Stand der Fusionstechnik
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- Johanna Kaufer
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1 StandderFusionstechnik GüntherHasinger WissenschaftlicherDirektor Max Planck InstitutfürPlasmaphysik 1.Einleitung:DasEnergie Dilemma DermittlerePro Kopf VerbrauchderWeltliegtderzeitbeietwa2200Watt(W)Primärenergie pro Person. Das ist zu vergleichen mit der Leistung von etwa 200 W, die ein Mensch für das reine Überleben benötigt (denn jeder strahlt bereits etwa 100 W als Körperwärme ab). Dabei gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Reichtum und Energieverbrauch. Die große Mehrheit der Weltbevölkerung in den EntwicklungsländernmussmiteinemEnergieverbrauchvonweitwenigeralsderHälftedesheutigen Mittelwertesauskommen,währenddiereichen,entwickeltenLänderetwazweibisdrei Malsovielverbrauchen,dieUSAundKanadasogaretwa5MalsovielwiederDurchschnitt. Bereits diese Relationen zeigen, dass zukünftige Einsparpotentiale durch EffizienzsteigerungenundgeringerenEnergieverbrauchzwarsehrwichtigsind,jedochdas globaleenergieproblemnichtlösenkönnen:würdemandiegesamteentwickeltewelt mitetwa500millionenmenschenkomplett abschalten,würdederanstiegderenergieverbrauchesindenbevölkerungsreichenentwicklungsländern(mehrals6milliarden Menschen) dieses Einsparpotential schnell wieder kompensieren. Neue Technologien zurbereitstellungundzureinsparungvonenergiemüssendeshalbindenindustrieländernentwickeltwerdenumdergesamtenweltinzukunfteinenachhaltigeenergieversorgung zu ermöglichen. Es wird sich jedoch selbst bei größten Anstrengungen nicht vermeiden lassen, dass der zukünftige Pro Kopf Verbrauch ansteigt. Gelingen muss es jedoch,denverbrauchlangfristigauf3kwpropersonzubegrenzen;dafürmüssenerhebliche Effizienzsteigerungen und Einsparpotentiale genutzt werden. Ein wichtiger Zusammenhang besteht auch zwischen dem mittleren Energieverbrauch und der menschlichenlebenserwartung:inländernmitwenigerals3kw/kopfistdiemittlere Lebenserwartunggeringerals70Jahre,inLändernmithöheremEnergieverbrauchentsprechendlänger.AuchdeshalbscheinteinWertvon3kW/KopffüreineallenInteressennachkommendeEntwicklungnotwendig. DiebesondereDramatikderzukünftigenEnergieversorgungergibtsichausdemweiterenWachstumderWeltbevölkerung.Im20.JahrhundertistdieMenschheitumdenFaktordreigewachsenundliegtjetztbeietwa6,8Milliarden.DieVereintenNationen 1 gebenregelmäßigvorhersagenüberdieentwicklungderweltbevölkerungheraus.daraus erkenntman,dassineuropadasbevölkerungswachstumbereitsstagniertundinnord undsüd Amerikadeutlichgebremstist,währenddieBevölkerungindenEntwicklungsländern weiter stark ansteigt, vor allem in Asien und noch schneller in Afrika. Im 21. Jahrhundert wird sich das Bevölkerungswachstum im Vergleich zum vorigen Jahrhundertjedenfallsdeutlichabschwächen.WosichdieWeltbevölkerungletztendlicheinpendelt, hängt vor allem von der Entwicklungsgeschwindigkeit in den Ländern mit dem größten Bevölkerungswachstum ab. Die Erwartung für die Weltbevölkerung im Jahr 2050 liegt bei etwa 9 Milliarden Menschen mit einer Schwankungsbreite von etwa 1,5 Milliarden.DieExtrapolationindasJahr2100istnatürlichsehrunsicher.Optimistische Schätzungengehendavonaus,dassderScheitelpunktderKurvedannüberschrittensein wirdundsichdiebevölkerungwiederreduziert,diepessimistischenschätzungensagen
2 sogareinesteigerungaufetwa14milliardenvorher.fürdieabschätzungdesenergiebedarfes der Zukunft wird im Folgenden eine Weltbevölkerung von 10 Milliarden im Jahr2100angenommen. Für eine nachhaltige Energieversorgung im Jahr 2100 müssen also 10 Milliarden Menschenmit3kWproKopfversorgtwerden einprimärenergiebedarfvon30terawatt(1 TW=10 12 W).ImVergleichzumheutigenEnergieverbrauchistdaseineVerdoppelung. DiemeistenEnergieszenarienfürdieZukunftgehenjedochvoneinemwesentlichstärkeren Wachstum bei der Elektrizität aus. Der globale Stromverbrauch liegt heute bei etwa2,4tw,also16%desprimärenergieverbrauches.betrachtetmaneineganzeschar vonetwa100zukünftigenenergieszenarien,dievon15verschiedeneninternationalen WissenschaftlergruppenmitstarkunterschiedlichenAnnahmenerstelltwurden,undin demdatensatz EnergyModellingForum22 (EMF 22)veröffentlichtwurden 2,sostellt manfest,dassderzukünftigeglobalestromverbrauchunabhängigvondendetaillierten Annahmen im Rahmen relativ geringer Schwankungsbreiten in allen Modellen etwa gleich vorhergesagt wird (siehe Abbildung 1). Der Bedarf an Elektrizität wächst demnachindiesemjahrhundertumetwaeinenfaktorsechsaufeinenwertvonetwa12tw unddamit40%desprimärenergiebedarfesan. 3 Abbildung1:VorhergesagterAnstiegdesglobalenStrombedarfesbiszumJahr2100undmöglicheBeiträge verschiedenerenergieformen(siehetext).diedurchgezogenenlinienstellenmedian Werteüberetwa100 verschiedeneenergieszenarienderemf 22Datenbankdar,diegestricheltenLinienentsprechenjeweils18% bzw.82%dermodelle.fürdenmöglichensolarenbeitrag(grünekurven)isteinmodellmitexponentiellem WachstumundeinModellmitsaturiertemWachstumdargestellt.FürdieFusionwurdeab2050einjährlichesWachstumvon1,2%desglobalenElektrizitätsverbrauchesangenommen. 2.MöglicherBeitragverschiedenerEnergienzumzukünftigenStrombedarf RegenerativeEnergien DieStromerzeugungderregenerativenEnergien,insbesondereWind undsolarenergie, zeigtindenletztenjahrenbeeindruckendeglobalewachstumsraten.siewerdeninzukunft sicher zu den wichtigsten Elektrizitätsquellen gehören. Allerdings kann der Bei
3 trag der regenerativen Energien zur globalen Stromversorgung aus verschiedenen Gründen sehrwahrscheinlichnichtübergewissegrenzenhinauswachsen. Abbildung2:JährlichesWachstumderStromerzeugungausWindkraftundSolarenergie.Fürdeneffektiven BeitragvonWind undsonnenenergiewurdenjeweilsoptimistischewertevon2000bzw.2500volllaststunden pro Jahr angenommen. Beide Kurven zeigen anfänglich ein exponentielles Wachstum, das aber bereits innerhalbeinerdekadedeutlichabgebremstwird.umdenglobalenstrombedarfbiszumjahr2100zudecken,würdemaneinjährlicheswachstumvonetwasmehrals0.1tw/jahrbenötigen.dieextrapolationder hierdargestelltenmodellekommtaufetwa10 20%diesesWertes. Abbildung 2 zeigt das eindrucksvolle Wachstum der regenerativen Energien aus Wind undsonneüberdieletztenjahre,sowiedieprojektionenderenergiewirtschaftfürdie näherezukunft.wennmanzumbeispieldiewertefürdenjährlichenzuwachsbeider PhotovoltaikexponentiellindieZukunftextrapoliert,erhältmandiedramatischeWachstumskurve in Abbildung 1. Danach ließe sich bereits im Jahr 2032 der weltweite Strombedarf alleine mit Sonnenenergie decken. Realistische Wachstumskurven verlaufen allerdings nur stückweise exponentiell und tatsächlich sieht man an beiden DatensätzenbereitseineSättigungdesexponentiellenWachstumsdeutlichunterhalbdeszur DeckungdergesamtenElektrizitätsnachfragenötigenWertesvon0,11TW/a.Dieuntere grüne Kurve in Abbildung 1 nimmt eine Sättigung des Zuwachses an Solarenergie im Jahr2020an,wiesiesichinAbbildung2andeutet,unddanacheinlinearesWachstum. Damit könnte etwa 10% des zukünftigen globalen Elektrizitätsverbrauches durch Sonnenenergiegedecktwerden.BeimWindstromkommtmanaufähnlicheErgebnisse. Neben den Grenzen des Wachstums in der Produktion gibt es allerdings noch weitere wichtigefaktoren,diedenbeitragderregenerativenenergienzumenergiemixderzukunft limitieren. Der erste Faktor hängt mit der niedrigen Energiedichte der Sonnen bzw. Windenergie und dem damit verbundenen großen Flächenverbrauch zusammen. DerLogistikdesAufbauesderAnlagensinddamitGrenzengesetzt.Betrachtenwirzum BeispieldieweltweitgrößtensolarthermischenAnlagen,dieAndasol Kraftwerkeinder spanischenprovinzgranada:inderendausbaustufesollendreieinzelnekomplexevon jeweils etwa zwei Quadratkilometern Fläche insgesamt eine Spitzenleistung von 150 MW erzeugen. Jeder einzelne Komplex erzeugt damit eine maximale Leistung von 50 MW und unter optimistischer Annahme der Sonnenscheindauer eine mittlere Leistung von14mw.wolltemandengesamtenstrombedarfamendedesjahrhundertsmitder
4 artigen solarthermischen Kraftwerken decken, bräuchte man dazu insgesamt ähnliche Anlagen in den sonnenreichsten Regionen der Erde. Da es bis zum Jahr 2100 noch etwa Tage gibt, müsste man an jedem Tag im Mittel 25 solcher Komplexe ansnetzbringen jedestundeeinen.dasscheintselbstbeioptimistischerbetrachtung unmöglich. Selbst die vorher avisierten 10% dieses Wertes stellen einegewaltige Herausforderungdar.EineähnlicheBetrachtungkannmanfürWindturbinenanstellen:Es gibtbereitspläne,riesigewindturbinenmit10mwspitzenleistungzubauen,etwadas doppeltedergrößtenheutebetriebenenturbinen.nimmtmanoptimistisch2000volllaststunden pro Jahr an, würde man bis zum Jahr 2100 mehr als 5 Millionen solcher Windkraftanlagenbenötigen,alsoimMitteleineWindmühlealle10Minuten! EinezusätzlicheBegrenzungderregenerativenEnergienergibtsichdurchdiezeitlichen Schwankungen der natürlichen Energieflüsse wie Sonne, Wind und Wasser. Größere undintelligentenetzekönnenzwareinenerheblichenteildieserfluktuationenausgleichen,abernichtkomplettverhindern.diemöglichkeit,elektrizitätmitdenfüreinensicheren Netzbetrieb notwendigen riesigen Kapazitäten zu speichern, ist heute noch Zukunftsmusik und benötigt große Forschungs und Entwicklungsanstrengungen in den nächstenjahrzehnten.allesinallemistdurchdiehierbeschriebenenfaktorenderbeitragregenerativerenergienindiesemjahrhundertrealistischauf20 30%beschränkt. FossileEnergien Eine weitere Möglichkeit zur CO2 armen Stromerzeugung besteht in der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der anschließenden chemischen Abscheidung und Sequestrierung des dabei entstehenden Kohlendioxids ( Carbon Capture and Storage CCS). Mögliche Lagerstätten für verflüssigtes CO2 sind zum Beispiel aufgegebene Kohleflöze und leere Öl und Gaskavernen. Tatsächlich gibt es bei letzteren bereits umfangreiche technischeerfahrungen,weilco2zumteilbenutztwirdumrestlichesölodergasaus denleerwerdendenlagerstättenherauszupumpen.diegrößtespeicherkapazitätbesitzen allerdings so genannte saline Aquifere, das sind unterirdische poröse Gesteinsformationen,indenenstarksalzhaltigesWassergespeichertist.WennderartigeFormationenvonTon odersalzschichtenumschlossensind,eignensiesichzureinlagerungvon CO2.DiegesamteglobaleSpeicherkapazitätfürCO2wirdmit Gigatonnenabgeschätzt. Wenn es also gelingt, CCS großtechnisch im globalen Maßstab einzusetzen unddastreibhausgassichereinzuschließen,istdiereichweitediesermethodedennoch nur auf einige Jahrzehnte beschränkt. Würde man bis 2100 etwa 40% des globalen Stromverbrauches mit fossilen Brennstoffen und anschließender CO2 Einlagerung erzeugen, wären die heute bekannten Endlagerstätten weitgehend erschöpft. Außerdem istzubeachten,dassco2 EmissionenaufdieseWeisenichtkomplettvermiedenwerden könnten,sonderneine Leckrate vonetwa13%bleibt.umdendabeientstehendenco2 Überschussklimafreundlichabzubauen,müsstemanwohlingroßemStilBiomassezufeuern (Bio CCS), wodurch der CO2 Gehalt der Atmosphäre reduziert werden kann (siehedazuauchdiediskussionvongoldston,2009). NukleareTechnologien WennderBeitragderErneuerbarenauf30%undderfossilenBrennstoffeaufetwa40% limitiertist,werdenimmernochetwa30%ausanderenco2 freienenergiequellenbenötigt.dieeinzigederzeitdafürzurverfügungstehendemöglichkeitistdereinsatznuklearertechnologien.tatsächlichgehendiemeistenderobendiskutiertenenergieszenarien davon aus, dass der Beitrag der nuklearen Technologien zur Stromversorgung,
5 derderzeitweltweitetwa17%beträgt,inzukunftdeutlichwachsenwird.inabbildung 2istausdenModellenderEMF 22GruppederMediansowiedie18%und82% QuantiledesnuklearenBeitrageszurkünftigenStromversorgungdargestellt(roteLinien).Im VergleichzurGegenwartsteigtdererwarteteBeitragdernuklearenElektrizitätbeifast allen Modellen um etwa einen Faktor 10 an. Eine ganze Reihe von Szenarien nehmen nochdeutlichhöheresteigerungsratenannehmen.daswirfterheblichefragenauf:zur VersorgungmitBrennstoff,zurnuklearenSicherheitundzurgeologischenEndlagerung dernuklearenabfälle(dieebenfallsvongoldston2009imdetaildiskutiertwerden).in jedemfallwerdenneueundintrinsischsicherekraftwerkstechnologiendergeneration III und IV benötigt. Aber auch damit stellt der Ausbau der nuklearen Kapazitäten ein erheblichesrisikodar,vorallembeiderproliferationnuklearenmaterials. Wenn es nun gelingt, die Versprechen der Kernfusion als saubere, sichere, bezahlbare undfastunbegrenzteenergiequelleinderzweitenhälftedesjahrhundertseinzulösen, könnte sie sukzessive die problematischen Kern und Kohlekraftwerke ersetzen. Im VerhältniszuSpaltkraftwerkensinddienuklearenSicherheitsrisikendeutlichgeringer: eingeologischesendlagerwirdnichtbenötigt.derfusionskurveinabbildung1liegtdie Annahmezugrunde,dassab2050jährlichFusionskraftwerkezugebautwerdenkönnen, diejeweilseinekapazitätvon1%desglobalenstrombedarfsdeckenkönnen eineähnlichesteigerungsrate,wiesieweltweitbeimaufbauderkernspaltungskraftwerkeinden 70erund80erJahrendes20.Jahrhundertserreichtwurde.Bisetwa2080könnteman damitallekernspaltungskraftwerkeersetzenundbis2100etwa30%derglobalenelektrizitätliefern mitsteigendertendenz.spätestensimnächstenjahrhundert,wennalle CO2 Speichergefülltseinwerden,wirddieseEnergiequelledringendbenötigt. 3.Fusionsreaktionen Drei Minuten nach dem Urknall, im frühen Kosmos, wurden aus freien Protonen und Neutronen die ersten chemischen Elemente gebildet, zunächst die Wasserstoffisotope DeuteriumundTritium,vorallemaberHeliumunddieleichtenElementeBerylliumund Lithium. Dabei wurden die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen freien Neutronen weitgehendinstabileelementeeingebaut,bevordieneutronenmiteinerhalbwertszeit vonetwa11minutenzerfallenwaren.dasüberschwerewasserstoffisotoptritium,das für Fusionsreaktoren auf der Erde eine wichtige Rolle spielt, zerfällt nach einer Halbwertszeitvon12.5JahrenundkommtdeshalbinderNaturnichtvor. DieSonneverbrenntinihremZentrumWasserstoffzuHelium.DiesläuftindreiSchrittenab:ZunächststoßenzweiProtonenzusammenundverschmelzenunterAbgabeeinesPositronsundeinesElektron NeutrinoszudemschwerenWasserstoffisotopDeuterium. Dieser Prozess hat einen sehr geringen Wirkungsquerschnitt. Deshalb dauert es im Mittel etwa eine Milliarde Jahre bis ein Proton mit einem anderen zusammenstößt. DazunötigisteineTemperaturvonetwa15MillionenKelvinundeineDichte,dieetwa 150MalgrößeralsdievonWasserist.DieelektrischpositivgeladenenTeilchenstoßen sich durch die Coulomb Kraft gegenseitig umso stärker ab, je näher sie sich kommen. DennochkönnenbeidiesenTemperaturenundDichtendieProtonendenabstoßenden Coulomb Wall durch den quantenmechanischen Tunneleffekt überwinden, so dass im Sonneninneren jede Sekunde etwa Protonen zu Deuterium fusionieren. Im nächsten Schritt verschmelzen die Deuterium Kerne mit einem weiteren Proton unter AbgabeeinesGamma QuantszuHelium 3( 3 He),einemIsotop,dasauszweiProtonenund
6 einem Neutron besteht. Der Wirkungsquerschnitt ist für diese Reaktion im Sonneninnern sehr hoch, so dass sie im Mittel nur eine Sekunde dauert. Zwei 3 He Kerne verschmelzeninnerhalbetwaeinermillionjahrezu 4 He,wobeidiebeidenüberschüssigen Protonenwiederfreiwerden.InsgesamtwirdproReaktioneineEnergievon26,2Megaelektronenvoltfrei. Abbildung 3:Bindungsenergie der Atomkerne in Abhängigkeit von der atomaren Massenzahl A. Für Kerne leichter als Eisen kann durch Verschmelzung Energie gewonnen werden. Schwerere Kerne können unter Energiegewinngespaltenwerden. Die schwereren Elemente, vor allem Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff können erst bei den entsprechend höheren Temperaturen und Drücken entstehen, wie sie in den Zentren von Roten Riesen herrschen. Am Ende des Lebens sehr massereicher Sterne entsteheninderenzentruminsehrrascherfolgealleschwererenelementebishinzum Eisen, das die höchste Bindungsenergie besitzt (siehe Abb. 3). Alle noch schwereren ElementebishinzumUrankönnennurdurchZuführungvonEnergiefusioniertwerden. Bei den Supernova Explosionen am Lebensende eines massereichen Sternes wird ein Teil der frei werdenden Gravitationsenergie in die Bindungsenergie schwerer Atomkernegesteckt. DieProton Proton KetteinderSonnedauertvielzulange,ummitihrerHilfeeinFusionsfeueraufderErdezuentfachen.Wennwiralsobehaupten, dassonnenfeueraufdie Erdezuholen,istdaszwarimPrinziprichtig,allerdingsnurdann,wennmandieastrophysikalischbereits vorprozessierten WasserstoffisotopeDeuterium(D)undTritium (T), sowie deutlich höhere Temperaturen, als im Sonneninneren verwendet. Der Wirkungsquerschnitt der für Fusionsreaktoren nötigen D T Reaktion ist etwa um 24 Größenordnungengrößer,alsderjenigederp p ReaktionundhatseinMaximumbeietwa 200MillionenGrad,etwa8malhöheralsimKernderSonne.Tritiumistradioaktivmit einer Halbwertszeit von 12,5 Jahren. Für Forschungszwecke im Labor verwendet man deshalbmeistdied DReaktion,derenQuerschnittetwaumeineGrößenordnunggeringer ist. Abbildung 4 zeigt verschiedene Fusionsreaktionen. Bei der D T Reaktion verschmelzen die beiden Wasserstoffisotope unter Abgabe eines Neutrons direkt zu 4 He. DabeiwirdeineEnergievon17,6MeVfrei,dasistetwa3Millionenmalmehralsbeider Knallgasreaktion,derVerbrennungvonWasserstoffundSauerstoffzuWasser,freiwird. Das Neutron trägt dabei mit 14,1 MeV den größten Teil der frei werdenden Fusionsenergienachaußen,woseinekinetischeEnergiezunächstinWärmeunddanachinelektrischen Strom umgewandelt werden kann. Außerdem muss das Fusionsneutron im
7 ManteldesFusionsreaktorsnochdasTritiumerbrüten.Die Asche derfusionsreaktion, derentstandeneheliumkern,erhälteinekinetischeenergievon3,5mevundbleibtwegenseinerelektrischenladungimplasmagefangen,woersignifikantzudessenheizung beiträgt. Am so genannten Divertor werden diese Alpha Teilchen schließlich gezielt abgekühltundunterzugabezweierelektronenzuneutralenhelium AtomenumgewandeltdamitsieausderPlasmakammerabgepumptwerdenkönnen. Fusion D+T 4 He+n +17.6MeV D+D 3 He+n +3.3MeV D+D T+p +4.0MeV D+ 3 He 4 He+p +18.3MeV Tritium Brüten 6 Li+n 4 He+T +4.8MeV 7 Li+n 4 He+T+n 2.5MeV Neutronenvermehrung 9 Be+n 2( 4 He)+2n 1.6MeV Pb+n...+2n Abbildung4:Fusions undbrutreaktionen DasstabileIsotopDeuteriumstammtdirektausdemUrknallundistz.B.imWasserder Meere in großen Mengen vorhanden (etwa jedes 7000te Wassermolekül enthält ein Deuterium Atom). Das Wasserstoffisotop Tritium hat eine Halbwertszeit von 12,5 JahrenundkommtdeshalbinderNaturnichtingrößerenMengenvor.EsentstehtimWesentlichendurchdiekosmischeStrahlung.GewisseVorräteanTritiumwerdenaberbei dem Betrieb von so genannten CANDU Reaktoren (CANada Deuterium Uranium Schwerwasser Reaktoren)gebildetundkönnenfürTestzweckeinFusionsexperimenten wiez.b.jetunditerverwendetwerden. EinzukünftigesFusionskraftwerkmussjedochseinfürdieFusionnotwendigesTritium selbstauslithium erbrüten.diesebrutreaktionensindebenfallsinabbildung4dargestellt. Je nachdem, welches natürliche Lithium Isotop verwendet wird, kann bei der Spaltung durch das Fusionsneutron zusätzliche Energie entstehen, oder ein Teil der Energie des Neutrons absorbiert werden. Um die Fusionsreaktion aufrechtzuerhalten, muss jedes Fusionsneutron mindestens einen Tritiumkern erbrüten, möglichst sogar mehr,umeinengewissenvorratantritiumzugenerieren.dasistallerdingswegender Neutronenverluste,zumBeispielaufgrundderunvollständigenAbdeckungderFusionskammer durch den Mantel aus Brut Blanket Elementen (siehe unten) problematisch. Monte Carlo Simulationen haben ergeben, dass jedes Fusionsneutron im Mittel etwa 1,15Tritium Atomeerzeugenmuss.EinhöheresBrutverhältniskannmanzumBeispiel durcheinegeeigneteisotopenmischungvonlithiumerreichen.dasnatürlicheverhältniszwischendenisotopen 6 Liund 7 Liistetwa7,5%zu92,5%.BeiderSpaltungvon 7 Li inheliumundtritiumbleibtdasfusionsneutronmitgeringererenergievorhandenund kann im Prinzip ein weiteres Lithiumatom spalten. Bei geeigneter Mischung der Lithium Isotope kann man also das Brutverhältnis beeinflussen. Allerdings geht dabei Energieverloren,diespäternichtzurStromproduktionzurVerfügungsteht.Desweiteren kann man Elemente beimischen, die zur Neutronenvermehrung beitragen, so zum BeispielBerylliumoderBlei(sieheAbb.4).InsgesamtistaberdasBrutproblemineinem Fusionsreaktor noch nicht gelöst. Bei dem internationalen Experimentalreaktor ITER
8 (siehe unten) sollen zum ersten Mal Brut Blankets experimentell untersucht werden. Dabei werden von den jeweiligen internationalen Partnern verschiedene Konstruktionenverfolgt.EinProblemfüreinespätereFusionsökonomieistauchdass umdieeffizienzderbrutreaktionzugewährleisten vielmehrlithium Atome(u.U.auchBeryllium undblei)immantelvorhandenseinmüssenalsimlaufderreaktionverbrauchtwerden.dieverfügbarkeitdieserelementestelltdeshalbeingewissesnadelöhrdar.wenn es allerdings gelingt, Lithium aus dem Meerwasser zu gewinnen, sind die Ressourcen praktisch unbegrenzt. Der Brennwert von 10 Litern Meerwasser entspricht ungefähr demvon1löl. 4.MagnetischerEinschluss Wie gelingt es nun, ein derart heißes Gas mit einer guten thermischen Isolation in ein Gefäßeinzuschließen?DafürgibtunsdieSonnedasBeispiel:Siezeigtunsnichtnur,wie durchfusioninihremzentrummasseinenergieumwandeltwird,sondernauch,wiein ihrer Chromosphäre heißes Plasma in magnetischen Schläuchen stark gebündelt und eingeschlossen wird. Hoch aufgelöste Filme, die mit Röntgenkameras auf dem SOHO SatellitenderESA,aufdemTRACE SatellitenderNASA,sowieinjüngsterZeitaufdem HINODE SatellitenderjapanischenRaumfahrtagenturJAXAaufgenommenwurden,zeigen, wie aus den dunklen Sonnenflecken in Eruptionen heiße Gasfontänen herausgeschleudert und durch Magnetfelder in hell leuchtende Bögen eingeschlossen werden. Die elektrisch geladenen Teilchen können sich im Magnetfeld nur auf Spirallinien entlangderfeldlinienbewegenundbleibendeshalbindenmagnetischenbögengefangen. Ein ähnliches Phänomen beobachtet man auch im Magnetfeld der Erde, wo in den so genannten VanAllenStrahlungsgürteln elektrischgeladeneteilchen,dieausdemsonnenwindstammeneingefangenwerdenundbeigroßensonneneruptionenauchinden PolarregionenderErdealsPolarlichtersichtbarwerden. Abbildung5:ZweiverschiedeneKonzeptedesmagnetischenEinschlussesvonFusionsplasmen:Tokamak (links)undstellarator(rechts). IneinemmagnetischeingeschlossenenFusionsplasma bestehendauselektrischnegativgeladenenelektronenundpositivgeladenenionen lassensichdieteilchendurch geeignete Formgebung der Magnetfeldspulen deshalb ringförmig einschließen (siehe Abb. 5). Weil in einem reinen Ringfeld die Teilchen schnell nach außen an die kalte
9 Wand driften würden, muss dem Magnetfeld jedoch eine schraubenförmige (helikale) Struktur aufgeprägt werden, um das Plasma stabil zu halten. Es gibt zwei prinzipielle magnetische Konfigurationen, um dies zu erreichen, den in Russland unter anderem durchandrejsacharowentwickeltentokamakunddenindenusavonlymanspitzer entwickeltenstellarator.beimtokamakwirddiespiralförmigedrehungdesmagnetfeldesdurcheinenstromerzeugt,derimplasmaselbstfließt.ingewissemsinnebautsich dasplasmadurchdiesenstromseinenkäfigselbstauf.dieserstromwirddurcheinen Transformatorinduziert,dessen Eisenkern wirindermittlerenspindelsehen.dadieser Strom durch ein Wechselfeld im Transformator induziert werden muss, kann der Tokamak prinzipiell nur gepulst arbeiten. Es gibt aber Bemühungen,den Tokamak auf sehr lange Pulse oder sogar auf Dauerbetrieb hin zu züchten. Sämtliche Spulen im Tokamaksindeben,habenalsorelativeinfachzukonstruierendeundherzustellendeFormen. Unter anderem deshalb ist der Tokamak bis heute das am weitesten entwickelte magnetische Einschlusskonzept. Die derzeit größte experimentelle Fusionsanlage, die auchdenweltrekordindererzeugtenfusionsenergiehält,istder JointEuropeanTorus JETinCulham,England. Die größte deutsche Fusionsanlage ASDEX Upgrade (siehe Abb. 6) steht am Standort Garching des Max Planck Instituts für Plasmaphysik (IPP) und ist das derzeitige ArbeitspferddesInstituts.DieinGarchingentwickelteGeometrievonASDEXUpgrademit seinem D förmigen Querschnitt und dem unten liegenden Divertor, wo das Plasma gezieltinkontaktmitderwandkommt,hatsichinzwischenfürallegroßenlaufendenund zukünftigentokamaksdurchgesetzt,vorallembeijetunditer. Besondershervorzuheben ist, dass ASDEX Upgrade die weltweit einzige Maschine ist, deren Plasmagefäß vollständig mit Wolfram ausgekleidet ist. Das Element Wolfram hat den höchsten Schmelzpunkt aller Metalle. Die Entscheidung, zu Wolfram überzugehen, war vor einigenjahrenweltweitumstritten,weildadurchderplasmabetriebdeutlichkomplizierter wirdalszumbeispielineinerkohlenstoff Maschine.InderTatgabeseinigeKomplikationenbeidemBetriebmitderWolfram Wand,dieaberinzwischenallegelöstwerden konnten.wolframwirddeshalbnunalsdasattraktivstematerialfürzukünftigefusionsreaktorenangesehenundauchinjet,sowiewahrscheinlichinitereingebaut. Abbildung6:DiePlasmakammerdesTokamaksASDEXUpgradeinGarching(links)undderimAufbaubefindlicheStellaratorWendelstein7 XinGreifswald(rechts). BeimStellaratorwirddiespiralförmigeDrehungderMagnetfeldliniendurcheinespezielleFormderMagnetfeldspulenerzeugt(sieheAbbildung5).DerVorteildesStellarators ist, dass er keinen inneren Strom benötigt und deshalb prinzipiell zum Dauerbetrieb fähigist.dereinschlussschnellerteilchenindenfrühen,indenusaentwickeltenstellaratorenhatsichallerdingszunächstalsungenügendherausgestellt,sodassdieselinie
10 weltweitzugunstendestokamaksvernachlässigtwurde.erstmitderentwicklungder modernen Supercomputer gelang es, mit Hilfe aufwändiger numerischer Simulationen, denstellaratorinseinerheutigen,optimiertenformzuentwickeln.fürdieentwicklung der Stellaratoren Linie Wendelstein wurde die Kunst der Supercomputer Simulation deshalb insbesondere am Rechenzentrum in Garching vorangetrieben. Derzeit gibt es weltweit zwei große Stellaratorprojekte. Der japanische Stellarator Large Helical Device (LHD) in Nagoya ist 1998 in Betrieb gegangen. Der Stellarator Wendelstein 7 X wird derzeitam Standort Greifswald des Max Planck Instituts für Plasmaphysik aufgebaut.dasdesigndesstellaratorswendelstein7 X(Abb.5rechts)istkomplex:vorallem diedreidimensionalgeformtensupraleitendenspulenstelltenvonanfanganeinegroße Herausforderung dar. Inzwischen sind die Anfangsschwierigkeiten des Projektes überwunden. Alle 70 supraleitenden Spulen wurden inzwischen in einer speziellen TestanlagedesCommissariatal ÉnergieAtomique(CEA)inSaclaybeiParisimkalten,supraleitendenZustanderfolgreichgetestetundsindbereitsindieAnlageinGreifswaldeingebaut(siehe Abb. 6 rechts). Obwohl noch eine ganze Reihe technischer Herausforderungen zu bewältigen sind, steht der geplanten ersten Inbetriebnahme im Jahr 2014 nichtsentgegen.nachseinemendausbaubis2019sollwendelstein7 Xdieprinzipielle Kraftwerkstauglichkeit des Stellarator Konzepts und gleichzeitig dessen Dauerbetriebsfähigkeitdemonstrieren. Um die Fusionsreaktion aufrecht zu erhalten, muss ein Plasma auf etwa 200 Millionen GraderhitztundbeieinerDichtevonetwa10 14 TeilchenproKubikzentimetermindestenszweiSekundenlangthermischisolierteingeschlossenwerden.DerParameter,der dieenergieausbeuteeinesfusionsplasmasbeschreibt,dassogenannte Fusions Tripelprodukt, das sich aus der Multiplikation von Temperatur, Dichte und Einschlusszeit ergibt,hatsichindenletzten40jahrenumetwadenfaktor verbessert(siehe Abb. 7). Der eindrucksvolle Anstieg dieser Größe ist damit durchaus mit dem Moore schengesetzdercomputervergleichbar. Abbildung7:DieEntwicklungdesTripelproduktesderFusionüberdieletzten40Jahre 4. Zur Heizung des Plasmas stehen mehrere Methoden zur Verfügung. So kann man mit Stromheizen.WiebeieinerHerdplatteerzeugtderdurchdasPlasmageschickteStrom überdenelektrischenwiderstandwärme.dasfunktioniertbesondersgut,solangedas
11 Plasma noch relativ kalt ist, danach jedoch sinkt der Widerstand rapide ab. Die zweite Methode ist die Mikrowellenheizung. Ähnlich wie beim Mikrowellenherd im Haushalt, der mit Wellen einer bestimmten Frequenz die Wassermoleküle im Essen in Schwingungversetztunddamitaufheizt,werdenbeiFusionsanlagenelektromagnetischeWellenindasPlasmaeingestrahlt,dieaufdieResonanzfrequenzenderElektronen( GHz),bzw.derIonen(10 100MHz)abgestimmtsindunddieseentsprechendaufheizen. Eine dritte Methode ist die Neutralteilchenheizung, bei der geladene Ionen außerhalb der Plasmakammer stark beschleunigt werden und, damit sie ungehindert in den Magnetfeldkäfigeindringenkönnen,mitspeziellenMethodenneutralisiertwerden.Inden letzten Jahrzehnten konnte auf diese Weise insbesondere die Temperatur des eingeschlossenenplasmasimmerhöhergeschraubtwerden,bisaufwertevon200millionen Gradundmehr,wiesiezurZündungbenötigtwerden(sieheAbb.7). AuchdierelativgeringeerforderlicheDichtedeseingeschlossenenPlasmasstelltkeine Schwierigkeit dar. Die größte Herausforderung liegt in der noch deutlich zu kurzen Energie Einschlusszeit des Plasmas. Diese Einschlusszeit kann man sich als die Zeitspanneveranschaulichen,indereinPlasmaseineTemperaturaufrechterhält,wennes nichtmehrweitergeheiztwird ähnlichwiedieisolationeinerthermoskannedenkaffeenureinebestimmtezeitheißhält.dieeinschlusszeitistbeidenderzeitbestenexperimentenimmernochetwaumeinegrößenordnungzuklein,verglichenmitdenanforderungenfüreinenergielieferndesplasma.derenergieverlustausdemplasmaistwesentlichgrößeralsindenfrühenoptimistischenabschätzungenangenommen dasist auch der wesentliche Grund, warum der Weg zu einem Fusionskraftwerk wesentlich länger dauert, als ursprünglich erhofft. In den Experimenten der 1970er und 1980er Jahrezeigtesichnämlich,dassturbulenteFluktuationensenkrechtzudenMagnetfeldliniendenWärmetransportausdemPlasmadominierenunddieseswesentlichschneller abkühlen, als durch Strahlung und durch Stöße. Man spricht deshalb von anomalem Transport. DieeinfachsteMöglichkeit,denEnergieeinschlusszusteigern,liegtinderVergrößerung desplasmavolumens:derenergieinhalteinesplasmassteigtmitdemvolumen,alsomit derdrittenpotenzdesradiusan,währendderenergieverlustmitderoberfläche,also der zweiten Potenz des Radius, langsamer ansteigt. Die Energieeinschlusszeit wächst demnachmitdemradius.dasistauchdergrund,warumeineisbärinderpolarregion leben kann, während z.b. eine Maus dort erfrieren würde.. Zukünftige Fusionskraftwerkemüssendeshalbwesentlichgrößerwerden,alsursprünglichangenommen.AllerdingswurdeamIPP1982diesogenannteH Modeentdeckt.Dabeihandeltessichum einetransportbarriereamplasmarand,diespontanundselbstorganisiertentsteht,und sich dem Energieverlust durch Turbulenz entgegen stellt. Damit verbessert sich die Wärmeisolation des Plasmas um einen Faktor 2: der Energieinhalt im Plasmazentrum steigtdeutlichan.mitderh ModekanndeshalbdieZündungbereitsineinemwesentlich kleineren Volumen erfolgen. Seit ihrer Entdeckung basieren deshalb fast alle BetriebsszenariendermagnetischenFusionaufderH Mode. DerWegvonASDEXUpgrademiteinemPlasmavolumenvon25m 2 überjetmit80m 3 zuitermit800m 3 stellteinestufenleiterdar,aufderbeisehrähnlichergeometrieim Wesentlichen die Größe verändert wird. Experimentell bestimmte Skalierungsgesetze auf dieser Stufenleiter sind notwendig, um verlässlich zunächst zu ITER und später zu einem künftigen Kraftwerk extrapolieren zu können. Der derzeitige Weltrekordhalter JEThat1997füretwaeineSekundeBedingungenerreicht,dieannähernddem Break Even entsprechen, d.h. die eingesetzte Heizleistung kann durch die freigesetzte Fusi
12 onsleistungwiedergewonnenwerden(q=0,67,qistdasverhältnisvonfusionsleistung zuheizleistung).dernächstegroßeschrittaufdemwegzueinemkraftwerkistdieinternationale Testanlage ITER, die derzeit in Cadarache in Südfrankreich entsteht und zumerstenmaldasgebieterreichensoll,indemdiefusionsleistungwesentlichhöher ist, als die zur Heizung des Plasmas verwendete Leistung. Für jeweils etwa 5 Minuten soll im Deuterium Tritium Betrieb eine Fusionsleistung von 500 MW (Q=10) erreicht werden. Dabei wird zum ersten Mal die Selbstheizung des Plasmas durch die bei der FusionsreaktionentstehendenHelium TeilchenuntersuchtunddamiteinfürdieFusion wesentlichesgebietdergrundlagenphysikexperimentellzugänglichgemacht.imsogenanntenlangpuls BetriebwirdeineLeistungsverstärkungvonQ=5füretwa15Minuten angestrebt.dabeiwirditernuklearetechnologienerproben,diefüreinenzukünftigen Fusionsreaktor essentiell sind, wie das oben diskutierte Erbrüten von Tritium aus Lithium oder das robotergestützte Hantieren mit großen Bauteilen. ITER befindet sich bereits im Bereich der für zukünftige Kraftwerke angenommenen Leistungsparameter und ist damit der unabdingbare nächste Schritt auf dem Weg zu einem Fusionskraftwerk.AlshochkomplexeundeinzigartigegroßeForschungsinfrastrukturistdasProjekt entsprechend teuer, weshalb sich zu seiner Verwirklichung eine globale Kooperation derwichtigstenforschungsnationenzusammengeschlossenhat. 5 Abbildung 8 links: Der internationale Experimentalreaktor ITER, der derzeit in Cadarache, Südfrankreich, aufgebautwird.diegrößedesvakuumgefäßesmiteinerhöhevon29mwirdimvergleichzudermenschlichenfiguruntenlinkseindrucksvollklar.rechts:wichtigstekomponenteneineszukünftigenfusionskraftwerkes. 6 5.DerWegzueinemFusionskraftwerk Bis zu einem ökonomisch nutzbaren Fusionskraftwerk sind noch erhebliche Anstrengungen nötig. Wesentlich ist zunächst die Entwicklung eines magnetischen Einschluss Systems,dasineinemGrundlastkraftwerkzuverlässigeinsetzbarist.AnlagenvomTyp Tokamak die derzeitigen Zugpferde der Forschung arbeiten bisher nur im gepulsten Betrieb. Wichtiges Forschungsziel sind daher so genannte Advanced Szenarios, die Langpuls Betrieb oder sogar den Dauerbetrieb der Tokamaks möglich machen sollen.eineattraktivealternativebietetdervonvornehereinzumdauerbetriebfähigebautyp Stellarator. Mit dem Aufbau des Stellarator Experimentes Wendelstein7 X in Greifswald liegt hier ein besonderer Schwerpunkt des deutschen Fusionsforschungsprogramms. Um die physikalischen Grundlagen für die Auslegung und den effizienten Betrieb künftiger Kraftwerke zu erarbeiten, müssen die bestehenden Experimente JET
13 und ASDEX Upgrade optimal genutzt und die im Bau befindlichen Anlagen ITER und Wendelstein7 X möglichst zügig fertig gestellt werden. Die experimentellen Arbeiten werden begleitet durch die theoretische Plasmaphysik, die nicht zuletzt wegen der rasanten Entwicklung moderner Hochleistungscomputer gewaltige Fortschritte gemacht hat.vieleexperimentelleergebnissekönnenheutedurchumfangreichenumerischesimulationen quantitativ nachvollzogen werden. Ziel ist letztlich ein numerisches Fusionskraftwerk,alsoSimulationenaufSuper Computern,welchedieExperimenteanWendelstein7 XundITERaufdasDemonstrationskraftwerkhinextrapolierenkönnen. DerSchrittnachITERisteinDemonstrationskraftwerk(DEMO),daserstmaligStromaus Kernfusionerzeugensoll.DEMOmussallewesentlichenKomponenteneineskommerziellen Fusionskraftwerks enthalten und soll eine elektrische Leistung im Bereich 1 1,5 Gigawatt liefern (siehe z.b. Abbildung 8 rechts und Abb. 9). Parallel zur Klärung der grundlegendenphysikalischenvoraussetzungensindfürdierealisierungeinesdemonstrationskraftwerkswesentlicheneuetechnologischeentwicklungennotwendig. Abbildung9:KonzepteinesBrutmantel Elements,dasbeietwa650 o CmitzweiFlüssigkeitengekühltwird.6 Der Brutmantel, das Herz eines zukünftigen Fusionskraftwerkes, hat die Aufgabe, die energiereichen Fusionsneutronen aufzufangen, herunterzukühlen und dabei aus Lithium das für die Fusionsreaktion benötigte Wasserstoffisotop Tritium abzuspalten. Die aus der kinetischen Energie der Neutronen umgewandelte WärmewirdübereinenklassischenKühlkreislaufzurStromerzeugungineinemGeneratorverwendet. An erster Stelle ist hier die Entwicklung geeigneter Baumaterialien für die stark mit Neutronen belasteten Komponenten im Plasmagefäß (Brut Blanket, Divertor) zu nennen. Durch die Bestrahlung mit energiereichen Neutronen(14 MeV) wird, ähnlich wie beikernkraftwerken,dasmaterialderfusionskammeraktiviert.beieinereinsatzdauer vonfünfjahrenunterkraftwerksähnlichenbedingungenmüssendiesematerialieneiner Belastung von ca. 150 dpa ( displacements per atom ) standhalten, ohne zu verspröden 7. Hierbei spielt die Temperatur eine wesentliche Rolle. Die derzeit verfügbaren ferritischen Stähle(z.B. EUROFER) werden optimal bei Temperaturen von ca GradCelsiusbetrieben.DurchdieBestrahlungwirddasumgebendeMaterialaußerdem aktiviert.imgegensatzzudenspaltbarenbrennstoffmaterialieneineskernkraftwerkes habendiedabeientstehendenradioaktivenstoffejedochrelativkurzehalbwertszeiten, sodassdiereststrahlungbereitsnachetwa JahrenaufdasbiologischeGefährdungspotenzialderAscheeinesKohlekraftwerksgleicherLeistungabgefallenist.Damit
14 wird keine geologische Endlagerung benötigt, sondern das Material kann nach einiger ZeitfürneueKraftwerkewiederverwendetwerden.EinewichtigeInfrastrukturfürdie Qualifizierung zukünftiger Materialien ist die geplante International Fusion Materials IrradiationFacility (IFMIF),eine14MeV Neutronenquelleund bestrahlungsanlage,die gegenwärtig in einer europäisch japanischen Kooperation vorbereitet wird. Weitere technologischeherausforderungensinddieentwicklungdesbrutprozesseszurgewinnungdesfürdiefusionsreaktionbenötigtentritiumsauslithium,desbrennstoffkreislaufs mit Tritium Extraktion sowie von Hochtemperatur Kühlungstechnologien und strahlungsunempfindlichen Diagnostiken. In all diesen Bereichen werden Konzepte in ITER getestet werden, die dann den gewonnenen Erkenntnissen entsprechend angepasstundaufdemo Bedingungenskaliertwerdenmüssen.AlsBeispielistinAbb.9das Konzept eines mit zwei verschiedenen Flüssigkeiten gekühlten Brut Blankets gezeigt, das Herz eineszukünftigenfusionskraftwerkes. Abbildung10:FahrplanfürdieEntwicklungderFusionzurEnergiequelleaufdem Fast Track Der Fahrplan für die Entwicklung der Fusion zu einer neuen, kommerziell nutzbaren Energiequelleistgutvorgezeichnet(sieheAbb.10).Eristeinerseitssehrehrgeizig,und siehtzwischeniterundeinemkommerziellenfusionskraftwerknurmehreinenzwischenschrittdemovor(daswirdals FastTrack bezeichnet).andererseitsliegtdasziel wegenderfürdieeinzelnenschrittenötigenzeitimmernochetwa40jahreinderzukunft. Parallel zueinander muss die physikalische Grundlagenforschung für Tokamaks und Stellaratoren sowie die Entwicklung der notwendigen Materialien und Technologien auf ein Fusionskraftwerk hin optimiert und verstärkt werden. Die wichtigsten nächstenmeilensteinefürdieeuropäischeforschungsind:inbetriebnahme(2014)und vollständigerausbau(2019)desstellaratorswendelstein7 X.Beidemderzeitgrößten TokamakJETwird,bevordasExperimentinseinenwohlverdientenRuhestandgeht,für etwa2015einweitereswichtigesdeuterium Tritium Experimentgeplant.Paralleldazu mussdieentwicklungderneutronenbestrahlungsquelleifmifvorangetriebenwerden, umdiestruktur undwandmaterialienfüreinkraftwerkrechtzeitigvordembauinder Hand zu haben. Die Inbetriebnahme von ITER ist für 2019 und das erste D T Experi
15 mentimjahr2026geplant.wennallesgutgeht,kannbereitsparallelzumbetriebvon ITER mit der Planung und relativ kurz nach Abschluss der wichtigsten ITER Experimente mit dem Bau des Demonstrationsreaktors DEMO begonnen werden, der nach derzeitigem Kenntnisstand sehr wahrscheinlich ein Tokamak sein wird. Da jeder der internationalen ITER Partner an dem Aufbau einer eigenen Fusionsökonomie interessiertist,wäreesideal,gemeinsammitderindustriederjeweiligenländermehrereverschiedene DEMOs parallel aufzubauen, unter denen durchaus auch ein Stellarator sein könnte. Der erste Fusionsstrom könnte bereits im Jahr 2040 ins Netz fließen. Für den Bau ökonomisch attraktiver kommerzieller Fusionskraftwerke wird jedoch sicherlich eineweiteredekadenotwendigsein.insgesamtistdieinabb.1unterstellteannahme realistisch,wennauchsehrsportlich,dassfusionsstromab2050zurverfügungstehen unddanneinenwesentlichenanteilzumenergiemixinderzweitenhälftedesjahrhunderts beitragen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir unsere Anstrengungen nochverstärkenundinsbesondereeineneuegenerationvonwissenschaftlernundingenieurenfürdieenergiegesellschaftderzukunftausbilden.aberdiemühelohntsich! Danksagung:IchmöchtemichbeimeinenKolleginnenundKollegenimMax Planck Institut für Plasmaphysik bedanken für die vielfältige Hilfe und Unterstützung, insbesondere aberbeifrauprof.s.günter,herrnprof.t.klingerundfrauisabellamilchfürdiekritischedurchsichtdestextesundwichtigeanregungen. 1http://esa.un.org/unpp/ 2Internationalclimatepolicyarchitectures:OverviewoftheEMF22InternationalScenarios;L.Clarke,J. Edmonds,V.Krey,R.Richels,S.Rose,M.Tavoni,EnergyEconomics31(2009)S64 S81 3Sieheauch:ClimateChange,NuclearPowerandNuclearProliferation:MagnitudeMatters,R.Goldston, PrincetonUniversitywww.pppl.gov/pub_report/2010/PPPL 4502.pdf 4A.Bradshawin:DieZukunftderEnergie,hrsg.PeterGrussundFerdiSchüth,C.H.Beck(2008),S.295 5ITERwirdgetragenvonEuropamit45%derBaukostensowieChina,Indien,Japan,Südkorea,Russland undusamitjeweils9%.diekostenschätzungenfüreuropahabensichindenletztenjahrenleider dramatischerhöht,vonursprünglich2,7mrd aufetwa7mrd (StandJuni2010).GründefürdieseKostensteigerungsindwichtigeneueElementeimMaschinenentwurf,dienacheiner2007durchgeführten Begutachtungdes2001eingefrorenenDesignsnötigwurden,derextremePreisanstiegbeiRohstoffen undmaterialienindenletztenjahrensowieeinsehroptimistischeransatzbeiderkostenschätzungdes Jahres aus:Aconceptualstudyofcommercialfusionpowerplants(PPCS),EFDA RP RE 5.0(2004) 7ZumVergleich:dieNeutronenbelastungderentsprechendenKomponenteninITERwirdwegenderviel geringereneffektivenbetriebszeitinsgesamtunter2dpaliegen.
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