Messwerten auf der Spur mit GPS und Datenlogger

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1 8. Mobilfunksymposium des BUND 18. April 2008 in Mainz Messwerten auf der Spur mit GPS und Datenlogger Vortrag von Dr. Ing. Marion Baumann Baubiologie und Raumanalyse Rohnsweg Göttingen Telefon: 0551/ Telefax: 03222/ Internet:

2 Einleitung Bei baubiologischen Fragestellungen kann der geografische Raumbezug zur Bewertung der Messwerte eine Hilfe sein. Dank satellitengestützter Navigationssysteme ist es ohne großen Aufwand möglich, baubiologische Messwerte raumbezogen auf digitalen Karten oder Luftbildern darzustellen und zu bewerten. Voraussetzung dafür ist ein Messgerät mit Loggerfunktion, ein handelsüblicher GPS-Datenlogger und die entsprechende Software, die die geografischen Koordinaten mit den Messwerten verknüpft und raumbezogen darstellt. Die notwendige Software X_Mess wurde nach den Vorgaben der Autorin dafür entwickelt. Neben technischen Erläuterungen werden in dem Artikel drei baubiologische Fragestellungen vorgestellt, die mit Hilfe der Raumanalyse umfassender bewertet werden konnten: Belastung durch Mobilfunk in städtischen Wohngebieten, Mobilfunksendeanlage und Bauplatzauswahl im Neubaugebiet, magnetische Wechselfelder in einem Wohngebiet. Messtechnik Global Positioning System Das Global Positioning System (GPS) ist eines der satellitengestützten Navigationssysteme und wurde ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt. Heute wird das GPS auch für zahlreiche zivile Anwendungen beispielsweise in der Luftfahrt, der Seefahrt, für Navigationssysteme in Autos, das Precision Farming in der Landwirtschaft und zahlreiche Freizeitaktivitäten in der Natur genutzt. Mit Hilfe des GPS lassen sich die geografischen Koordinaten des eigenen Standortes sowie die Höhe über dem Meeresspiegel relativ genau bestimmen. Der dafür notwendige GPS-Empfänger berechnet seine aktuelle Position aus Satellitensignalen, die er ständig empfängt. Da der GPS- Empfänger nur Daten empfängt, wird der Nutzer eines solchen Gerätes nicht zusätzlich durch elektromagnetische Wellen belastet, denn die Satelliten senden ihre Signale ohnehin aus. Ein GPS-Logger speichert die geografischen Koordinaten der aktuellen Position in vorgegebenen Zeitabständen und zeichnet so den zurückgelegten Weg auf. Radrennfahrern beispielsweise liefert die Auswertung einer GPS-Aufzeichnung Daten über die gefahrene Strecke, die Geschwindigkeit und die Höhenunterschiede. Datenerfassung Um baubiologische Messwerte raumbezogen auf digitalen Karten oder Luftbildern darzustellen, werden von dem GPS-Logger die gleichen Daten wie für den Radrennfahrer aufgezeichnet. Der Messtechniker muss entscheiden, in welchem Zeitabstand die Daten erfasst werden sollen und

3 das selbe Messintervall im GPS-Logger und im Datenlogger des Messgerätes programmieren. Messaufbau Für die Hochfrequenzmessung des Mobilfunks wurden das Breitbandmessgerät HF59B der Firma Gigahertz Solutions und das Mobilfunkdosimeter ESM-140 der Firma Maschek unabhängig von einander eingesetzt. Die Messstrecken wurden mit dem Fahrrad abgefahren. Zum Befestigen der Messgeräte auf dem Fahrrad wurde eine Holzständerkonstruktion gebaut. Damit können die Messgeräte in zwei Metern Höhe über der Erdoberfläche auf dem Fahrradgepäckträger angebracht werden. Dort wurden der GPS-Logger, das Breitbandmessgerät HF59B mit der quasiisotropen Ultrabreitbandantenne UBB27_G3 und dem damit verbunden Datenlogger HOBO U12 postiert. Mit dem HF59B wurde der gepulste Anteil der elektromagnetischen Wellen in µw/m 2 unter Verwendung des Dämpfungsgliedes DG20_G3 gemessen und über den Gleichspannungsausgang bei 1 Volt Vollausschlag auf dem HOBO U12 geloggt. Zusätzlich wurden mit dem am Oberarm befestigten Mobilfunkdosimeter ESM-140 frequenzselektiv die Funkdienste GSM-900, GSM1800, UMTS, DECT und WLAN gemessen. Wohl wissend, dass die Qualität der Messergebnisse des ESM-140 nicht denen eines Spektrumanalysators entsprechen, geben sie dennoch einen sehr hilfreichen Überblick über die Anteile der verschiedenen Funkdienste an der Gesamtbelastung. Für die Messung der magnetischen Wechselfelder wurde das Feldstärkemessgerät FM10L der Firma Fauser eingesetzt. Die Messstrecke wurde abgelaufen und die Messsonde des FM10L dabei in einer Höhe von einem Meter über der Erdoberfläche mitgeführt. Der GPS-Logger wurde mit einem Klettband auf der Schulter an der Jacke befestigt. Datenauswertung Der Datensatz des GPS-Loggers wird mit dem Datensatz des Messgerätes von der Software X_Mess über die Zeit verknüpft. So werden jedem Messwert die geografischen Koordinaten des Ortes zugeordnet, am dem er erfasst wurde. Raumbezogene Darstellung Die Software X_Mess liefert die Daten in zwei verschiedenen Formaten, so dass sie in Google Earth TM als auch in anderen Geografischen Informationssystemen dargestellt werden können. Bei der Entwicklung der Software wurde Google Earth TM für die raumbezogene Darstellung gewählt, da die Luftbild- und Kartendaten weltweit für jedermann zur Verfügung stehen und für den persönlichen Gebrauch kostenlos genutzt werden können. Die kommerzielle Nutzung bedarf einer Lizensierung. Jeder Messwert wird durch einen Punkt auf dem Luftbild oder der Karte dargestellt. Die Messpunkte können beliebig nach individuell vorgegebenen Klassen eingefärbt werden. Jedem Messpunkt kann man durch Anklicken in der Karte die dazugehörigen Detailinformationen entnehmen. Bei frequenzselektiven Messungen kann so beispielsweise jedem Messpunkt

4 entnommen werden, welcher Funkdienst welchen Anteil an der gesamten Leistungsflussdichte hat. Belastung durch Mobilfunk in städtischen Wohngebieten Ausschlaggebend für das Projekt der raumbezogenen Darstellung von Messwerten war die Frage, in welcher Entfernung von Mobilfunksendeanlagen mit erhöhten Leistungsflussdichten gerechnet werden muss und wie sich die Abschirmung von Gebäuden oder des Relief darauf auswirken. Das Ergebnis einer Messfahrt wird in der folgenden Abbildung dargestellt. Für die Kennzeichnung der Standorte der Mobilfunksendeanlagen wurden diese für das Untersuchungsgebiet digitalisiert und durch rote Kreise auf dem Luftbild dargestellt. Im linken Teil der Abbildung befindet sich die dazu gehörige Legende. In dem Beispiel werden die Messwerte des Breitbandmessgerätes HF59B dargestellt. Die Messfahrt fand am Dienstag, den 3. März 2009, in der Zeit von Uhr bis Uhr statt. Abbildung aus lizenzrechtlichen Gründen nur im Tagungsband Die Abbildung zeigt deutlich erhöhte Leistungsflussdichten in der Umgebung von Mobilfunksendeanlagen. Die höchsten Werte werden in diesem Beispiel dort erreicht, wo sich viele Menschen aufhalten. Das Gelände um das Zentrale Hörsaalgebäude der Universität Göttingen weist mit einer Leistungsflussdichte von bis zu 4600 µw/m 2 hohe Werte auf. Der Minimalwert der gesamten Messung lag bei 15 µw/m 2. In den umliegenden Wohngebieten lagen die Werte meistens dort unter 20 µw/m 2, wo kein Blickkontakt zu den Sendeanlagen bestand. Mit dieser einfachen grafischen Darstellung der Messwerte auf dem Luftbild kann einem Kunden, der Vorsorgemaßnahmen ergreifen möchte, aufgezeigt werden, in welchen Kindergarten er sein Kind besser nicht schicken sollte, welche Wege er auf seinem Spaziergang besser meiden oder welche Parkbank er am besten gegen einen unbelasteteren Standort tauschen sollte. Auch bei der Suche nach einer neuen Wohnung zeigen die Luftbilder deutlich, welche Straßenabschnitte geringer durch die Mobilfunkstrahlung belastet sind. Mobilfunksendeanlage und Bauplatzauswahl Eine Bauherrenfamilie überlegte, ein Baugrundstück in einem Neubaugebiet nördlich von Göttingen zu kaufen. Bei der Besichtigung des Baugebietes fiel der Bauherrenfamilie eine Mobilfunksendeanlage am Rand des Neubaugebietes auf. Deshalb wollten die Bauherren gerne wissen, mit welcher Belastung durch die Mobilfunksendeanlage besonders auch für ihre Kinder zu rechnen ist. Der bevorzugte Bauplatz ist in der folgenden Abbildung durch ein rotes Rechteck

5 gekennzeichnet. Das Neubaugebiet ist stark reliefiert und fällt von der Mitte stark nach Westen und leicht nach Osten ab. Die Messstrecke verläuft auf den bereits angelegten Baustraßen bzw. Schotterwegen. Im östlichen Teil des Neubaugebietes sind mehrere Häuser bereits fertig gestellt, so auch der Kindergarten, dessen Lage in der folgenden Abbildung durch einen grünen Punkt gekennzeichnet wurde. In dem Beispiel werden ebenfalls die Messwerte des Breitbandmessgerätes HF59B dargestellt. Die Messfahrt fand am Montag, den 30. März 2009 in der Zeit von Uhr bis Uhr statt. Abbildung aus lizenzrechtlichen Gründen nur im Tagungsband Der Vergleichbarkeit wegen wurden die gleichen Klassengrenzen und Farben wie in der ersten Abbildung gewählt. Auffällig sind Leistungsflussdichten von über 1000 µw/m 2, die auf weiten Teilen der Messstrecke in dem Neubaugebiet zu verzeichnen waren. In der Umgebung des ausgewählten Bauplatzes lagen die Messwerte zwischen 500 und 5000 µw/m 2. Als Bewertungsgrundlage wurde die Salzburger Resolution aus dem Jahr 2000 herangezogen, in der zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Gesundheit ein vorläufiger Beurteilungswert von 1000 µw/m 2 im Freien festgelegt wurde, der nicht überschritten werden sollte. Auch muss berücksichtigt werden, dass die Messwerte in einer Höhe von zwei Metern erfasst wurden. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegen sie in der Höhe des ersten Obergeschosses und des Dachgeschosses höher. Als Ergebnis der Messungen wurde der Bauherrenfamilie davon abgeraten, den gewünschten Bauplatz zu kaufen. Auch ließ sich anhand der Luftbilddarstellung schnell ersehen, dass der östliche Teil des Baugebietes keine empfehlenswerte Alternative bot. Hang abwärts nahmen die Werte in westlichen Teil des Baugebietes ab, die Leistungsflussdichte lag aber an keiner Stelle unter 20 µw/m 2, wie dies in weiten Teilen des im ersten Beispiel dargestellten Stadtgebietes der Fall war. Im Bereich des Kindergartens lagen die Leistungsflussdichten größtenteils über 2000 µw/m 2 und erreichten ebenfalls Werte bis zu 5000 µw/m 2. In dem 2007 veröffentlichten Bioinitiative Report empfehlen führende unabhängige Wissenschaftler und Gesundheitsexperten ebenfalls einen Vorsorgewert von 1000 µw/m 2 im Freien nicht zu überschreiten, besonders an den Orten, wo Kinder viel Zeit verbringen. Es wäre deshalb sehr wünschenswert, wenn kurzfristig gezielte Schritte eingeleitet würden, um die Exposition der umliegenden Mobilfunksendeanlagen deutlich zu reduzieren. Magnetische Wechselfelder in einem Wohngebiet Zwischen dem Feldrand und der Grundstücksgrenze der anliegenden Häuser im ländlichen

6 Bereich nördlich von Göttingen verläuft eine Niederspannungsleitung. Um eine Vorstellung über die niederfrequenten magnetischen Wechselfelder durch die Niederspannungsleitung und durch unterirdisch verlegte Stromleitungen in dem Wohngebiet zu bekommen, wurden die magnetischen Wechselfelder für den 50 Hz Strom aufgezeichnet. Die Messung fand am Sonntag, den 5. April 2009, in der Zeit von Uhr bis Uhr statt. Abbildung aus lizenzrechtlichen Gründen nur im Tagungsband Die Abbildung zeigt eine deutliche Zunahme der Flussdichte unter der Niederspannungsleitung. In den Bereichen, wo die Leitungen in der Mitte zweier Pfeiler durchhängen, wurden bis zu 700 nt gemessen, im Bereich der Pfeiler lagen sie zwischen 200 und 300 nt. Die Messschleifen auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen zeigen eine deutliche Abnahme der Flussdichte mit zunehmender Entfernung von der Niederspannungsleitung. Werden diese Flächen ebenfalls baulich erschlossen, sollten die Häuser einen Mindestabstand von 50 bis 60 Metern zu der Niederspannungsleitung haben, um nach den baubiologischen Richtwerten SBM-2008 in den Bereich gebaut zu werden, der mit Werten von unter 20 nt als unauffällig für magnetische Wechselfelder bewertet wird. Innerhalb des Wohngebietes fällt ein Teil der Messstrecke dadurch auf, dass die Flussdichten ebenfalls unter 20 nt lagen. In diesem Bereich verlaufen im Gegenteil zu anderen Straßenzügen keine Erdkabel unter dem Gehweg. Auf der im westlichen Teil des Untersuchungsgebietes liegenden Straße zeigt das Ergebnis der schlangenlinienhaften Begehung genau, dass die Erdkabel unter den Gehwegen verlaufen. Die Flussdichte fällt in der Mitte der Straße geringer aus als auf den Gehwegen. Diese raumbezogene Darstellung der Messwerte gibt einen schnellen und guten Überblick über die Fussdichten magnetischer Wechselfelder in diesem Wohngebiet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Werte je nach Tageszeit und auch Wochentag schwanken können. Die Abbildung zeigt deutlich, in welchen Häusern mit einer erhöhten Flussdichte durch die Niederspannungsleitung gerechnet werden muss. Der in dem Bioinitiative Report empfohlene Richtwert von 100 nt wird wahrscheinlich in den Häusern überschritten, die sich in der Nähe der durchhängenden Niederspannungsleitungen befinden. Langzeitaufzeichnungen innerhalb des Hauses könnten die Annahme bestätigen. Fazit Die digitale raumbezogene Erfassung von baubiologischen Messwerten bietet durch die übersichtliche Darstellung im Luftbild oder auf der Karte eine gute Grundlage für baubiologische Bewertungen. Die einfache Handhabung bei relativ geringem Arbeitsaufwand ermöglicht effektives

7 Arbeiten und somit ein gutes Preis-Leistungsverhältnis für den Kunden. Beispiele für die Anwendung sind baubiologische Bauplatzuntersuchungen, die Darstellung von Belastungen durch Funkdienste, Stromkabel der Energieversorgung und der Bahn, geologischen Störungen ect. Der Messtechniker kann verschiedene Messgeräte auf einem Messgang mitführen, um dann die Messwerte mit X_MESS nacheinander in einer Karte darzustellen und zusammen zu bewerten. Einzelmessungen können auf dieser Grundlage gezielt durchgeführt werden um die Messungen zu vervollständigen.