K I R C H E N G E S C H I C H T E Strömungen des Protestantismus und des Katholizismus bis zur Spätaufklärung Florian Karcher,

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1 K I R C H E N G E S C H I C H T E Strömungen des Protestantismus und des Katholizismus bis zur Spätaufklärung Florian Karcher, floriankarcher@gmx.de AUSBREITUNG DER REFORMATION IN EUROPA Nach der Trennung von westlicher und östlicher Kirche (1054) löst die Reformation eine weitere Kirchenspaltung (Schisma) aus. Dies westliche Kirche spaltet sich in lutherische, reformierte und römisch-katholische Kirche. Diese Kirchen stellen sich auf die Grundlage von Bekenntnissen (z.b. Trient, Konkordie), daher spricht man auch vom konfessionellen Zeitalter. In einer Zeit ohne Trennung von Staat und Kirche werden die Glaubensgegensätze auch Gegenstand der Politik. Begriffe: Schisma Kirchenspaltung Häresie Irrlehre Apostasie Abfall vom Glauben 1. AUSBREITUNG DER REFORMATION IN DEUTSCHLAND Stadtreformation Fürstenreformation bäuerliche Reformation Vorraussetzung: Lesepublikum human. Bildung Buchdruck engagierte Prediger Antiklerikalismus ab 1522 Magistrate sind erste Obrigkeiten, die sich in ihrer Politik der Reformation anschließen. Erste Städte: Zürich, Nürnberg, Straßburg Aktionen der Landesherren Territorien bleiben mehrheitlich offiziell bis 1540er altgläubig Vorreiter: Preußen 1525 Kursachsen 1526 Hessen 1528 In einigen Regionen wird auch der reformierte Einfluss aus der Schweiz maßgeblich (z.b. Kurpfalz 1863) geht im Bauernkrieg 1525 unter 2. AUSBREITUNG DER REFORMATION IN DEN LÄNDERN WESTEUROPAS Frankreich Bestimmende Faktoren für den Verlauf der Reformationsausbreitung sind: Die Reformbewegungen zur Kirche schon vor Reformation Der Zentralismus in Frankreich, in dem der König traditionell die Religion bestimmt KIRCHENGESCHICHTE: Ausbreitung der Reformation in Europa Florian Karcher 1

2 Die franz. Monarchie tritt dem neuen Glauben mit Widerstand entgegen. Sie verfolgt die Ketzer, durch Inquisition: Viele sterben, einige emigrieren (z.b. Clavin). Trotzdem kommt es in den 1540er Jahren zu zahlreichen Gemeindebildungen nach dem Vorbild in Genf. Auf einer Nationalsynode wird 1559 in Paris ein gemeinsames Glaubensbekenntnis (Confessio Gallicana) und eine Kirchenordnung beschlossen. Beides gibt dem Protestantismus Gestalt bis zum Verbot des Protestantismus durch Ludwig XIV.Die französischen Protestanten nennt man HUGENOTTEN. Ein friedliches Nebeneinander der Konfessionen gelingt nicht. Bis Ende des 15Jh. Kommt es insgesamt zu acht bürgerkriegsähnlichen Religionskriegen, den sog. Hugenottenkriegen. In der Bartholomäusnacht kommt es zum Massenmord an protestantischen Adeligen. Damit weitet sich die Gewalt weiter aus, von der Krone gebilligt. Rund Hugenotten werden getötet. In dieser Zeit wird zum ersten über eine religiöse Neutralität des Staates nachgedacht. Frieden bringt aber erst das TOLERANZEDIKT VON NANTES Heinrich IV Heinrich IV war ein ehemaligen Hugenotten und kehre aus taktischen Gründen zum Katholizismus zurück. In dem Edikt wurde zwar der Katholizismus zur Staatsreligion erklärt, der reformierten Kirche aber die Existenz gewährt und gesichert. Edikt von Nantes 1598 erlassen von Heinrich IV. Rechte Pflichten leben und wohnen ohne bedrängt zu werden Verfolgung und Kontrolle nur durch Justiz Veröffentlichung und Druck von Büchern Verbot der Hetze Gleichstellung bei Bildung müssen sich an katholische Feiertage halten Ehen und Verwandtschaften der katholischen Kirche achten Zehnten an Ortspfarrer zahlen Im 17. Jh verschlechtert sich die Lage, es kommt erneut zu Religionskriegen ( ). Höhepunkt ist das EDIKT VON FONTAINEBLEAU mit dem Ludwig XIV. das Edikt von Nantes wieder aufhebt. Die reformierten Pfarrer werden des Landes verwiesen, die Bevölkerung soll in die katholische Kirche zurückgeführt werden. Inhalt des Ediktes: Vollständige Wiederrufung des Edikt von Nantes Zerstörung aller reformierten Kirchen Verbot des Gottesdienstes Reformierte Prediger müssen ins Exil Begünstigungen für Prediger die zum Katholizismus konvertieren (Geld, Beruf) Verbot reformierte Schulen Enteignung Aller die nicht innerhalb von vier Monaten konvertieren Verbot der Auswanderung Als Reaktion auf das Edikt flüchten Hugenotten in die benachbarten Länder und eine Untergrundkirche (Kirche in der Wüste) formiert sich. Es kommt weiter zu bewaffneten Wiederstand (Camisardenkrieg). Erst mit der franz. Revolution 1789 herrscht in Frankreich Gewissens- und Glaubensfreiheit. KIRCHENGESCHICHTE: Ausbreitung der Reformation in Europa Florian Karcher 2

3 Begriffe: Un roi, une loi, une foi (franz) ein König, ein Gesetz, ein Glaube Cuius regio, eius religio (lat.) eine Region, ein Glaube Confessio Gallicana reformiertes franz. Glaubensbekenntnis nach Calvin 1559 Daten: 1559 Nationalsynode mit Beschluss von Bekenntnis und Kirchenordnung 1598 Toleranzedikt von Nantes 1685 Edikt von Fontainebleau Niederlande Die Niederlande sind im 16 Jh. Teil des Habsburgerreich. Ab 1555 werden sie vom Spanier Philipp II regiert, welcher 1559 nach Spanien zurückkehrt und eine Statthalterin einsetzt. Der Widerstand der staatlichen Unterdrückung der reformatorischen Bewegung verbindet sich mit politischen Interessen und wird zum Freiheitskampf. Folge davon ist die Teilung: Das südliche Niederlande (Im Wesentlichen da heutige Luxemburg und Belgien) bleiben spanisch und katholisch, während in nördlichen Teil ein Staatenbund calvinistischer Prägung entsteht, der im Westfälischen Frieden 1648 seine Selbständigkeit erhält. Eine zentrale Figur ist Wilhelm von Oranien. Nach der Teilung von 1566 bis 1585 entsteht im südlichen Teil eine Untergrundkirche. Das nördlichen Niederland ist calvinistisch, wobei Katholiken geduldet werden. Innerhalb dieses Teils der Niederlande kommt es zu Unklarheiten über das Verhältnis von Staat und Kirche, aber auch in Lehrfragen. Remonstrationsstreit Remonstranten Contra-Remonstranten Gott erwählt uns zum Heil, weil wir Gott gibt uns Glauben, weil wir erwählt Glauben sind. Ergebnis der Dordrechter Synode 1618/19: Doppelte Prädestination (Vorherbestimmung zum Heil und zur Verwerfung) Gehört fortan offiziell zur reformierten Lehre Die Reformierte Kirche der Niederlande gelangt in der Folgezeit eine wichtige Position. Anders als in anderen Ländern ist sie sehr tolerant gegenüber anderer Religiöser Gruppen (Katholiken, Täufer etc.). Später prägen puritanische Einflüsse die Kirche. England und Schottland In England entwickelt sich die Reformation schleppend. König Heinrich VIII. nutzt die Gunst der Stunde, den Antiklerikalismus und den Willen zur Reform der Kirche sagt sich von der katholischen Kirche los und wird 1531 selbst Oberhaupt einer eigenen anglikanischen Kirche. Diese Kirchen ist in ihren Kinderjahren noch sehr katholische geprägt. Organisation, Amts- und Sakramentsverständnis und Traditionen bleiben. Er den Nachfolger Heinrich VII. gelingt es die anglikanische Kirche eine protestantische Gestalt zu geben. So kommt es unter Eduard VI. zu einer Reform der Liturgie und einem allgemeinen Gottesdienst- und Gebetsbuch (Book of Common Prayer). KIRCHENGESCHICHTE: Ausbreitung der Reformation in Europa Florian Karcher 3

4 Einen kurzen Rückschlag erfährt England mit Maria I. Allerdings bleibt ihr Versuch der Rekatholisierung eine Episode. Ihre Nachfolgerin (Elisabeth I) knüpft an der reformationsfreundlichen Politik ihr Vorgänger an. Unter ihr wird England zur bedeuttestende protestantischen Macht Europas wird eine eigenes Glaubensbekenntnis ( die 39 Artikel ). Der reformatorische Einfluss ist eher calvinistisch geprägt. Die weitere kirchliche Entwicklung ist vom Versuch geprägt, Traditionen und radikale Reformen zu vereinbaren. Die Protestanten, die auf eine weitere Reinigung von Katholischen Überresten werden Puritaner genannt. Sie sind geprägt von einer Strengen Ausrichtung auf die Bibel mit entsprechender Frömmigkeitspraxis (u.a. Forderung nach strenger Sonntagspraxis, Kritik an menschlichen Riten etc.). Mit Ihnen und andere Gruppen (Presbyterianer, Independente etc.) kommt es zum Konflikt. Nach zeitweiligen Siegen dieser Strömung (Puritanische Revolution, Oliver Cromwell), setzt sich aber doch die anglikanische Kirche durch. Die Toleranzakte von 1689 bringt diesen Gruppen, den sog. Dissenters, die Religionsfreiheit neben der anglikanischen Staatskirche. Heinrich VIII. ( ) Eduard VI. ( ) Maria I. ( ) Elisabeth I. ( ) Chronologie der Ausbreitung der Reformation in England Loslösung von kath. Kirchen in Rom Gründung der anglikanischen Kirchen mit König als Oberhaupt (1531/34) Kirche bleibt weitgehend traditionell organisiert Liturgische Reform (Thomas Cranmer, Erzbischof von Canterbury) Book of Common Prayer (1549) Versuch der Rekatholisierung Ketzer-Hinrichtungen, u.a. Thomas Cranmer) England wird bedeuttestende protestantischen Macht Europas Glaubensbekenntnis (1563/71) 1603 Puritanische Kritik an Kirche Bürgerkrieg: Puritanische Revolution 1662 Sieg des Anglikanismus 1689 Toleranzakte Ab 1730 kommt es in England zu einer Erweckungsbewegung. Die bisher in der Staatskirche angesiedelten Methodisten trennen sich ab und werden selbstständig. Im Nachbarland Schottland konstituiert sich (nach Bürgerkriegen) 1560 eine calvinistische schottische Staatskirche, die sich erst 1690 eine presbyterianische Kirchenverfassung gibt. Begriffe: presbyterianisch an die Strukturen der Urgemeinde angelehnt Der französische, der niederländische und der schottische Protestantismus, sowie kleinere Gebiete Deutschlands (Bremen, Nassau, Kurpalz u.a.) orientiert sich stark an Calvins und die Genfer Reformation, dessen Grundlage der Heidelberger Katechismus von 1563 ist. KIRCHENGESCHICHTE: Ausbreitung der Reformation in Europa Florian Karcher 4

5 3. DIE AUSBREITUNG DER REFORMATION IN DEN LÄNDERN NOREUROPAS Dänemark und Norwegen Auch hier politische Gründe entscheidend 1527 vorläufige Duldung prot. Prediger 1536 Christian III. erste Schritte zur Einführung 1537 offizielle Einführung des Luthertums als Staatreligion Einführung ebenfalls in Norwegen (Personalunion des Königs) Schweden und Finnland Ebenfalls Nutzung der Reformation zur Macht Stärkung des Königs (1520 Ablösung von Dänemark) Ab 1527 baut der schwedische König lutherische Kirche auf Kirche ist noch stark traditionell geprägt Ähnliche Durchführung in Finnland durch Michael Agricola In den skandinavischen Ländern setzt sich anders als in Westeuropa stark das Luthertum durch. Neben den religiösen spielen auch hier politische Beweggründe eine wichtige Rolle. 4. DIE AUSBREITUNG DER REFORMATION IN DEN LÄNDERN OSTEUROPAS Ostpreußen/Baltikum Schon ab 1525 beginnen die lutherischen Einflüssen. Die Reformation kann aber erst endgültig nach den territorialen Veränderung des Livländischen Krieges ( ) abgeschlossen werden. Polen-Litauen In Polen-Litauen wird aufgrund der Vielfalt der Gruppierungen 1573 die Religionsfreiheit ausgerufen. Neben den lutherischen Einflüssen sind vor allem die calvinistischen sehr stark. Es kommt nie zu einer protestantischen Nationalkirchen. Der Katholizismus behält auch weiter eine wichtige Position und wird nach dem 2. Weltkrieg die stärkste Konfession Ungarn und Siebenbürgen Aufgrund der Dreiteilung Ungarns sind auch hier die religiösen Veränderung vielfältig. Im habsburgerischen Teil kommt stark das Luthertum zum Tragen, der Adel fühlt sich eher dem Calvinismus verpflichtet. In Siebenbürger herrscht Toleranz gegenüber allen Gruppierungen 5. DER EINFLUSS DER REFORMATION IN ITALIEN UND SPANIEN Eine Verbreitung in Italien und Spanien kann aufgrund der kirchlichen Macht unterdrückt werden. In Italien schließen sich die Waldenser der Reformation an. ZUSAMMENFASSUNG Folgende Faktoren haben die Ausbreitung in Europa begünstigt: KIRCHENGESCHICHTE: Ausbreitung der Reformation in Europa Florian Karcher 5

6 humanistische Bemühungen um Kirchenreform Antiklerikalismus Ansprechende Wirkung auf breite Bevölkerung (Reformation von unten) Aufgeschlossene Obrigkeit (Reformation von oben) Zusammen Spiel von Reformation von oben und unten Am Ende des 16.Jh ist die kirchliche Einheit Europas zerbrochen. Dem Katholizismus steht der drei-geteilte Protestantismus (lutherisch, calvinistisch-reformiert, anglikanisch) gegenüber. Daneben gibt es zahlreiche kleinere Gemeinschaften. KIRCHENGESCHICHTE: Ausbreitung der Reformation in Europa Florian Karcher 6