Russische Kultur in Wiesbaden SPORT UND GESUNDHEIT! MIT SONDERTEIL WIESBADEN & RHEINGAU. KULINARIUM Ländliche Genüsse aus der Normandie

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1 WIESBADEN & RHEINGAU HEFT 32 WINTER ,50 EURO M A G A Z I N F Ü R L E B E N S A R T MIT SONDERTEIL SPORT UND GESUNDHEIT! Russische Kultur in Wiesbaden KULINARIUM Ländliche Genüsse aus der Normandie WIRTSCHAFT & GESELLSCHAFT Oldtimer für jedermann

2 D i e DIE SOMMERFRISCHE DES ZARENHOFS 1844 heiratete der damalige Landesfürst, Herzog Adolf von Nassau, die russische Prinzessin Jelisaweta (Elisabeth) Michailowna, eine Nichte des Zaren Nikolaus I. Doch schon ein Jahr später starben ihm Frau und Kind bei der Geburt. Adolf von Nassau verwendete den Großteil ihrer Mitgift und ließ ihnen eine Grabeskirche auf dem Neroberg errichten, die zu einem Wahrzeichen Wiesbadens wurde.»der jeweilige Zustand der russischen Gemeinde auf dem Neroberg spiegelt die Entwicklung der russischen Geschichte und der deutsch-russischen Beziehungen seit 1844 bis in die Gegenwart wider. Die russisch-orthodoxe Kirche der hl. Elisabeth ist trotz der gewaltigen Verwerfungen von zwei Weltkriegen zum Wahrzeichen der Verbundenheit zwischen Deutschen und Russen aller Gesellschaftsschichten geworden und über drei Jahrhunderte geblieben.«dr. Alexander de Faria 4

3 TITELTHEMA Mit der Russischen Kirche, im Volksmund auch»griechische Kapelle«, wurde der Grundstein für die russisch-orthodoxe Gemeinde in der damaligen Weltkurstadt Wiesbaden gelegt. Zunächst waren es adelige und solvente Kurgäste aus Moskau und St. Petersburg, die in den letzten Jahrzehnten des Zarenreichs in Wiesbaden logierten. Allein die Grabinschriften auf dem zur Gemeinde gehörenden russischen Friedhof auf dem Neroberg liest sich wie ein Who s who der russischen High-Society. Auch Zar Nikolaus II. besuchte Wiesbaden und nahm an einem Gottesdienst auf dem Neroberg teil. Maler wie Jawlensky und Schriftsteller wie Turgenjew, Puschkin und Dostojewski wurden vom feudalen Nimbus der Stadt angezogen. Man ging zur Kur, gut essen konnte man in Wiesbaden schon immer, zeigte sich auf den Bällen im Kurhaus und verspielte im Casino seine Landgüter oder wie Dostojewski 3000 Goldrubel, die ganze Reisekasse! Sein aus dem Stand diktierter Roman»Der Spieler«war seine Fahrkarte nach Hause. Führte die Oktoberrevolution noch dazu, dass sich viele betuchte Emigranten in Wiesbaden niederließen, so wurde die enge Verbundenheit zwischen Wiesbadenern und Russen durch die Weltkriege beendet. Kaum war die Mauer aber gefallen, kamen zunächst die Geschäftsleute zurück, um Kontakte zu knüpfen, denn das Tor zum deutschen Markt ist nun mal das Rhein-Main-Gebiet. So schließt sich der Kreis wieder. Gehandelt wird auf dem Parkett in Frankfurt. Gelebt und entspannt wird in Wiesbaden. Und wieder war es ein Landesfürst, der die Schriftsteller und Künstler anzog und Wiesbaden auch für die russischen Bürger wieder en vogue machte. Michail Gorbatschow war zweimal in Wiesbaden auf Staatsbesuch und erklärte die Stadt zum traditionellen Ort für entspannte Erholung schlechthin. Der ziehe seine Landsleute schon seit langem an. Nicht umsonst würde man Wiesbaden daheim als»russisches Deutschland«bezeichnen. Und so verzeichnet die russische Gemeinde heute eine deutliche Verjüngung ihrer Kommune, nachdem sie jahrzehntelang überalterte, und auch im touristischen Sektor ist man über den steigenden Anteil russischer Gäste bei der Hotelbettenbelegung zufrieden. Den zeitgenössischen Schriftsteller Viktor Jerofejew beeindruckt an Wiesbaden die Nicht-Ähnlichkeit mit anderen gemütlich-bürgerlichen Städten Deutschlands.»Wiesbaden ist eine besondere, prächtige Kurstadt, die große kulturelle und gesellschaftliche Traditionen hat. Man geht durch die Straßen und realisiert, dass Dostojewski, Turgenjew und andere berühmte, große und wichtige Menschen hier ebenfalls spazieren gingen.«vh Foto: HERUS e. V. 5

4 Die Russische Kirche in Wiesbaden DIE RUSSISCHE KIRCHE IN WIESBADEN Neben dem Kurhaus ist die Russische Kirche wohl das bedeutendste Wahrzeichen Wiesbadens. Merkwürdigerweise gibt es kein Werk, dass das so auffällig vom Neroberg herunterstrahlende Baudenkmal einmal monographisch betrachtet. Für den HERUS e. V. höchste Zeit, diese stiefmütterliche Behandlung zu beenden. Von Dr. Alexander de Faria Der geplante Bildband»Die Russische Kirche in Wiesbaden Wahrzeichen der Verbundenheit«schließt insofern diese Lücke, als er das erste populäre Werk ist, das ausschließlich der goldenen Kirche auf dem Neroberg gewidmet ist, ihre Entstehungsgeschichte sowie Architektur beschreibt und die Entwicklung von einer Grabeskirche zu einem Gotteshaus mit einem sich über die Jahrhunderte wandelnden Kirchenleben wiedergibt. Dieses Thema auch fürs Auge ansprechend als Bildband zu verlegen, ist das zentrale Anliegen des Herausgebers. Die kompetenten und anspruchsvollen Erläuterungen, auf Deutsch und in gekürzter Fassung auch auf Russisch, kommentieren die prächtigen Abbildungen, sodass sich der Bildband in seiner Erscheinung als repräsentativer Geschenkband ideal eignet. Entsprechend namhaft sind auch die ideellen und materiellen Förderer dieses Projektes. Zu ihnen zählen unter anderem die Hessische Staatskanzlei, die Landeshauptstadt Wiesbaden, die Nassauische Sparkasse, die Wiesbadener Volksbank und der Rhein-Main- Verkehrsverbund. Verlegt und gedruckt wird das Werk vom Wiesbadener Verlagshaus Chmielorz. Der Untertitel»Wahrzeichen der Verbundenheit«spielt auf den besonderen Stellenwert des Gotteshauses als Ort der Verständigung zwischen deutschen und russischen Kreisen an, die seit Bestehen der Russischen Kirche mit ihr in Berührung kamen. Dieser Umstand zeichnete geradezu zwingend den Weg für den HERUS e.v. vor, sich mit diesem Baudenkmal Foto: HERUS e. V. zu befassen. Seit seiner Gründung 2003 fördert der Verein die Verständigung zwischen Hessen und Russland, vertieft die Zusammenarbeit in allen Bereichen der Gesellschaft, wirkt Vorurteilen in der Wahrnehmung des»neuen«russlands entgegen und gibt den hessisch-russischen Beziehungen positive Impulse. Aus der Vielzahl der vom Verein initiierten Veranstaltungen soll als repräsentatives Beispiel die Aufführung von Johann Wolfgang von Goethes»Torquato Tasso«im Wiesbadener Kleinen Haus durch Moskauer Schauspieler dienen. Das vielbeachtete Ereignis hat der HERUS e.v. im Rahmenprogramm des von der deutschen und der russischen Regierung 2007 in Wiesbaden veranstalteten»petersburger Dialogs«und in Anwesenheit des Staatspräsidenten a. D. Gorbatschow präsentiert. Der Anstoß zu dieser Publikation stammte von Clotilde von Rintelen, 2. Vorsitzende des Vereins. Die Nachfahrin des Zaren Alexander II. sowie Ur-Ur-Enkelin des russischen Dichters Alexander Puschkin wollte ursprünglich einem hohen Würdenträger in Moskau ein ausschließlich der Wiesbadener Russischen Kirche gewidmetes Werk überreichen, fand jedoch nichts Adäquates. Für die editorische Verwirklichung des Bildbandes ist nun Dr. Alexander de Faria zuständig. Zweisprachig aufgewachsen und russisch-orthodox getauft, gehört der in direkter Linie vom russischen Hochadel abstammende 1. Vorsitzende des Vereins seit seiner Kindheit der russischen Gemeinde auf dem Neroberg an. Beide Vorstände verkörpern so durch ihre Herkunft und Berufung auf besondere Weise 6

5 TITELTHEMA die deutsch-russische Verbundenheit und fördern sie, wo immer sie können. Der Textteil des geplanten Bildbandes geht zunächst der Frage nach, warum man das Gotteshaus früher»griechische Kapelle«nannte und sich heute»russische Kirche«eingebürgert hat. Die Spuren weisen dabei auf die Anfänge des russisch-orthodoxen Glaubens hin. Diese Betrachtung ist ein Gemeinschaftswerk von Alexander de Faria und Marina Werschewskaja, leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin am staatlich-historischen Museum in St. Petersburg. Seit Mitte der 1990er-Jahre erforscht sie die Geschichte der Russen im Ausland. Da sie bereits das Standardwerk»Gräber erzählen Geschichte«über den russischen Friedhof auf dem Neroberg verfasst hat, lag es nahe, sie als Beirat für diese Publikation hinzuzuziehen. Im zweiten Beitrag»Beziehungen zwischen Nassau und Russland«erläutert Alexander von Rintelen, eingebettet in die geschichtlichen Ereignisse, die Verknüpfungen zwischen den Dynastien der Nassauer und der Romanows, denn ohne sie gäbe es die Russischen Kirche nicht. Hieran schließt die erste zentrale Abhandlung von Prof. Siegbert Sattler an, der Honorarprofessor für Kunst- und Kulturgeschichte an der Hochschule Rhein-Main ist. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Russischen Kirche und ihrem Erbauer Phillip Hoffmann, hat hierzu eine Reihe von Fachbeiträgen veröffentlicht und gilt als ausgewiesener Experte. Prof. Sattler beschreibt den prachtvollen Sakralbau en detail und gibt die architektonische Entstehung der Russischen Kirche wieder. Im zweiten zentralen Abschnitt,»Kirchenleben«, geben Alexander de Faria und Marina Werschewskaja einen historischen Einblick in die Entstehung und die wechselvolle Entwicklung der Wiesbadener russischen Gemeinde wieder, der bis in die Gegenwart reicht. Den Abschluss macht der Beitrag von Marina Werschewskaja»Russischer Friedhof auf dem Neroberg: Einladung zum Spaziergang«. Der Friedhof ist Teil der Russischen Kirche und bezeugt durch seine Grabmäler die geschichtsträchtige deutsch-russische Verbundenheit, die im Untertitel des Bildbandes gemeint ist. Zwischen den zentralen Beiträgen streift Edgar Heydock, der frühere Leiter des Wiesbadener Stadtplanungsamtes, weitere interessante Themenbereiche. So etwa der erkämpfte Ensemble-Schutz für den»distrikt Grub«, auf dem auch die Russische Kirche steht, oder ihre Sanierung und Restaurierung. Für die visuelle Darstellung konnte der Fotograf Michael Lebed gewonnen werden. Der gebürtige St. Petersburger war 30 Jahre lang im berühmten Studio Nr. 1 (heute Karl-Bulla- Fotostudio und Museum) tätig, zuletzt als dessen Leiter. Seit 1991 lebt Michael Lebed in Wiesbaden und arbeitet als freischaffender Fotograf. Für den im Frühjahr erscheinenden Bildband hat er einfühlsame Fotografien geschaffen, die neben dem prächtigen Kirchenbau auf dem Neroberg und seine einzigartige Anlage, die sich gewiss mit etwa Sacré Cœur in Paris messen kann, auch das Wesen des russisch-orthodoxen Glaubens und seiner Liturgien einfangen. HERUS e.v. schreibt SERVICE (Hessisch-russischer interkultureller Austausch und humanitäre Hilfe) Parkstraße 15 A, Wiesbaden, radiert spitzt Der Perfekte Bleistift schützt Bleistiftverlängerer mit eingebautem Spitzer, platiniert oder aus 925er Sterlingsilber, mit Radiergummi unter der Kappe, in braun oder tiefschwarz. Wilhelmstraße 38 (Arcade) Wiesbaden