S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G:

Transkript

1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Trächtige Kühe im Schlachthof: Tausende ungeborene Kälber ersticken qualvoll AutorInnen: Monika Anthes Edgar Verheyen Kamera: Gerhard Friedrich Kolja Niber Jens Thiel Schnitt: Alexander Jung Moderation Fritz Frey: Wer REPORT MAINZ kennt, der weiß, dass wir gerne recherchieren, was auf unseren Tellern landet wie werden beispielsweise Tiere gehalten, die sich irgendwann in leckere Steaks oder Schnitzel verwandeln sollen? Geht da alles mit rechten Dingen zu? In der Vergangenheit haben wir uns mit Geflügel- und Schweinezüchtern angelegt, jetzt schauen Monika Anthes und Edgar Verheyen mal nach den Kühen. Wahren Prachtexemplaren kann man da begegnen. Stolz zeigen Züchter auf der deutschen Holstein-Schau ihre besten Stücke Kühe mit gewaltigen Eutern, die mehr als Liter Milch im Jahr produzieren.

2 2 Aber wie sieht die Wahrheit hinter solchen Hochglanzeutern aus? Völlig überraschend dürfen unsere Reporter ganz offen in einem Schlachthof recherchieren und drehen. Was ihnen da widerfahren ist mir hat es den Atem verschlagen. Bericht: Acht Uhr früh, Jadeschlachthof Wilhelmshafen. Er gehört zum Tönnies-Fleischkonzern. Jörg Altemeier ist Tierschutzbeauftragter im Konzern und bereit uns zu zeigen, in welchem Gesundheitszustand die Tiere hier ankommen. 70 Milchkühe werden heute zur Schlachtbank geführt. Im Wartebereich läuft Musik von Vivaldi das soll die Tiere beruhigen. Eine Gruppe wirkt besonders ausgezehrt. O-Ton:»Das sind keine Models, die hier ankommen. Das ist sicherlich so.«tatsächlich sind die Tiere verdreckt, einige auch verletzt, haben offene Wunden.»Einer der Gründe, warum die Tiere, warum Milchkühe zu uns kommen, ist eben auch der, dass es gesundheitliche Probleme gibt.«solange die Krankheiten nicht ansteckend sind, ist das für den Schlachthof kein Problem. Doch er macht uns auf etwas anderes aufmerksam: Immer wieder würden Landwirte trächtige Kühe zu Schlachtung geben, also Tiere, die ein Kalb erwarten. Ob auch heute schwangere Kühe dabei sind, wird sich erst später zeigen. Was nun folgt, ist nichts für schwache Nerven: Mit diesem Bolzenschussgerät werden die Kühe betäubt. Ein Reflextest am Auge stellt sicher, dass sie nichts mehr spüren, erst danach werden sie durch Ausbluten getötet. Es folgt die Verarbeitung und Zerlegung im Minutentakt. Die Eingeweide werden herausgenommen. Bei diesem Tier ist die Gebärmutter vergrößert. Jörg Altemeier schaut genauer nach. Entdeckt ein ungeborenes Kalb erstickt im Mutterleib. Die Größe verrät das Kälbchen ist bereits mehrere Monate alt.

3 3 Frage: Wie finden Sie das, dass so was hier vorkommt?»keine Frage, jedes Tier, was bei uns tragend ankommt, ist ein Tier zu viel.«frage: Was würden Sie den sagen, ist der Grund gewesen für den Bauern eine trächtige Kuh hier anzuliefern?»es mag sein, dass das Muttertier erkrankt war, dass der Landwirt keine Chance gesehen hat, es auszutherapieren, und es deswegen dann eben zum Schlachthof gegeben hat.«illegal ist das nicht. Dass schwangere Tier hier landen, hat auch wirtschaftliche Gründe, geben Landwirte hinter vorgehaltener Hand zu. Es lohne sich einfach oft nicht für eine schwer kranke Kuh den Tierarzt zu rufen. Die Folge, so schätzt die Bundestierärztekammer, ungeborene Kälber verenden so. Wir bekommen weitere Fotos diesmal stammen Sie von einem Schlachthof in Bayreuth. Veterinärdirektor Kai Braunmiller ist Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene. Er hat uns die Aufnahmen geschickt und hält diese Zustände für Tierquälerei:»Also, das ist im Prinzip ein Erstickungsprozess, der nach wissenschaftlichen Angaben bis zu 20 Minuten dauern kann.«frage: 20 Minuten? Das ist ein langes Sterben.»Ja.«Täglich verenden so ungeborene Kälber in Schlachthöfen. Das Erstaunliche: Der Politik ist das schon lange bekannt. Für den Veterinär ein Skandal:

4 4»Da haben wir im März 2013 schon das Bundesministerium darauf aufmerksam gemacht. Die Bundestierärztekammer hat es im letzten Jahr auch wiederholt. Und wir erwarten jetzt ein Handeln, das heißt, ein Verbot des Schlachtens von trächtigen Nutztieren.«Zurück zum Tönnies-Schlachthof. Selbst die Fleischindustrie fordert jetzt ein klares Verbot durch den Gesetzgeber.»Bei diesem Fall hat der Landwirt aufgrund der aktuellen rechtlichen Lage nicht illegal gehandelt. Ethisch sieht das ganz anders aus. Das ist auch keine Frage. Und das ist das, wo wir der Meinung sind, dass der Verordnungsgeber nachbessern sollte.«die Verantwortlichen in Berlin haben das Problem bisher vor sich hergeschoben. Der Bundeslandwirtschaftsminister sprach immer nur von einer möglichen europäischen Regelung. Bis vor wenigen Tagen am Rande einer Pressekonferenz konfrontieren wir Christian Schmidt mit unseren Recherchen. Überraschenderweise gehen seine Ankündigungen nun deutlich weiter. Er spricht sogar von einem nationalen Verbot. O-Ton, Christian Schmidt, CSU, Bundeslandwirtschaftsminister:»Mein klares Ziel ist es, ohne Zeitverzug bei diesem Thema zu unterbinden, dass das stattfindet, was bisher in welchem Maße auch immer aber offensichtlich Sie haben Dinge beschrieben, aus eigenem Erlebnis, auch wir wissen von solchen Fällen dass das nicht mehr stattfindet.«frage: Aber mal konkret, was heißt das auf der Zeitschiene genau, was wollen Sie jetzt wann machen? O-Ton, Christian Schmidt, CSU, Bundeslandwirtschaftsminister:»So schnell, wie möglich.«

5 5 Dass das schnell geht, kann man nur hoffen, denn bis zu einem Verbot werden weiter täglich Kälber qualvoll im Mutterleib ersticken. Abmoderation Fritz Frey: Wenn Sie wissen wollen, wie Kühe für billige Milch verheizt werden nächsten Montag Exklusiv im Ersten Das Leiden der deutschen Turbokühe. Das sollten Sie nicht verpassen. Zu diesem Thema unter reportmainz.de auch ein Gespräch mit unserem Rechercheteam.