Wie entwickelt sich Sprache bei Kindern? Dr. Petra Küspert Würzburger Institut für Lernförderung Universität Würzburg
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1 Wie entwickelt sich Sprache bei Kindern? Dr. Petra Küspert Würzburger Institut für Lernförderung Universität Würzburg 1
2 Fortschreitender Prozess parallel zu anderen Entwicklungsbereichen (Wahrnehmung, Motorik, Kognition) Über das Hören, Verstehen und Nachahmen von Sprachvorbildern Nach und nach übernimmt das Kind Laute, Wörter, Wortkombinationen und Satzphrasen Abhängig von individuellen Voraussetzungen und von der Umwelt Eltern reagieren: Sie fragen nach, erweitern oder korrigieren die kindlichen Äußerungen Es entwickelt sprachliches Regelwissen, das es in seiner Sprache erprobt Die Sprache der Eltern liefert und erweitert den Wortschatz (Lexik), die Grammatik und Struktur (Syntax) Sprachentwicklung auf drei Ebenen Artikulationsentwicklung Wortschatzentwicklung Satzbau- und Grammatikentwicklung 2
3 Artikulationsentwicklung Bis zum 3. Lebensjahr: Schreien, Lallen Gezielte Lautnachahmungen ( a, m ) und Lautverbindungen ( mamama ) Ab 9. Monat Nachahmen einzelner Silben Ab 12. Monat Artikulation einzelner Wörter ( Mama, Wauwau ) Ab 24. Monat VK-Verbindungen ( ba, bo ) Ab dem 3. Lebensjahr: Komplexere Konsonantenverbindungen ( bla, blu ) Ab 4 Iahren Konsonantenverbindungen wie kr, str Mit ca. 5 Jahren Abschluss der Artikulationsentwicklung Wortschatzentwicklung Bis zum 3. Lebensjahr: Mit 18 Monaten ca. 50 Wörter Mit 24 Monaten ca. 300 Wörter aktiv (auch Adjektive, Zeit- und Ortsbestimmungen) Ab dem 3. Lebensjahr: Mit 3 Jahren ca Wörter Mit 4 Jahren über 1500 Wörter Bei Schulbeginn ca Wörter 3
4 Satzbau- und Grammatikentwicklung Bis zum 3. Lebensjahr: Mit 12 Monaten Vorläuferstrukturen der Grammatik: Ausdrücken komplexer Inhalte mit Einwortsätzen ( schlafen ) Mit 2;6 J. übernimmt das Kind allmählich einzelne Elemente und Strukturen der Muttersprache ( Lara ist im Bett ) Ab dem 3. Lebensjahr: Kind beginnt in Sätzen zu erzählen Kind übernimmt nach und nach einzelne syntaktische Besonderheiten (Konjugation der Verben ( der Junge lacht )) Ab 3;6 J. bilden Kinder Haupt- und Nebensätze mit Konjunktionen Normale Sprachauffälligkeiten Mit 3 4 Jahren: Physiologisches Stottern (Missverhältnis zwischen Sprechlust und Sprechgeschicklichkeit) Bis 5 Jahre: Entwicklungsbedingter Dysgrammatismus Bis 5 Jahre: Entwicklungsbedingtes Stammeln (v. a. schwierige Lautverbindungen wie kr, dr und Zischlaute) 4
5 Sprachbeispiele eines 4-jährigen Kindes mit ungestörter Sprachentwicklung: Wir fahren zur Oma, weil sie Geburtstag hat. (Haupt- und Nebensatz) Papa hat gesagt, dass ich auf den Spielplatz gehen darf. Ich gehe, du gehst, er geht usw. Ich habe dem Hund die Wurst gegeben. (Dativ) Der Ball liegt unter dem Sofa. Vielleicht fahren wir bald in Urlaub. (Adverb) Paul ist kleiner als ich, ich bin ganz groß. (Steigerung, Superlativ mit ganz ) Wohin geht/woher kommt/warum geht der Hund? Meilensteine der Sprachentwicklung (nach Grimm, H.) I (10-18 Mon.) Einwortäußerungen II (18-24 Mon.) Wortkombination; Partikel am Satzende ( Tür auf ) III (24-36 Mon.) Verb rutscht vom Satzende zu V2 IV (ab ca. 30 Mon.) Konjunktionen und Relativpronomen 5
6 Zitate Generation sprachlos Immer mehr Kinder weisen Sprachdefizite auf! Wächst hier eine Generation heran, die sich nicht mehr mitteilen kann? Jedes fünfte Kind leidet unter Sprachschwächen weil die Eltern das Reden und Lesen nicht fördern! Was können wir tun? wie sag ich s meinem Kinde? 6
7 Sprechen, sprechen, sprechen von Anfang an Sprachentwicklung braucht keine Babysprache! Handlungen sprachlich begleiten Erfahrungen mit allen Sinnen: Nur das, was ich sehe, fühle, rieche, schmecke, verlangt nach einem Wort. Wir achten auf unsere Sprache Fernsehen ist keine Sprachförderung! Lust an Sprache vermitteln! Bilderbuchbetrachtung Eine der wirksamsten Formen der Sprachförderung im frühen Kindesalter Optimal: Gestaltung als Dialog Unterbrechungen erwünscht!!! Zuwendung und Nähe des Erwachsenen in einer sprachintensiven Situation Tempo von sprachlicher Anregung und Kommunikation kann auf das Kind abgestimmt werden. Wiederholtes gemeinsames Anschauen des selben Bilderbuches steigert bei sprachlich weniger kompetenten Kindern den sprachlichen Lerneffekt bedeutsam. 7
8 Vorlesen Begegnung mit einem anderen Sprachniveau als im Alltag: Mehr Adjektive, reicher Wortschatz, seltene Wörter Kinder erwerben ein Schema von Geschichten: (Anfang, fortschreitende Handlung, Lösung, Ende). Kinder erlernen eigene Erzählkultur Was können Eltern sonst noch tun? 1. Mit den Kindern sprechen und ihnen die Welt erklären = aufmerksam machen, Kinder Erfahrungen machen lassen und diese sprachlich begleiten, Experimente mit allen Sinnen zu Hause 2. Lieder singen und Kinderreime gemeinsam sprechen 3. Sprachspiele bei jeder Gelegenheit 4. Auf die Fragen der Kinder nach Buchstaben oder Schreibungen kompetent eingehen Verwendung von Lauten (/m/), nicht von Buchstabennamen ( em ) 8
9 Spielerische Förderung: Aufmerksamkeit Merken von gezeigten / gesprochenen Reihenfolgen Figuren ertasten und beschreiben Einer Geräuschquelle folgen Flüsterpost Koffer packen Quatschwörter nachsprechen Vorlesen und Rätselfragen dazu stellen Spielerische Förderung: Rhythmus Klatschen oder pfeifen im Rhythmus Abzählverse Silbensprache mit Bewegung ( Die Nachfolger des Königs ) Gemeinsam singen 9
10 Spielerische Förderung: Semantik Ratespiel: Beutel mit mehreren, vorher betrachteten Gegenständen. Kind fasst hinein, Erw. fragt: Ist es rund? Ist es glatt? Bilderraten An wen denke ich? Bilderbuchbetrachtung Abschweifen erwünscht! Spielerische Förderung: Artikulation Übungen zur Steigerung der Geschicklichkeit der Sprechorgane: Zungenbrecher Neue Namen nachsprechen (Anna Apfelmus / Bernd Blass / Christiane chaotisch / Dora Dussel Karl lernt sprechen K-arl, K-uchen Geheimsprache: Lautgebärden für die Selbstlaute 10
11 Spielerische Förderung: Phonologische Bewusstheit Sätze ergänzen ( Ich esse gerne ) Reimen Silbieren Anlaute erkennen Hörst Du ein e in Nuss? Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 11
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