Astronomie. Leibniz Kolleg Universität Tübingen. PD Dr. Thorsten Nagel

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1 Astronomie Leibniz Kolleg Universität Tübingen PD Dr. Thorsten Nagel 2017/2018

2 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen Begrifflichkeiten Entfernungen im Universum Teleskope Das elektromagetische Spektrum Refraktoren und Reflektoren Andere Teleskope Mondphasen und Finsternisse Die Phasen des Mondes Finsternisse Die Keplerschen Gesetze Das Sonnensystem Überblick Die Sonne Die inneren Planeten Die äußeren Planeten Zwergplaneten Asteroiden und Kometen Grenzen des Sonnensystems Andere Sonnensysteme Extrasolare Planeten Interplanetare Raumfahrt Die Voyager-Missionen Sternaufbau und Sternentwicklung Historischer Hintergrund Sternentstehung Hauptreihenstadium Entwicklung nach der Hauptreihe Riesenstadium Entwicklung für Sternmasse <8 M Endstadium Weißer Zwerg Entwicklung für Sternmasse >8 M Endstadium Neutronenstern Endstadium Schwarzes Loch Nukleosynthese

3 INHALTSVERZEICHNIS 2 5 Veränderliche Sterne Übersicht Bedeckungsveränderliche Eruptionsveränderliche Zwergnova Nova Supernova R Coronae Borealis Pulsationsveränderliche Cepheiden pulsierende Weiße Zwerge Die Milchstraße und andere Galaxien Aufbau der Milchstraße Scheibe Zentraler Bulge Galaxien Spiralgalaxien Elliptische Galaxien Irreguläre Galaxien Galaxienhaufen und Superhaufen Kosmologie Die Entdeckung der Expansion des Universums Das Urknallmodell Physikalische Eigenschaften von Sternen Historischer Hintergrund Leuchtkraft Aufgabenstellung Lösungsweg Die Masse des Jupiter Einleitung Überlegungen zu den Beobachtungen Aufgabenstellung Lösungsweg Rotation des Merkur Einleitung Frühe Versuche Die Radar-Beobachtungen Das Verfahren Aufgabenstellung Lösungsweg

4 INHALTSVERZEICHNIS 3 11 Die Rotationskurve der Milchstraße Willkommen in der Milchstraße Ein bisschen Geschichte Wo befinden wir uns in der Milchstraße? Die Suche nach Wasserstoff Theoretische Grundlagen Der Doppler-Effekt Überlegungen zur Milchstraße Beobachten mit dem Tübinger Radioteleskop Das Tübinger Radioteleskop Vorbereitung Durchführung Auswertung Software Reduktion und Auslesen der Daten Datenanalyse

5 Abbildungsverzeichnis 1.1 Übersicht über das elektromagnetische Spektrum (Quelle: wiki-commons) Durchlässigkeit der Erdatmophäre für elektromagnetische Strahlung (Quelle: NASA) Schematische Darstellung eines Linsenteleskops (Quelle: teleskop-test.de) Schematische Darstellung eines Spiegelteleskops (Quelle: bresser.de) Das Very Large Telescope VLT in Chile (Quelle: ESO) Der 40 Zoll Refraktor des Yerkes Observatoriums (Quelle: Yerkes Observatory) links: Das Effelsberg Radioteleskop (Quelle: wiki commons) rechts: Das Arecibo Radioteleskop (Quelle: NAIC) links: Das UV Teleskop ORFEUS (Quelle: NASA) rechts: Das Röntgenteleskop XMM Newton (Quelle: ESA) Neutrinoteleskop IceCube in der Antarktis (Quelle: S. Lidstrom/NSF) Gravitationswellendetektor LIGO, Hanford USA (Quelle: Caltech) Schematische Darstellung der Mondphasen (Quelle: NASA) Schematische Darstellung einer Sonnenfinsternis (Quelle: wiki commons) Schematische Darstellung einer Mondfinsternis (Quelle: wiki commons) Schematische Darstellung der Größenverhältnisse im Sonnensystem, die Abstände sind nicht maßstabsgetreu. (Quelle: wiki commons) Schematische Darstellung des Aufbaus unseres Sonnensystems. (Quelle: wiki commons) Schematische Darstellung des Aufbaus unseres Sonnensystems. (Quelle: wiki commons) Schematische Darstellung unserer Milchstraße und der Position der Sonne. (Quelle: wiki commons) Schematische Darstellung unserer Sonne. (Quelle: wiki commons) Merkur, NASA Venus, NASA Erde, NASA Mars, NASA Jupiter, NASA Saturn, NASA Uranus, NASA Neptun, NASA Schematische Darstellung der Zwergplaneten, zu Vergleich ist auch der Erdmond (Luna) abgebildet. (Quelle: plutosafari.com) Asteroid Vesta, NASA Komet Hale-Bopp, 4. April 1997 E. Kolmhofer, H. Raab; Johannes-Kepler-Observatory, Linz, Austria Schema der Heliosphäre mit der Position der Voyager-Sonden. (Quelle: wikipedia)

6 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Aufbau des Sonnensystems in logarithmischer Skala. (Quelle: wikipedia) Darstellung der habitablen Zone (Sara Seager/Science Vol. 340 no ) Schema der Transitmethode (Quelle: NASA) und echte Messung zweier Transits (Quelle: ESO) links: Aufnahme eines Planeten um beta Pictoris (Quelle: ESO) rechts: Aufnahme dreier Planeten um HR8799 (Quelle: Gemini Observatory) Schematische Darstellung der Radialgeschwindigkeitsmethode (Quelle: LCOGT) links: beobachtete Lichtkurve mit einem Microlensing-Event (Quelle: ESO) rechts: Schematische Darstellung des Gravitationslinseneffekt(Quelle: Nature) Verteilung von Masse und Orbit bisher entdeckter Exoplaneten (Quelle: exoplanet.eu) Übersicht der bisher entdecken erdähnlichen Planeten, künstlerische Darstellung (Quelle: Planetary Habitability Laboratory (PHL)/University of Puerto Rico) Eine Rakete vom Typ Ariane V der europäischen Raumfahrtagentur ESA mit dem James Webb Teleskop als Nutzlast (Quelle: ESA) Skizze einer Hohmanbahn, um eine Raumsonde von einem Erdorbit (grüne Bahn) energieeffizient zu einem anderen Planeten zu bringen. (Quelle: wiki commons) Eine Voyager-Sonde und die von ihr mitgeführte goldene Platte. (Quelle: NASA) Schematische Darstellung der Position der Voyagersonden in unserem Sonnensystem. (Quelle: NASA) Sternspektren, aufgenommen mit einem Gitterspektrographen. Die Wellenlänge nimmt nach rechts zu. (Quelle: H.A. Abt et al. 1968, Kitt Peak National Observatory, Tucson, USA) Hertzsprung-Russell-Diagramm (Quelle: ESO) Beispiele für Molekülwolken. links: Barnard 68 (ESO); rechts: Adlernebel (NOAO, AURA) Simulation eines Protosterns mit Akkretionsscheibe und Jet (NASA) Protoplanetare Scheiben im Orionnebel, aufgenommen mit dem Hubble Weltraum Teleskop (NASA) Schematische Darstellung der pp I Kette Schematische Darstellung der pp II Kette Schematische Darstellung der pp III Kette Schematische Darstellung des CNO Zyklus Planetarischer Nebel. Großer Hantelnebel M27 (rechts), Ringnebel in der Leier M57 (links) und Helixnebel NGC 7293 (unten) (T. Nagel, 80 cm Spiegelteleskop) Supernova in der Galaxie M101 (T. Nagel, 80 cm Spiegelteleskop) Supernova-Überrest Crab-Nebel M1, inmitten des Nebels befindet sich ein Neutronenstern, der sog. Crab-Pulsar (T. Nagel, 80 cm Spiegelteleskop) Schematische Darstellung des Aufbaus eines Neutronensterns (Quelle: Spektrum.de) Übersicht der verschiedenen Nukleosyntheseprozesse und der durch sie jewiels erzeugten Elemente anhand einer Nuklidkarte (Quelle: nscl.msu.edu) Kosmische Häufigkeitsverteilung der Elemente (Quelle: Spektrum.de) Zusammenfassung der Sternentwicklung (Quelle: chandra.harvard.edu) Pulsationsveränderliche im HRD (Quelle: jcd/helas/puls HR) Schematische Darstellung eines Bedeckungsveränderlichen Sternsystems (Quelle: spektrum.de)

7 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Verschiedene Lichtkurven bedeckungsveränderlicher Sterne und ihre daraus abgeleiteten Geometrien (Quelle: Young-Woon, 2010) Lichtkurve der berühmten Zwergnova SS Cygni (Quelle: Schreiber et al. 2003) Lichtkurve der Nova V1974 Cygni (Quelle: MEDUZA, Czech Astronomical Society ) Lichtkurven verschiedener Supernova-Typen (Quelle: Wheeler, 2012) Lichtkurve von R Coronae Borealis (Quelle: AAVSO) Lichtkurven von Cepheiden in der Galaxie M33 (Quelle: AAVSO) Lichtkurve des pulsierenden Weißen Zwerges GD358, aufgenommen mit dem Tübinger 80 cm Teleskop im Rahmen einer Beobachtungskampagne des Whole Earth Telescope (Quelle: DARC) Schematische Darstellung des Aufbaus unserer Milchstraße (Quelle: Pearson Addison-Wesley) Schematische Darstellung der verschiedenen Galaxientypen (Quelle: wiki commons) Ergebnis der Millenium-Simulation: Großskalige Struktur des Universums, die hellen Punkte sind Galaxienhaufen. (Quelle: MPA) Schematische Darstellung der beobachteten Verteilung der Galaxienhaufen und Voids im nahen Universum (Quelle: Richard Powell) Albert Einstein und Willem de Sitter links: Albert Einstein und Georges LeMaître; rechts:alexander Friedman Vesto Slipher links: Edwin Hubble; rechts: Die von Hubble und LeMaître entdeckte Beziehung zwischen Fluchtgeschwindigkeit (Rotverschiebung) und Entfernung Schematische Darstellung der zeitlichen Entwicklung unseres Universums (Quelle: Cardiff University) Sternspektren, aufgenommen mit einem Gitterspektrographen. Die Wellenlänge nimmt nach rechts zu. (Quelle: H.A. Abt et al. 1968, Kitt Peak National Observatory, Tucson, USA) Normsequenz von Sternspektren: Klassifizierung nach dem Harvard-System. Temperaturen nach Allen, Astrophysical Quantities Zu klassifizierende Spektren Skizze zur Ansicht des Systems Skizze zur Berechnung des Abstandes Jupitermond Jupiter Aufnahmen des ersten Jupitermondes Io Aufnahmen des zweiten Jupitermondes Europa Aufnahmen des dritten Jupitermondes Ganimed Aufnahmen des vierten Jupitermondes Callisto Graphische Auswertung der Abstände Das Spektrum eines Radarimpulses, das vom Merkur zurückkommt, aufgezeichnet bei einer Zeitverzögerung von t = 210 µs Die Rotation eines Planeten verändert die Frequenz des reflektierten Signals, wie hier zu sehen ist. Wenn die Frequenz, die vom Sub-Radar-Point zurückkehrt, f ist, dann wird an dem auf den Beobachter zu rotierenden Rand die Frequenz auf f + f erhöht, während sie am weg rotierenden Rand auf f f gesenkt wird

8 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Die Rotationsgeschwindigkeit des Merkur wird aus diesen geometrischen Beziehungen berechnet. R ist der Radius des Planeten, d die Verzögerungsstrecke, v 0 die beobachtete Radialkomponente der Rotationsgeschwindigkeit an einem ausgewählten Punkt, v die gesuchte tatsächliche Geschwindigkeit Wahl zweier verschobener Frequenzen links und rechts vom Sub-radar Point Das Spektrum eines Impulses aufgezeichnet bei fünf verschiedenen Zeitverzögerungen, beginnend mit dem Echo des Sub-Radar-Points Das Tübinger Radioteleskop links: Konfigurationsblock für qradio. Alle Einstellung unverändert lassen. rechts: Benutzeroberfläche des Steuerungsprogramms qradio Benutzeroberfläche des Analyseprogramms SalsaJ Darstellung des Spektrums in qradio, aufgetragen über Geschwindigkeit und Frequenz.127

9 Kapitel 1 Grundlagen 1.1 Begrifflichkeiten Astronomie ist eine der ältesten Wissenschaften. Heutzutage meist als klassische, beobachtende Astronomie gemeint. Berühmte Astronomen sind zum Beispiel Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler, Galileo Galilei oder Tycho Brahe. Astrophysik ist der moderne Zweig der Astronomie, der sich mit den physikalischen Hintergründen, Mechanismen, Prozessen aller astronomischen Phänomene beschäftigt. Berühmte Astrophysiker sind zum Beispiel Sir Arthur Eddington, Edwin Hubble, Subrahmanyan Chandrasekhar oder Karl Schwarzschild. Astrologie ist eine Pseudowissenschaft, Hokuspokus, die versucht aus Stern- und Planetenstellungen u.a. die Zukunft zu bestimmen. Sterne sind selbstleuchtende Gaskugeln, die ihre Energie durch Kernfusionsprozesse in ihrem Inneren erzeugen. Bei der Entstehung von Sternen entstehen automatisch auch Planeten mit, sozusagen als Nebenprodukt. Planeten leuchten weil sie von ihrem Zentralstern (in unserem Falle unsere Sonne) angestrahlt werden. Es gibt Gesteinsplaneten und Gasriesen, zum Teil wird im Falle der Exoplaneten noch weiter unterschieden. Astronomische Einheit AU bzw. AE entspricht in etwa der mittleren Entfernung Erde Sonne und beträgt per Definition m also etwa 150 Millionen Kilometer. Innerhalb des Sonnensystems ist es die übliche Längeneinheit. Lichtjahr LY bzw. LJ bezeichnet die Strecke, die das Licht bei seiner Geschwindigkeit im Vakuum von etwa km/s in einem Jahr zurücklegt: ,8 km also etwa 9,5 Billionen Kilometer. Es ist eine ideale Längeneinheit für die gewaltigen Ausmaße des Universums: wir sehen etwa 13,5 Milliarden Lichtjahre weit. 8

10 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 9 Parsec pc ist die Abkürzung für Parallaxensekunde. Ein Objekt ist ein Parsec entfernt, wenn eine Strecke von einer Astronomischen Einheit einem Winkel von einer Bogensekunde entspricht. Es gilt: 1 pc = 3,26 LJ Helligkeit gibt man meist in Größenklassen an, sog. Magnituden (Einheit: mag). Man unterscheidet weiterhin zwischen scheinbarer Helligkeit (beobachtet) und absoluter Helligkeit (scheinbare Helligkeit in 10 pc Entfernung). Objekte werden mit zunehmender Magnitude dunkler: ein Objekt mit 1 mag ist 100 mal heller als ein Objekt mit 6 mag. Mit bloßem Auge kann man in einer perfekten, absolut dunklen Nacht mitten in der Wüste Sterne bis etwa 6 mag erkennen. Der hellste Stern am Nordhimmel ist Sirius mit einer Helligkeit von -1,46 mag. 1.2 Entfernungen im Universum Die Bestimmung der Entfernung astronomischer Objekte im All ist sehr schwierig, es gibt nicht eine für alle Entfernungen gleich gut geeignete Methode. Stattdesssen bedient man sich der sog. Entfernungsleiter, verschiedene Methoden, die jeweils innerhalb eines bestimmten Bereiches zuverlässig funktionieren: Laser, Radar, Parallaxe, Cepheiden, SN Ia, Rotverschiebung. Erde Mond Erde Sonne Durchmesser Sonnensystem Entfernung nächster Stern Durchmesser Milchstraße Entfernung nächste Galaxis km km 2 LJ 4,24 LJ (Proxima Centauri) LJ 2,2 Millionen LJ (Andromeda-Galaxie) Laser und Radar Ein Laser- oder Radarpuls wird zum Mond oder z. B. zu Merkur geschickt, dort an der Oberfläche reflektiert und auf der Erde wieder gemessen. Aus der Zeitdauer und der bekannten Lichtgeschwindigkeit kann dann sehr genau die Entfernung bestimmt werden. Parallaxe Bei nahe gelegenen Sternen kann über einfache Geometrie die Entfernung direkt gemessen werden. Man bestimmt hierzu die Position eines Sternes relativ zu weit entfernten Hintergrundsternen im Abstand eines halben Jahres. Da man den Durchmesser der Erdbahn kennt kann man durch Messen des kleinen Winkels, den der Stern hüpft, den Abstand bestimmen. Prinzip: der Daumen der ausgestreckten Hand hüpft ebenfalls vor dem Zimmerhintergrund, wenn man abwechselnd nur mit dem rechten und linken Auge schaut. Cepheiden Cepheiden sind eine besondere Art veränderlicher Sterne. Sie pulsieren radial, werden also größer und kleiner, auf einer Zeitskala von Tagen bis Wochen. Ihre Pulsationsperiode hängt direkt mit ihrer Helligkeit zusammen, wie Henrietta Leavitt 1912 entdeckte (Perioden-Leuchtkraft-Beziehung). Ihre aus der Pulsationsperiode bestimmte absolute Helligeit wird mit der beobachteten scheinbaren verglichen, daraus ergibt sich der Abstand.

11 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 10 SN Ia Die thermonukleare Explosion eines Weißen Zwerges bei Überschreiten der Chandrasekhar Massengrenze von 1,4 M wird als Supernove Typ Ia bezeichnet. Ihre Helligkeit ist standardisierbar, damit sind derartige Explosionen als Leuchtkerzen, die man auch in entfernten Galaxien sehen kann, nutzbar. Rotverschiebung Bei sehr weit entfernten Objekten stellt man fest, dass die Spektrallinien zu längeren Wellenlängen hin verschoben sind. Dies ist die kosmologische Rotverschiebung, deren Ursache die Expansion des Universums ist. Aus der Rotverschiebung kann mit Hilfe eines kosmologischen Modells die Entfernung berechnet werden. 1.3 Teleskope Das elektromagetische Spektrum Abbildung 1.1: Übersicht über das elektromagnetische Spektrum (Quelle: wiki-commons) Refraktoren und Reflektoren Klassische Fernrohre sind Linsenteleskope (Refraktor, Abb. 1.3), aufgrund ihrer Bauweise und der Stabilität der Linsen ist ihre Baugröße allerdings auf einen Durchmesser der Linsen von etwa 1 m limitiert. Moderne Großteleskope sind deshalb heutzutage Spiegelteleskope (Reflektor, Abb. 1.4). Ein weiteres Problem von Linsenteleskopen sind nicht vermeidbare Abbildungsfehler wie z. B. die chromatische Aberration, die nur durch Kombination verschieden geschliffener Linsen und verschiedener Glassorten korrigiert werden können. Die größten Spiegelteleskope sind z. B. die vier 8 m Teleskope des Very Large Telescope VLT in Chile (Abb. 1.5), die 10 m Keckteleskope auf Hawaii oder das 10,4 m GranTeCan auf La Palma. Die nächste Generation wird etwa 30 m Spiegeldurchmesser besitzen, so das EELT, das European Extremely Large Telescope.

12 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 11 Abbildung 1.2: Durchlässigkeit der Erdatmophäre für elektromagnetische Strahlung (Quelle: NASA) Abbildung 1.3: Schematische Darstellung eines Linsenteleskops (Quelle: teleskop-test.de) Abbildung 1.4: Schematische Darstellung eines Spiegelteleskops (Quelle: bresser.de)

13 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN Abbildung 1.5: Das Very Large Telescope VLT in Chile (Quelle: ESO) Abbildung 1.6: Der 40 Zoll Refraktor des Yerkes Observatoriums (Quelle: Yerkes Observatory) 12

14 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN Andere Teleskope Auch im nicht-sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums können Beobachtungen durchgeführt werden. Hierzu gibt es jeweils spezielle Teleskope. Am bekanntesten sind sicherlich die riesigen Radioteleskope, z. B. das 100 m große Effelsberg-Teleskop in der Eifel oder das 300 m durchmessende Arecibo-Radioteleskop auf Puerto Rico (siehe Abb. 1.7). Auch am anderen Ende des elektromagnetischen Spektrums sind Teleskope im Einsatz. Da die Erdatmosphäre für derart kurzwellige Strahlung undurchlässig ist, müssen UV-, Röntgen- und Gammateleskope vom Weltall aus operieren. Sie befinden sich in unterschiedlichen Orbits um die Erde (siehe Abb. 1.8). Abbildung 1.7: links: Das Effelsberg Radioteleskop (Quelle: wiki commons) rechts: Das Arecibo Radioteleskop (Quelle: NAIC) Abbildung 1.8: links: Das UV Teleskop ORFEUS (Quelle: NASA) rechts: Das Röntgenteleskop XMM Newton (Quelle: ESA)

15 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 14 Seit kurzem haben sich neben der elektromagnetischen Strahlung noch weitere Fenster fu r die Astrophysik geo ffnet. So gibt es Neutrinoteleskope wie das IceCube-Projekt in der Antarktis (Abb. 1.9) und Gravitationswellendetektoren wie LIGO (Abb. 1.10). Im September und Dezember 2015 gelang mit LIGO zum allerersten Mal der direkte Nachweis von Gravitationswellen. Abbildung 1.9: Neutrinoteleskop IceCube in der Antarktis (Quelle: S. Lidstrom/NSF) Abbildung 1.10: Gravitationswellendetektor LIGO, Hanford USA (Quelle: Caltech)

16 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN Mondphasen und Finsternisse Die Phasen des Mondes Beim 27 tägigen Umlauf des Mondes um die Erde wird dieser von der Sonne immer etwas anders beleuchtet, dadurch kommen die Mondphasen zustande (siehe Abb. 1.11). Auf Grund der gebundenen Rotation sehen wir jedoch immer dieselbe Seite des Mondes (Vorderseite), d.h. der Mond braucht für eine Umdrehung so lange wie für einen Umlauf um die Erde. Durch seine Gezeitenkräfte bewirkt der Mond ein Abbremsen der Erdrotation, dies führt letztendlich zu einer Zunahme der Entfernung des Mondes um etwa 3,8 cm pro Jahr. Abbildung 1.11: Schematische Darstellung der Mondphasen (Quelle: NASA) Finsternisse Mond- und insbesondere Sonnenfinsternisse sind beeindruckende Naturphänomene, die sich niemand entgehen lassen sollte wenn sich eine Gelegenheit zur Beobachtung ergibt. Die scheinbaren Durchmesser der Mond- und Sonnenscheibe am Himmel sind zufälligerweise fast gleich groß und die Mondbahn um die Erde ist etwas geneigt, so dass mehrmals im Jahr bei Neumond der Mond direkt vor die Sonne tritt (Sonnenfinsternis, Abb. 1.12). Da die Entfernung des Mondes leicht schwankt, kann es dann zu einer totalen oder ringförmigen Sonnenfinsternis kommen. Tritt die Scheibe des Mondes nicht zentral vor die Sonne spricht man von einer partiellen Finsternis. Die Sichtbarkeit einer Sonnenfinsternis ist auf der Erde lokal stark beschränkt. Bei der Mondfinsternis tritt der Mond in den Schatten der Erde, im Gegensatz zur Sonnenfinsternis ist das also keine Bedeckung sondern nur eine Abschattung (Abb. 1.13). Der Mond nimmt dann meist eine dunkle, orange Farbe an, dies liegt an der Streuung des Lichts in der Erdatmosphäre (Blutmond). Die blauen Anteile werden während ihres Weges durch die Erdatmosphäre weggestreut, es tritt nur rotes Licht aus in Richtung Mond.

17 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 16 Abbildung 1.12: Schematische Darstellung einer Sonnenfinsternis (Quelle: wiki commons) Abbildung 1.13: Schematische Darstellung einer Mondfinsternis (Quelle: wiki commons)

18 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN Die Keplerschen Gesetze Bewegen sich zwei Körper in ihrem gemeinsamen Schwerefeld, so kreisen sie um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Im Spezialfall, dass fast die gesamte Masse in einem Körper vorliegt und der zweite kaum zur Gesamtmasse beiträgt, fällt der Schwerpunkt des Systems fast mit dem des massereicheren Körpers zusammen. Es scheint, als kreise der leichtere um den schweren. Dieser Fall liegt in unserem Sonnensystem vor, in dem fast die gesamte Masse in der Sonne ruht. Johannes Kepler 1 hat aus Beobachtungsdaten von Tycho Brahe 2, insbesondere der Marsbewegung am Himmel, seine berühmten drei Gesetze der Planetenbewegung gefunden, publiziert als Astronomia Nova, Neue Astronomie (1609) bzw. Harmonice mundi, Weltharmonik (1619). 1. Keplersches Gesetz Die Bahnen der Planeten sind Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Dieses Gesetz ist auch auf Kometen und Monde etc. anwendbar. 2. Keplersches Gesetz Der Radiusvektor (Verbindungslinie Sonne Planet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen (Flächensatz). Dies bedeutet, dass sich ein Planet (oder Komet) während seines elliptischen Umlaufs um die Sonne in Sonnenferne (Aphel) langsamer um die Sonne bewegt als in Sonnennähe (Perihel). 3. Keplersches Gesetz Die Quadrate der Umlaufzeiten U der Planeten verhalten sich wie die Kuben ihrer mittleren Entfernungen (=große Halbachsen a der Ellipsenbahn) von der Sonne: U 2 1 : U 2 2 = a 3 1 : a 3 2 Diese Beziehung gilt generell für eine Zentralbewegung, also z. B. auch für Mond m M um Planet m P. Bei bekanntem Abstand der beiden Partner und dem Massenverhältnis m M m P kann man die Masse des Planeten bestimmen. U 2 a 3 = 4π2 G 1 m P + m M , deutscher Naturphilosoph, Mathematiker, Astronom, Astrologe, Optiker und evangelischer Theologe , dänischer Adliger und einer der bedeutendsten Astronomen

19 KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 18 Anwendungsbeispiele zum dritten Keplergesetz Wir betrachten ein System mit der Erde als Zentralmasse. Bekannt sind - mittlerer Erdradius R Erde = 6370 km - Umlaufdauer des Mondes T Mond = 27,1 d - mittlerer Abstand des Mondes a Mond = km 1. Die Umlaufdauer der Raumstation ISS ist T ISS = 91 Minuten. In welcher Höhe h ISS über der Erdoberfläche und mit welcher Geschwindigkeit v ISS fliegt sie? 2. In welcher Höhe h Sat über der Erde muss sich ein Fernsehsatellit befinden (geostationär)? Lösung Aufgabe 1) beachte: die Halbachse wird vom Mittelpunkt der Erde aus gemessen T 2 a ISS = 3 ISS a 3 ISS T 2 ISS = a3 Mond T 2 Mond T 2 Mond a Mond = = 6753 km h ISS = a ISS R Erde = 383 km v ISS = 2 π a ISS 91 min = km/h Lösung Aufgabe 2) beachte: die Halbachse wird vom Mittelpunkt der Erde aus gemessen, die Umlaufdauer bei geostationär beträgt 24 h T 2 a Sat = 3 Sat a Mond = = 42, km a 3 Sat T 2 Sat = a3 Mond T 2 Mond T 2 Mond h Sat = a Sat R Erde = 36, km

20 Kapitel 2 Das Sonnensystem 2.1 Überblick Unser Sonnensystem (Abb. 2.1, 2.2) setzt sich im Wesentlichen wie folgt zusammen: eine Sonne acht Planeten mit mittlerem Sonnenabstand von 0,39 AU bis 30 AU: Gesteinsplaneten: Merkur, Venus, Erde, Mars Gasplaneten: Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun fünf Zwergplaneten: Ceres, Makemake, Haumea, Pluto, Eris Kuiperbelt von 30 bis 50 AE mit etwa Objekten größer 100 km und unzählig vielen kleineren Asteroiden und Kometen interplanetarer Staub und Gas Milliarden bis Billionen Objekte der Oortschen Wolke (Abb. 2.3) In unserer Milchstraße befinden wir uns in einem ihrer Spiralarme, wie in Abb. 2.4 zu sehen ist. Diese Darstellung der Milchstraße beruht auf aktuellsten Messungen der Sternpositionen, von außen betrachtet sieht sie so aus. 19

21 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 20 Abbildung 2.1: Schematische Darstellung der Gro ßenverha ltnisse im Sonnensystem, die Absta nde sind nicht maßstabsgetreu. (Quelle: wiki commons) Abbildung 2.2: Schematische Darstellung des Aufbaus unseres Sonnensystems. (Quelle: wiki commons)

22 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 21 Abbildung 2.3: Schematische Darstellung des Aufbaus unseres Sonnensystems. (Quelle: wiki commons) Abbildung 2.4: Schematische Darstellung unserer Milchstraße und der Position der Sonne. (Quelle: wiki commons)

23 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Die Sonne Abbildung 2.5: Schematische Darstellung unserer Sonne. (Quelle: wiki commons) Durchmesser km Masse 1, kg mittlere Dichte 1,408 g/cm 3 Rotationsperiode 25,38 Tage absolute Helligkeit +4,83 mag Oberflächentemperatur 5778 K Zentraltemperatur 15,6 Mio K Zentraldichte 150 g/cm 3 Umlaufdauer ums galaktische Zentrum 210 Mio Jahre Alter 4, a

24 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Die inneren Planeten Merkur Durchmesser 4879,4 km Masse 3, kg mittlere Dichte 5,427 g/cm 3 Rotationsperiode 58 d 15 h 36 min Umlaufdauer 87,969 Tage mittlerer Sonnenabstand 0,39 AE Temperatur -173 bis +427 Neigung Rotationsachse 0,01 Abbildung 2.6: Merkur, NASA Anzahl Monde 0 Venus Durchmesser ,6 km Masse 4, kg mittlere Dichte 5,243 g/cm 3 Rotationsperiode 243 Tage 27 min retrograd Umlaufdauer 224,701 Tage mittlerer Sonnenabstand 0,72 AE Temperatur 464 Neigung Rotationsachse 177,36 Abbildung 2.7: Venus, NASA Anzahl Monde 0

25 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 24 Erde Durchmesser ,3 km Masse 5, kg mittlere Dichte 5,515 g/cm 3 Rotationsperiode 23 h 56 min 4,1 s Umlaufdauer 365,256 d mittlerer Sonnenabstand 1,00 AE Temperatur -89 bis +58 Neigung Rotationsachse 23,44 Abbildung 2.8: Erde, NASA Anzahl Monde 1 Mars Durchmesser 6 792,4 km Masse 6, kg mittlere Dichte 3,933 g/cm 3 Rotationsperiode 24 h 37 min 22 s Umlaufdauer 686,980 d mittlerer Sonnenabstand 1,52 AE Temperatur -133 bis +27 Neigung Rotationsachse 25,19 Abbildung 2.9: Mars, NASA Anzahl Monde 2

26 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Die äußeren Planeten Jupiter Durchmesser km (Pol) bzw km (Äquator) Masse 1, kg mittlere Dichte 1,326 g/cm 3 Rotationsperiode 9 h 55 min 30 s Umlaufdauer 11 a315 d mittlerer Sonnenabstand 5,20 AE Temperatur -108 Neigung Rotationsachse 3,13 Abbildung 2.10: Jupiter, NASA Anzahl Monde 67 Saturn Durchmesser km (Pol) bzw km (Äquator) Masse 5, kg mittlere Dichte 0,687 g/cm 3 Rotationsperiode 10 h 33 min Umlaufdauer 29,457 a mittlerer Sonnenabstand 9,55 AE Temperatur -139 Abbildung 2.11: Saturn, NASA Neigung Rotationsachse 26,73 Anzahl Monde 62

27 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 26 Uranus Durchmesser km (Pol) bzw km (Äquator) Masse 8, kg mittlere Dichte 1,27 g/cm 3 Rotationsperiode 17 h 14 min 24 s Umlaufdauer 84,011 a mittlerer Sonnenabstand 19,22 AE Temperatur -197 Abbildung 2.12: Uranus, NASA Neigung Rotationsachse 97,77 Anzahl Monde 27 Neptun Durchmesser km (Pol) bzw km (Äquator) Masse 1, kg mittlere Dichte 1,638 g/cm 3 Rotationsperiode 15 h 57 min 59 s Umlaufdauer 164,79 a mittlerer Sonnenabstand 30,11 AE Temperatur -201 Neigung Rotationsachse 28,32 Abbildung 2.13: Neptun, NASA Anzahl Monde 14

28 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Zwergplaneten Abbildung 2.14: Schematische Darstellung der Zwergplaneten, zu Vergleich ist auch der Erdmond (Luna) abgebildet. (Quelle: plutosafari.com) Definition Planet: bewegt sich auf einer Bahn um die Sonne muss über eine ausreichende Masse verfügen, um durch Eigengravitation eine annähernd runde Form zu bilden haben die Umgebungen ihrer Bahnen von anderen Körpern bereinigt sie sind selbst keine Sterne Ein Zwergplanet hat dagegen seine Bahn nicht bereinigt. Im Kuipergürtel gibt es noch viele Objekte, die darauf warten, von der Internationalen Astronomischen Union IAU den Titel Zwergplanet verliehen zu bekommen. Nur dann sind sie offiziell Zwergplaneten. Manche der Zwerplaneten haben sogar eigene Monde.

29 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Asteroiden und Kometen Asteroiden Meter bis einige 100 km groß Millionen Objekte ungleichförmig meist im Asteroidengürtel zwischen Mars- und Jupiterbahn jenseits Neptunbahn als Transneptunische Objete TNO bezeichnet Abbildung 2.15: Asteroid Vesta, NASA meist Gestein, nur selten rein metallisch Kometen 1-10 km großer Kern Eis, Staub, lockeres Gestein in Sonnenähe 2 Mio km große Koma und 100 Mio km Schweif a-, kurz- (200a) oder langperiodisch ( 200a) stammen aus Kuipergürtel oder der Oortschen Wolke Abbildung 2.16: Komet Hale-Bopp, 4. April 1997 E. Kolmhofer, H. Raab; Johannes-Kepler-Observatory, Linz, Austria

30 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Grenzen des Sonnensystems Abbildung 2.17: Schema der Heliosphäre mit der Position der Voyager-Sonden. (Quelle: wikipedia) Abbildung 2.18: Aufbau des Sonnensystems in logarithmischer Skala. (Quelle: wikipedia) Die Heliosphäre ist der Bereich im Sonnensystem, wo der Sonnenwind dominiert. Das interstellare Medium ISM wird vom Teilchenstrom der Sonne verdrängt, der Übergang erfolgt hierbei stufenweise: Termination shock: Abbremsen von 350 km/s auf 130 km/s, dabei Aufheizen des Gases, Entfernung von der Sonne etwa 80 bis 100 AE Heliosheath: geringere Teilchengeschwindigkeit, 10 AE (in Bewegungsrichtung) bis 100 AE (gegen Bewegungsrichtung) dick Heliopause: äußerer Rand der Heliosheath, ISM und Sonnenwind vermischen sich Bow Shock: Bugwelle im ISM in relativer Bewegungsrichtung des Sonnensystems Oortsche Wolke: vermutlich sphärische Ansammlung von Objekten (z. B. Kometen) in AE und mehr Abstand

31 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM Andere Sonnensysteme Extrasolare Planeten Extrasolare Planeten (Exoplaneten) sind Planeten um andere Sterne. Es wurden inzwischen mehrere tausend entdeckt, hierbei kamen verschiedene Methoden zum Einsatz: Radialgeschwindigkeitsmessung, spektroskopisch Transitmethode Gravitationslinseneffekt Direkte Abbildung Astrometrie, Positionsbestimmung Timing z. B. von Pulsationen Am erfolgreichsten in den letzten Jahren ist die Keplermission, ein Satellit, der Helligkeitsschwankungen von Sternen misst. Zieht ein Exoplanet vor seinem Heimatstern vorbei und bedeckt ihn, sinkt die Helligkeit ein wenig, das ist die Transitmethode (Abb. 2.21). Ein so entdeckter Exoplanet gilt zuerst noch als Kandidat, der Stern wird jetzt spektroskopisch mit Hilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode untersucht, um die Existenz des Planeten zu beweisen und andere Ursachen der Helligkeitsschwankung auszuschließen. Nimmt man alle Methoden zusammen, ergibt sich: 3710 extrasolare Planeten (Stand ) in 2768 Planetensystemen, davon 620 Systeme mit mehreren Planeten 111 Planetensysteme in Mehrfachsternsystemen zusätzlich mehrere tausend Kandidaten, die noch überprüft werden müssen Statistik: 20% sonnenähnlicher Sterne haben erdähnlichen Planeten in habitabler Zone Abbildung 2.19: Darstellung der habitablen Zone (Sara Seager/Science Vol. 340 no ).

32 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 31 Transitmethode Abbildung 2.20: Schema der Transitmethode (Quelle: NASA) und echte Messung zweier Transits (Quelle: ESO)

33 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 32 Direkte Abbildung Exoplaneten direkt zu fotografieren (Abb. 2.21) ist schwierig, weil der Stern sehr viel heller ist, ideal ist es im Falle eines großen Planeten weit weg von seinem Stern. Allerdings reflektiert der Planet dann kaum noch Licht, er muss also selbst sehr warm sein damit man ihn im Infraroten beobachten kann. Diese Methode ist, im Gegensatz zur Transitmethode, ideal für die Beobachtung von face-on Systemen in Aufsicht. Nachteile sind, dass die Masse des Planeten nur schwer bestimmbar ist und Verwechslungsgefahr mit einem Braunen Zwerg (Objekt mit facher Jupitermasse, noch kein richtiger Stern also keine Wasserstofffusion, aber bereits Deuteriumfusion) besteht. Faszinierenderweise hat man auch nicht an einen Stern gebundene frei herumfliegende Planeten entdeckt. Abbildung 2.21: links: Aufnahme eines Planeten um beta Pictoris (Quelle: ESO) rechts: Aufnahme dreier Planeten um HR8799 (Quelle: Gemini Observatory)

34 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 33 Radialgeschwindigkeitsmethode Der Stern und sein Planet kreisen um den gemeinsamen Schwerpunkt. Wenn wir das System gekippt sehen (edge-on) bewegt sich der Stern also mal auf uns zu mal von uns weg. Durch den Dopplereffekt werden, etwas salopp formuliert, die vom Stern ausgesendeten Lichtwellen etwas gestaucht (auf uns zu, kurzwelliger, blauer) oder etwas auseinandergezogen (von uns weg, langwelliger, roter). Die in einem Sternspektrum beobachtbaren Spektrallinien wandern also periodisch um ihre Ruheposition mal etwas ins blaue mal ins rote (Abb. 2.22). Dieses Verschieben der Spektrallinien ist umso stärker, je schwerer der Planet ist und je näher dran an seinem Stern sich seine Umlaufbahn befindet. Ein erdschwerer Planet in Erdentfernung um seinen Stern ist mit heutigen Methoden nur sehr schwer nachweisbar, mit der zukünftigen Generation an Riesenteleskopen wird es aber kein Problem mehr sein. Abbildung 2.22: Schematische Darstellung der Radialgeschwindigkeitsmethode (Quelle: LCOGT)

35 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 34 Gravitationslinseneffekt Microlensing Liegen zwei Sterne exakt auf der gleichen Sichtlinie zum Beobachter, dann verstärkt der Vordergrundstern die Helligkeit des Hintergrundsternes etwas, er wirkt wie eine Linse (Abb. 2.23, rechts oben). Dieser Effekt beruht auf der Eigenschaft von Materie, den Raum zu krümmen (Allgemeine Relativitätstheorie). Zieht der Vordergrundstern vor dem hinteren vorbei, so steigt die Helligkeit kurzzeitig etwas an und sinkt dann wieder ab (dauert einige Tage bis Wochen). Wenn der Vordergrundstern allerdings einen Planeten dabei hat, wirkt auch dieser als Linse, und die entstehende Lichtkurve kann unsymmetrisch werden (Abb. 2.23, links und rechts unten). Abbildung 2.23: links: beobachtete Lichtkurve mit einem Microlensing-Event (Quelle: ESO) rechts: Schematische Darstellung des Gravitationslinseneffekt(Quelle: Nature)

36 KAPITEL 2. DAS SONNENSYSTEM 35 Etwas Statistik Abbildung 2.24: Verteilung von Masse und Orbit bisher entdeckter Exoplaneten (Quelle: exoplanet.eu) Abbildung 2.25: Übersicht der bisher entdecken erdähnlichen Planeten, künstlerische Darstellung (Quelle: Planetary Habitability Laboratory (PHL)/University of Puerto Rico)

37 Kapitel 3 Interplanetare Raumfahrt In den letzten Jahrzehnten ist es gelungen, alle Planeten und Pluto mit mindestens einer Raumsonde zu besuchen, einige Sonden befinden sich seit Jahren im Orbit um Planeten und messen und kartografieren. Auf Mars wurden Rover ausgesetzt, die zum Teil nach wie vor aktiv sind. Auch Asteroiden und Kometen wurden von Raumsonden besucht und untersucht, Material aufgesammelt und zurück zur Erde gebracht. Die beiden Voyager-Sonden sind dabei, in den interstellaren Raum vorzudringen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die stetige Weiterentwicklung der Raketentechnologie (Abb. 3.1), die es ermöglicht immer schwerere Nutzlasten ins All zu transportieren, und die Ingenieure und Wissenschaftler sich auch von Fehlschlägen, so tragisch sie sein mögen, nicht entmutigen lassen. Um von der Erde zu anderen Planeten zu gelangen, muss man zuerst die Anziehungskraft der Erde überwinden. Man erreicht die sogenannte Entweichgeschwindigkeit v e wenn die Bewegungsenergie der Rakete mit Masse m gleich bzw. größer der gravitativen Bindungsenergie durch die Erde M ist: 1 2 m v2 = G M m r v e = 2 G M r v e = 11,2 km/s = km/h Je kompakter und massereicher ein Objekt ist, desto höher ist die Entweichgeschwindigkeit. Wenn man beim Raketenstart noch die Rotation der Erde ausnutzt (deshalb startet die ESA ihre Raketen im nahe am Äquator liegenden franz. Guyana) verringert sich der Wert etwas. Für exakte Satellitenbahnen müssen sehr viele Faktoren berücksichtigt werden, u.a. Störung durch andere Himmelskörper, Erdatmosphäre, Sonnenwind. 36

38 KAPITEL 3. INTERPLANETARE RAUMFAHRT 37 Abbildung 3.1: Eine Rakete vom Typ Ariane V der europäischen Raumfahrtagentur ESA mit dem James Webb Teleskop als Nutzlast (Quelle: ESA)

39 KAPITEL 3. INTERPLANETARE RAUMFAHRT 38 Ein Hauptproblem der Raumfahrt ist, ein möglichst geringes Startgewicht zu haben. Deshalb ist es wünschenswert möglichst wenig Treibstoff für Flugbahnmanöver mitführen zu müssen. Man nutzt z. B. Swing-By Manöver, holt sich Schwung durch nahen Vorbeiflug an einem Planeten, um Fahrt aufzunehmen und zum nächsten, weiter entfernten zu gelangen. Eine Alternative sind Hohman-Bahnen (Abb. 3.2), benannt nach Hohman, der sie 1925 gefunden hat. Allerdings wurden sie auch schon 1911 vom Raumfahrtpionier Ziolkowski beschrieben. Eine Sonde im Erdorbit bekommt einen kleinen Schub um sie auf eine elliptische Bahn zu bringen, deren entferntester Punkt auf der Bahn des Zielplaneten liegt. Dort angekommen bekommt die Sonde einen weiteren kleinen Schub um die elliptische Bahn, die sie ja zurück zur Erde führen würde, verlassen und auf der Umlaufbahn des Planeten verweilen zu können. Abbildung 3.2: Skizze einer Hohmanbahn, um eine Raumsonde von einem Erdorbit (grüne Bahn) energieeffizient zu einem anderen Planeten zu bringen. (Quelle: wiki commons)

40 KAPITEL 3. INTERPLANETARE RAUMFAHRT Die Voyager-Missionen Eine der herausragendsten Missionen der Raumfahrt sind sicherlich die Voyager-Missionen. Abbildung 3.3 zeigt die Sonde und die berühmte 30 cm groe vergoldete Platte aus Kupfer, die sie mittransportiert. Die Platte enthält auf der Rückseite eine Gebrauchsanweisung, sie enthält Bilddateien und Audiodaten (Wind, Donner, Tiergeräusche, Stimmen, Musik,). Die Hülle zeigt außerdem die Position unserer Sonne relativ zu 14 Pulsaren. Abbildung 3.3: Eine Voyager-Sonde und die von ihr mitgeführte goldene Platte. (Quelle: NASA)

41 KAPITEL 3. INTERPLANETARE RAUMFAHRT 40 Die Sonden starteten am 5. Sept und 20. August Ziele der Mission waren Untersuchung der Atmosphäre von Jupiter und Saturn Untersuchung der Monde und Ringe von Jupiter und Saturn Untersuchung von Magnetfeldern etc. Voyager 2: Untersuchung von Uranus (1986) und Neptun (1989). Dies wurde erst nachträglich entschieden, die Software von Voyager 2 musste komplett umprogrammiert und zur Sonde hochgeladen werden. Die Missionen waren und sind außerordentlich erfolgreich: neue Monde um Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun Ring um Jupiter, Blitze in Jupiteratmosphre 9 aktive Vulkane auf Jupitermond Io Saturnringe bestehen aus vielen Einzelringen die erste und bisher einzige Sonde bei Uranus und Neptun Sehr viel Neues ber Beschaffenheit der Planeten und Monde, Magnetfelder, Kosmische Strahlung etc. im All Vor allem aber: Voyager 1+2 funktionieren, messen und senden immer noch! Seit 1990 wurde die ursprüngliche Planetenmission zur Voyager Interstellar Mission, das bedeutet die Sonden dringen als erste von Menschen geschaffene Raumfahrzeuge in den interstellaren Raum vor: 15. Dez 2004 Voyager 1 überquert termination shock (94 AE) 5. Sept 2007 Voyager 2 überquert termination shock (84 AE) 25. Aug 2012 Voyager 1 betritt Interstellaren Raum Man weiß, dass sie den sog. termination shock überwunden haben, da es zu einer starken Veränderung bzw. Zunahme der Plasmadichte kam: Interstellares Medium (ISM). Wann aber das ungestörte ISM erreicht wird ist unklar. Auf einer Webseite der NASA kann man die Position und gesamte Mission der Voyagersonden mitverfolgen: In Jahren kommen sie jeweils bis auf etwa 1.6 LJ an einen Stern heran. Voyager senden mit ca. 23 W, die Signale werden auf der Erde nach 17 Stunden mit W empfangen. Einige Instrumente, die das Magnetfeld, die Kosmische Strahlung so wie komsische Teilchen untersuchen arbeiten noch, viele andere, die vor allem für die Planetenmission gedacht waren, wurden abgeschaltet um Energie zu sparen. Voyager senden vermutlich noch bis mindestens 2020/2030, vorausgesetzt die NASA streicht nicht die Gelder für die Fortführung der Mission.

42 KAPITEL 3. INTERPLANETARE RAUMFAHRT 41 Abbildung 3.4: Schematische Darstellung der Position der Voyagersonden in unserem Sonnensystem. (Quelle: NASA)

43 Kapitel 4 Sternaufbau und Sternentwicklung 4.1 Historischer Hintergrund 1802: William Hyde Wollaston beobachtet zum ersten Mal Spektrallinien im Sonnenspektrum : Joseph v. Fraunhofer beobachtet ebenfalls Spektrallinien im Sonnenspektrum ( Fraunhofer Linien, Tab. 1.1), er katalogisiert mehr als 500 Absorptionslinien systematisch und untersucht außerdem mit Hilfe eines Objektivprismenspektroskopes die Spektren von Venus und einigen Sternen (z.b. Sirius, Pollux, Beteigeuze). 1823: Sir John Frederick William Herschel gelangt zu der Erkenntnis, dass Spektrallinien Informationen über die Zusammensetzung stellarer Materie liefern können. 1860: Gustav Robert Kirchhoff und Robert Wilhelm Bunsen erkennen, dass die Absorptionslinien in Sternspektren das Gegenteil der Emissionslinien der selben Elemente in Laborexperimenten (Flammen) sind. Die Stärke der Absorptionslinie ist ein Maß für die Häufigkeit des Elements. 29. August 1864: Sir William Huggins beobachtet als erster das Spektrum eines Planetarischen Nebels (NGC 6543, Katzenaugennebel). Er schreibt I looked into the spectroscope. No spectrum such as I expected! A single bright line only!. Die Spektrallinie stellte sich als Dublett heraus (4959 und 5007 Å ), sie passt zu keinem bekannten Element und wird deshalb dem Nebulium zugewiesen. Huggins zeigte, dass Gasebel breite Emissionslinien besitzen. 1860er: Pater Angelo Secchi führt eine Spektralklassifikation mit fünf Grundtypen ein (Tab. 1.2), diese Einteilung stellt sich aber bald als zu grob heraus Edward Pickering und sein Harem (Williamina Fleming, Antonia Mauri, Annie Cannon und 12 weitere Frauen) führen eine umfangreiche Spektralklassifikation der Sterne durch. Sie benutzen hierzu photographische Spektrogramme, die sie mit Hilfe von Objektivprismen erhalten haben. Erste Spektralkataloge stammen von Williamina Fleming (1890, Harvard annals, Band 27), sie verwendet die Buchstaben A-Q in alphabetischer Reihenfolge. Annie 42

44 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 43 Cannon klassifiziert Spektrogramme (Henry-Draper-Katalog, , Harvard annals, Band 91-99), und nimmt eine Feinunterteilung der Harvardsequenz O B A F G K M vor. Es handelt sich dabei um eine rein morphologische Unterteilung anhand des Aussehens der Spektrallinien (Tab. 1.3) bzw. 1913: Ejnar Hertzsprung und Henry Norris Russell erstellen unabhängig voneinander ein Diagramm, das die absolute Helligkeit gegen den Spektraltyp abbildet (Abb. 4.1). Es zeigt, dass die Sterne nur einen ganz bestimmten Bereich dieses Parameterraumes bevölkern. Das Hertzsprung- Russell-Diagramm wird zum wichtigsten Diagramm der modernen Astrophysik. 1925: Cecilia Payne zeigt, dass das Saha-Gesetz die Variation der stellaren Linienstärken erklärt. Die Harvard Spektralsequenz ist also ein Maß für die Temperatur. Alle Sterne haben ungefähr dieselbe chemische Zusammensetzung. 1928: Ira Sprague Bowen entdeckt, dass die in Gasnebeln gefundenen Emissionsnebel zu verbotenen Übergängen gehören (magnet. Dipol, elektr. Quadrupolübergang, z.b. [O iii]). 1938: William Morgan, Philip Keenan und Edith Kellman führen die Leuchtkraftklassen ein: I: Überriesen II: helle Riesen III: normale Riesen IV: Unterriesen V: Hauptreihe sd/vi: Unterzwerge D/wd/VII: Weiße Zwerge

45 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 44 Tabelle 4.1: Einige Fraunhoferlinien unserer Sonne Name λ Ursprung A Å ird. Sauerstoff a Å ird. Wasserstoff B Å ird. Sauerstoff C Å H α D Å neutrales Natrium E Å neutrales Eisen b 5 167, 5 173, Å neutrales Magnesium F Å H β G Å CH-Molekül H Å neutrales Kalzium Tabelle 4.2: Spektralklassifikation nach Pater Angelo Secchi Typ I II III IV V Kriterium Starke Wasserstofflinien; blau-weiße Sterne (z.b. Sirius, Wega) Metalllinien; gelb-orange Sterne (z.b. Sonne, Capella) Banden (TiO), zu blau hin stärker; orange-rote Sterne (z.b. Beteigeuze) Banden (C-Verbindungen), zu rot hin stärker; tiefrote Sterne, dunkler als 5 m Emissionslinien im Spektrum Typ T [K] Kriterium Tabelle 4.3: Harvard Spektralsequenz O hochionisierte Atome, H relativ schwach, gelegentlich Emission B He ii fehlt, He i stark, Si iii, O ii, H stärker A He i fehlt, H im Maximum, Si ii stark F H schwächer, Ca ii stark G Ca ii sehr stark, neutrale Metalle stark K H relativ schwach, neutrale Atomlinien stark, Molekülbanden M neutrale Atomlinien sehr stark, TiO-banden

46 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 45 Abbildung 4.1: Sternspektren, aufgenommen mit einem Gitterspektrographen. Die Wellenlänge nimmt nach rechts zu. (Quelle: H.A. Abt et al. 1968, Kitt Peak National Observatory, Tucson, USA)

47 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 46 Abbildung 4.2: Hertzsprung-Russell-Diagramm (Quelle: ESO)

48 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG Sternentstehung in den Spiralarmen der Galaxien gibt es riesige Molekülwolken ( M bei 150 LJ Ausdehnung, siehe Abb. 4.3) bestehen hauptsächlich aus H 2, auch CO, NH 3, Staub haben eine filamentartige Struktur, sehr kalt 10 K, Teilchendichte etwa n=100 pro cm 3 Abbildung 4.3: Beispiele für Molekülwolken. links: Barnard 68 (ESO); rechts: Adlernebel (NOAO, AURA) das Jeans-Kriterium gibt Grenzmasse M Jeans einer Wolke für Stabilität an: M Jeans = 5 k B T R G µ m p wobei T die Temperatur und R den Radius der Wolke, k B die Boltzmann-Konstante, G die Gravitationskonstante, µ das mittlere Molekulargewicht und m p das Protongewicht bezeichnen. größere Region kollabiert und fragmentiert, einzelne Klumpen kollabieren weiter Temperatur steigt, hydrostatisches Gleichgewicht entsteht, Kollaps stoppt: AE großer Kern aus H 2 Temperatur steigt weiter an, bis H 2 Moleküle in H Atome zerlegt sind Prozess verbraucht Energie, zweiter Kollaps setzt ein bis neues hydrostatisches Gleichgewicht entsteht mit H Atomen Kern mit 2-3 R entsteht: Protostern Protostern gewinnt an Masse und Helligkeit durch Akkretion weiterhin einfallender Materie aus der Wolke Rotation führt zur Ausbildung einer Scheibe (Durchmesser etwa 100 AE) senkrecht zur Scheibe entstehen bipolare Jets (gebündelte, mit hoher Geschwindigkeit ausströmende Materie, siehe Abb. 4.4)

49 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 48 Abbildung 4.4: Simulation eines Protosterns mit Akkretionsscheibe und Jet (NASA). Eigenkontraktion wird wichtigster Energielieferant Vorhauptreihenstern entsteht, sog. T Tauri Stern, sehr aktiv für etwa 10 6 Jahre existiert Protoplanetare Scheibe, in der Planeten entstehen (siehe Abb. 4.5) Abbildung 4.5: Protoplanetare Scheiben im Orionnebel, aufgenommen mit dem Hubble Weltraum Teleskop (NASA). Temperatur im Zentrum des Protosterns steigt an, bis bei mehreren Millionen Kelvin Fusion von H einsetzt: Stern Mindestens 0,08 M notwendig Masse < 0,08 M : Brauner Zwerg Hauptreihenstadium beginnt

50 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG Hauptreihenstadium allgemein gilt für die Leuchtkraft L eines Sterns mit Radius R und Oberflächentemperatur T : wobei σ die Stefan-Boltzmann-Konstante ist. L = 4 π R 2 σ T 4 Masse der Sterne auf der Hauptreihe liegt zwischen 0,08 M und ca. 200 M im Zentrum der Sterne Energiegewinnung durch Fusion von H zu He bis 1,5 M : pp Kette ab 1,5 M : CNO Zyklus Lebensdauer auf der Hauptreihe extrem abhängig von Masse: bei 1 M : 10 Milliarden Jahre bei 10 M : 10 Millionen Jahre die Proton-Proton-Kette (pp-kette, siehe Abb. 4.6 bis 4.8) hat eine Hauptkette und zwei Nebenketten, die abhängig von der herrschenden Temperatur durchlaufen werden erster Schritt der pp-kette ( 1 H+ 1 H 2 H) dauert für ein bestimmtes Proton im Schnitt 14 Milliarden Jahre und bildet damit den Flaschenhals der Reaktion Lebensdauer des Deuterium 2 H beträgt nur etwa 1,4 s, nach weiteren 10 6 Jahren fusionieren je zwei 3 He Kerne Energiegewinn bei der gesamten Reaktion: 26 MeV beim CNO Zyklus (Bethe-Weizsäcker-Zyklus) dienen C, N und O als Katalysatoren (siehe Abb. 4.9) Prozess dominiert bei Temperaturen im Kern größer als 30 Mio K Energiegewinn bei der gesamten Reaktion: 25 MeV netto 4 1 H 4 He bei der Sonne mit Zentraltemperatur von etwa 15 Mio K dominiert die pp-kette wenn im Kern etwa % der Anfangsmasse des Sterns in Helium umgewandelt wurden, beginnt sich der Stern von der Hauptreihe weg in Richtung Gebiet der Roten Riesen zu entwickeln

51 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 50 Abbildung 4.6: Schematische Darstellung der pp I Kette

52 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 51 Abbildung 4.7: Schematische Darstellung der pp II Kette

53 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 52 Abbildung 4.8: Schematische Darstellung der pp III Kette

54 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 53 Abbildung 4.9: Schematische Darstellung des CNO Zyklus

55 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG Entwicklung nach der Hauptreihe Riesenstadium Sind 10-20% der Anfangsmasse des Sterns in Helium umgewandelt, verlässt der Stern die Hauptreihe H-Fusion im Kern stoppt, He-Kern kontrahiert da die Energiequelle versiegt ist H-Fusion verlagert sich in eine Schale um den He-Kern herum Hülle des Sterns dehnt sich aus: Roter Riese mit hundertfachem Sonnendurchmesser oder mehr im HRD wandert der Stern von der Hauptreihe nach rechts (oben) zum Riesenast (RGB) Temperatur im Kern steigt durch Kontraktion immer weiter an Bei ca. 100 Mio K zündet die Heliumfusion, der Stern braucht dafür eine Mindestmasse von 0,4 M im HRD befindet sich der Stern jetzt auf dem Horizontalast: He-Fusion im Kern im 3-alpha-Prozess: 4 He + 4 He 8 Be + 4 He 12 C Wenn alles He im Kern zu C umgewandelt ist kontrahiert der Kern erneut, die Kerntemperatur steigt an, die Hülle expandiert Im HRD befindet sich der Stern auf dem asymptotischen Riesenast (AGB) Die weitere Entwicklung hängt stark von der Masse des Sterns ab Entwicklung für Sternmasse <8 M H- und He-Fusion in Schalen um den Kern herum keine Fusionsprozesse mehr im Kern extrem starker Sternwind, thermische Pulse durch Zünden und Erlöschen der Heliumfusion auf Zeitskalen von 1000 a äußere Hüllen werden abgestoßen, Massenverlust bis 90% Freigelegter Kern ist extrem heiß, regt abgestoßene Hülle (durch Photoionisation) zum Leuchten an, ein Planetarischer Nebel (PN) ist entstanden (siehe Abb. 4.10). Nach ca Jahren ist der PN nicht mehr zu sehen, da sich die Hülle immer weiter vom Zentralstern entfernt und irgendwann nicht mehr zum Leuchten gebracht werden kann der Kern wird zu einem 12 C/ 16 O Weißen Zwerg

56 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 55 Abbildung 4.10: Planetarischer Nebel. Großer Hantelnebel M27 (rechts), Ringnebel in der Leier M57 (links) und Helixnebel NGC 7293 (unten) (T. Nagel, 80 cm Spiegelteleskop)

57 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG Endstadium Weißer Zwerg Durchmesser etwa so groß wie die Erde Masse 0,1 bis 1,4 M, meist 0,6 M Chandrasekhar Grenzmasse für Stabilität: 1,44 M (bei starker Rotation mehr) mittlere Dichte ca. 1 Tonne pro cm 3 es finden keine Fusionsprozesse mehr statt, der Weiße Zwerg kühlt im Laufe von Jahrmilliarden nur noch ab je nach Zusammensetzung der Atmosphäre definiert man verschiedene Typen: DA, DB, DO, DQ, DZ und Mischungen hatte der Anfangsstern so wenig Masse, dass nicht einmal die He-Fusion zünden konnte, ist ein Weißer Zwerg aus He statt aus C/O entstanden Entwicklung für Sternmasse >8 M Weitere Fusionphasen laufen nacheinander im Kern bzw. dann gleichzeitig in Schalen ab, wobei die Zeitdauern stark von der Masse abhängen: C + C O, Ne, Mg T 800 Mio K Dauer ca. 100 Jahre Ne + Ne O, Si, S T 1500 Mio K Dauer ca. 1 Jahr O + O Si, S, Ar T 2000 Mio K Dauer ca. mehrere Monate Si + Si Fe T 4000 Mio K Dauer ca. 1 Tag eine Zwiebelschalenstruktur mit einer Eisenkugel im Zentrum entsteht Fusion im Kern stoppt, da bei Eisen die höchste Bindungsenergie pro Nukleon erreicht und somit kein Energiegewinn mehr möglich ist Sternmasse > 13 M Kerntemperatur ca. 10 Mrd K, Eisenkern wird photodesintegriert zu Protonen und Neutronen Kern kollabiert in Sekundenbruchteilen 8 M < Sternmasse < 13 M Protonen und Elektronen werden zu Neutronen Kern kollabiert in Sekundenbruchteilen Neutronenstern (NS, Abb. 4.13) entsteht, er ist stabil wenn M NS < 2-3 M äußere Schichten des Sterns fallen auf den Neutronenstern, prallen ab und werden zurück geschleudert

58 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 57 Abbildung 4.11: Supernova in der Galaxie M101 (T. Nagel, 80 cm Spiegelteleskop) reicht die Energie, unterstützt durch nach außen fliegende Neutrinos, um die Hülle wegzuschleudern: Supernova-Explosion (siehe Abb und 4.12) überwiegt die einfallende Materie, stürzt alles wieder zurück auf den Neutronenstern, seine Masse wächst weiter an wenn M NS > 2-3 M : Kollaps zum Schwarzen Loch Endstadium Neutronenstern Durchmesser etwa km Masse etwa 2 M Tolman-Oppenheimer-Volkoff Grenzmasse für Stabilität: ca. 1,5 3,2 M mittlere Dichte ca kg/m 3 (dichter als ein Atomkern) Fluchtgeschwindigkeit ca. 1/3 Lichtgeschwindigkeit extrem starkes Magnetfeld 10 8 Tesla innerster Aufbau unbekannt

59 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 58 Abbildung 4.12: Supernova-Überrest Crab-Nebel M1, inmitten des Nebels befindet sich ein Neutronenstern, der sog. Crab-Pulsar (T. Nagel, 80 cm Spiegelteleskop) Abbildung 4.13: Schematische Darstellung des Aufbaus eines Neutronensterns (Quelle: Spektrum.de)

60 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG Endstadium Schwarzes Loch Mathematische Singularität (punktförmig) bei M BH = 10 M ca. 30 km großer Ereignishorizont, auch Schwarzschild-Radius genannt innerhalb des Ereignishorizonts kann nichts entkommen, auch Licht nicht Beobachtung nur indirekt möglich, z. B. in einem Doppelsternsystem wie Cyg X Nukleosynthese Primordial (beim Urknall): H, 3 He, 4 He, 7 Li Spallationsprozesse im ISM: Li, Be, B Fusionsprozesse und Anlagerung von α-teilchen: He, C, N, O, F, Ne, Na, Mg, Al, Si, P, S, Cl, Ar, K, Ca,... Fe, Co, Ni 12 C + 12 C 23 Na + p + 2,241 MeV 14 N + α 18 F + 4,42 MeV 28 Si + 28 Si 56 Ni + γ und dann zerfällt 56 Ni 56 Fe + 2e + + 2ν Trans-Eisen-Elemente durch Neutronenanlagerung s-prozess: langsame Anlagerung im Vergleich zu β-zerfall, stabile Kerne bis Massenzahl 210 r-prozess: schnelle Anlagerung im Vergleich zu β-zerfall, hoher Neutronenfluss nötig, findet nur in Supernovae statt, neutronenreiche Kerne, schwerste Elemente Wichtigstes Paper zu stellarer Nukleosynthese: B2FH (1957) Synthesis of the Elements in Stars, erschienen in Reviews of Modern Physics Margaret Burbidge, Geoffrey Burbidge, William Fowler, Fred Hoyle Nobelpreis in Physik für William Fowler 1983

61 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 60 Abbildung 4.14: Übersicht der verschiedenen Nukleosyntheseprozesse und der durch sie jewiels erzeugten Elemente anhand einer Nuklidkarte (Quelle: nscl.msu.edu) Abbildung 4.15: Kosmische Häufigkeitsverteilung der Elemente (Quelle: Spektrum.de)

62 KAPITEL 4. STERNAUFBAU UND STERNENTWICKLUNG 61 Abbildung 4.16: Zusammenfassung der Sternentwicklung (Quelle: chandra.harvard.edu)

63 Kapitel 5 Veränderliche Sterne 5.1 Übersicht Extrinsisch veränderlich Bedeckungsveränderliche Rotationsveränderliche Intrinsisch veränderlich Eruptionsveränderliche: Zwergnova, Nova, Supernova, R Coronae Borealis Pulsationsveränderliche: Mira, Cepheiden, RR Lyrae, pulsierende Weiße Zwerge Abbildung 5.1: Pulsationsveränderliche im HRD (Quelle: jcd/helas/puls HR) 62

64 KAPITEL 5. VERÄNDERLICHE STERNE Bedeckungsveränderliche Wir schauen nahezu direkt auf die Bahnebene eines Doppelsternsystems. Beide Sterne bedecken sich dann abwechselnd gegenseitig, je nachdem wie hell sie jeweils sind entstehen entsprechende Helligkeitseinbrüche (s. Abb. 5.2). Aus der Form der Lichtkurve kann auf die Geometrie des Systems und der Sterne zurückgeschlossen (s. Abb. 5.3) werden. Abbildung 5.2: Schematische Darstellung eines Bedeckungsveränderlichen Sternsystems (Quelle: spektrum.de) Abbildung 5.3: Verschiedene Lichtkurven bedeckungsveränderlicher Sterne und ihre daraus abgeleiteten Geometrien (Quelle: Young-Woon, 2010)

65 KAPITEL 5. VERÄNDERLICHE STERNE Eruptionsveränderliche Zwergnova Enges, wechselwirkendes Doppelsternsystem aus Weißem Zwerg (WZ) und Hauptreihenstern, sog. Kataklysmischer Variabler Materie strömt von Hauptreihenstern auf WZ über (Roche Lobe Oberflow) Akkretionsscheibe um WZ bildet sich Temperatur und Helligkeit in der Akkretionsscheibe kann quasi-periodisch variieren: Zwergnova-Ausbrüche (bis 5 mag heller, s. Abb. 5.4) Abbildung 5.4: Lichtkurve der berühmten Zwergnova SS Cygni (Quelle: Schreiber et al. 2003)

66 KAPITEL 5. VERÄNDERLICHE STERNE Nova Im Zwergnova-System wächst Masse des WZ durch Akkretion aus der Scheibe an An der Oberfläche des WZ sammelt sich vor allem Wasserstoff (äußere Schichten des Begleiters) Wenn Temperatur und Dichte am Boden der akkretierten Schicht hoch genug ist, zündet Wasserstofffusion explosionsartig an der Oberfläche des WZ: Nova (bis zu 10 mag heller, s. Abb. 5.5) Akkretierte Schicht wird ins All geschleudert, evtl. sogar Teil der alten Oberfläche des WZ WZ sammelt erneut Materie aus der Scheibe an Je nach Masse des WZ wiederholen sich Novae alle 100 (WZ schwer) bis viele Jahre (WZ leicht) Gesamtmasse kann so im Laufe von vielen Jahrmillionen u.u. zunehmen Abbildung 5.5: Lichtkurve der Nova V1974 Cygni (Quelle: MEDUZA, Czech Astronomical Society )

67 KAPITEL 5. VERÄNDERLICHE STERNE Supernova Supernova Typ Ib,c und Typ II Explosion eines sehr massereichen Sterns am Ende der Fusionsprozesse, Neutronenstern oder Schwarzes Loch entsteht Unterschiede im Spektrum: Supernova Typ Ia Lehrbuch: Überschreiten der Chandrasekhar Masse eines WZ in engem Doppelsternsystem (s. Nova) Neueste Forschung: Verschmelzen zweier WZ, auch sub-chandrasekhar Abbildung 5.6: Lichtkurven verschiedener Supernova-Typen (Quelle: Wheeler, 2012)

68 KAPITEL 5. VERÄNDERLICHE STERNE R Coronae Borealis Ruß-Sterne: In unregelmäßigen Abständen steigen Kohlenstoffwolken in der Sternatmosphäre auf und führen zu Helligkeitseinbrüchen (s. Abb. 5.8). Abbildung 5.7: Lichtkurve von R Coronae Borealis (Quelle: AAVSO) 5.4 Pulsationsveränderliche Cepheiden Riesensterne Pulsationsperioden ca Tage Helligkeitsamplitude ca. 2 mag Kappa-Effekt verursacht Pulsation Perioden-Leuchkraft-Beziehung erlaubt Nutzung als Standardkerzen zur Entfernungsmessung (Henrietta Leavitt): M = 2,81 log (P/Tage) 1,43 Abbildung 5.8: Lichtkurven von Cepheiden in der Galaxie M33 (Quelle: AAVSO)

69 KAPITEL 5. VERÄNDERLICHE STERNE pulsierende Weiße Zwerge Perioden wenige Minuten, Amplituden ca. 0,5 mag (s. Abb.?? und 5.9) Keine sphärisch-symmetrisch radiale Pulsation sondern Überlagerung verschiedener Vibrationen Perioden hängen von innerer Struktur (Dichte, Druck) ab Asteroseismologie erlaubt indirekt Blick ins Innere des Sterns Vergleich mit theoret. Vorhersagen Abbildung 5.9: Lichtkurve des pulsierenden Weißen Zwerges GD358, aufgenommen mit dem Tübinger 80 cm Teleskop im Rahmen einer Beobachtungskampagne des Whole Earth Telescope (Quelle: DARC)

70 Kapitel 6 Die Milchstraße und andere Galaxien 6.1 Aufbau der Milchstraße Typ Balkenspirale Durchmesser LJ Dicke (Bulge) LJ leuchtende Masse ca. 400 Milliarden M Anzahl Sterne Milliarden gehört zur Lokalen Gruppe und zum Virgo-Superhaufen genauer Aufbau schwierig zu erforschen, da wir mitten drin sitzen und interstellarer Staub die Sicht blockiert wichtig: Beobachtungen in Radio und Infrarot (z. B. mit dem Spitzer Weltraumteleskop) umgeben von sphärischem Halo mit LJ Durchmesser, enthält ca. 150 Kugelsternhaufen, alte Sterne (Population II, metallarm) und Dunkle Materie 69

71 KAPITEL 6. DIE MILCHSTRASSE UND ANDERE GALAXIEN 70 Abbildung 6.1: Schematische Darstellung des Aufbaus unserer Milchstraße (Quelle: Pearson Addison- Wesley) Scheibe Vor allem Population I (hoher Metallanteil, jung) Je weiter weg von galakt. Ebene, desto älter die Sterne Spiralarme mit vielen H2-Regionen, Molekülwolken, Sternentstehungsgebieten Spiralstruktur durch umlaufende Dichtewellen, immer andere Sterne in den Armen, Entstehung unklar Zentraler Bulge Entstehung unklar, Bulge und Balken scheinen zusammen zu gehören Galakt. Zentrum nur mit Radio-, IR- oder Röntgenteleskopen beobachtbar Starke Radioquelle Sagittarius A Zentrales Schwarzes Loch mit 4,31 Mio M, sog. supermassives Schwarzes Loch (SMBH)

72 KAPITEL 6. DIE MILCHSTRASSE UND ANDERE GALAXIEN Galaxien Auf Langzeitaufnahmen wie dem Hubble Deep Field ist deutlich zu erkennen, dass sich Galaxien in ihrer Morphologie unterscheiden. Die Hubble-Sequenz in Abb. 6.2 dient der Veranschaulichung der verschiedenen Typen, sie ist jedoch nicht als zeitliche Entwicklung zu verstehen. Abbildung 6.2: Schematische Darstellung der verschiedenen Galaxientypen (Quelle: wiki commons) Spiralgalaxien scheibenförmig mit mehreren Spiralarmen zentraler Bulge bis zu M viel Gas in der Scheibe, aktive Sternentstehung mit balkenförmigem Zentralbereich: Balkenspirale zentrales supermassives schwarzes Loch Sterne umlaufen auf nicht geschlossenen Bahnen das Zentrum, und wandern gleichzeitig bzgl. der Ebene auf und ab in 30 Mio LJ Umkreis sind 34% Spiralgalaxien Beispiel: unsere Milchstraße

73 KAPITEL 6. DIE MILCHSTRASSE UND ANDERE GALAXIEN Elliptische Galaxien flache, ellipsoidale Form vermutlich durch Verschmelzung von Galaxien entstanden bis M sehr alte Sterne fast kein Gas, keine Sternentstehung zentrales SMBH Sterne bewegen sich auf zufälligen Bahnen in 30 Mio LJ Umkreis sind 13% elliptische Galaxien Beispiel: M Irreguläre Galaxien keine regelmäßige Form sehr wenig Masse: M in 30 Mio LJ Umkreis sind 4% irreguläre Galaxien Beispiel: Magellansche Wolken 6.3 Galaxienhaufen und Superhaufen Beobachtungen zeigen, dass sich Galaxien zu Gruppen, Haufen und Superhaufen zusammenfinden. Die Superhaufen enthalten bis zu einigen tausend Galaxien, im Zentrum befinden sich meist elliptische Riesengalaxien. In den Galaxienhaufen befindet sich außerdem sehr viel heißes ( Mio K) Gas, das bis zu 15% der Gesamtmasse des Haufens ausmacht. Etwa 5% der Haufenmasse stammt von Sternen und Planeten etc. Die restlichen 80% sind die sog. Dunkle Materie, deren Existenz zwar sicher ist, die aber noch nicht direkt nachgewiesen wurde. Insofern ist noch unklar, woraus diese Dunkle Materie besteht, es sind auf jedenfall Teilchen außerhalb des bisherigen Standardmodells der Teilchenphysik, die nur gravitativ und schwach wechselwirken. Auf großen Skalen ergibt sich eine schaum- oder blasenartige Struktur, an der Oberfläche der Schaumblasen und speziell an den Berührungspunkten sammeln sich die Haufen, das Innere der Blasen ist nahezu leer (voids). Diese Voids haben meist einen Durchmesser von wenigen hundert Millionen Lichtjahren. Astrophysiker vom Max Planck Institut für Astrophysik haben 2005/2010 die weltweit größte Simulation des Wachstums kosmischer Strukturen durchgeführt (millenium simulation). Kleinste anfängliche Dichteschwankungen führen nach der simulierten Entwicklungszeit des Universums von 14 Milliarden Jahren zu einer großskaligen Struktur, wie sie tatsächlich beobachtet wird (Abb. 6.3 und 6.4).

74 KAPITEL 6. DIE MILCHSTRASSE UND ANDERE GALAXIEN 73 Abbildung 6.3: Ergebnis der Millenium-Simulation: Großskalige Struktur des Universums, die hellen Punkte sind Galaxienhaufen. (Quelle: MPA)

75 KAPITEL 6. DIE MILCHSTRASSE UND ANDERE GALAXIEN 74 Abbildung 6.4: Schematische Darstellung der beobachteten Verteilung der Galaxienhaufen und Voids im nahen Universum (Quelle: Richard Powell)

76 Kapitel 7 Kosmologie 7.1 Die Entdeckung der Expansion des Universums Im Jahre 1917: Albert Einstein sieht das Universum als statisch an, hat deshalb den kosmologischen Parameter Λ in seine Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie ART eingeführt. Willem de Sitter spricht ebenfalls von einem ruhenden Universum, er erklärt die Rotverschiebung von Spektrallinien in sog. Spiralnebeln (heutzutage wissen wir es sind weit entfernte Galaxien) damit, dass die Zeit mit zunehmender Entfernung langsamer abläuft. Vesto Slipher vermisst seit 1912 am Lowell Observatorium die Spektren von Spiralnebeln hinsichtlich Wellenlängenverschiebung. Bis 1924 findet er 37 Spiralnebel mit rotverschobenen und 4 mit blauverschobenen Spektren. Die Ursache war ihm unklar: Dopplereffekt? DeSitter Zeit? Die 1920er Jahre: Die Natur der Spiralnebel war unbekannt, Carl Wirtz sucht z.b. einen Zusammenhang zwischen der von Slipher gefundenen Rotverschiebung und den Ideen von de Sitter. Das Hauptproblem war die unbekannte Entfernung der Spiralnebel. Alexander Friedmann entdeckt 1922, dass das Universum gemäß der ART expandieren und kontrahieren kann. Er stellt jedoch keine Verbindung zu Beobachtungsdaten an. Bis ins Jahr 1929 wird seine Arbeit nicht zur Kenntnis genommen. Edwin Hubble entdeckt, dass M31 und andere Spiralnebel weit entfernte Galaxien wie unsere eigene Milchstraße sind. Er verwendet hierbei die von Henrietta Leavitt 1912 entdeckte Perioden-Leuchtkraft-Beziehung der Cepheiden (besonderer Typ veränderlicher Sterne, die auch in anderen Galaxien gefunden werden können). Dadurch kann Hubble aus der beobachteten Periode der Helligkeitsschwankung direkt auf die echte Helligkeit des Sterns schließen und diese mit der beobachteten Helligkeit vergleichen. Der Unterschied ist im wesentlichen ein Maß für die Entfernung (je weiter weg desto dunkler erscheint uns ein Stern). Bis 1926 hat Hubble etwa 400 Galaxien untersucht und ihre Entfernungen bestimmt. Georges LeMaître (Ingenieur, Mathematiker, Physiker und Priester) zeigt 1925 eine Inkonsistenz in de Sitters Modell, es verstößt gegen die Homogenität, er korrigiert das Modell. 75

77 KAPITEL 7. KOSMOLOGIE entwickelt LeMaître ein Modell, das über Einstein-de Sitter hinausgeht: ein dynamisches Modell der ART. Der Krümmungsradius des Universums vergrößert sich mit der Zeit Expansion des Universums. Diese Expansion führt zu einer Rotverschiebung der Spektrallinien, die sich mit zunehmender Entfernung vergrößert. Er beschreibt dies mit dem Gesetz v = H r, wobei v die aus der Rotverschiebung jeweils abgeleitete Geschwindigkeit, r die Entfernung und H die heute so genannte Hubble-Konstante sind. Dies ist das 1927 von Georges LeMaître hergeleitete Hubble-Gesetz, das unabhängig von ihm auch Edwin Hubble gefunden hat. Im Gegensatz zu Hubble betont LeMaître, dass die bei Galaxien beobachtete Rotverschiebung die Expansion des Universums zeigt. Er publiziert seine Erkenntnisse 1927 in den französischsprachigen Annales de la societe scientific de Bruxelles, seine Arbeit findet jedoch keinerlei Beachtung. Im Jahr 1929 stellt sich Edwin Hubble die Frage, ob die extragalaktischen Nebel einen Hintergrund bilden, vor dem sich unsere Sonne bewegt. Er verwendet für seine Untersuchung dieselben Daten wie LeMaître, ergänzt durch Daten von Humason. Hubble kannte jedoch LeMaîtres Arbeit nicht. Hubble findet eine lineare Beziehung zwischen der beobachteten Rotverschiebung und der Distanz der Galaxien: v = H r Für die Konstante findet er H 500 km/s/mpc. Er interpretiert seine Ergebnisse so: noch zu wenig Daten für eine endgültige Schlussfolgerung vermutlich lässt sich Bewegung der Galaxien zeigen bemerkenswertestes Ergebnis sei die Bestätigung des de Sitter-Universums (statisch!) Hubble sagt nichts über eine Expansion das Universums, er will lediglich als Entdecker der Beziehung v = H r gelten. Heutzutage wird fälschlicherweise leider meist Edwin Hubble als der Entdecker der Expansion des Universums bezeichnet. Am 10. Januar 1930 hält Willem de Sitter einen Vortrag bei der Royal Astronomical Society. Es kommt zu einer angeregten Diskussion zwischen de Sitter und Eddington über Hubbles Entdeckung. Das Sitzungsprotkoll wird im Februar 1930 veröffentlicht, LeMaître liest es und schickt Eddington und de Sitter Kopien seiner Arbeit. Beide erkennen, dass LeMaître der Durchbruch gelungen ist, preisen seine Arbeit an und machen sie publik. Sie wird zum Teil ins englische übersetzt, jedoch erstaunlicherweise ohne die Beziehung v = H r.

78 KAPITEL 7. KOSMOLOGIE 77 Abbildung 7.1: Albert Einstein und Willem de Sitter Abbildung 7.2: links: Albert Einstein und Georges LeMaître; rechts:alexander Friedman

79 KAPITEL 7. KOSMOLOGIE 78 Abbildung 7.3: Vesto Slipher Abbildung 7.4: links: Edwin Hubble; rechts: Die von Hubble und LeMaître entdeckte Beziehung zwischen Fluchtgeschwindigkeit (Rotverschiebung) und Entfernung

80 KAPITEL 7. KOSMOLOGIE Das Urknallmodell Das allgemein akzeptierte Standardmodell der modernen Kosmologie ist das sog. Urknallmodell (siehe Abb. 7.5). Beobachtungen von weit entfernten Galaxien zeigen jedoch, dass bereits wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall fertige Galaxien existierten. Noch gelang es nicht, die allerersten Sterne zu beobachten, die der Population III angehören. Möglicherweise waren diese allerersten Sterne sehr viel massereicher (tausende Sonnenmassen), aber noch fehlt der Beweis. Abbildung 7.5: Schematische Darstellung der zeitlichen Entwicklung unseres Universums (Quelle: Cardiff University) Das Urknallmodell hat leider auch einige noch ungeklärte Fragen: Was war vor dem Urknall? Wie kam es zum Urknall? Was hat es mit der Inflation auf sich? Wieso dehnt sich das Universum jetzt beschleunigt aus? Was sind Dunkle Materie und Dunkle Energie?

81 3. Trimester Astronomie mit Papier, Bleistift und Laptop Wir wollen in Anlehnung an Beispiele aus den astronomischen Praktika des Instituts für Astronomie und Astrophysik etwas praktische Astronomie und Astrophysik betreiben: 1. Physikalische Eigenschaften von Sternen: Klassifizierung von Sternspektren und Bestimmung von Sternradien 2. Keplergesetze: Bestimmung der Jupitermasse aus der Bewegung seiner Monde 3. Radioastronomie: Bestimmung der Rotationskurve unserer Milchstrasse 4. Radioastronomie: Bestimmung der Rotation des Merkur Wir brauchen dazu Papier, Bleistift und zum Teil Excel oder etwas ähnliches. Die auszuwertenden Messdaten gewinnen wir nicht selbst, sie liegen bereits vor. Wir werden allerdings, soweit sich Gelegenheit ergibt, mit dem 80 cm Teleskop der Universität auf dem Sand Sterne, Planeten, den Mond beobachten und bei Interesse auch Spektren aufnehmen. 80

82 Kapitel 8 Physikalische Eigenschaften von Sternen 8.1 Historischer Hintergrund 1802: William Hyde Wollaston beobachtet zum ersten Mal Spektrallinien im Sonnenspektrum : Joseph v. Fraunhofer beobachtet ebenfalls Spektrallinien im Sonnenspektrum ( Fraunhofer Linien, Tab. 1.1), er katalogisiert mehr als 500 Absorptionslinien systematisch und untersucht außerdem mit Hilfe eines Objektivprismenspektroskopes die Spektren von Venus und einigen Sternen (z.b. Sirius, Pollux, Beteigeuze). 1823: Sir John Frederick William Herschel gelangt zu der Erkenntnis, dass Spektrallinien Informationen über die Zusammensetzung stellarer Materie liefern können. 1860: Gustav Robert Kirchhoff und Robert Wilhelm Bunsen erkennen, dass die Absorptionslinien in Sternspektren das Gegenteil der Emissionslinien der selben Elemente in Laborexperimenten (Flammen) sind. Die Stärke der Absorptionslinie ist ein Maß für die Häufigkeit des Elements. 29. August 1864: Sir William Huggins beobachtet als erster das Spektrum eines Planetarischen Nebels (NGC 6543, Katzenaugennebel). Er schreibt I looked into the spectroscope. No spectrum such as I expected! A single bright line only!. Die Spektrallinie stellte sich als Dublett heraus (4959 und 5007 Å ), sie passt zu keinem bekannten Element und wird deshalb dem Nebulium zugewiesen. Huggins zeigte, dass Gasebel breite Emissionslinien besitzen. 1860er: Pater Angelo Secchi führt eine Spektralklassifikation mit fünf Grundtypen ein (Tab. 1.2), diese Einteilung stellt sich aber bald als zu grob heraus Edward Pickering und sein Harem (Williamina Fleming, Antonia Mauri, Annie Cannon und 12 weitere Frauen) führen eine umfangreiche Spektralklassifikation der Sterne durch. Sie benutzen hierzu photographische Spektrogramme, die sie mit Hilfe von Objektivprismen erhalten haben. Erste Spektralkataloge stammen von Williamina Fleming (1890, Harvard annals, Band 27), sie verwendet die Buchstaben A-Q in alphabetischer Reihenfolge. Annie 81

83 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN 82 Cannon klassifiziert Spektrogramme (Henry-Draper-Katalog, , Harvard annals, Band 91-99), und nimmt eine Feinunterteilung der Harvardsequenz O B A F G K M vor. Es handelt sich dabei um eine rein morphologische Unterteilung anhand des Aussehens der Spektrallinien (Tab. 1.3) bzw. 1913: Ejnar Hertzsprung und Henry Norris Russell erstellen unabhängig voneinander ein Diagramm, das die absolute Helligkeit gegen den Spektraltyp abbildet (Abb. 4.1). Es zeigt, dass die Sterne nur einen ganz bestimmten Bereich dieses Parameterraumes bevölkern. 1925: Cecilia Payne zeigt, dass das Saha-Gesetz die Variation der stellaren Linienstärken erklärt. Die Harvard Spektralsequenz ist also ein Maß für die Temperatur. Alle Sterne haben ungefähr dieselbe chemische Zusammensetzung. 1928: Ira Sprague Bowen entdeckt, dass die in Gasnebeln gefundenen Emissionsnebel zu verbotenen Übergängen gehören (magnet. Dipol, elektr. Quadrupolübergang, z.b. [O iii]). 1938: William Morgan, Philip Keenan und Edith Kellman führen die Leuchtkraftklassen ein: I: Überriesen II: helle Riesen III: normale Riesen IV: Unterriesen V: Hauptreihe sd/vi: Unterzwerge D/wd/VII: Weiße Zwerge : Marcel Minnaert und seine Mitarbeiter führen die Äquevalentbreite einer Spektrallinie ein, ebenso die Wachstumskurve für die quantitative Häufigkeitsbestimmung. Sie untersuchen und katalogisieren detailliert das Sonnenspektrum (z.b. Utrecht Atlas ) , Kiel: Albrecht Unsöld und seine Mitarbeiter führen präzise Häufigkeitsbestimmungen in Sternspektren durch, indem sie sogenannte LTE (local thermodynamic equilibrium) Sternatmosphärenmodelle benutzen. Schwarzschild, Eddington, Milne, Thomas und viele andere entwickelten in den letzten Jahrzehnten Theorien zur Linienbildung und zum Strahlungstransport. Avrett, Auer, Mihalas, Hummer, Rybicki und viele andere begannen mit Hilfe des Computers non-lte Spektrallinienbildung numerisch zu berechnen.

84 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN 83 Tabelle 8.1: Einige Fraunhoferlinien unserer Sonne Name λ Ursprung A Å ird. Sauerstoff a Å ird. Wasserstoff B Å ird. Sauerstoff C Å H α D Å neutrales Natrium E Å neutrales Eisen b 5 167, 5 173, Å neutrales Magnesium F Å H β G Å CH-Molekül H Å neutrales Kalzium Tabelle 8.2: Spektralklassifikation nach Pater Angelo Secchi Typ I II III IV V Kriterium Starke Wasserstofflinien; blau-weiße Sterne (z.b. Sirius, Wega) Metalllinien; gelb-orange Sterne (z.b. Sonne, Capella) Banden (TiO), zu blau hin stärker; orange-rote Sterne (z.b. Beteigeuze) Banden (C-Verbindungen), zu rot hin stärker; tiefrote Sterne, dunkler als 5 m Emissionslinien im Spektrum Typ T [K] Kriterium Tabelle 8.3: Harvard Spektralsequenz O hochionisierte Atome, H relativ schwach, gelegentlich Emission, hochionisierte Elemente wie He-II, Si-IV, N- III B He ii fehlt, He i stark, Si iii, O ii, H stärker A He i fehlt, H im Maximum, Si ii stark F H schwächer, Ca ii stark, ionisierte und neutrale Metalle wie Fe-I, Fe-II, Ti-II G Ca ii sehr stark, H nimmt ab, neutrale Metalle stark K H relativ schwach, neutrale Metalle stark, Molekülbanden M neutrale Atomlinien sehr stark, TiO-banden

85 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN 84 Abbildung 8.1: Sternspektren, aufgenommen mit einem Gitterspektrographen. Die Wellenlänge nimmt nach rechts zu. (Quelle: H.A. Abt et al. 1968, Kitt Peak National Observatory, Tucson, USA)

86 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN Leuchtkraft Neben der Bestimmung des Spektraltyps und damit der effektiven Temperatur können wir mit der gemessenen Helligkeit eines Sterns seine Leuchtkraft bestimmen, wenn wir seine Entfernung kennen. Helligkeiten werden in der Astronomie, entsprechend der zum Logarithmus des Reizes proportionalen Empfindlichkeit des Auges, in einer Größenklassenskala angegeben: m log s. Der Proportionalitätsfaktor ist so gewählt, daß er die historische Skala möglichst gut angleicht. s ist der Strahlungsstrom von einem Stern am Ort des Beobachters. Eigenschaften der Erdatmosphäre und des Detektors wurden hier nicht berücksichtigt. Damit gilt als Definition für die Differenz zweier Sternhelligkeiten: m 1 m 2 = 2.5 log s 1 s 2 (8.1) Befindet sich der Stern in einer Normentfernung von R = 10 pc, dann bezeichnet man m(10 pc) = M als absolute Helligkeit des Sterns. Der zugehörige Strahlungsstrom sei S. Somit können wir schreiben: m M = 2.5 log s (8.2) S Da der Strahlungsstrom umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung ist, gilt damit auch s = R2, also: S r 2 m M = 2.5 log R2 r 2 (8.3) = +5 log r 5 log 10 (8.4) m M = +5 log r 5 (8.5) Für bekanntes r kann damit aus der scheinbaren Helligkeit die absolute Helligkeit berechnet werden. Statt der Entfernung in pc kann auch die Parallaxe π in Bogensekunden verwendet werden: π[ ] = 1 [pc] (8.6) r Bevor wir zur Berechnung der Leuchtkraft übergehen, hier noch ein kurze Zwischenbemerkung: Das 1/r 2 -Gesetz für die Lichtabschwächung gilt natürlich nur unter Vernachlässigung der interstellaren Absorption, die wir bei den geringen in unserer Aufgabe vorkommenden Entfernungen (r < 100 pc) getrost außer Acht lassen können. Im allgemeinen Fall kann (8.5) durch einen Zusatzterm ergänzt werden, der die Streuung und Absorption berücksichtigt: m M = +5 log r 5 + γr (8.7) γ ist stark von der Richtung und Entfernung abhängig (Wolkenstruktur des interstellaren Materials). Außerdem haben wir bisher nur von Helligkeiten und Strahlungsströmen in einem schmalen Wellenlängenbereich (z.b. dem visuellen) gesprochen. Wenn wir von diesen Helligkeiten auf die Leuchtkraft schließen wollen, d.h. auf die Emission im gesamten Spektralbereich, dann müssen wir

87 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN 86 dafür auf bolometrische Helligkeiten übergehen. Zu diesem Zweck muß man im allgemeinen eine Korrektur anbringen, die sogenannte bolometrische Korrektur: B.C. = M bol M vis (8.8) Zur rechnerischen Verwendung der bolometrischen Korrektur gibt es Tabellen nach Spektraltyp und Leuchtkraftklasse der Sterne. Da für Sterne vom Typ unserer Sonne (G2-V) der überwiegende Anteil des Spektrums auch von der Atmosphäre durchgelassen wird, ist hier die bolometrische Korrektur klein ( 0,03), sowohl für heißere als auch für kühlere Sterne nimmt sie zu. Nach Anwendung der bolometrischen Korrektur wollen wir nun mit den so korrigierten Helligkeiten M bol zur Leuchtkraft übergehen. Wir beziehen dabei unsere Werte sogleich auf den Wert der Sonne, was wegen der großen Zahlen in erg/s anschaulicher ist. Es gilt: M M = 2.5 log L L (8.9) Dabei stehen die Zeichen und für Sonne bzw. Stern. Es ist hierbei M = +4,84 33 erg L = 4 10 s T = 5700 K R = 7, km Nachdem wir nun die Leuchtkräfte der Sterne in Sonneneinheiten kennen, können wir nun noch ihre Radien berechnen. Wir gehen davon aus, daß die abgestrahlte Energie und damit die Leuchtkraft L proportional zur Oberfläche und aufgrund des Stefan-Boltzmann-Gesetzes proportional zu σt 4 ist: L = 4 π R 2 σ T 4 (8.10) mit der Stefan-Boltzmann-Konstanten σ. Beziehen wir dies wieder auf die Sonne, so ergibt sich: und daraus: L L = 4πR2 T 4 4πR 2 T 4 R R = L T 4 L T 4 (8.11) (8.12)

88 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN Aufgabenstellung Abbildung 8.2: Normsequenz von Sternspektren: Klassifizierung nach dem Harvard-System. Temperaturen nach Allen, Astrophysical Quantities. 1976

89 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN 88 Abbildung 8.3: Zu klassifizierende Spektren.

90 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN Klassifiziere die Spektren in Abb. 8.3 anhand der Normspektren in Abb Berechne die Temperatur durch Interpolation. 3. Bestimme nun mittels der scheinbaren Helligkeit m vis und der Parallaxe aus Tabelle 8.4 die absolute Helligkeit M vis : ( ) 1 M vis = m vis log. π 4. Ermittle über die bolometrische Korrektur B.C. aus Tabelle 8.5 die bolometrische Helligkeit M bol : M bol = M vis + B.C. 5. Berechne die Leuchtkraft des Sterns L mittels der Differenz von M und M : L L = 10 0,4(M bol 4,84). 6. Zum Abschluß berechne bitte mittels der Ergebnisse aus 2. und 5. und des Stefan-Boltzmann- Gesetzes die Sternradien R : R L T 4 =. R L T 4 Tabelle 8.4: Parallaxen und visuelle Helligkeiten der zu untersuchenden Sterne. πin m vis in mag 1 0,182 +3,6 2 0,028 +5,4 3 0,123 +0,1 4 0,292 +5,2 5 0,108 +3,5 6 0,056 +2,1 7 0,014 +2,8 8 0,077 +4,2 9 0,179 +4,7 10 0,015 +3,8 11 0,303 +3,8 12 0,110 +5,5 13 0,013 +4,0 14 0,021 +2,9 Tabelle 8.5: Bolometrische Korrekturen in mag für verschiedene Spektraltypen. Spektraltyp Leuchtkraftklasse V III I O5 4,00 4,00 4,00 B0 2,80 2,90 3,00 B5 1,50 1,50 1,50 A0 0,40 0,40 0,50 A5 0,12 0,12 0,12 F0 0,06 0,08 0,10 F5 0,00 0,00 0,00 G0 0,03 0,03 0,10 G5 0,07 0,20 0,30 K0 0,18 0,50 0,70 K5 0,60 0,90 1,20 M0 1,20 1,60 1,90 M5 2,30 2,80 3,20

91 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN Lösungsweg 1. Gegeben: π, m vis, Tabelle bolometrischer Korrekturwerte und Unterlagen zur Bestimmung des Typs (Spektralklassifikation). 2. Berechnung der Entfernung r. Aus π = 1 r folgt: r[pc] = 1 π[ ]. 3. Berechnung der absoluten Helligkeit M. Aus m M = 5 log r 5 folgt: 4. Bestimmung des Spektraltyps. M = 5 log r m. 5. Nachschlagen der bolometrischen Korrektur B.C. für den jeweiligen Spektraltyp. 6. Berechnung der bolometrisch korrigierten Helligkeit M bol. Aus B.C. = M bol M vis folgt: M bol = B.C. + M vis. 7. Bestimmung der Temperatur durch Interpolation aus den Angaben in Abb Bestimmung der Leuchtkraft L in Einheiten der Sonnenleuchtkraft L. Aus M M = 2.5 log L L folgt: L = (M bol M ), L mit M =+4, Bestimmung des Sternradius R in Einheiten des Sonnenradius R. Es gilt: R L T 4 =. R L T 4

92 KAPITEL 8. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN VON STERNEN 91 Tabelle der Ergebnisse Tabelle 8.6: Übersicht der Ergebnisse, Helligkeitsangaben in mag. π in r in pc m vis M vis Typ B.C. M bol T in K L in L R in R, 1 0,182 5,495 3,60 +4,900 G0-V 0,03 +4, ,97 0,88 2 0,028 35,714 5,40 +2,636 F4-III 0,00 +2, ,73 1,99 3 0,123 8,130 0,10 +0,550 A0-V 0,40 +0, ,20 2,87 4 0,292 3,425 5,20 +7,527 K5-V 0,60 +6, ,15 0,74 5 0,108 9,259 3,50 +3,667 G5-IV 0,14 +3, ,13 1,89 6 0,056 17,857 2,10 +0,841 A5-III 0,12 +0, ,50 3,00 7 0,014 71,429 2,80 1,469 B1-Ib 3,00 4, ,60 3,60 8 0,077 12,987 4,20 +3,632 F7-V 0,00 +3, ,05 1,40 9 0,179 5,587 4,70 +5,964 K0-V 0,18 +5, ,42 0, ,015 66,667 3,80 0,320 A9-III 0,12 0, ,70 6, ,303 3,300 3,80 +6,207 K2-V 0,25 +5, ,36 0, ,110 9,091 5,50 +5,707 G8-V 0,10 +5, ,49 0, ,013 76,923 4,00 0,430 M2-Ia 2,50 2, ,90 78, ,021 47,619 2,90 0, III 2,90 3, ,80 1,40

93 Kapitel 9 Die Masse des Jupiter 9.1 Einleitung Über die Hälfte aller Planeten in unserem Sonnensystem hat einen oder mehrere natürliche Trabanten. Wie auch bei den künstlichen Satelliten, kann man über das Studium der Bewegung dieser natürlichen Monde eine Vielzahl interessanter und nützlicher Informationen über die gravitativen Eigenschaften des Planeten gewinnen. In der folgenden Aufgabe wird aus einer Serie von Fotografien der Galileischen Monde des Jupiters die Masse des Jupiters selbst bestimmt. 9.2 Überlegungen zu den Beobachtungen P r 1 1 r 0 Mondbahn r 0 θ θ 2 1 Jupiter r 0 r P 2 2 Zur Erde Abbildung 9.1: Skizze zur Ansicht des Systems. 92

94 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 93 Wir betrachten zwei verschiedene Positionen (P 1,P 2 ) des Jupitermondes und den projizierten, von uns beobachteten, Abstand (r 1,r 2 ) zum Jupiter (siehe Abb. 9.1). Aus dieser Abbildung ist auch ersichtlich, daß sich die Winkel θ 1,θ 2 dieser beiden Positionen zur größten Elongation (größter Abstand r 0 Jupiter zu seinem Mond, der von uns beobachtet werden kann) wie folgt ergeben: cos θ 1 = r 1 r 0 cos θ 2 = r 2 r 0 (9.1) Der vom Mond zwischen den Punkten P 1 und P 2 überstrichene Winkel θ ergibt sich dann einfach aus: θ = θ 1 + θ 2. (9.2) Zu dieser Bewegung benötigt der Mond eine gewisse Zeit t. Die siderische Umlaufszeit P bei einer angenommenen exakten Kreisbahn ist folglich: ( ) t P = 360. (9.3) θ wobei die Einheit von P der Einheit von t entspricht. Jupitermond Q Erde α D Jupiter Abbildung 9.2: Skizze zur Berechnung des Abstandes Jupitermond Jupiter. Um den tatsächlichen Abstand Q des Mondes zum Jupiter zu bestimmen, betrachten wir Abb. 9.1 und Abb. 9.2 und nehmen ein Kräftegleichgewicht an. In diesem entspricht der Fliehkraft des Mondes, die aufgrund seiner Bewegung um den Planeten mit der Geschwindigkeit v auftritt, die gravitative Anziehung der beiden Massen: mv 2 Q = G mm Q 2 (9.4) mit der Mondmasse m und der gesuchten Jupitermasse M, unter der Annahme m M. Verwendet man die Periode P = 2πQ ergibt sich: v 4π 2 Q 2 P 2 = G M Q. (9.5) Damit folgt für die Jupitermasse M = 4π2 Q 3 G P. (9.6) 2 Für den Sichtwinkel α im Bogenmaß gilt für kleine Winkel α, wie aus Abb. 9.2 ersichtlich ist: α tan α = Q D (9.7)

95 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 94 wobei wir für D = 4,46 AU (Astronomische Einheit = Abstand Erde Sonne = 1, m) annehmen. Mit diesen Überlegungen sind wir nun in der Lage aus den Aufnahmen der Monde die Masse des Jupiters zu berechnen. 9.3 Aufgabenstellung Jede der Aufnahmen eines Satelliten Abb. 9.3 bis Abb. 9.6 wird nun wie folgt ausgewertet. Für die jeweils berechneten Ergebnisse steht umseitig eine Tabelle zur Verfügung. 1. Messe die Länge x 0 des 4 -Eichbalkens in mm, dies ist der Maßstab der Abbildung. 2. Bestimme für jede der acht Aufnahmen den Zentrumsabstand r in mm des markierten Mondes zum Jupiter. 3. Berechne den zeitlichen Abstand t der acht Messungen in Stunden. Die Zeitangaben bei den Aufnahmen beziehen sich auf eine 24 h Uhr, gegebenenfalls Datumssprung beachten. 4. Zeichne die gemessenen Zentrumsabstände r über der Zeit t auf und lege eine glatte Kurve durch die Messpunkte. 5. Bestimme das Maximum der Kurve. Dies ist der maximale Abstand r 0 des Mondes vom Jupiter. 6. Wähle zwei Punkte r 1,r 2 entlang der Kurve, einen links und einen rechts vom Maximum. Diese Wahl erlaubt die einfache additive Berechung des überstrichenen Winkels. Die Punkte sollten auch innerhalb der gemessene Punkte liegen, um den Fehler zu verringern. 7. Berechne für beide Punkte cos θ = r r 0 θ = θ 1 + θ 2. und damit θ. Die Addition der beiden Werte ergibt 8. Berechne den Zeitabstand t und damit die Periode P des Mondes: ( ) t P = 360. θ 9. Berechne den Abstand Q des Mondes mit: Q = 240 r 0 D x 0 (9.8) Die Konstanten dieser Formel ergeben sich aus den verwendeten Einheiten. Der Eichbalken ist 4 Bogenminuten = 240 Bogensekunden lang. Der Faktor rechnet Bogensekunden ins Bogenmaß um. Damit kann x 0 in mm und r 0 in Einheiten von x 0 eingesetzt werden. Es ist D=4,46 AU. 10. Berechne für jeden Satelliten die Jupitermasse mit M = 4π2 G und mittele über die vier Ergebnisse. Rechne die Jupitermasse vom SI-System um in Einheiten der Sonnenmasse M. Q 3 P 2

96 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 95 Tabelle der berechneten Werte I II III IV Satelliten r t r t r t r t Bild [mm] [h] [mm] [h] [mm] [h] [mm] [h] r 0 r 1 r 2 cos θ 1 θ 1 cos θ 2 θ 2 θ t P P 2 x 0 r 0 Q Q 3 M Konstanten Masse der Sonne: M = 1, kg Masse der Erde: M = 5, kg 11 m3 Gravitationskonstante G = 6,67 10 kg s 2 Astronomische Einheit: AU = 1, m

97 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 96 Abbildung 9.3: Aufnahmen des ersten Jupitermondes Io

98 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 97 Abbildung 9.4: Aufnahmen des zweiten Jupitermondes Europa

99 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 98 Abbildung 9.5: Aufnahmen des dritten Jupitermondes Ganimed

100 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 99 Abbildung 9.6: Aufnahmen des vierten Jupitermondes Callisto

101 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER Lösungsweg 1. Bestimmung der Entfernung r [mm] zwischen den Monden und Jupiter von Zentrum zu Zentrum. 2. Erstellen eines Graphen für jeden Mond separat. Auftragen des Abstandes r über dem Zeitabstand t. 3. Bestimmung des Maximumsabstandes r 0 für jeden Mond. 4. Wähle zwei Punkte r 1 und r 2, jeweils einen links und rechts neben dem Maximum, aber innerhalb der gemessenen Punkte. 5. Die Winkel θ 1 und θ 2 die die Trabanten zum Punkt der weitesten Entfernung überstrichen haben ergeben sich aus: cos θ 1 = r 1 und cos θ 2 = r 2. r 0 r 0 6. Berechne daraus die Winkel θ 1 und θ 2 und damit θ = θ 1 + θ 2, und aus den Zeitpunkten von r 1 und r 2 t. 7. Für einen kreisförmigen Orbit ist dann die siderische Umlaufzeit: ( ) t P = 360, θ mit P in den Einheiten von t (Stunden). 8. Umrechnung der Ergebnisse von P von Stunden in Sekunden. 9. Berechnung des linearen Bahnradius Q jedes Trabanten mit Q = 240 r 0 D x 0, mit D=4,46 AU: Abstand Erde Jupiter, x 0 Maßstab der Bilder [ mm 240 arcsec]. r0 ist Mondbahnradius im Bild mit Maßstab x Berechne die Masse des Jupiters mit M = 4π2 G Q 3 P 2 und rechne sie um in Einheiten der Sonnenmasse M. 11. Mittle über die 4 Ergebnisse.

102 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 101 Exemplarische Lösung für den Satelliten III Abbildung 9.7: Graphische Auswertung der Abstände Die Länge x 0 des Eichbalkens beträgt 26,5 mm. Für die Zentrumsabstände wurden folgende Werte abgelesen und die entsprechenden Stundenabstände berechnet. Als Bezugspunkt wurde der 31. März, 0 Uhr gewählt. Datum Uhrzeit Stunden t [h] Abstand r [mm] March 31 5:10 5,17 4,0 March 31 10:45 10,75 11,5 X April 1 6:00 30,00 32,0 April 1 9:45 33,75 33,3 April 2 3:20 51,33 35,3 April 3 2:50 74,83 16,0 April 3 6:45 78,75 12,0 X April 3 10:55 82,83 6,5 Der Maximalwert r 0 = 36,5 mm liegt bei 43,0 h. Die mit X gekennzeichneten Punkte wurden zur Auswertung gewählt. Sie liegen links und rechts neben dem Maximum, offensichtlich innerhalb der Meßpunkte und gut auf der gezeichneten Kurve. Damit ist r 1 = 11,5 mm und r 2 = 12,0 mm. Dies ergibt cos θ 1 = r 1 = 0,32 cos θ 2 = r 2 = 0,33 r 0 r 0 und damit θ 1 = 71.6 und θ 2 = 70,8. Daraus berechnet sich θ = θ 1 + θ 2 = 142,4. Für die Periode ergibt sich dann: ( ) t P = 360 θ t = t 2 t 1 = 78,75 h 10,75 h = 68 h = s ( ) s = 360 = ,64 s 142,4

103 KAPITEL 9. DIE MASSE DES JUPITER 102 Der Abstand des Mondes zum Jupiter ist damit Q = 240 r 0 D x 0 = ,5 mm 4,46 AU ,5 mm = 7, AU = 1, m Damit ergibt sich die Jupitermasse zu: M = 4π2 G Q 3 P 2 = 1, kg = 9, M. Der Literaturwert der Jupitermasse: M = 9, M.

104 Kapitel 10 Rotation des Merkur 10.1 Einleitung Die Bestimmung von Größen, Bewegungen und der Rotation von Planeten ist eine bedeutende Aufgabe für die beobachtende Astronomie. Derartige Information ist ein erster Schritt zu einem tieferen Verständnis des Sonnensystems. Manchmal reichen direkte Beobachtungen aus, in einem anderen Fall liefern sie falsche Ergebnisse oder gar keine. Die Rotation des Merkur ist ein solcher Fall, in dem visuelle Beobachtung ein völlig falsches Ergebnis bringt. In diesem Laborexperiment wollen wir die Rotationsperiode des Merkur berechnen anhand des Dopplereffekts, den der rotierende Planet an Radarsignalen hervorruft, die er reflektiert. Ein einfaches Beispiel für den Dopplereffekt zeigt das optische Spektrum eines Sterns, der sich auf den Beobachter zu oder von ihm weg bewegt: Bei jeder Linie im Spektrum des Sterns wird die Wellenlänge um einen Betrag proportional der Annäherung bzw. Entfernung verändert. Nun stelle man sich eine einzelne Linie im optischen Spektrum eines rotierenden Planeten vor. Da verschiedene Orte an der Oberfläche des Planeten verschiedene Geschwindigkeiten relativ zum Beobachter haben, bewirken sie verschiedene Dopplerverschiebungen, die Linie wird als verbreitert. Der analoge Fall tritt auf bei Radarbeobachtungen, wo ein Puls elektromagnetischer Energie mit genau einer Frequenz auf einen rotierenden Planeten eingestrahlt wird. Das Radarsignal, das vom Planeten zurückkehrt, ist zu einem ganzen Frequenzband verbreitert Frühe Versuche Bis etwa 1900 war die einzige Möglichkeit, die Länge des Tages auf einem Planeten zu bestimmen, die, seine Oberfläche visuell nach Oberflächenerscheinungen abzusuchen. Inbesondere Merkur ist schwer zu beobachten wegen seiner geringen Entfernung von der Sonne, des kleinen Durchmessers seiner sichtbaren Scheibe, und wegen des geringen Kontrasts der vorkommenden Erscheinungen auf der Oberfläche. Unter Verwendung der Merkurzeichnungen von J.H. Schröter leitete F.W. Bessel eine Rotationsperiode von etwa 24 Stunden ab. Es ist interessant zu vermerken, mit welcher vermeintlichen Genauigkeit diese Rotationsperiode bekannt war. Ein populäres Astronomiebuch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ( Geography of the Heavens von Elijah Burritt) gab 24 h 05 m 28 s an. Bis etwa 1880 wurde ein Wert von 24 Stunden allgemein akzeptiert. Dann teilte im Jahr 1889 G.V. Schiaparelli mit, er habe gewisse permanente Markierungen auf der Oberfläche des Merkur entdeckt, und der Planet rotiere um seine Achse genau einmal während 103

105 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR 104 seines Bahnumlaufs von 88 Tagen. Dies bedeutete, daß der Merkur eine Seite ständig der Sonne zuwandte, so wie der Mond der Erde immer nur eine Seite zeigt. Andere visuelle Beobachtungen, besonders von Percival Lowell in Flagstaff, Arizona, schienen dieses Ergebnis zu bestätigen, und so wurde die 88 Tage-Rotationsperiode allgemein angenommen. Um 1900 wurde eine spektrographische Methode zur Messung der Rotation eines Planeten einsetzbar. Erstmals wurde diese von J.E. Keeler auf die Ringe des Saturns angewandt. Aus theoretischen Überlegungen war bekannt, daß die Ringe des Saturns wie ein Schwarm kleiner Körper umlaufen, und nicht wie eine feste Einheit. Dafür gab es aber keinen Beweis aus Beobachtungen bis Keeler lieferte diesen Beweis, indem er zeigte, daß Absorptionslinien (des Sonnenspektrums) am äußeren Rand weniger Doppler-verschoben wurden als am inneren Rand. Das bedeutete, daß der äußere Rand mit geringerer Geschwindigkeit umlief als der innere, genau wie es der Fall sein sollte, wenn die Ringe aus unabhängig umlaufenden Teilchen bestehen. Die spektrographische Methode kann auf einen Planeten angewandt werden, indem man den Spektrographenspalt parallel zum Äquator über die Scheibe des Planeten legt und beobachtet, daß Linien von der einen Kante zum Roten verschoben werden, von der anderen zum Blauen. Zum Anfang dieses Jahrhunderts versuchten V.M. Slipher am Lowell Observatory und C.E. St. John und S.B. Nicholson auf Mount Wilson, dieses Verfahren an Merkur und Venus einzusetzen. Sie fanden, daß die Rotationsperioden beider Planeten wenigstens mehrere Tage lang sein müssen. Genauere Angaben konnten sie nicht machen. Eine wesentlich stärkere Methode wurde zugänglich als Ergebnis der Untersuchung von Radarreflexionen an Planeten. Radarsignale wurden erstmals zum Mond geschickt im Jahre 1946, zur Venus 1961 und zum Merkur Im August 1965 beantwortete die Analyse Doppler-verbreiteter Radarechos endlich die Frage: Was ist die Rotationsperiode des Merkur? Zur Verwunderung der Astronomen war sie deutlich verschieden von der 88 Tage-Periode in jedem Lehrbuch. In dieser Übung werden wir die Daten der ursprünglichen Untersuchung verwenden. Es wird nur ein Lineal mit mm-einteilung und ein Taschenrechner benötigt Die Radar-Beobachtungen Im August 1965 verwendeten R.B. Dyce, G.H. Pettengill und I.I. Shapiro das 300 m- Radioteleskop in Arecibo, Puerto-Rico, um eine Folge von Radarimpulsen zum Merkur zu schicken. Ihre Dauer betrug 0,0005 und 0,0001 Sekunden bei einer Frequenz von 430 MHz. Da die Laufzeit des Signals wesentlich länger war die Pulsdauer, war es möglich, die Frequenzverbreiterung aufgrund der Reflexion an einem rotierenden Planeten zu studieren. Natürlich können Frequenzverschiebungen auch von der Bewegung der Planeten untereinander herrühren, und von der Bewegung der Antenne um die Erdachse. Die meisten dieser Effekte wurden korrigiert durch genaue Zeitmessung und Aufzeichnung der Pulse, und durch Berücksichtigung bei der Verarbeitung im Computer.

106 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR Das Verfahren Abbildung 10.1: Das Spektrum eines Radarimpulses, das vom Merkur zurückkommt, aufgezeichnet bei einer Zeitverzögerung von t = 210 µs. Wenn ein Radarimpuls von einem rotierenden kugelförmigen Planeten reflektiert wird, wird das Signal sowohl zeitlich als auch in der Frequenz auseinandergezogen. Der Anfang des Echos kommt vom nächstgelegenen Punkt (Sub-Radar-Point oder Scheibenmitten) des Planeten. Kurze Zeit später empfängt man das Echo eines ringförmigen Gebiets, dessen Mittelpunkt im Sub-Radar-Point liegt. Die Antenne in Arecibo kann Signale mit unterschiedlichen Zeitverzögerungen aufzeichnen. Abbildung 10.1 zeigt ein Radarecho, das vom Merkur zurückkam, bei einer Zeitverschiebung von t = 210 µs. Der Teil des Planeten, der auf die Erde zu rotiert, bewirkt eine Erhöhung der Signalfrequenz (+), der wegrotierende Teil ein Abnahme (-), wie in Abb dargestellt. Diese Zu- und Abnahme befolgt das wohlbekannte Doppler-Gesetz. Im Prinzip sollte es einfach sein, die Rotationsgeschwindigkeit vom Rand des Merkur zu bestimmen und (mit dem bekannten Umfang des Planeten) die Rotationsperiode zu erhalten. Das Echo wird jedoch zum Rand der Scheibe hin schwächer, und die Reflexion am Rand selbst ist unbrauchbar. Daher werden wir das Echo von einem zwischen dem Sub-Radar-Point und dem Rand liegenden Ring verwenden, um die Geschwindigkeitskomponente des Merkur entlang des Sehstrahls zu erhalten, und daraus die wahre Rotationsgeschwindigkeit zu berechnen. Um zu sehen, wie dies geschieht, betrachten wir Abb Wir erinnern uns, daß in Abb am Signal die Zeitverzögerung in Mikrosekunden vermerkt ist. Es ist einfach, den Abstand d zu berechnen, den das verzögerte Signal über den Sub-Radar-Point hinaus gelaufen ist, indem man die halbe Zeitverzögerung mit der Geschwindigkeit der Radarwellen multipliziert. Schritt 1 Nimm die Zeitverzögerung aus Abb und berechne: d = 1 c t (10.1) 2 Hier ist t die Zeitverzögerung in Sekunden. Verwende c = m s. Das Ergebnis ist dann in Metern.

107 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR 106 f+ f Annäherung Zur Erde f Merkur f- f Entfernung Abbildung 10.2: Die Rotation eines Planeten verändert die Frequenz des reflektierten Signals, wie hier zu sehen ist. Wenn die Frequenz, die vom Sub-Radar-Point zurückkehrt, f ist, dann wird an dem auf den Beobachter zu rotierenden Rand die Frequenz auf f + f erhöht, während sie am weg rotierenden Rand auf f f gesenkt wird. Schritt 2 In Abb ergeben sich die Größen x und y folgendermaßen: x = R d (10.2) y = R 2 x 2 (10.3) mit dem Radius des Merkur R = 2, m. Berechne dann x und y. Schritt 3 Mit dem Signal aus Abb wollen wir v 0 finden, die Komponente der Rotationsgeschwindigkeit entlang dem Sehstrahl, an dem Punkt, den Abb bezeichnet. Die Dopplergleichung wird meist als Veränderung der Wellenlänge gegenüber der Ruh -Wellenlänge angegeben, aber sie kann auch genausogut für die Frequenzen geschrieben werden: v 0 c = f f (10.4) wobei f die Veränderung der Frequenz ist, f die Frequenz des übertragenen Signals (430 MHz= 4, Hz), v 0 die beobachtete Geschwindigkeit und c die Geschwindigkeit der Radarwelle. Betrachte das Radarsignal in Abb und markiere rechts und links die Stellen, an den die relative Intensität beginnt, zur Grundlinie abzusinken. Lies die Frequenzveränderung an den beiden Punkten so genau wie möglich ab. Mittele das Ergebnis, ohne das Vorzeichen zu beachten! Die wahre Doppler-Verschiebung ist die Hälfte dieses Wertes, da das Signal eine Reflexion ist und nicht ursprünglich vom Merkur ausgesandt wurde. Berechne nun mit (10.4) v 0 in m s.

108 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR 107 Sub-radar point d x y v 0 R v Abbildung 10.3: Die Rotationsgeschwindigkeit des Merkur wird aus diesen geometrischen Beziehungen berechnet. R ist der Radius des Planeten, d die Verzögerungsstrecke, v 0 die beobachtete Radialkomponente der Rotationsgeschwindigkeit an einem ausgewählten Punkt, v die gesuchte tatsächliche Geschwindigkeit. Schritt 4 Aus der Komponente entlang des Sehstrahls v 0 wollen wir nun die Rotationsgeschwindigkeit v erhalten. Eine Betrachtung von Abb zeigt, daß das Dreieck, das x, y und R enthält, geometrisch ähnlich ist dem, das v 0 und v enthält. Damit wird: v v 0 = R y (10.5) Berechne nun v aus dieser Gleichung. Das Ergebnis ist die Rotationsgeschwindigkeit in m s. Berechne dann die Rotationsperiode des Merkur in Sekunden durch Division des Planetenumfangs durch die Rotationsgeschwindigkeit v. Wandeln Sie diese Rotationsperiode in Tage (1 d = s) um. Aus Sky and Telescope, September 1979: The Rotation of Mercury Von Darrell B. Hoff, University of Northern Iowa, und Gary Schmidt, Lick Observatory

109 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR Aufgabenstellung 1. Berechne d in Metern: (1 s= 10 6 µs) d = 1 2 c t 2. Berechne x und y in Metern: (R = 2, m) x = R d y = R 2 x 2 3. Berechne v 0 : (ν = 430 Mhz) ν = ν 1 + ν 2 und ν = ν 2 2 ν 1 ν 2 0 ν Abbildung 10.4: Wahl zweier verschobener Frequenzen links und rechts vom Sub-radar Point. v 0 c = ν ν 4. Berechne die Rotationsgeschwindigkeit v in m s : v v 0 = R y

110 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR Berechne die Rotationsperiode P in Tagen: T [s] = 2πR v P [d] = T Anmerkung: Der Umfang des Merkur beträgt 1, m. Zusätzliches Problem Die Laufzeit selbst kann zusammen mit der Lichtgeschwindigkeit (c = m s ) verwendet werden, um den Abstand zwischen Erde und Merkur in km auszurechnen. Da wir den Abstand eines Planeten zu jedem Zeitpunkt aus dem dritten Keplerschen Gesetz in AU kennen, können wir somit die Anzahl der Kilometer in einer Astronomischen Einheit ausrechnen. Diese Technik ist erheblich genauer als jede klassisch-astronomische Methode. Zum Zeitpunkt der Beobachtungen, die wir später in dieser Übung auswerten wollen, war der Abstand Merkurmittelpunkt Erdmittelpunkt 0, AU. Wenn die Pulslaufzeit hin und zurück 616,125 s betrug, wieviele Kilometer hat dann eine AU? Tabellen zu den Berechnungen t d x y ν = ν 2 [µs] [m] [m] [m] [Hz] t v 0 v P [µs] [m/s] [m/s] [s] [d]

111 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR 110 Abbildung 10.5: Das Spektrum eines Impulses aufgezeichnet bei fünf verschiedenen Zeitverzögerungen, beginnend mit dem Echo des Sub-Radar-Points. Die Zeitverzögerungen t sind in Mikrosekunden (µs) angegeben. Dieses Diagramm wurde aus einer Veröffentlichung von R.B. Dyce, G.H. Pettengill und I.I. Shapiro im Astronomical Journal 72, 351 (1967) übernommen. Es beruht auf Beobachtungen, die am 17. August 1967 mit dem 300 m-radioteleskop in Arecibo, Puerto Rico, gemacht wurden

112 KAPITEL 10. ROTATION DES MERKUR Lösungsweg Tabellen der Auswertung t d x y ν = ν 2 [µs] [m] [m] [m] [Hz] ,6 0, ,6 0, ,9 0, ,5 1,060 t v 0 v P [µs] [m/s] [m/s] [s] [d] 120 0,40 3, , ,51 3, , ,64 3, , ,74 3, ,91 Der Mittelwert der Rotationsdauer ist P = 53,61 d. Die Standardabweichung ist 1,65 d, das Ergebnis also: P = (53,61 ± 1,65) d Der Wert den Dyce, Pettengill und Shapiro berechneten war P = (59 ± 3) d. Der Literaturwert ist: P = 58,646 d. Lösung des Zusatzproblems Der Abstand betrug zum Zeitpunkt der Messung s = 0, AU. Die Geschwindigkeit der Radarwelle ist c = km s. Die Laufzeit für die Strecke hin und zurück (!) betrug t = 616,125 s. Da die Strecke zweimal durchlaufen wurde ist der Laufweg 2s. Es gilt: b 2s = c t wobei b der gesuchte Umrechnungsfaktor von AU in km ist. Daraus folgt: b = c t 2s = 3 km 105 s 616,125 s 2 0, AU = 1, km AU Dies stimmt mit dem Literaturwert überein.

113 Kapitel 11 Die Rotationskurve der Milchstraße 11.1 Willkommen in der Milchstraße Wenn wir in einer klaren, kalten Nacht in den Himmel schauen, können unsere Augen eine helles Band erkennen, das sich über den Himmel erstreckt. Beobachtet man es mit einem Fernglas oder einem kleinen Teleskop wie Galilei 1609, so stellt man fest, dass dieses Band aus einer Unzahl von Sternen besteht. Es ist die Milchstraße, unsere eigene Galaxie, die wir auf diese Weise von der Erde aus sehen. Sie enthält ungefähr einhundert Milliarden Sterne, von denen unsere Sonne nur einer unter vielen ist. Im Universum gibt es noch viele andere Galaxien. Astronomen haben sehr lange gebraucht, um herauszufinden, wie unsere Galaxie wirklich aussieht. Es wäre so viel leichter, könnte man in ein Raumschiff steigen und sie einfach von außerhalb betrachten. Leider ist das Reisen in und um die Milchstraße aufgrund der gewaltigen Distanzen, die dafür zurückgelegt werden müssten, unmöglich und wird es vermutlich auch für immer bleiben. Wir sind also darauf angewiesen, die Galaxie vom Sonnensystem aus zu beobachten. Dies wird aber dadurch erschwert, dass manche Regionen der Milchstraße dunkler erscheinen als andere, da sie durch große Mengen interstellaren Staubs verdunkelt werden. Diese Dunkelwolken verdecken viele Sterne. Beobachtungen anderer und unserer eigenen Galaxie, sowohl mit optischen als auch mit Radioteleskopen, haben dabei geholfen, die Struktur der Milchstraße zu enthüllen. Heute gehen Astronomen davon aus, dass sie recht genau wissen, wie Sterne und Gas in ihr verteilt sind: Unsere Galaxie ist eine dünne Scheibe aus Sternen und Gas, die in einer Spirale angeordnet sind. In ihrem Zentrum befindet sich eine große Ansammlung von Masse in Form eines Schwarzen Lochs, das ungefähr drei Millionen Mal die Masse der Sonne besitzt. Es ist umgeben von einer starken Röntgen- und Radioquelle mit dem Namen Sagittarius A*. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ist mit der sogenannten Dunklen Materie ein weiteres Rätsel um die Milchstraße aufgetaucht. Der größte Teil der Masse unserer Galaxie scheint aus Dunkler Materie zu bestehen, einer mysteriösen Form von Teilchen, die sich noch jeder Beschreibung entziehen. Ihre Existenz wurde bisher nur indirekt nachgewiesen. Sie lässt sich durch ein Bild beschreiben: Man stelle sich ein schnell tanzendes Paar in einem dunklen Raum vor. Der Mann ist komplett schwarz gekleidet, die Frau trägt ein fluoreszierendes Kleid. Der Mann ist sozusagen unsichtbar, aber durch die Bewegung der Frau kann man auf seine Anwesenheit schließen: Jemand muss sie festhalten, sonst würde sie bei einer solchen Geschwindigkeit einfach davonfliegen! Ebenso ist es in unserer Galaxie: Die Sterne und das Gas rotieren zu schnell für die Masse der Materie, die tatsächlich beobachtet werden kann. Es muss also noch mehr massebehaftete Materie geben, die durch Gravitation die Sterne zusammenhält und sie am Auseinanderfliegen hindert, aber offenbar 112

114 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 113 unsichtbar für das menschliche Auge und alle bisher gebauten Instrumente ist. Der wichtigste Hinweis auf die Existenz der Dunklen Materie sind die gemessenen Geschwindigkeiten der sichtbaren Materie in den äußeren Bereichen der Milchstraße. Radiobeobachtungen der Art, wie sie hier beschrieben werden, haben eine wichtige Rolle bei der Entdeckung der dunklen Materie gespielt Ein bisschen Geschichte Den Anfang der Radioastronomie begründete der amerikanische Physiker und Radioingenieur Karl Jansky, der von seinem Arbeitgeber, den Bell Laboratories in Holmdel, New Jersey, damit beauftragt worden war, den Ursprung der Störungen in der transatlantischen Radiotelefonie zu finden. Zu diesem Zweck baute er eine große, drehbare und vertikal polarisierte Richtantenne, die bei einer Frequenz von 20.5 MHz beobachten konnte, und begann 1930 mit seinen Beobachtungen. Im Jahr 1932 veröffentlichte er erste Ergebnisse. Neben lokalen und weiter entfernten Gewitterzellen hatte er noch eine dritte Störquelle identifiziert, ein sehr gleichmäßiges Rauschen unbekannter Herkunft. Im folgenden Jahr gelang es ihm zu beweisen, dass der Ursprung dieser Strahlung außerhalb der Erde lag. Durch genaue Beobachtungen und Vergleiche mit Sternkarten kam Jansky zu dem Schluss, dass die Milchstraße und insbesondere ihr Zentrum die Quelle dieser Radiowellen darstellten. Weitere Arbeit auf diesem Gebiet blieb Jansky aufgrund mangelnder Unterstützung durch Bell Labs verwehrt. Einige Jahre später griff der amerikanische Amateur-Astronom Grote Reber Janskys Entdeckungen auf und baute 1937 in seinem Garten das erste Radioteleskop, das rein astronomischen Zwecken gewidmet war. Es war eine Parabolantenne mit neun Metern Durchmesser, die schwenk-, aber nicht drehbar war. Im Jahr 1938 konnte er Janskys Beobachtung verifizieren und war 1940 der erste, der eine radioastronomische Arbeit in einer astronomischen Publikation veröffentlichen konnte begann er damit, eine Karte des Sternhimmels im Radiobereich zu erstellen. Dabei entdeckte er mehrere starke Radioquellen, unter anderem Cygnus X-1 und Cassiopeia A. Zudem stellte er fest, dass die Sonne eine Radioquelle darstellt, deren Intensität dem 11-Jahres Rhytmus der Sonnenaktivität folgt. Jansky hatte zur Zeit eines Aktivitätsminimums beobachtet, wodurch ihm die Sonne als Radioquelle entgangen war. Eine weitere wichtige Entdeckung Rebers war die Tatsache, dass die vom Zentrum der Galaxie ausgesandte Strahlung nicht dem Planck-Gesetz folgt, sondern durch andere, nicht-thermische Prozesse entsteht. Die Erklärung dafür wurde erst in den 50er Jahren gefunden. Nach dem 2. Weltkrieg erlebte die Radioastronomie einen Aufschwung, da viele ehemals militärische (Radar-)Einrichtungen für astronomische Zwecke genutzt werden konnten. So nutzte beispielsweise die Gruppe um den Nobelpreisgewinner Martin Ryle zwei ehemals militärische Antennen als Interferometer. Entdeckt wurde diese Möglichkeit der Beobachtung vermutlich zuerst von eine australischen Gruppe, die die Reflektionen auf dem Ozean anstelle einer zweiten Antenne verwendeten. Im Jahr 1944 vermutete Hendrik van de Hulst, dass atomerer Wasserstoff im interstellaren Raum eine Linienstrahlung im Radiobereich erzeugen könnte. Diese Theorie wurde 1951 von Harold Ewen und Edward Purcell durch die Beobachtung der 21 cm-linie des Wasserstoffs bestätigt. Schon Grote Reber hatte festgestellt, dass das System aus Antenne und Empfänger, aus dem jedes Radioteleskop besteht, eine bolometrische Messung durchführt, also die Temperatur einer Quelle bestimmt. Dies nutzen Arno Penzias und Robert Wilson 1965 bei ihrem Versuch, eine Himmelstemperatur im Zenit von 0 K nachzuweisen, der zu der Entdeckung der 3 K-Hintergrundstrahlung führte. Im Jahr 1967 entdeckte die damalige Doktorandin Jocelyn Bell den ersten Pulsar, wofür ihr Doktorvater 1974 den Nobelpreis erhielt.

115 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 114 Abbildung 11.1: Das galaktische Koordinatensystem mit den Koordinaten l und b. C bezeichnet das Zentrum der Galaxie, S die Position der Sonne Wo befinden wir uns in der Milchstraße? Die Sonne befindet sich in den äußeren Bereichen der Galaxie, ungefähr 8.5 kpc (ca Lichtjahre) vom galaktischen Zentrum entfernt. Die meisten Sterne und das Gas liegen in einer dünnen Scheibe und rotieren um das galaktische Zentrum. Die Sonne bewegt sich dabei mit 220 km s 1 und benötigt ungefähr 240 Millionen Jahre für einen Umlauf. Um die Position eines Stern oder einer Gaswolke in der Galaxie zu beschreiben, bietet sich die Verwendung der galaktischen Koordinaten (l, b) an. l ist die galaktische Länge, b die galaktische Breite (Abb. 11.1). Im Zentrum des galaktischen Koordinatensystems steht die Sonne, b = 0 entspricht der galaktischen Ebene. b = 90 wird als galaktischer Nordpol bezeichnet. Die Länge l wird gegen den Uhrzeigersinn von der Verbindungslinie Sonne galaktisches Zentrum aus gemessen. Das galaktische Zentrum hat also die Koordinaten (l = 0, b = 0 ). Zur weiteren Orientierung ist die Galaxie in vier Quadranten aufgeteilt, die (anders als bei Star Trek...) mit römischen Zahlen bezeichnet werden (Abb. 11.2): Quadrant I: 0 < l < 90 Quadrant II: 90 < l < 180 Quadrant III: 180 < l < 270 Quadrant IV: 270 < l < 360 Die Quadranten II und III enthalten vor allem Materie auf Kreisbahnen um das galaktische Zentrum mit einem Radius größer als der der Sonne. In den Quadranten I und IV sind vor allem die inneren Teile der Milchstraße zu beobachten. Es werden noch einige weitere Größen benötigt, um die Beschreibung der Galaxie und der Bewegungen ihrer Komponenten zu erleichtern (Abb. 11.3): V 0 R 0 V R r Die Geschwindigkeit, mit der sich die Sonne um das galaktische Zentrum bewegt (220 km s 1 ) Abstand der Sonne vom Zentrum der Galaxie (8.5 kpc) Geschwindigkeit einer Gaswolke Abstand einer Gaswolke vom galaktischen Zentrum Abstand einer Gaswolke von der Sonne

116 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 115 Abbildung 11.2: Schematische Darstellung der Spiralarmstruktur der Galaxie. C ist wieder das Zentrum der Galaxie, die Lage der einzelnen Arme ist angedeutet. Außerdem ist die Einteilung in Quadranten skizziert.

117 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 116 Abbildung 11.3: Erläuterung der verwendeten Größen. C bezeichnet das galaktische Zentrum, S die Position der Sonne und M die Position der Gaswolke. Abbildung 11.4: Schematische Darstellung des Hyperfeinstrukturübergangs von neutralem Wasserstoff von F = 1 nach F = 0. Quelle: Wikimedia Commons, Tiltec, gemeinfrei Die Suche nach Wasserstoff Das größte Teil des Gases in der Milchstraße ist neutraler Wasserstoff (H). H i ist das einfachste aller Atome: Es besteht aus einem Proton und einem Elektron. Atomarer Wasserstoff emittiert eine Radiolinie mit einer Wellenlänge von λ = 21 cm. Dies ist das Signal, das wir beobachten möchten! Umgerechnet als Frequenz liegt es bei: λ = 21 cm f = c/λ = 1420 MHz (11.1) Die 21 cm-linie entsteht durch den Hyperfeinstrukturübergang im neutralen Wasserstoff. Die Energie, die freigesetzt wird, wenn der Spin des Elektrons von parallel zum Kernspin auf antiparallel zum Kernspin umspringt ( Spinflip ), beträgt ev, was einer Wellenlänge von 21 cm entspricht. Obwohl die Wahrscheinlichkeit für diesen Übergang sehr gering ist (ungefähr einmal in 10 Millionen Jahren pro Atom), hat die große Menge an neutralem Wasserstoff in der Milchstraße ein gut zu beobachtendes Signal zur Folge.

118 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 117 s' = vt s = ct Abbildung 11.5: Herleitung des Dopplereffekts. Quelle: Wikimedia Commons, Bartek444, GFDL/CC- BY-SA-3.0, modifiziert 11.2 Theoretische Grundlagen Der Doppler-Effekt Durch die Beobachtung von Wasserstoff lässt sich einiges über die Bewegung von Wasserstoff- Gaswolken in unserer Galaxie lernen. Dank des Doppler-Effekts, benannt nach dem österreichischen Physiker Christian Johann Doppler ( ), kann von der beobachteten Frequenz eines Signals auf die Geschwindigkeit des emittierenden Gases geschlossen werden. Zur Herleitung betrachten wir Abb Die Quelle der Strahlung, in diesem Fall ein Stern, emittiert elektromagnetische Wellen mit der Periode T. In der Zeit T bewegt sich die Strahlung mit der Lichtgeschwindigkeit c um die Strecke s = c T auf den Beobachter (links in der Abb.) zu. Gleichzeitig bewegt sich die Quelle mit der Geschwindigkeit v relativ zum Beobachter um die Strecke s = v T. Dabei ist v > 0 für ein sich entfernendes Objekt (Rotverschiebung) und v < 0 für ein sich annäherndes Objekt (Blauverschiebung). Für eine komplette Periode ergibt sich die Wellenlänge also zu λ = s + s = c T + v T. (11.2) Die Ruhewellenlänge einer unbewegten Quelle ist λ 0 = c T. (11.3) Die Bewegung der Quelle führt damit zu einer Veränderung der Wellenlänge um bzw. zu einer relativen Veränderung von λ = λ λ 0 = c T + v T c T = v T (11.4) λ λ 0 = v c. (11.5) Dies gilt nur für v c. Das Ergebnis ist > 0 für eine Rotverschiebung. Umgerechnet in Frequenzen lautet die Beziehung f f = v. (11.6) c

119 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 118 Abbildung 11.6: Die Geschwindigkeit der Wolke projeziert auf die Sichtlinie. In dieser Notation ist das Ergebnis < 0 für eine Rotverschiebung. Wenn wir die λ21 cm Linie des Wasserstoff entlang einer galaktischen Länge beobachten wollen, stellen wir also den Empfänger des Radioteleskops auf ein Frequenzband nahe der Ruhefrequenz von 1420 MHz ein. Damit haben wir die Möglichkeit, Gaswolken zu finden, die in der Ruhefrequenz abstrahlen, aber eine Relativgeschwindigkeit ungleich Null zum Sonnensystem haben und damit mit einer leicht veränderten Frequenz von hier zu beobachten sind Überlegungen zur Milchstraße Geometrie zur Vorbereitung Stellen wir uns vor, wir schauen mit unserem Radioteleskop in Richtung einer Gaswolke in der Galaxie. In den Abb und 11.7 ist zu sehen, dass die tatsächliche Geschwindigkeit V einer Wolke einen Winkel mit der Sichtlinie bildet. Man misst also die Projektion der Geschwindigkeit der Wolke auf die Sichtlinie, V los. Noch genauer betrachtet beobachtet man die radiale Geschwindigkeit V r, also die Projektion von V minus der Geschwindigkeit der Sonne auf der Sichtlinie. Man erhält aus Abb V r = V cos α V 0 sin c. (11.7) Im oberen Dreieck sieht man, dass (90 l) c = 180 c = l. (11.8) Der Winkel α zwischen V und der Sichtlinie kann aus dem Dreieck CMT berechnet werden, hier gilt a + b + 90 = 180 b = 90 a. (11.9) Die Strecke CM bildet einen rechten Winkel mit V. Benutzt man den soeben berechneten Ausdruck für den Winkel b (nicht mit der galaktischen Höhe zu verwechseln!), erhält man b + α = 90 α = 90 b = 90 (90 a) = a α = a. (11.10) Damit kann Gleichung 11.7 umgeschrieben werden in V r = V cos α V 0 sin l. (11.11) Nun soll α noch durch andere Variablen ersetzt werden. Betrachtet man die Dreiecke CST und CMT, stellt man fest, dass der Abstand des Galaktischen Zentrums C vom Tangentialpunkt T auf zwei Arten ausgedrückt werden kann: CT = R 0 sin l = R cos α. (11.12) Setzt man cos α aus diesem Ausdruck in Gleichung ein, erhält man V r = V R 0 R sin l V 0 sin l. (11.13)

120 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 119 Abbildung 11.7: Geometrie der Galaxie Wie rotiert das Gas? Um die Rotation in einer Scheibe zu beschreiben, werden sogenannte Rotationskurven verwendet. Sie geben die Bahngeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Radius an. An dieser Stelle sollen drei verschiedene Typen von Rotationskurven besprochen werden, die in Abb dargestellt sind. Festkörperrotation: Diese Rotation findet man zum Beispiel bei einer CD. Sie rotiert mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit Ω = V = konst. Die Bahngeschwindigkeit ist damit proportional R zum Radius: V R. (11.14) Keplerrotation: Das prominenteste Beispiel hierfür ist das Sonnensystem. Die Planeten haben im Vergleich zur Sonne eine zu vernachlässigende Masse. Somit ist der Schwerpunkt des Sonnensystems sehr nah am Mittelpunkt der Sonne. Die Zentrifugalbeschleunigung der Bahngeschwindigkeiten der Planeten ist gleich der Gravitationsbeschleunigung: V 2 R = GM R 2, (11.15) wobei M die Gesamtmasse des Systems und G die Gravitationskonstante sind. Die Rotationskurve wird dann als Keplersch bezeichnet und die Bahngeschwindigkeiten nehmen mit zunehmendem Radius ab: GM V Kepler (R) =. (11.16) R Differentielle Rotation: Die Rotationskurve einer Galaxie zeigt die Bahngeschwindigkeit in Abhängigkeit vom galaktischen Radius. Im Gegensatz zu einem System wie dem Sonnensystem

121 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 120 Abbildung 11.8: Rotationskurven verschiedener Arten der Rotation: Festkörperrotation (oben links), Kepler sche Rotation (oben rechts) und differentielle Rotation (unten). mit einer großen Zentralmasse zeigen die meisten Galaxien flache Rotationskurven, V (R) hängt ab einem bestimmten Radius nicht mehr von R ab: V Galaxie (R) = konst. (11.17) Die Winkelgeschwindigkeit geht dann mit Ω 1/R. Masse, die sich näher am Zentrum befindet, rotiert mit einer größeren Winkelgeschwindigkeit als Masse weiter außen. Bei großen Radien sind die Geschwindigkeiten deutlich größer als im Fall der Keplerrotation. Dies ist ein Hinweis auf die Existenz von zusätzlicher Materie bei großen Radien und ein indirekter Weg, um die Existenz von Dunkler Materie in Galaxien zu zeigen.

122 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 121 Abbildung 11.9: Verschiedene Geschwindigkeitskomponenten im beobachteten Spektrum bei einem festen l. Wir wollen in diesem Versuch anhand der Gaswolken die Rotationskurve V (R) im ersten Quadranten bestimmen. Da mehrere Gaswolken entlang einer bestimmten Sichtlinie liegen können, beobachtet man meist mehrere verschiedene spektrale Komponenten wie in Abb dargestellt. Die größte Geschwindigkeitskomponente V r,max stammt von der Gaswolke am Tangetialpunkt T, an dem man den gesamten Geschwindigkeitsvektor entlang der Sichtlinie beobachtet. Bei T gilt R = R 0 sin l (11.18) V = V r,max + V 0 sin l. (11.19) Indem man bei verschiedenen galaktischen Längen l beobachtet, können verschiedene Werte V r,max bestimmt werden. Daraus werden dann R und V für unterschiedliche l berechnet und eine Rotationskurve erstellt. Zusammenfassen lässt sich der Ablauf also wie folgt: Wir haben H i bei verschiedenen galaktischen Längen l im ersten Quadranten beobachtet. die maximale Geschwindigkeitskomponente V r,max bei jedem l gemessen. angenommen, dass das entsprechende Gas am Tangentialpunkt liegt. angenommen, dass wir R 0 und V 0 kennen. Daraus können wir die Rotationskurve V (R) der Milchstraße bestimmen.

123 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 122 Wo ist das Gas? Bisher haben wir nur die maximale Geschwindigkeitskomponente verwendet unter der Annahme, dass sie vom Tangentialpunkt stammt. Zur Bestimmung des Ortes, an dem sich das H i-gas in der Galaxie befindet, werden alle Geschwindigkeitskomponenten des beobachteten Spektrums verwendet. Wir nehmen eine bestimmte Rotationskurve V (R) an (zum Beispiel aus dem vorigen Abschnitt), um auf die Position des Gases schließen zu können. Wie im vorangegangenen Abschnitt messen wir V r bei verschiedenen l in der Galaxie und nehmen an, dass wir R 0 und V 0 kennen. Wiederum wird Gleichung benutzt. Allerdings wird aufgrund der gemessenen Rotationskurve angenommen, dass das Gas in der Milchstraße differentiell rotiert, also V (R) = konst = V 0. Damit wird aus Gleichung ( ) R0 V r = V 0 sin l R 1 (11.20) und R kann ausgedrückt werden als Funktion bekannter Größen: R = R 0V 0 sin l V 0 sin l + V r. (11.21) Nun soll eine Karte der Milchstraße erstellt und die Positionen der Gaswolken eingetragen werden, die wir entdeckt haben. Aus den Messungen der Radialgeschwindigkeit V r haben wir eben mit Gleichung den Abstand der einzelnen Wolken vom galaktischen Zentrum bestimmt und zudem kennen wir die Richtung, in der wir sie beobachtet haben (die galaktische Länge l). Betrachten wir Abb. 11.7, wird klar: Haben wir im Quadranten I oder IV beobachtet, gibt es zwei mögliche Positionen einer Wolke zu gegebenen Werten von l und R: Näher als der Tangeltialpunkt T (in der Abb. mit M bezeichnet) oder weiter entfernt, am Schnittpunkt des inneren Kreises mit der Halbgeraden ST. Falls wir im Quadranten II oder III beobachtet haben, ist die Position eindeutig bestimmbar. Dies kann auch mathematisch gezeigt werden: Stellt man die Position M der Wolke von der Sonne S aus in Polarkoordinaten (r, l) mit dem Abstand von der Sonne r und der galaktischen Länge l dar, so gilt im Dreieck CSM R 2 = R r 2 2R 0 r cos l. (11.22) Dies ist eine quadratische Gleichung in r mit zwei möglichen Lösungen, r = r + und r = r : r ± = ± R 2 R0 2 sin 2 l + R 0 cos l, (11.23) also Falls cos l < 0 (in den Quadranten II und III), kann man zeigen, dass es nur eine einzige Lösung r + gibt, die dazu noch positiv ist, da R immer größer als R 0 ist. In den anderen beiden Quadranten sind zwei positive Lösungen möglich. Negative Werte von r sind physikalisch nicht sinnvoll. Im Fall von zwei positiven Lösungen sollte bei der gleichen galaktischen Länge l, aber bei einer anderen Höhe b beobachtet werden. Dies ermöglicht die Bestimmung der korrekten Lösung, da bei einer größeren Höhe die weiter entfernte Wolke nicht mehr sichtbar ist.

124 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE Beobachten mit dem Tübinger Radioteleskop Das Tübinger Radioteleskop Das Tübinger Radioteleskop (Abb ) stammt von Are Elektronik in Schweden. Es wurde durch Studiengebühren und den Lehrpreis 2009 der Universität Tübingen an Dr. T. Nagel finanziert. Das Teleskop hat eine Parabolantenne von 2,30 m Durchmesser und steht neben dem Kuppelgebäude des großen 80 cm Spiegelteleskops auf dem Sand. Es hat eine Winkelauflösung von etwa 7 bei der Frequenz der 21 cm Linie des Wasserstoffs (1420 MHz). Die Steuerung erfolgt über das Programm qradio von einem kleinen Ubuntu-PC aus, der direkt nebenan in einer kleinen Teleskopkuppel untergebracht ist. Abbildung 11.10: Das Tübinger Radioteleskop.

125 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE Vorbereitung Wir beobachten die Milchstraße entlang der galaktischen Breite b = 0. Sie erstreckt sich dann entsprechend den in Tabelle 11.1 angegebenen Koordinaten. Welchen Bereich der Milchstraße können Sie tatsächlich am Praktikumstermin sehen? Nur diesen Ausschnitt dürfen Sie mit dem Radioteleskop anfahren. Tabelle 11.1: Koordinaten unserer Milchstraße. l RA in DEC in l RA in DEC in

126 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE Durchführung Starten Sie den Ubuntu-PC zuerst neu (restart required). Starten Sie auf dem Ubuntu-PC das Programm qradio. Es erscheint zuerst ein Fenster mit Konfigurationsdetails (Abb ). Diese sind in Ordnung, gehen Sie weiter mit accept. Nun sehen Sie das eigentliche GUI zur Teleskopsteuerung (siehe Abb ). Als nächstes müssen verschiedene Parameter eingestellt werden. Klicken Sie hierzu auf den Reiter Control: in der Box Receiver: in der Box Mode: Button switched auswählen in der Box Switching: Button frequency auswählen in der Box Frequency/Gain: Verstärkung (db*10) so anpassen, dass beide Levels etwa 30% Power anzeigen. Dazu sollte die Verstärkung meist auf etwa gestellt werden. in der Box Telescope werden die tatsächliche Position (actual) und die geforderte (commanded) angezeigt. Um eine Position neu anzufahren, stellt man zuerst das gewünschte Koordinatensystem ein (in unserem Fall am besten galaktisch) und gibt dann die entsprechenden Koordinaten in den Feldern daneben ein. Klickt man jetzt auf Track, fährt das Teleskop zur geforderten Position, die Zielkoordinaten werden hierbei bei commanded angezeigt. Um die Fahrt des Teleskop zu unterbrechen, auf Stop klicken. Hat das Teleskop seine Zielposition erreicht, sollten die Werte in commanded und actual übereinstimmen. Daran denken, dass dort die Angaben im Altitude/Azimuth-System sind, unabhängig davon, wie sie vorgegeben werden. Um ein Spektrum aufzunehmen, stellen Sie zuerst die Integrationszeit ein (unten rechts), 10 s sollten ausreichend sein. Dann starten Sie die Aufnahme mit Observe. In der linken Spalte erscheint ein Dateiname (z. B c.fits). Klicken Sie auf den Dateinamen, die Darstellung wechselt von Control zu Spectrum (Abb ). Sie können auswählen, ob auf der x-achse die Frequenz oder Geschwindigkeit dargstellt werden soll. Sie können auch den dargestellen Wertebereich beschränken. Um eine neue Aufnahme zu starten, wechseln Sie wieder zu Control. Klicken sie auf Stop und geben Sie neue Koordinaten ein. Fahren Sie die neue Position mit Track an und nehmen Sie ein neues Spektrum auf. Arbeiten Sie sich auf diese Weise die Milchstraße entlang, notieren Sie zu jeder Aufnahme die galaktischen Koordinaten. Speichern Sie sicherheitshalber jede einzelne Aufnahme sofort ab, qradio neigt dazu, spontan abzustürzen, dann sind alle nicht gespeicherten Aufnahmen verloren. Sind Sie mit der Beobachtungskampagne fertig, fahren Sie das Teleskop mittels Klick auf Reset in seine Parkposition Auswertung Software Die aufgenommenen Daten können mit verschiedenen Computerprogrammen analysiert werden, unter anderem mit SalsaJ (Abb ), einer Software des Hand-on Universe Europe Projekts, die auf der EU-HOU Website für alle möglichen Betriebssysteme zur Verfügung steht und einfach von dort heruntergeladen werden kann.

127 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 126 Abbildung 11.11: links: Konfigurationsblock für qradio. Alle Einstellung unverändert lassen. rechts: Benutzeroberfläche des Steuerungsprogramms qradio. Abbildung 11.12: Benutzeroberfläche des Analyseprogramms SalsaJ.

128 KAPITEL 11. DIE ROTATIONSKURVE DER MILCHSTRASSE 127 Abbildung 11.13: Darstellung des Spektrums in qradio, aufgetragen über Geschwindigkeit und Frequenz.

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