Bin ich ein Stifter? Eine Einführung in das Stiftungswesen. HVB Stiftungsakademie am 26. März Referentin: Rechtsanwältin Melanie Jakobs

Transkript

1 Bin ich ein Stifter? Eine Einführung in das Stiftungswesen HVB Stiftungsakademie am 26. März 2015 Referentin: Rechtsanwältin Melanie Jakobs

2 Inhalt Was ist eine Stiftung? Was möchte ich mit meinem Engagement erreichen? Eigene Stiftung oder Zustiftung? Rechtsfähige Stiftung der Treuhandstiftung? Die wichtigsten Satzungsregelungen Verbrauchsstiftung Ist meine Stiftung wirklich steuerbegünstigt? Steuervorteile für Stifter Stiftungserrichtung durch Testament Seite 2 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

3 Was ist eine Stiftung? Zusammenfassung von Vermögen, das einem Stiftungszweck gewidmet ist, welches in seiner Substanz grundsätzlich erhalten werden muss. Seite 3 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

4 Was möchte ich mit meinem Engagement erreichen? Stiftung Ich möchte einen bestimmten Zweck verfolgen. langfristig (mind. 10 Jahre) nachhaltig (unverändert) und möglichst personenunabhängig durch Vermögenseinsatz Der Zweck kann möglichweise auch durch alternative Formen erreicht werden, z.b. Verein oder ggmbh Aber: Die Perpetuierung des Stifterwillens durch zweckgebundene Vermögenswidmung kann außerhalb einer Stiftung nicht garantiert werden! Seite 4 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

5 Eigene Stiftung oder Zustiftung? Eigene Stiftung Der Stiftungszweck ist neu oder ausgefallen Ich möchte mit der Stiftung weitere Ziele erreichen, z.b. das Andenken an eine bestimmte Person wahren Ich möchte selbst operativ in der Stiftung mitwirken Das Vermögen reicht aus, um daraus eine eigene Administration zu finanzieren Zustiftung Es gibt bereits Stiftungen mit dem von mir angestrebten Zweck Bei meinem Engagement geht es ausschließlich um die Erfüllung des Stiftungszwecks Persönliches Engagement ist mir nicht so wichtig Die Vermögensgröße legt es nahe, Synergien zu nutzen ( Alternative Treuhandstiftung) Seite 5 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

6 Rechtsfähige Stiftung oder Treuhandstiftung? Rechtsfähige Stiftung Durch Verselbständigung des gewidmeten Vermögens entsteht juristische Person rechtsfähig Treuhandstiftung Sondervermögen, das dem Treuhänder als rechtlichem Eigentümer zugeordnet und von diesem verwaltet wird nicht rechtsfähig Seite 6 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

7 Rechtsfähige Stiftung oder Treuhandstiftung? Rechtsfähige Stiftung Größeres Vermögen (i.d.r. > 1 Mio. EUR) oder Immobilien /Unternehmensanteile Die Stiftung soll eigene Projekte durchführen (operativ) Die Zwecksetzung und Struktur ist ausgereift Die Stiftung soll der staatlichen Stiftungsaufsicht unterliegen Wenn Auflösung durch Erben zu befürchten ist Treuhandstiftung Schon mit geringeren Vermögen möglich; i.d.r. nur Geld- und Wertpapiere Die Stiftung soll lediglich andere Organisationen fördern Späterer Anpassungsbedarf ist nicht auszuschließen Keine staatliche Aufsicht über Finanzamt hinaus erwünscht Wenn Auflösung durch Erben nicht zu befürchten ist Seite 7 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

8 Die rechtsfähige Stiftung 1. Gründungsunterlagen Stiftungsgeschäft Willenserklärung des Stifters, eine Stiftung errichten und hierfür ein bestimmtes Stiftungsvermögen widmen zu wollen Satzung Organisationsplan der Stiftung (ist Bestandteil des Stiftungsgeschäftes) 2. Stiftung erlangt mit Anerkennung durch die jeweilige Stiftungsaufsicht als sogenannte juristische Person die Rechtsfähigkeit 3. Vertretung der Stiftung durch den Vorstand 4. Gesetzliche Grundlagen: BGB, Landesstiftungsgesetze Seite 8 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

9 Die Treuhandstiftung 1. Gründungsunterlagen Treuhandvertrag mit Beendigungsmöglichkeit oder Auflagenschenkung mit endgültiger Zuwendung Satzung 2. Treuhandstiftungen haben keine Rechtsfähigkeit! Der Treuhänder handelt für die Stiftung in allen rechtlichen Angelegenheiten. 3. Gremien nicht unbedingt erforderlich, aber notwendig, um eigenes Steuersubjekt zu sein. Aufgabe: Vom Einfluss des Treuhänders unabhängige Entscheidung über die Mittelvergabe 4. Stiftungsrechtliche Regelungen des BGB oder der Landesstiftungsgesetze finden keine Anwendung, aber Schenkungs- und Auftragsrecht des BGB. Seite 9 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

10 Gemeinsamkeiten 1. Satzung Stiftungsname Stiftungsvermögen Stiftungszweck: steuerbegünstigte Zwecke der 52 bis 54 der AO Für die Stiftung Handelnder: Vorstand bzw. Treuhänder Weitere Gremien möglich Seite 10 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

11 Gemeinsamkeiten 2. Steuerliche Gleichstellung Feststellungsbescheid, 60a AO (vormals vorläufige Bescheinigung) gültig längstens 18 Monate Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen für die gemeinnützige Anerkennung Freistellungsbescheid im Rahmen der Steuerveranlagung (alle 3 Jahre Steuererklärung abzugeben) Freistellung nach Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung Seite 11 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

12 Gemeinsamkeiten Steuerbegünstigung der Stiftung Gemeinnützige Stiftung ist befreit von Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuer Keine Körperschaft- und Gewerbesteuer bei Erträgen aus der Vermögensverwaltung und Zweckbetrieben Möglichkeit, Zuwendungsbestätigungen (Spendenquittungen) auszustellen Seite 12 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

13 Die wichtigsten Satzungsregelungen Präambel: Motive, Beweggründe des Stifters Name der Stiftung: prinzipiell frei wählbar, allerdings darf der Name nicht anderweitig vergeben sein (ggf. geschützt, eventuell Verwechslungsgefahr) Sitz: maßgeblich Willensbildung, bei TS ist Sitz des THs entscheidend Kern der Stiftungssatzung ist der Zweck: gemeinnützig, kirchlich, mildtätig geregelt in 52 ff AO, z.b. mildtätige Zwecke Zweckverwirklichung: z.b. Unterstützung bedürftiger Kinder in Peru Seite 13 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

14 Die wichtigsten Satzungsregelungen Ausstattung mit Grundstockvermögen in Abhängigkeit vom Stiftungszweck und dessen Verwirklichung: operativetätigkeit vs. Förderstiftung Möglichkeit von Zustiftungen Gebot der Selbstlosigkeit, 55 Abs. 1 Nr. 1 AO Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, 55 Abs. 1 Nr. 5 AO Option: Drittelregelung, 58 Nr. 6 AO Unterhaltung von Stifter u. Angehörigen, Grabpflege Möglichkeit der Rücklagenbildung, 62 AO Insbesondere Werterhaltungsrücklage Vorstandsregelung Seite 14 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

15 Die wichtigsten Satzungsregelungen Gremium in Treuhandstiftung Bei Zweckidentität Unabhängigkeit vom Treuhänder erforderlich Option: weitere Gremien mit Entscheidungskompetenz Beratungsfunktion Umwandlungsmöglichkeit in rechtsfähige Stiftung bei TS z.b. im Todesfall des Stifters oder bei künftiger operativer Tätigkeit Regelungen zur Satzungsänderung Voraussetzungen und Regelungskompetenz Auflösung, Zulegung, Zusammenlegung Vermögensanfall, 61 AO Seite 15 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

16 Verbrauchsstiftung Verbrauchsstiftungen haben mit Wirkung zum erstmalig eine gesetzliche Grundlage: Neben Vermögenserträgen wird auch Vermögen selbst aufgebraucht. Mindestdauer 10 Jahre Zweckverwirklichung muss über die gesamte Laufzeit gesichert erscheinen Varianten aus zu verbrauchendem Vermögen und nicht zu verbrauchendem Vermögen Zuwendungen in Verbrauchsstiftungen sind steuerlich weniger begünstigt Seite 16 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

17 Ist meine Stiftung wirklich steuerbegünstigt? Steuerbegünstigte Zwecke Gemeinnützig: Selbstlose Förderung der Allgemeinheit (nicht abgeschlossener Personenkreis); 25 mögliche Zweckrichtungen lt. Abgabenordnung Mildtätig: Selbstlose Unterstützung bedürftiger Personen Kirchlich: Selbstlose Förderung einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist Nicht steuerbegünstigte Zwecke Förderung abgeschlossener Personenkreise, z.b. Familie oder Mitarbeiter eines Unternehmens; Unterstützung der Stifterfamilie in begrenztem Umfang möglich Unterstützung nicht Bedürftiger Unterstützung von Kirchen, die nicht Körperschaften d. öffentlichen Rechts sind Seite 17 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

18 Steuervorteile für Stifter Spendenabzug, 10b Abs. 1 EStG Abziehbar sind 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter Zeitlich unbeschränkter Vortrag bei Überschreiten der Höchstgrenzen Geltendmachung mittels Zuwendungsbestätigung bzw. vereinfachtem Spendennachweis (bis 200 ) Seite 18 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

19 Steuervorteile für Stifter Erweiterter Spendenabzug für Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung, sofern es sich nicht um ein verbrauchbares Vermögen handelt, 10b Abs. 1a EStG 1 Mio pro Zehn-Jahres-Zeitraum Zusätzlich zu vorgenanntem Spendenabzug Für Privatpersonen, Einzelunternehmen und Personengesellschaften (nicht: Kapitalgesellschaften) Bei gemeinsam veranlagten Ehegatten doppelter Betrag, unabhängig aus welchem der beiden Vermögen die Zuwendung stammt. Seite 19 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

20 Beispiel: Zuwendung in den Vermögensstock Privatperson Paul Meier hat 2014 seine Meier-Stiftung mit einem Stiftungsvermögen von gegründet. Flexible Abzugsmöglichkeit auf bis zu 10 Jahre verteilt: z.b. 10 Jahre je z.b. sofort wegen Verkaufs von GmbH-Anteilen und Ruhestand ab 2015 weitere Zustiftungen ins Vermögen im Rahmen der Höchstsätze jederzeit möglich, im Beispiel bis zu bis 2023 Seite 20 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

21 Steuervorteile für Stifter Bereits entstandene Erbschaftssteuer erlischt rückwirkend, wenn das ererbte Vermögen innerhalb einer Frist von 24 Monaten an eine Stiftung weitergegeben wird oder zur Gründung einer Stiftung verwendet wird; bereits bezahlte Erbschaftssteuer wird in diesem Fall erstattet. Seite 21 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

22 Stiftungserrichtung durch Testament Stiftung von Todes wegen Rechtsfähige Stiftung von Todes wegen: 84 BGB durch Erbeinsetzung der Stiftung im Testament (Mindestregelung: Zweck, Name, Vorstand, Vermögen, evtl. Satzung beifügen), Realisierung durch Testamentsvollstrecker Eine Treuhandstiftung von Todes wegen kann durch Erbeinsetzung des Treuhänders und Auflage zu Lasten des Treuhänders gegründet werden Stiftungserrichtung durch einen mit Auflage belasteten Erben/ Vermächtnisnehmer, der dann allerdings Stifter ist Wichtig: Beachtung von Pflichtteilsberechtigten (Kinder, Ehegatten, Eltern) bei Testamentserrichtung Seite 22 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015

23 HERZLICHEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! Melanie Jakobs Diese und weitere Vortragsunterlagen im Rahmen der HVB Stiftungsakademie finden Sie online unter: Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Landshuter Allee München

24 Hinweise zur Präsentation Die zur Verfügung gestellten Informationen können naturgemäß weder allumfassend noch auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Einzelfalls zugeschnitten sein. Sie begründen keine Beratung, keine andere Form rechtsverbindlicher Auskünfte oder ein rechtsverbindliches Angebot unsererseits. Die Präsentation gibt unsere Interpretation der relevanten steuergesetzlichen Bestimmungen, die hierzu ergangene Rechtsprechung sowie die hierzu ergangenen Verlautbarungen der Finanzverwaltung wieder. Die vorliegende Präsentation beruht auf dem Rechtsstand zum Zeitpunkt des Datums der Präsentation. Im Zeitablauf treten Änderungen bei Steuergesetzen, Verwaltungsanweisungen, der Interpretation dieser Rechtsquellen sowie in der Rechtsprechung ein. Derartige Änderungen können die Gültigkeit der Aussagen dieser Präsentation beeinflussen. Wir sind nicht verpflichtet, Sie auf Änderungen in der rechtlichen Beurteilung von Themen hinzuweisen, die wir in dieser Präsentation behandelt haben. Wir übernehmen keine Gewährleistung oder Garantie für Richtigkeit oder Vollständigkeit der Inhalte dieser Präsentation. Soweit gesetzlich zulässig, übernehmen wir keine Haftung für ein Tun oder Unterlassen, das Sie allein auf Informationen aus dieser Präsentation gestützt haben. Dies gilt auch dann, wenn diese Informationen ungenau oder unrichtig gewesen sein sollten. Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft mbh, 2015 Seite 24 Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft 2015