Wanderung am

Transkript

1 Das Ilmtal Ilmwehr an der Schaukelbrücke Wanderung am r.zehle/ Ilmtal, Aug.,

2 E ndlich bot sich mir die Gelegenheit, den Ilmpark bei Weimar mit einem Kenner zu erwandern. Meine Kenntnis reichte nur bis zum Gartenhaus Goethes. Unser Wanderleiter Norbert Much ist in Weimar unmittelbar neben dem Park aufgewachsen. Unter seiner Leitung sollte eine Wanderung durch das Ilmtal stattfinden und der Park ist Teil dieses Tales. Allerdings begann die Fahrt mit der DB dorthin mit einer Panne. Als ich zum Bahnhof kam, wollte mich Norbert nicht mitnehmen, denn er hatte schon die Fahrkarten für 15 Wanderfreunde, d.h. 3 Sachsen- Anhalt- Tickets für je 5 Personen, gekauft. Er hatte meine rechtzeitige Anmeldung per übersehen. So fuhr ich eben als Schwarzfahrer mit. Ich hatte bei den vielen Wanderfahrten die Erfahrung gemacht, dass die Schaffner die Anzahl der Wanderfreunde nicht überprüfen. Wenn man allerdings als einzelner Fahrgast schwarzfährt, ist das etwas schwieriger, wie ich es aus meiner Studentenzeit weiß. Wir fuhren über Leipzig und Gera nach Mellingen, einem kleinen Ort am Rande des Ilmtales. Dort begann unsere Wanderung. Wir liefen quer durch das Dorf zu einem asphaltierten Radwanderweg. Ihm folgten wir bis Oberweimar. In Oberweimar sind die evangelische Skt. Peter und Paulskirche sowie ein Bienenmuseum sehenswert. Wenige 100m weiter beginnt schon der Ilmpark, bei dessen Planung und Gestaltung natürlich der Geheimrat auch mitgewirkt haben soll. Wir verließen den heute sehr viel benutzten Radweg und spazierten zur Schaukelbrücke. In der Nähe befindet sich auch ein kleines Wehr. (Siehe Titelbild). Jürgen versucht hier noch einen Schwan mit nicht vorhandenem Futter zu veräppeln. Auf dem Weg zum Römischen Haus kamen wir an der Villa Haar vorbei. Sie wurde von einem Industriellen aus Weimar gebaut. Sie liegt auf dem östlichen Ufer des Ilmtales. Wir wollten uns natürlich das Gebäude aus der Nähe ansehen. Aber die jetzigen Herren machten schon unten, bevor man die Treppen erklimmt, klar, dass hier r.zehle/ Ilmtal, Aug.,

3 Künstlerunter sich sein wollten. Es war durch das Laub der Bäume nicht möglich, dieses Haus zu fotografieren. Aber dank Internet haben wir trotzdem ein Bild davon. Der Rasen und die Bäume wirkten in ihrem Grün frischer und nicht so herbstlich strapaziert, wie in der Dessauer Umgebung. Es wirkt sich offensichtlich die größere Niederschlagsmenge in Thüringen positiv auf das Wachstum aus. Der überdurchschnittlich heiße Sommer hat nach meinen Beobachtungen im Regenschatten des Harzes, also im Köthen- Dessauer Raum, den Pflanzen mehr geschadet, obwohl wir während der Wanderung und vom Zug aus viele nicht abgeerntete graue Weizenfelder beobachtet haben. Bei herrlichstem Wetter wanderten wir durch die grünen Wiesen des Parkes zur Ostseite des Tales zum Römischen Haus, das zwischen 1791 und 1798 als Gartenhaus für den damaligen Herzog Carl August erbaut worden ist. Es ist im frühen klassizistischem Baustil errichtet worden. Charakteristisch ist seine Anlehnung an den römischen Tempel. Die Anregung dazu brachte Goethe von seiner Italienreise mit. Durch seine exponierte Lage an der westlichen Längsseite hat man von hier aus einen weiten Überblick über das sich nördlich und südlich erstreckende Ilmtal und zum Gartenhaus Goethes. Nach dem Tode Carl Augusts 1828 wurde das Gartenhaus nur noch selten bewohnt. Ab 1844 wurde das Haus dem Erbgroßherzog Carl Alexander überlassen. Heute wird es als ein für die Öffentlichkeit zugängliches Museum genutzt und beherbergt eine Dauerausstellung zur Geschichte des Weimarer Ilmparkes. r.zehle/ Ilmtal, Aug.,

4 Der graue Fleck im Bildmittelpunkt des linken Bildes der vorigen Seite als Hintergrund einer Sichtachse ist ein Teil von Goethes bekanntem Gartenhaus, so dass der Herzog Karl August immer seinen Minister in Sichtweite hatte. Die Wandergruppe ließ sich im angenehmen Schatten neben dem Wannenbrunnen im unteren Teil des Römischen Hauses zur Rast nieder, um Kraft zu schöpfen für den zweiten Teil der Wanderung, die am Eingang des Römischen Hauses begann. Wir liefen weiter auf dem Westufer des Ilmtales nach Norden. Norberts nächstes Ziel war die Parkhöhle. Der Eingang befindet sich am Rande des Ilmparks in unmittelbarer Nachbarschaft zum Franz-Liszt-Haus. Eine breite Treppe führt 12m hinunter zur Höhle. Natürlich mussten wir dorthin. Wir waren geschwitzt und in 12m Tiefe war es doch sehr kühl. Ein Eintrittspreis von 3,50 überzeugte uns davon, wieder ans Tageslicht zurückzukehren. Der ehemalige Ausgang befindet sich am so genannten Nadelöhr des Parks. In den Jahren 1794 bis 1797 ließ Herzog Carl August diese Felsenkeller und Stollen ursprünglich zu dem Zwecke anlegen, sie für eine unterirdische Brauerei mit Lagerung des von ihm geschätzten Porterbieres sowie für die Ableitung von Abwässern zu nutzen. Die geplante Brauerei wurde jedoch niemals realisiert. Bis 1805 wurde in den Stollen der Abbau von Travertin für den Wegebau betrieben. Johann Wolfgang von Goethe hatte hier bereits als 20-Jähriger Fossilien gesammelt. 105 Objekte seiner umfassenden geowissenschaftlichen Sammlung stammten aus den Weimarer Travertinen. Später diente die Parkhöhle als Wandelgang und als Lager für Bier und Holzkohle. Im Dritten Reich sollte das zwölf Meter tief gelegene Höhlensystem ursprünglich als Luftschutzbunker für die Gauleitung unter Fritz Sauckel dienen. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Stollensystem dann weiter ausgebaut und diente auch für die Weimarer Bevölkerung als Luftschutzraum. Während die Große Parkhöhle seit dem Krieg noch erhalten blieb, ließ man die Kleine Höhle und die Stollen westlich der Belvederer Allee Ende der 1970er Jahre verfüllen. Ich hätte eine solche interessante Höhle im Ilmpark nicht erwartet und auch nicht gesucht. Erwartet hatte ich allerdings die folgenden Sehenswürdigkeiten des Parkes. Man muss manchmal genau hinsehen, ob eine Ruine als eine solche gebaut worden ist oder ob tatsächlich kriegerische Handlungen zu einer Ruine geführt haben. Letzteres ist bei der Ruine des Tempelherrenhauses der Fall. r.zehle/ Ilmtal, Aug.,

5 Das Templerherrenhaus entstand zwischen 1811 und 1823 im Neogotischen Stil durch den Umbau eines Salons. Das Bauwerk wurde 1945 durch Bomben zerstört, sodass heute nur noch eine Ruine übrig ist. Im Unterschied zum Templerherrenhaus ist die Ruine der sog. Schützenmauer hinter dem Denkmal von William Shakespeare nicht durch Zerstörung entstanden. Sie ist stattdessen ein Werk aus der Zeit der Romantik, als es Mode war, Parkanlagen mit künstlichen Ruinen auszuschmücken. Die Wertschätzung Shakespeares hat in Weimar seit Goethes Tagen Tradition die Aufführungen seiner Dramen am hiesigen Theater und Wielands Übersetzungen machten Weimar schon früh zu einem Ort der Shakespeare- Verehrung. So wundert es nicht, dass sich zum 300.Geburtstag des englischen Dichters im Jahr 1864 in Weimar die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft gründete. Sie fasste kurz nach der Jahrhundertwende den Plan, ein Shakespeare-Denkmal zu errichten, das erste und bis heute einzige auf dem europäischen Festland. Vorbei am Borkenhäuschen, das zu Goethes Zeiten als Abstellmöglichkeit bei Aufführungen von Theaterstücken im Park genutzt worden ist, verließen wir durch das Nadelöhr den Park. Ich würde mich nicht wundern, wenn dieses Nadelöhr nicht auch irgendetwas mit dem Herrn Geheimrat zu tun hätte. Es gäbe sicherlich noch viel zu besichtigen im Ilmpark, aber Norbert hatte sich vorgenommen, uns noch den historischen Friedhof zu zeigen. Dazu mussten wir die Stadt durchqueren, denn er befindet sich im Südwesten der Stadt. Der Historische Friedhof in Weimar ist einer der meistbesuchten Friedhöfe Deutschlands. r.zehle/ Ilmtal, Aug.,

6 Hier finden sich die Grabstätten zahlreicher namhafter Persönlichkeiten wieder. Der 1818 eröffnete Friedhof ist eine Parkanlage mit altem Baumbestand und liegt auf einer Anhöhe. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit ist die Weimarer Fürstengruft. Die Fürstengruft diente ausschließlich als Grabstätte des großherzoglichen Hauses von Sachsen-Weimar-Eisenach, mit Ausnahme der beiden großen Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, welche auf Wunsch von Großherzog Carl August ebenfalls hier beigesetzt wurden, um auch im Tode mit dem Großherzog vereint zu sein. An der Rückwand der Fürstengruft befindet sich die Russisch-Orthodoxe Kapelle, welche auf Wunsch von Großherzogin Maria Pawlowna (Tochter des russischen Zaren Paul. I. und Ehefrau des Großherzogs Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach) über ihrem Grab errichtet wurde. Weitere Grabmale und Grabkapellen wohlhabender Weimarer Familien, bekannter Künstler und Wissenschaftler, wie des Komponisten Johann Nepomuk Hummel, des Dirigenten Hermann Abendroth und der Familienmitglieder des Geheimrates befinden sich entlang der umliegenden Friedhofsmauern. Nach dem Besuch dieses denkwürdigen Platzes deutscher Geschichte und Literatur wollten wir uns wieder des Lebens erfreuen und stürzten uns in das Gewühl der von Touristen übervollen Stadt. Bei diesem herrlichen Wetter waren natürlich alle Freisitze gut besucht. Wir fanden aber dennoch ein Plätzchen im Schatten und ließen uns von der Gastronomie verwöhnen. Nachdem sich die alle Wanderfreunde gestärkt und ausgeruht hatten, traten wir den Weg zum Bahnhof an. Wanderungen, die nicht nur die sportliche Bewegung an der frischen Luft und in schöner Landschaft beinhalten, sondern auch den Besuch von historisch interessanten Stätten, sind natürlich etwas schwieriger in der Organisation und Vorbereitung, aber sie beinhalten einen Zugewinn an Kenntnissen aus Geschichte, Literatur, Geologie usw. Vielen Dank dem Wanderleiter Norbert Much. Übrigens mündet die Ilm bei Bad Sulza in die Saale, habe ich bei einer früheren Wanderung gelernt. r.zehle/ Ilmtal, Aug.,