Transparenz & Antikorruption in Deutschland Neue Entwicklungen

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1 Transparenz & Antikorruption in Deutschland Neue Entwicklungen RA Marc Oeben 9. Pneumologische Praxistage 12. Juni 2016

2 Agenda Update zum Transparenz-Kodex Das neue Antikorruptionsgesetz im Gesundheitswesen Fazit Pneumologische Praxistage 2

3 TRANSPARENZ-KODEX 3

4 Grundlagen der Transparenz FSA-Transparenzkodex ( Freiwillige Selbstkontrolle der Arzneimittelindustrie e.v. ) Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Dachverbandes (EFPIA) Verpflichtend für die Mitgliedsunternehmen des vfa AKG-Transparenzregeln ( Arzneimittel und Kooperation im Gesundheitswesen e.v. ) Nicht Mitglied der EFPIA Freiwillige Umsetzung für Mitgliedsunternehmen des BPI MedTech? Bisher kein Kodex erlassen 4

5 Grundlagen der Transparenz Ziele der Transparenz: Es soll unbegründeten Vorwürfen entgegen gewirkt werden Interessenkonflikte sollen vermieden werden Das Vertrauen in die Pharmaindustrie und die Zusammenarbeit mit Angehörigen der Fachkreise stärken Teil einer globalen Entwicklung: US Physician Payments Sunshine Act Transparenzgesetze in Australien, Frankreich, Dänemark, Slowakei und Portugal Initiativen der Selbstregulierung in UK, den Niederlanden und Japan 5

6 Umfang der Transparenz Individuelle Offenlegung Spenden und andere einseitige Zuwendungen Zuwendungen im Zusammenhang mit Fortbildungsveranstaltungen Dienstleistungs- und Beratungshonorare Zusammengefasste Offenlegung Zuwendungen aus dem Bereich Forschung und Entwicklung Individuelle Offenlegung aus rechtlichen Gründen nicht möglich (z.b. fehlende Einwilligung des Arztes zur Veröffentlichung) Die Unternehmen sind für die Veröffentlichung individueller Daten auf die Mitwirkung der Ärzte angewiesen 6

7 Umfang der Transparenz Beispiele Honorare für wissenschaftliche Vorträge Vergütung für Beratungsleistungen Sponsoring von Veranstaltungen Kosten für die Teilnahme an medizinischen Kongressen (Tagungsgebühren, Reise- und Übernachtungskosten) Empfänger der Zuwendungen Angehörige der Fachkreise Medizinische oder wissenschaftliche Organisationen/Einrichtungen (Krankenhäuser, Universitätskliniken, Fachgesellschaften etc.) 7

8 Transparenz-Fahrplan Pharmaunternehmen seit 2014 intensiv mit Vorbereitungen beschäftigt Schaffung der IT-Infrastruktur Schaffung von internen Prozessen Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen (i.e. Einwilligung der Ärzte) Berichtszeitraum Kalenderjahr, beginnend 2015 Wann und wie lange? Wo? Innerhalb von 6 Monaten nach einem Berichtszeitraum 1. Berichtszeitraum: Kalenderjahr 2015 Erstmalige Veröffentlichung: 1. Halbjahr 2016 (spätestens Ende Juni 16) Öffentlich zugängliche Webseite 8

9 Beispiel Pfizer Inc. (US Webseite) 9

10 DAS NEUE ANTIKORRUPTIONSGESETZ IM GESUNDHEITSWESEN 10

11 Aktuelle Entwicklungen Die sieben Todsünden der modernen Medizin Sünde 4: Korruption im Gesundheitswesen Teilen Bayern richtet drei neue Schwerpunktstaatsanwaltschaften ein Quelle: Fokus Korrupten Ärzten und Apothekern drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis Quelle: Süddeutsche 11

12 Spannungsfeld bei der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Ärzten Sachgerechte Anwendung von Arzneimitteln und Medizinprodukten Stetige Verbesserung der Produkte Gefahr der unsachgemäßen (korruptiven) Einflussnahme auf Verordnungs- und Therapieentscheidungen 12

13 Aktuelle Entwicklungen AKTUELL: Verschärfung des Korruptionsrechts durch neue 299a, b StGB (Bestechlichkeit / Bestechung im Gesundheitswesen) Tatbestand ist Anfang Juni 2016 in Kraft getreten Auslöser der Entwicklung war ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2012 (BGH, , GSSt 2/11) Prämiensystem (Kick-Back) Vertragsärzte können nicht bestochen werden, da weder Amtsträger ( 331 ff StGB) noch Beauftragte ( 299 StGB) 13

14 Erforderlichkeit einer Neuregelung? Kodizes Alle Vorschriften haben folgende Funktion: Strafrecht HWG Gewährleistung der Unabhängigkeit der ärztlichen Tätigkeit vor kommerziellen Interessen Schutz des Vertrauen des Patienten, dass der Arzt nur nach medizinischen und nicht nach ökonomischen Überlegungen in der Behandlung entscheidet Sozialrecht Ärztliches Berufsrecht 14

15 299a/b StGB-E im Überblick Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten 2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder seinen Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 15

16 299a/b StGB-E im Überblick 299a E-StGB (Bestechlichkeit) Vorteil fordern Sich versprechen lassen Annehmen 299b E-StGB (Bestechung) Vorteil anbieten Versprechen Gewähren 24. Mai 2016 Pneumologische Praxistage 16

17 Tatbestandsvoraussetzungen Vorteil Anbieten, Versprechen, Gewähren Heilberufsangehöriger (angestellt/selbstständig) Unrechtsvereinbarung Gewährender = Jedermann Gegenleistung für Vorteil Vorteil Verletzungshandlung Heilberufsentscheidung (Verordnung, Bezug zur unmittelbaren Anwendung, Zuführung von Patienten/Untersuchungs material) Unlautere Bevorzugung im Wettbewerb 17

18 Niedrige Schwelle für die Aufnahme von Ermittlungen Anfangsverdacht i.s. von 152 Abs. 2 StPO: Sie [die Staatsanwaltschaft] ist [ ] verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Der Anfangsverdacht muss es nach den kriminalistischen Erfahrungen als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt! Ausgangspunkt ist das Vorliegen von Indizien, die auf eine Unrechtsvereinbarung zwischen Heilberufsangehörigem und Gewährendem hindeuten 18

19 Zentrale Fragestellungen Gegen wen richten sich Ermittlungsverfahren? Wie ist die Einladung zu FoBi zu bewerten? 19

20 Reaktionen Gesetzgeber möchte bewährte Kooperationsformen beibehalten, aber ohne Korruption Unternehmen der Pharma- und Medizinprodukte-Industrie stellen derzeit verschiedene Kooperationsformen auf den Prüfstand Hohe Verunsicherung auf Seiten der Ärzteschaft Gefahr der sog. Unrechtsvereinbarung durch Problembewusstsein vermeiden Risikominimierung durch Indizienmanagement : Neben den Indizien Täterschaft und Vorteil sollen keine weiteren Indizien hinzutreten, die auf eine Unrechtsvereinbarung hindeuten (z.b. Überzahlung, Vergütung trotz fehlender Leistung, Kopplung einer Einladung an Verodnungen o.ä.) Strikte Einhaltung der wettbewerbs-, sozial- und berufsrechtlichen Vorschriften 20

21 Risikomanagement Die 4 Grundprinzipien bei der Zusammenarbeit Äquivalenzprinzip Trennungsprinzip Risikomanagement Dokumentationsprinzip Transparenzprinzip 21

22 FAZIT 22

23 Fazit 299a, b StGB ist weitere Sanktionssäule für unzulässige Zuwendungs-/Beteiligungsbeziehungen Verschärfung der Sanktionierung von Ärzten und anderen Heilberufsangehörigen Ermittlungsverfahren werden nicht lange auf sich warten lassen Richtungsweisende Entscheidungen der Gerichte werden noch dauern Bestehende Verunsicherungen auf allen Seiten Auswirkungen der Transparenzinitiativen auf Ermittlungsverfahren bleiben azuwarten 23

24 VIELEN DANK! 24

25 RA Marc Oeben Jägerhofstraße 31 D Düsseldorf T F marc.oeben@novacos-law.com NOVACOS Rechtsanwälte Heil Hübner Natz Oeben Stallberg Partnerschaft mbb Sitz Düsseldorf I AG Essen PR