelnen Anlagearten, wie Geothermiekraftwerke, großflächig zentralisierte und kleine dezentrale Einheiten betrachten.
3 Geothermische Nutzung in Deutschland 3 Möglichkeiten geothermischer Energieerzeugung: Die Technologie des organischen Rankine und des Kalina Kreislaufes erlauben wirtschaftlich rentable Elektrizitätserzeugung bei Temperaturen bis runter zu 100 C und machen geothermische Energieerzeugung daher auch in Ländern wie Deutschland, ohne hochenthalpie Lagerstätten und schon bei geringen Tiefen, machbar. Drei Arten von Lagerstätten wurden 2002 ermittelt: 1. Heißwasser-aquifere, 2. tektonische Störungen und 3. kristalline Gesteine mit Temperaturen über 100 C und bis zu 7000m tief. Die Heißwasser-aquifere, aus denen möglicherweise Energie gewonnen werden kann sind, im Norden das Obere Rotliegende, ein Sandsteinaquifer in der Norddeutschen Tiefebene, Oberer Muschelkalk- und Buntsandstein-aquifere im Oberrheingraben, sowie der Malmkarstaquifer im Süddeutschen Molassebecken. Abbildung 1. Karte möglicher Heißwasseraquifere
4 4 Kai-Uwe Tannert Quelle Schellschmidt, Sanner 2002 Abbildung 2. Karte kristalliner Gesteine Für diese drei Aquifere mit der Annahme realistischer Werte für den Gewinnungsfaktor, sowie den Effektivitätsfaktor wurde die zu erwartende elektrische Energie kalkuliert. Es ergaben sich folgende Werte: 1. Heißwasseraquifer 10EJ (1EJ = 1018J), für die bis 7000m reichenden Störungen 45 EJ und für die Kristallinen Gesteine gar 1100 EJ potentielle elektrische Energie. Zum Vergleich: Deutschland hatte 2001 einen Gesamtverbrauch von 1741 EJ (BMWA 2003). Um einen großen Teil dieser Ressourcen zu gewinnen sind weitere Nachforschungen und Erfindungen v.a. im Bereich der Störungen und der kristallinen Gesteine notwendig.
5 Geothermische Nutzung in Deutschland 5 Abbildung 3. Karte geothermisch interessanter Gebiete Quelle Schellschmidt et al 2003 Lagerstätten für den direkten Nutzen geothermischer Energie: Auch die bereits existierenden und die in Planung befindlichen Anlagen liegen schon in den drei zuvor häufig erwähnten Gebieten in Deutschland. Also dem Norddeutschen Tiefland, dem Oberrheingraben und dem Süddeutschen Molassebecken. In Norddeutschlandvariiert die heutige sedimentdicke zwischen 2 und 10 Kilometer. Für die starke und komplexe Deformation der mesozoischen und känozoischen Formationen sind v.a. die halokinetischen Bewegungen der Zechsteinschichten verantwortlich. Diese bis heute anhaltenden Bewegungen haben einen großen Einfluss auf die Bedingungen, die in bzw. für eine geothermische Lagerstätte gelten. Die mesozoischen Lagerstätten des Norddeutschen Tieflandes bestehen Sandstein, Tons-
6 6 Kai-Uwe Tannert tein und karbonatischen Gesteine mit Evaporiteinschlüssen. Es gibt sechs für die Geothermie interessante Aquifere aus Kreide, Jura und Trias: 1. den Valendis- Sandstein, 2. den Bentheimer-Sandstein, 3. den Aalen, 4. Rhät und Lias, 5. den Schilfsandstein und als 6. den Buntsandstein. Wegen der Salztektonik in diesem Gebiet gibt es erhebliche Unterschiede in Tiefe und Dicke, teilweise bis 1000m, auf geringen Entfernungen. Daher variieren auch die Temperatur- und Energiegehalte der geothermischen Lagerstätte stark. dazu in nachfolgenden Tabelle einige messwerte und Daten. Das Molassebecken der Voralpen entstand bei der Alpenentstehung. Das Becken besteht aus Ablagerungsschutt des sich in Hebung befindlichen Alpenkörpers. heute besteht das voralpide Molassebecken hauptsächlich aus Sandstein und erstreckt sich über 300 km. Das Becken besteht größtenteils aus Sedimenten des Tertiärs, des oberen Jura (Malm) und des Trias. Es gibt acht für die geothermische Nutzung interessante Sedimentschichten: 1. den Burdigal-Sandstein, 2. den Aquitan-Sandstein, 3. den Chatt-Sandstein, 4. den Baustein-Sandstein, 5. Ampfinger Schichten, 6. Gault/Cenoman-Sandstein, 7. Malm und 8. den oberen Muschelkalk. Der Malm, ein Kalksteinaquifer des oberen Jura, ist einer der wichtigsten hydro-geothermalen Energiespeicher Mitteleuropas, da er fast im gesamten Molassebecken anzutreffen ist. Der Malm fällt von Norden nach Süden mit stark steigender Tiefe und Temperaturen ab. Auch hierzu gibt es in der folgenden Tabelle Messwerte. Nun zum Oberrheingraben. Dieser gehört zu einem Grabensystem welches km breit die Europäische Platte kreuzt. Er entstand im Tertiär durch eine Aufwölbung der Grenzschicht zwischen Kruste und Mantel aufgrund magmatischer Intrusionen. Auch in diesem gebiet gibt es sechs geothermisch interessante Aquifere (aus Tertiär, Jura, Trias und Perm): 1. Hydrobien-Schichten, 2. Grafenberg Schicht, 3. Hauptrogenstein, 4. Oberer Muschelkalk, 5. Buntsandstein und 6. dem Rotliegenden. Auch die Messwerte dieser Schichten sind in der Tabelle zu finden.
7 Tabelle 1. der Reserven der betrachteten Aquifere: Geothermische Nutzung in Deutschland 7
8 8 Kai-Uwe Tannert Geothermische Nutzung: Geothermische Energie ist weltweit die am umfangreichsten genutzte erneuerbare Energie hinter Wasserkraft und Biomasse. Da es in Deutschland keine natürlichen Dampfreservoire gibt fand die Geothermie in der Vergangenheit nur wenig Aufmerksamkeit. Auch jetzt, mit wenigen zentralisierten Großgeothermieanlagen und mehreren kleinen Anlagen (Wärmepumpen und Erdwärmeanlagen) befinden wir uns erst am Anfang der Nutzung dieser Energieressource. Das bereits mehrfach erwähnte erste deutsche Geothermiekraftwerk in Neustadt-Glewe (230 kw) hat eine prognostizierte Energieproduktion von MWh/a und kann damit 500 Haushalte mit Energie versorgen (Broßmann et al. 2003). Die Energiegewinnung erfolgt über einen Organischen-Rankine-Zyklus (ORZ). Hierbei tritt das Thermalwasser ( maximale Durchflussrate 100m3/h) mit einer Temperatur von 98 C in das ORZ-System ein und wird auf 72 C heruntergekühlt. Thermodynamisch wird dies durch Perflouropentan-Gas ermöglicht, da es schon bei 31 C und unter normalem Druck zu kochen beginnt (Kranz 2003). Die 30 großen deutschen Geothermieanlagen haben eine thermische Kapazität von ca. 104,6 MW und die jährlich daraus gewonnene Energie beträgt in etwa 200 GWh/a. Jedoch gibt es bei den sechs großen deutschen Geothermieanlagen noch Gas- oder Ölheizungen um eventuelle Notstände zu überbrücken. Das heißt, dass von den 104,6 MW erzeugter Leistung nur etwa 46,8 MW aus direktem Nutzen entstammen und davon nur 32,9 MW aus rein geothermischer Energie. In den übrigen 24 Anlagen gibt es keine zusätzlichen Heizanlagen. Eine weitere große neue Anlage entstand in Unterhaching. Es handelt sich hier um eine der tiefsten Geothermalbohrungen in Deutschland. Aus 3300m Tiefe werden bis zu 150l/s Thermalwasser gewonnen. Des Weiteren ist hier das System der Wärme- und Stromversorgung zum ersten Mal gleichzeitig verwirklicht. Es stehen hier 38 MW thermische Leistung zur Verfügung von de-
9 Geothermische Nutzung in Deutschland 9 nen 3,4 MW zum direkten Gebrauch in Form von Fernwärme oder Strom genutzt werden können. Weiterhin gibt es in ganz Deutschland bis zu kleinere Geothermieanlagen in Form von Erdwärmepumpen und Grundwasserwärmeanlagen. Die thermische Kapazität dieser Anlagen beträgt jeweils zwischen kw, also insgesamt etwa 400 MW. Und eine pure zur Verfügung gestellten Energieleistung von etwa 285 MW. Das heißt die Leistung der dezentralen, kleinen Geothermieeinheiten übertrifft die der zentralen, großen Anlagen um das 6-fache. Zukunftsaussichten für den Gebrauch geothermischer Energie: Es gibt also in Deutschland eine gesamt erzeugte geothermische Energie von 505 MW. 332 MW, also etwa 66% sind reine von Geothermie erzeugte Energie. Und insgesamt werden nur 26% in großen zentralisierten Anlagen produziert. Der Rest wird in kleineren, teils privaten, Anlagen genutzt. Der Gesamtenergieverbrauch in Deutschland betrug PJ (1 PJ = 1015J) (BMWA 2003). 58% davon wurden für Wärme, Heizen und Warmwasser. Das meiste dieses Bedarfs wird zur Zeit durch fossile Rohstoffe erzeugt. Ein bedeutender Anteil dieses Bedarfs könnte aber schon jetzt durch Geothermie gedeckt werden. Das würde ebenfalls eine gravierende Reduzierung des CO2-Ausstoßes Deutschlands bedeuten. In Deutschland werden bis zum Jahr 2010 noch 15 weitere Geothermieprojekte mit einer thermischen Kapazität von 126 MW und einer elektrischen Kraft von 18 MW realisiert. Das würde bis 2010 einen Anstieg um 220% zu 2004 bedeuten.
10 10 Kai-Uwe Tannert Abbildung 4. Diagramm zum Energieverbrauch Deutschlands Zusammenfassung: In Deutschland sind durch das Erneuerbare Energien Gesetz neue Möglichkeiten für die Nutzung von Geothermie entstanden. In den nächsten Jahren wird die Grenze von 1 GW erbrachter thermischer Leistung aus deutschen Geothermiekraftwerken sowie Erdwärmepumpen überschritten. Die drei Hauptregionen werden dabei das Norddeutsche Tiefland, der Oberrheingraben sowie das Molassebecken der Voralpen bleiben. Auch in anderen Regionen ist flache Geothermie möglich, jedoch zu geringeren Bedingungen als in den Hauptgebieten.
11 Geothermische Nutzung in Deutschland 11 Quellenangabe:
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