Energiesparlampen (ESL) und Pseudophakie
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- Otto Bachmeier
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1 121 Energiesparlampen (ESL) und Pseudophakie O. Kermani, K. Dollinger, U. Oberheide Zusammenfassung Fragestellung: In Laboruntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass ein erhöhter Blaulichtanteil in bestrahlten Zellkulturen phototoxisches Potenzial hat und auch Ursache retinaler Erkrankungen wie AMD sein kann. Die spektrale Verteilung der Energiesparlampe (ESL) zeigt insbesondere im blauen Anteil den höchsten Leistungspeak mit einem ausgeprägten Maximum bei 430 bis 450 nm. Methodik: Bei der klaren Kunstlinse geht der intensive Blauanteil im Spektrum der ESL mit nur geringer Absorption durch bis zur Netzhaut. Deren Blauzapfen haben ihr Absorptionsmaximum gerade in diesem kritischen Bereich um 450 nm. Theoretische Betrachtungen anhand der spektralen Verteilung von ESL im Vergleich zu konventionellen Glühlampen erlauben eine Bewertung der möglichen Risiken. Ergebnisse: Die spektrale Emission der Energiesparlampen kann mithilfe der DIN EN bewertet werden. Mithilfe der normierten Spektren ist eine Berechnung für relevante Bestrahlungszeiten von ESL sowie der Faktor zum Schädigungsgrenzwert bestimmbar. Die tatsächliche Leistungsdichte wird dabei neben dem Pupillendurchmesser auch durch die Absorptionseigenschaften der Intraokularlinse beeinflusst und liegt bis zum 1500-fachen unterhalb der Grenzwerte. Schlussfolgerung: Blaufilter-IOLs bieten hinreichend gute Absorptionseigenschaften auch gegenüber dem Blauanteil im Emissionsspektrum von ESL. Standard-IOLs mit einfachem UV-Filter transmittieren das blaue Licht der ESL nahezu vollständig. Die Leistungsdichte der die Netzhaut erreichenden Strahlung ist aber unkritisch. Summary Purpose: Ex vivo investigations showed that an increased blue light level has phototoxic potential in irradiated cell cultures which might be the reason for retinal diseases like AMD. Spectra from energy saving lamps (ESL) show an intense peak in the blue region around 430 to 450 nm. Methods: With clear IOLs the light from ESL reaches the retina with only slight absorbance. The retinal cones however have a maximum absorption in this critical spectral range around 450 nm. Comparing the spectral distribution of conventional light bulbs and energy saving lamps allows a theoretical evaluation of possible risks. Results: The spectral emission of ESL can be evaluated with DIN EN Normalizing the spectra allows the determination of relevant irradiation times and their relation to damage thresholds. The actual irradiance is influenced by pupil diameter as well as absorption properties of the IOL and can be up to 1500 times smaller than the threshold. Conclusions: Blue light blocking IOLs give sufficient absorption for the potential hazardous spectral emission of ESL. Standard IOL with only UV-filter transmit the blue spectral part nearly completely although the irradiance reaching the retina seems to be not critical.
2 122 Allgemeines/Varia Einleitung Bis zum Jahr 2012 werden die Mitgliedsstaaten der EU nach Verordnung 2005/32/ EC verpflichtet, die konventionelle Glühlampe stufenweise durch Energiesparlampen (ESL) zu ersetzen. Hierdurch stellt sich die Frage, ob nach erfolgter Intraokularlinsenimplantation ein erhöhtes Risiko für eine Blaulichtbelastung besteht. Spektrale Emission von Energiesparlampen Betrachtet man das Emissionsspektrum des ESL (Abb. 1), erkennt man ein deutliches Maximum im blauen Spektralbereich bei 430 nm im Vergleich zu konventionellen Glühlampen. Darüber hinaus sind auch Anteile bei 550 nm und 620 nm stärker vertreten. Diese liegen jedoch unterhalb des Glühlampenspektrums, das überwiegend Wärmestrahlung im infraroten Spektralbereich enthält. Durch diese höhere Blaulichtemission könnte es daher prinzipiell zu einem erhöhten Auftreten von Retinaschädigungen bei pseudophaken Patienten bzw. frühzeitigen Linsentrübungen bei phaken Patienten kommen. 1,0 blau grün gelb orange (infrarot) Lichtmenge 0,8 0,6 0,4 0,2 Glühlampe zusätzlicher Orangeanteil bei Dreifarbenenergiesparlampe [2] Energiesparlampe Abb. 1: Vergleich der Spektren von Energiesparlampe (ESL) und konventioneller Glühlampe Das menschliche Auge schützt sich in diesem relevanten Spektralbereich um 430 nm durch eine zunehmende Gelbfärbung der Linse sowie durch das Makulapigment Lutein, dessen Konzentration jedoch mit zunehmendem Alter abnimmt. Abbildung 2 stellt die spektrale Transmission typischer Intraokularlinsen im Vergleich zum Emissionsspektrum von Energiesparlampen dar. Man erkennt, dass auch bei Blaufilter-IOLs noch ein Teil des Lichtes transmittiert wird. In Bezug auf die protektive Wirkung von Blaufilter-IOLs für das retinale Pigmentepithel haben Untersuchungen [1, 2] gezeigt, dass die Belastung mit diesen Intraokularlinsen geringer ausfällt als bei klaren Intraokularlinsen.
3 Kermani, Dollinger, Oberheide: Energiesparlampen (ESL) und Pseudophakie 123 % Transmission violett 80 rot 70 orange grün 60 gelb violett blau grün gelb orange rot infrarot Abb. 2: Vergleich von Transmissionskurven konventioneller IOLs und den Emissionsspektren aus Abb. 1 Bewertung der Blaulichtemission von Energiesparlampen Zur Bewertung des Spektrums der Energiesparlampen wurde exemplarisch das Spektrum einer kaltweißen ESL (Sylvania Mini-Lynx 23W/840) vermessen. Das vermessene Spektrum wurde anschließend normiert (Abb. 3a) und mit der Wirkungsfunktion Blaulichtgefährdung B(l) gemäß DIN/EN [3] (Abb. 3b) durch eine mathematische Faltung bewertet (Abb. 3c). Für eine vollständige Bewertung werden zusätzlich die Strahldichtewerte benötigt, die mit einem breitbandigen Radiometer mit Strahldichtemessvorsatz an einer der Stellen mit der größten Helligkeit im Abstand von 200 mm gemessen wurden. Integriert über den sichtbaren Bereich ergibt sich ein Strahldichtewert von L W = 57 W/(m 2* str), der Blaulicht bewertete Anteil davon beträgt 30,7 %. Dies ergibt eine zu wertende Strahldichte L B = 17,5 W/(m 2* str). Nach DIN EN werden zwei Zeitbasen verwendet: t = 100 s für einen gelegentlichen Blick in die Lampe und t s (= 2.75 h), wenn aufgabenbedingt die Lampe ständig im Blickfeld sein muss. Der Grenzwert der Strahldichte L G im ersten Fall ist L G100 = 10 4 W/(m 2* str) im zweiten Fall L G = 100 W/(m 2* str). In beiden Fällen unterschreitet die Strahldichte der ESL die Grenzwerte nach DIN EN um einen erheblichen Faktor von 572 bzw. 5,72 (Tab. 1).
4 124 Allgemeines/Varia a relative spektrale Bestrahlungsstärke 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 Spektrum normalisiert Blaulichtbewertungsfunktion relative spektrale Wirkung 0,1 0,01 b 1E c relative spektrale Bestrahlungsstärke 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 Spektrum normalisiert Spektrum blaulichtbewertet Abb. 3: a) Normiertes Spektrum der Energiesparlampe, b) Blaulichtbewertungsfunktion gemäß DIN EN 62471, c) bewertetes Spektrum der Energiesparlampe
5 Kermani, Dollinger, Oberheide: Energiesparlampen (ESL) und Pseudophakie 125 Grenzwerte für Blaulichtgefährdung nach DIN EN [3] Zeitbasis (Sekunden) Grenzwert Strahldichte in W/(m 2* str) Faktor ESL ,72 Tab. 1: Unterschreitung der emittierten Strahlung von Energiesparlampen (ESL) zu den Grenzwerten der DIN EN Aus gegebenen Strahldichtewerten einer Quelle L Q lässt sich die Netzhautbestrahlungsstärke E Netz nach Formel 1 berechnen: (1) wobei t(l) der spektrale Transmissionsgrad der Augenmedien, d P der Pupillendurchmesser, f die Brennweite des Auges und g Abstand der Quelle vom Auge ist. Mit einem konservativen Ansatz, dass die Transmission t(l) der Augenmedien mit einer Kunstlinse im sichtbaren Spektralbereich bei 100 % liegt, einem Quellenabstand von g = 500 mm, auf den das Auge akkommodiert ist und einer daraus resultierenden vorderen Brennweite f 17 mm, ergeben sich bei unterschiedlichen Pupillendurchmessern rechnerisch die Netzhautbestrahlungswerte in Tabelle 2. Netzhautbestrahlungsstärke E Netz und Bestrahlung H Netz bei s Bestrahlungsdauer Pupillendurchmesser in mm E Netz in mw/cm 2 H Netz in J/cm 2 Faktor zu Kernt et al. [1] 3 0,05 0, ,08 0, ,13 1, ,18 1, Faktor zu Kremers et al. [4] Tab. 2: Netzhautbestrahlungsstärke E Netz und Gesamtbestrahlung H Netz für verschiedene Pupillendurchmesser sowie Gegenüberstellung zu Literaturwerten Darüber hinaus lässt sich so bestimmen, um welchen Faktor die Bestrahlung durch die ESL bei Sekunden Dauer erhöht werden müsste, um der Bestrahlung nach Kernt et al. [1] (E = 350 mw/cm 2 über den gesamten Spektralbereich, entspricht E = 116 mw/cm 2 Blaulicht bewertet) bzw. dem Schwellwert nach Kremers et al. [4] (H =
6 126 Allgemeines/Varia 0, Netzhautbstrahlungsstärke E [mw/cm 2 ] 0,15 0,10 0, Faktor zum Grenzwert 500 0, Pupillendurchmesser [mm] Abb. 4: Netzhautbestrahlungsstärke und Faktor zum Grenzwert in Abhängigkeit vom Pupillendurchmesser 76 J/cm 2 Blaulicht bewertet) zu entsprechen. Legt man die 15-minütige Bestrahlung nach Kernt et al. [1] mit 104 mj/cm 2 zugrunde, ergibt sich hier ein Faktor von mindestens 57. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 4 noch einmal grafisch dargestellt. Bewertung und Schlussfolgerung Die durch eine Energiesparlampe zu erwartenden Netzhautbestrahlungswerte unterschreiten die von Kernt et al. [1] angegebenen Werte um rund das Fache bezüglich der Bestrahlungsstärke (in mw/cm 2 ) und um mindestens das 56-Fache bezüglich der Bestrahlung bei 104 s Bestrahlungsdauer (in J/cm 2 ). Die von Kremers et al. [4] angegebenen Werte der Bestrahlung werden um mindestens das 40-Fache unterschritten. Die Berechnungen stellen insofern einen Extremwert dar, als natürliche Augenbewegungen bzw. die Tatsache, dass vernünftigerweise niemand für 2,7 Stunden in eine Energiesparlampe starrt, nicht berücksichtig sind. Weiterhin wurde die Blaulicht bewertete Strahldichte der Lampe an einer der hellsten Stellen vermessen, das Mittel über die gesamte Leuchtfläche würde deutlich niedriger bei ca. 10 W/(m 2* str) liegen.
7 Kermani, Dollinger, Oberheide: Energiesparlampen (ESL) und Pseudophakie 127 Für Messabstände, die sehr viel größer als die Brennweite des Auges sind, entwickelt sich die Formel 2 zu (2), das heißt, die Netzhautbestrahlungsstärke ist zunächst unabhängig vom Abstand der Quelle. Um Abstand und Augenbewegungen zu berücksichtigen, soll ab Zeiten von 10 4 Sekunden über einen Blickwinkel des Messgerätes von α = 100 mrad (entspricht 2,2 cm Fleckdurchmesser in 20 cm Abstand) gemittelt werden, was bei den Abmessungen der Lampe (Leuchtfläche: ca. 36 mm x 86 mm) mit zunehmenden Abstand (in diesem Fall g > 86 cm) auch eine quadratisch abnehmende Strahldichte bedeutet. Nach Berechnungen der Extremwerte, die deutlich geringer sind als die zulässigen Grenzwerte und die sich mit zunehmendem Abstand der Quelle und abnehmender Bestrahlungsdauer zur sicheren Seite hin entwickeln, ist davon auszugehen, dass Energiesparlampen mit erhöhtem Blauanteil keine Gefahr für das pseudophake Auge darstellen, insbesondere, wenn IOLs mit Blaufilter verwendet werden [5]. Darüber hinaus wird der Schutzfaktor durch die Verkleinerung der Pupille noch erhöht. Allerdings sind neben Energiesparlampen noch weitere Blaulichtquellen wie Xenon-Scheinwerfer, LED-Lampen und vor allem TFT-Monitore zum allgemeinen Stand der Technik geworden, die zum einen über höhere Blaulichtanteile verfügen, zum anderen in deutlich geringeren Abständen zum Einsatz kommen. Insofern sollte der Aspekt der Blaulichtgefährdung auch in Zukunft beachtet werden. Literatur 1. Kernt M, Neubauer AS, Liegl R et al.: Cytoprotective effects of a blue light-filtering intraocular lens on human retinal pigment epithelium by reducing phototoxic effects on vascular endothelial growth factor-a, Bax, and Bcl-2 expression. J Cataract Refract Surg 2009;35: Rezai KA, Gasyna E, Seagle BL et al.: AcrySof Natural filter decreases blue light-induced apoptosis in human retinal pigment epithelium. Graefe s Arch Clin Exp Ophthalmol 2008;246: Photobiologische Sicherheit von Lampen und Lampensystemen (IEC 62471:2006, modifiziert); Deutsche Fassung EN 62471: Kremers JJM, van Norren D: Retinal Damage in Macaque after White Light Exposures Lasting Ten Minutes to Twelve Hours. Invest Ophthalmol Vis Sci 1989;30(6): Brockmann C, Schulz M, Laube T: Transmittance characteristics of ultraviolet and blue-lightfiltering intraocular lenses. J Cataract Refract Surg 2008;34:
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