Rassewelpe oder Tierschutzhund?

Transkript

1 Hunde zone Rassewelpe oder Tierschutzhund? Eine Gegenüberstellung von Kathrin Schar

2 Entscheidung für Hund Für viele Menschen, die sich für den Einzug eines Hundes in die eigenen vier Wände entscheiden, ist klar: Ein Welpe muss her. Welpen sind schließlich süß und tollpatschig und einfach nur zum Knuddeln. Meistens hat man auch schon ein bestimmtes Bild vor Augen. Wie er aussehen muss, wie sein Charakter sein sollte, was man alles mit ihm unternehmen möchte usw. Also sucht man im Internet und in diversen Büchern nach Hunderassen, die diese Ansprüche erfüllen. Doch Kriterien wie Aussehen und Charakter sind sehr oberflächlich und sollten mit Vorsicht genossen werden. Sicher wirkt ein Border Collie, der aufgeweckt über einen Agility-Parcour hechtet oder 20 verschiedene Spielsachen unterscheiden kann, beeindruckend und herzig. Was hier jedoch häufig übersehen wird, ist, dass diese Rasse täglich mehrere Stunden gefordert werden muss geistig und körperlich. In einer Familie, die gerade mal morgens, mittags und abends eine Stunde zum Gassi gehen aufbringen kann, sind Probleme vorprogrammiert.

3 UNENTGELTLICHE WERBUNG Tierschutzhunde Ein Großteil der zukünftigen Hundehalter entscheidet sich außerdem für einen Welpen vom Züchter, weil sie der Meinung sind, dass Hunde aus dem Tierheim oder von diversen Vereinen vorbelastet und somit schwer in den Alltag zu integrieren sind. Sie haben Angst, dass der Hund mehr zur Belastung als zum spaßbringenden Freund wird. Wir suchen ein Zuhause! Natürlich hatten es die meisten Tierschutzhunde in ihrem bisherigen Leben nicht leicht und sicher gibt es auch den ein oder anderen vierbeinigen Vertreter, der sehr intensive Betreuung benötigt. Das ist aber auf jeden Fall die Minderheit. Ich spreche aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass Hunde aus dem Tierschutz sehr dankbare Tiere sind. Sie sind gelehrig und bauen sehr schnell eine Bindung zum Besitzer auf. Ich denke, es ist klar, dass kein Hund perfekt ist (wer würde das schon wollen?) und in diversen Bereichen trainiert werden muss sei es nun an lockerer Leine zu gehen oder alleine zu bleiben.

4 Welpen müssen viel lernen WERBUNG Wenn man sich nun überlegt, welche Aufgaben einen mit einem Welpen erwartet, wird die Liste doch beträchtlich lang: Der Kleine muss erstmal lernen, stubenrein zu werden (ruhige Nächte sind in den ersten Wochen selten), nicht an der Wohnungseinrichtung zu knabbern, gesittet an der Leine zu gehen, er muss an verschiedene Dinge wie laute Geräusche, Radfahrer, Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln etc. gewöhnt werden. Er braucht regelmäßigen Kontakt zu (gut sozialisierten!) Artgenossen aller Altersklassen, um die innerartliche Kommunikation zu lernen u.v.m. Die ersten eineinhalb bis zwei Jahre sind sehr zeitintensiv und anstrengend, da der Hund sich im Wachstum befindet und auch sein Verhalten verschiedene Stadien durchläuft und den Hundebesitzer immer wieder vor neue Herausforderungen stellt.

5 Prägung durch den Züchter Ein weiterer wichtiger Punkt ist, wie der Wurf beim Züchter aufgezogen wird. Hunde durchlaufen ab der 4. bis zur 8. Lebenswoche eine bestimmte Entwicklungsphase, die sogenannte sensible Phase. Alles, was sie hier erleben bzw. nicht erleben, prägt ihr gesamtes zukünftiges Leben und auch ihr Lernverhalten. Wächst z.b. ein Welpe sehr reizarm auf, ohne intensiven Kontakt zum Menschen (Zwingerhaltung), wird er nie richtig Vertrauen zu Menschen aufbauen können und ist in neuen Situationen schnell überfordert. Wie man einen seriösen und guten Züchter erkennen kann, beschreibe ich im Infokasten (S. 24). Natürlich kann man auch bei Tierschutzhunden nur selten nachvollziehen, wie diese aufgewachsen sind. Die zuständige Pflegestelle sollte aber über Charakter, Lerneigenschaft und Schwächen des Hundes Bescheid wissen und auch gerne Auskunft geben. Wie man sieht, ist also die Entscheidung für einen Rassewelpen vom Züchter nicht zwangsläufig die bessere Idee. Beides hat seine Vorteile und beides kann auch Nachteile bringen.

6 Entscheidungen Egal, ob man sich nun für einen Welpen vom Züchter oder einen Hund aus dem Tierschutz (auch hier werden immer wieder Welpen vermittelt) entscheidet: Die Rasse sollte immer gut überlegt sein und in beiden Fällen sollte man sich auch mit dem Vorleben des Hundes beschäftigen, sofern möglich. Wie schon oben kurz erwähnt sollten die Hundeeigenschaften gut zu dem neuen Besitzer passen. Ein Energiebündel ist bei einem sportlichen Pärchen sicher besser aufgehoben als bei einer chaotischen Familie. Da Tierschutzhunde oft Mischlinge sind, sind die involvierten Rassen nicht immer zu erkennen, allerdings kann man sich bei den Betreuern über die Eigenschaften und Bedürfnisse des Hundes informieren. Zusammenfassend kann man sagen: Seinen Welpen vom Züchter zu holen und ihn großzuziehen ist sicher eine tolle Erfahrung. Allerdings warten auch jede Menge Hunde in unseren Tierheimen auf ein neues Zuhause, die nicht mehr Probleme machen als ein Welpe (oft sogar weniger). Ich persönlich kann beide Entscheidungen verstehen, solange diese wohl überlegt sind

7 Wie erkenne ich einen guten Züchter? Î Keine Zwingerhaltung, die Hunde leben im Familienverband. Î Mutter und Vater leben im selben Haushalt Rüden riechen anders als Hündinnen. Lernt ein Welpe diesen Geruch nicht kennen, kann es passieren, dass er sich in Zukunft vor Rüden fürchtet, da er den Geruch nicht kennt. Î Die Welpen werden in kleinen Dosen verschiedenen Reizen ausgesetzt Kinder, verschiedene Besucher, ein kurzer Spaziergang, Straßenverkehr etc. Î Die Elterntiere werden nicht weggesperrt, wenn Interessenten kommen. Î Man kann die Welpen jederzeit besuchen und schon einmal ein persönliches Kleidungsstück da lassen, damit sich der Auserwählte an den neuen Geruch gewöhnen kann. Î Man kann den Züchter Löcher in den Bauch fragen, ohne dass er genervt wirkt. Î Es wird nur eine Rasse gezüchtet und davon gibt es nur einen Wurf! Ansonsten kann sich der Züchter nicht ausreichend um die Hunde kümmern. Î Der Züchter geht sanft mit den Hunden um und nimmt das Chaos gelassen in Kauf, alles ist sauber und die Hunde gepflegt. Î Die Welpen sind entspannt und reagieren neugierig und ohne Angst auf den Besuch.

8 Weihnachtszeit abwarten Fotos: PhotoXPress, stock.xchng, Kathrin Schar Passend zur Jahreszeit möchte ich abschließend noch erwähnen, dass man von einem Hund als Weihnachtsgeschenk besser absehen sollte. So eine Entscheidung sollte mit allen Beteiligten gründlich durchbesprochen werden, abgesehen davon braucht der Welpe sehr viel Ruhe in den ersten Tagen in seinem neuen Heim und die Weihnachtszeit ist für die Eingewöhnung eines kleinen Hundes viel zu hektisch. Außerdem: Wenn man sich für die Adoption eines Vierbeiners entschließt, kommt es auf die zwei bis drei Wochen Wartezeit doch auch nicht mehr an. Î Weiterführender Link: Kathrin Schar Ich bin gelernte Hundepsychologin nach Thomas Riepe und werde hauptsächlich bei Problemverhalten um Hilfe gebeten. Aber auch bei der Hundeanschaffung, Welpenerziehung und Festigung der Grundkommandos konnte ich schon viele Menschen unterstützen. Ich arbeite nicht auf einem Trainingsgelände, sondern bei den Hundebesitzern zu Hause bzw. in Alltagssituationen. Kontaktmöglichkeiten: Kathrin Schar 0660 / Wien und Umgebung Mo So 8 20 Uhr