Als Textilrestauratorin im Museum für Völkerkunde

Transkript

1 Christine Müller-Radloff Als Textilrestauratorin im Museum für Völkerkunde Zum Umgang mit ethnographischen Textilien

2 Einführung per Interview 99 kunstoff.mp3

3 Was heißt Textilrestaurieren in einem Museum? Restaurieren bedeutet wörtlich: wieder herstellen. Im Museum geht es meist nicht darum, ein Objekt in seinen ursprünglichen Zustand zu bringen, sondern, ihn so wie er jetzt ist, zu erhalten und vor weiterer Zerstörung zu bewahren. Für einen Privatsammler mag das etwas eigenartig anmuten, da er seine "Schätze" gern in seiner Wohnung präsentiert und mit und in ihnen "lebt". Oft sind es für ihn auch Wertanlagen.

4 Einem Museum kommen da andere Aufgaben zu: Kunstschätze der Menschheit bewahren Menschen bilden, lehren und erbauen die Gegenstände sind Beweisstücke fremder oder vergangener Kulturen als wissenschaftliches Material für die Erforschung Beschreibung der Veränderungen seit dem "Urzustand", d.h. seiner Fertigung man muss erkennen, was ein Objekt im Laufe seines Lebens durchgemacht hat Veränderungen: bewusst (z.b. Umarbeitungen, Reparaturen) unbewusst (z.b. Abnutzungen, Umwelt- und Havarieeinflüsse)

5 1. Schritt der Restaurierung Dokumentation des Zustandes vor der Restaurierung oder eines anderen Eingriffes [ Denn ist erst einmal etwas verändert, so können wesentliche Informationen unwiederbringlich verloren sein.] Lager- und Ausstellungsstandorte (Lagerart, Licht- und Klimaverhältnisse) vorangegangene Reinigungen, Restaurierungsmaßnahmen und Schädlingsbekämpfungen (mit den genauen Bezeichnungen der Chemikalien). [Natürlich wird man nie alle Informationen vollständig haben, aber man sollte sich bewusst sein, dass diese dazu gehören.]

6 Textilwissenschaftliche Angaben Angaben über Herkunft, Sammler, "Weg ins Museum", vorherige Besitzer, Originalnummern, gültige Objektnummer des Museums technische Angaben Maße, Gewicht, Farbgebung Farbstoffe, Materialien, Herstellungstechnik(en), Farbstoff-, Faserstoff- und Gewebeanalysen, Bestimmung der Farbtöne (anhand einer käuflich erhältlichen Farbtafel ) und der Farbstoffe zeichnerische und/ oder Fotodokumentation des gesamten Objekts + wesentlicher Details, Darstellung des Schnittbildes [z.b. Explosionszeichnung] Verzierungen beschreiben: Knöpfe, Bänder, Stickereien, Applikationen, Taschen u.a.

7 Zur Restaurierung Gedanken: Was will ich mit meinem Eingriff erreichen? Was wird nach der Restaurierung mit dem Objekt gemacht? Ziel: die Haltbarkeit des textilen Gegenstandes zu verlängern Man muss sich immer im Klaren sein, alle organischen Substanzen haben das Bestreben, sich chemisch zu zersetzen. Der dafür nötige Sauerstoff und die Energie sind allgegenwärtig. Überall wirken physikalische Kräfte, wie Zug, Druck und Wärme Gealterte Gegenstände sind dadurch besonders gefährdet keinen Langzeitschaden erzeugen (z.b. durch erzeugte innere Gewebespannungen) Man kann die Zeit des Verfalls nur hinauszögern!

8 verschmutzte Textilien Reinigungsverfahren trocken mechanisch reinigen (abbürsten, absaugen, abreiben) waschen oder chemisch reinigen dabei sehr vorsichtig denn nicht jeder Fleck ist Schmutz im Museumssinn manche Flecken wissenschaftlichen Wert und sollen verbleiben bei Nassreinigung Gefahr des Ausblutens von verwendeten Farbstoffen Echtheitstest überlegen, ob Objekt den Reinigungsvorgang überhaupt übersteht!

9 Präventive Restaurierung/ Konservierung Licht- und Klimafragen keine kurzzeitigen Klimaschwankungen Kondensationsgefahr! Richtwerte für Textilien -> energiearmes Licht: 50 Lux ( UV-Anteil gering halten) -> Temperatur: C -> relative Luftfeuchte: 50% +/- 5% Lagerung > siehe nächste Tafel

10 Lagerungs- und Ausstellungsarten mit den entsprechenden Stütz- und Verpackungsmaterialien säurefreies Packmaterial (Papier, Pappe, Karton) möglichst spannungsfrei lagern (Liegend lagern meist besser als hängend!) breitschultrige und/ oder mit Stoff bezogenen Bügel möglichst nicht falten besonders nicht kreuzweise Knicke Rollen als Wickelkerne verwenden Plastiktüten aus Material ohne Chloranteil und/oder ohne Weichmacher keine Metallklammern oder Stecknadeln verwenden, sondern notfalls nicht rostende Insektennadeln Nummern und Etiketten aus textilem Material (Baumwollwäscheband oder Tyvekstreifen) annähen mit mehreren großen Stichen Einreißgefahr vermeiden! Nummern mit wasserfestem Wäschestift oder klassischer dokumentenechter Bandschreibmaschine beschriften Langzeitwirkung bedenken!

11 Nun zu einigen Problemen im Detail: Schimmel- und Mottenbefall Tasche, Serbien, Eu 4705 Sattel, Mongolei, Salgo NS4

12 Lichtschaden Priestergewand, Abessinien NAf 4872

13 Kenntnis der Herstellungstechnik oder des Zusammenbaus Turkmenistan Leipzig -MVL

14 Restaurierungsprobleme bei Objekten mit Metallverzierungen aus Asien

15 Rock einer Prinzessin aus Rajasthan SAs 16746

16 Vor und während der Restaurierung Arrangieren der losen Teile vor dem erneuten Annähen Fehlstellen

17 Indisches Tuch SAs 7385

18 Palästinensisches Hochzeitskleid aus Beijt-Dajan WAs 2408

19 Defekte Stellen vor der Restaurierung

20 Unterlegschichten bei der Restaurierung Gefärbtes Seidengewebe Weißes Baumwollgewebe zum Reduzieren der Spannungsbelastung

21 Nach der Restaurierung

22 Matte aus Ifaluk Mi 3861 vor der Restaurierung nach der Restaurierung

23 Ponchoartiger Überwurf von Truk, Karolinen Mi 4417

24 Restaurierungsworkshop während des Aufnähen auf eine Unterlage Dokumentation mit einem Fragebogen

25 Die Restaurierung vorher nachher während verpackt

26 Nummernschilder und Etiketten

27 Richtig Packen optimal lagern

28 Hängungen von flachen textilen Objekten Satteldecke, Süd-Tunesien NAf 1842 Schlauch dahinter genäht

29 Schaden durch falschen Umgang Thankga, Privatbesitz Schadensbild Einrollen + Abfangfaden

30 Kleiderbügel

31 Was man bei Ausstellungsfigurinen beachten muss!

32 Dekorierte Figurinen

33 Auf Wiedersehen beim nächsten Treffen im April 2010 im Museum in Leipzig!