Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz

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1 Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1913 Bemerkung zum Kirchenbau von Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter erhältlich. Beilagen der Jahresberichte Anno Domini unter

2 Bemerkung zum Kirchenbau von 1848 Kath. Archiv Untervaz Kath. Archiv Untervaz - Schachtel Akten und Dokumente 1913 August 28. Bemerkung zum Kirchenbau von 1848 von Reg. Rat Placidus Plattner. (Urkunde aus dem Turmknopf).

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4 - 4 - Bemerkungen zum Kirchenbau von 1848 Die Bevölkerung der kath. Kirchgemeinde Untervatz hatte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich so vermehrt, dass die Kirche für sie zu klein wurde und an Sonn- und Festtagen für die Menge der Besucher nicht mehr genügend Raum bot. Man scheute die Kosten eines Neubaues und doch war er dringend nötig geworden. Da legte sich die Thatkraft des gefeierten Pater Theodosius Florentini O.C. 1 ins Mittel. Er wusste durch seine Kanzelreden die Gemeinde zu begeistern, dass sie den Bau beschloss. Der Eifer, mit dem die ganze Mannschaft an die Herbeischaffung des Baumaterials ging, verdient alles Lob. Der Bauplan, den Pater Theodosius ihr beschaffte wurde von der Kirchgemeinde angenommen. Zum Leidwesen des Paters aber nicht ganz durchgeführt. In stilwidriger und nicht zu rechtfertigender Weise wurde die Kirche durch den Vorstand und den damaligen Pater Superior, 2 ohne Befragung der Kirchgemeinde, um 4 Fuss 3 weniger hoch 4 und mit namhafter, unproportionierter Verkürzung 5 des Chores und leichter, schräger Deckenwölbung gebaut, obwohl auf dem Bauplatze Baumaterial jeder Gattung zur Genüge vorhanden war und die volle Durchführung des Bauplanes im

5 - 5 - Bauvertrag festgelegt war und keine Vermehrung der Baukosten zu befürchten stand: Quidquid delirant reges, plectuntur Achivi! 6 Eine weitere geschmacklose Ungehörigkeit wurde dadurch begangen, dass das sehr wertvolle mittelalterliche Holzschnitzbild in Farben und Vergoldung, welches die Gottesmutter mit dem Kinde auf dem Arm darstellte, ihrer Krone und des Kindes beraubt und dann marmoriert, d.h. mit weisser Oelfarbe angestrichen wurde. Dadurch degradierte man das Holzbild zur alten, schiefen, nichts im Arm haltenden Frauenfigur 7 am linken Seitenaltar, welche von da an die hl. Mutter Anna darstellen sollte. Das schöne Jesuskind des Holzschnitzbildes ist lange Zeit im Pfrundhause aufbewahrt worden. schliesslich erwarb es der Kunsthistoriker Fäh 8 von St. Gallen, der seinen Wert zu schätzen wusste. Was den Neubau der Kirche betrifft, so war der Bauplatz auf dem Friedhof zu klein und nicht erweiterungsfähig. Es war nicht Raum genug, um dabei die Orientierung der alten Kirche von Westen nach Osten beizubehalten. Man war gezwungen, ihr die Richtung von Norden nach Süden zu geben. Dadurch wurde die linke Langseite der alten Kirche zur Eingangsfront der neuen; der Chor und die rechte Langseite wurden abgetragen. Der Thurm blieb stehen; er befindet sich beim Neubau auf der östlichen Seite der Eingangsfront. Leider wurde beim Neubau für gründliche Ableitung des Wassers auf der westlichen Langseite zu wenig gesorgt. Die Kirche litt daher mehr und mehr an Feuchtigkeit. Diesem Übelstande ist 1913 durch Anbringung von Abzugskanälen und Leitungsröhren abgeholfen worden. Neue Gänge wurden eingelegt und die Kirche erhielt im Innern und auch aussen einen neuen Verputz. Gleichzeitig wurde die neue Eindeckung des Thurms, wieder in Zinkblech, vorgenommen. Schliesslich sei noch bemerkt, dass anlässlich des Neubaus der Kirche mein seliger Vater, Landschreiber Christian Plattner, 9 der Organist war, die Kirchenorgel auseinandergenommen, für gute Verwahrung dieser gesorgt und sie nachher im Neubau wieder aufgerichtet und gestimmt hat. Damit sei die Kirche mit der gesamten Gemeinde dem Machtschutze Gottes empfohlen. Placidus Plattner-Good, 10 alt Regierungsrat geboren 1834, Bürger von Untervaz. Chur den 28. August 1913.

6 - 6 - Dokument: Beilagen: Papier, 1 Bogen, 36 cm hoch, 22 cm breit, drei von vier Seiten mit Tinte deutsch beschrieben, Schreiber Plattner-Good Plazidus, ( ), Dieses Papier wurde 1913 im Turmknopf der Kath. Kirche Untervaz deponiert, und bei der Kirchenrenovation 1972 dem Turm entnommen und samt dem hölzernen Behälter im Kath. Archiv Untervaz deponiert eine Fotokopie des gleichen Textes. Anmerkungen: 1 Florentini Theodosius ( ), von Müstair. In Sitten trat er 1825 ins Noviziat der Kapuziner ein, legte 1826 die Profess ab, absolvierte sein philosophisch-theol. Studium und erhielt 1830 die Priesterweihe. Früh wurden ihm wichtige Ordensämter anvertraut: 1831 Novizenmeister in Solothurn, Novizenmeister und Lektor der Philosophie und Theologie in Baden, Guardian in Baden, wo er das Programm einer Frauenkongregation für Schule und Karitas (Wohltätigkeit) entwickelte als "Aufwiegler" bei der Volkserhebung im Aargau in Abwesenheit verurteilt und ausgewiesen, hielt er sich einige Monate in Ribeauvillé im Elsass auf, widmete sich dann als Laufpater in Altdorf (UR) der Schularbeit und aszet. Schriftstellerei war er Hofpfarrer in Chur und entfaltete ab 1854 vermehrt Tätigkeit in Volksmissionen, Exerzitien, Predigten und Vorträgen war er Definitor der Schweiz. Kapuzinerprovinz in Chur, 1860 Generalvikar des Churer Bischofs, seines Cousins Nikolaus Franz (mehr siehe: Historische Lexikon der Schweiz HLS) 2 Superior = Das Pfarrhaus Untervaz hatte den Rang eines Kapuzinerhospizes (2 Patres) und der Vorsteher den Titel: Pater Superior. 3 Fuss oder Schuh (') = 30 cm. / 1 Zoll ('')= 3 cm. / 1 Linie = 3 mm 4 gemäss mündl. Ueberlieferung sollen die Steine wieder vom Gerüst heruntergeworfen worden sein und damit das Restaurant Alpenrose erbaut worden sein. (heute Heimwesen Allemann auf dem Stotz, vis-a-vis Rest. Sternen. 5 gemäss mündl. Ueberlieferung soll im Süden des Chores ein Birnbaum (Länggalabirnen) gestanden haben und deswegen wurde die Kirche kürzer als geplant gebaut. 6 Quidquid delīrant reges, plectuntur Achīvi (lat.), alles was die Könige (die vor Troja entzweiten Agamemnon und Achilles) in ihrer Raserei verschulden, die Achäer (d.i. die Völker) müssen es büssen; (Zitat aus Horaz) wurde dann das Jesuskind dazugemacht, siehe Brief vom 6. Mai Adolf Fäh ( ) katholischer Priester, Stiftsbibliothekar, Kunsthistoriker, Dozent für Kunstgeschichte, Experte für Kirchenbau und religiöser Schriftsteller. (mehr siehe: Wikipedia). 9 Vater von Reg. Rat Plattner Placidus 10 Plattner-Good Plazidus, ( ), Prof., Reg. Rat, Advokat, Dichter, Geschichtsforscher etc. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 03/