Massnahmen zur Gewährleistung eines schonenden Fischabstiegs an grösseren mitteleuropäischen Flusskraftwerken
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- Irmela Geiger
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1 Eidgenössisches Departement für_x000b_umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Energie BFE Jahresbericht 2011 Massnahmen zur Gewährleistung eines schonenden Fischabstiegs an grösseren mitteleuropäischen Flusskraftwerken
2 Auftraggeber: Bundesamt für Energie BFE Forschungsprogramm Wasserkraft CH-3003 Bern Industriepartner und Kofinanzierung: Verband Aare-Rheinwerke Rütistrasse 3A CH-5401 Baden swisselectric research Seilerstrasse 3 Postfach 7950 CH-3001 Bern Auftragnehmer: ETH Zürich Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) Gloriastrasse 37/39 CH-8092 Zürich Autoren: Prof. Dr. RobertBoes, VAW, boes@vaw.baug.ethz.ch Dr. Ismail Albayrak, VAW, albayrak@vaw.baug.ethz.ch Carl Robert Kriewitz, VAW, kriewitz@vaw.baug.ethz.ch BFE-Bereichsleiter: BFE-Programmleiter: BFE-Vertragsnummer: Dr. Michael Moser Dr. Klaus Jorde SI/ Für den Inhalt und die Schlussfolgerungen sind ausschliesslich die Autoren dieses Berichts verantwortlich. 2/6
3 Zusammenfassung Mit rund 57% der Produktion übernimmt die Wasserkraft in der Schweiz die bedeutendste Rolle bei der Versorgung des Landes mit elektrischer Energie. Sie ist erneuerbar und lässt sich sowohl zur Regulierung der Netze und Bereitstellung von Spitzenstrom durch Speicherund Pumpspeicherkraftwerke als auch zur Herstellung von kontinuierlicher Bandenergie durch Flusskraftwerke einsetzen. Die Wasserkraft wird deshalb auch in Zukunft mit der Entwicklung weiterer erneuerbarer Energien wie Sonne und Wind ihre zentrale Stellung in der schweizerischen Elektrizitätsversorgung beibehalten, muss sich aber gleichzeitig neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Gewässerschutzgesetzgebung stellen. Insbesondere das mit dem Inkrafttreten des revidierten Gewässerschutzgesetzes im Januar 2011 vorgeschriebene Ziel, die wesentlichen, durch den Menschen verursachten Gewässerbeeinträchtigungen (unterbrochene Durchgängigkeit, gestörter Geschiebehaushalt, Schwall / Sunk) innert 20 Jahren zu beseitigen, stellt eine grosse Aufgabe für die Energiewirtschaft, aber auch die Kantone dar. Flusskraftwerke können bei der flussaufwärts- und flussabwärts gerichteten Wanderung von Fischen ein Hindernis darstellen. Insbesondere der für die Arterhaltung einiger in mitteleuropäischen Fliessgewässern vorkommender Fischarten wichtige Fischabstieg ist beim aktuellen Ausbaustandard der Anlagen beeinträchtigt (vgl. Fig. 1). Ziel des Forschungsprojektes ist es, bauliche Massnahmen zum Fischabstieg zu prüfen und so weiterzuentwickeln, dass sie sowohl aus fischökologischer als auch betrieblicher Sicht erfolgreich und ökonomisch eingesetzt werden können. Ohne die Entwicklung baulicher Massnahmen zur Gewährleistung des schonenden Fischabstiegs sind Betreiber auf betriebliche Einschränkungen angewiesen, die eine erhebliche Reduktion der Stromproduktion zur Folge hätten. Diese ist aber auch ökologisch unerwünscht, da sie im Gegensatz zum stetig steigenden Strombedarf steht, der dann zu einem grossen Teil durch klassische, nicht erneuerbare Energien oder Stromimporte gedeckt werden müsste. Die Kantone wiederum sind verpflichtet, notwendige Sanierungsmassnahmen zu planen und die Umsetzungsfristen festzulegen. Fig. 1: Prinzip der Fischabwanderungan Flusskraftwerken: Rot markiert ist der potentiell schädigende Abwanderungskorridor durch das Krafthaus ohne geeignete Fischleitsysteme und Bypässe. Blau markiert sind schonende, alternative Abwanderungsoptionen, die eine Schädigung der Fische verhindern können, deren Bemessung bis heute aber nicht sicher möglich ist. 3/6
4 Dasinterdisziplinäre Forscherteam aus Ingenieuren und Biologenhat das Ziel, Kraftwerksbetreibern und BehördenBemessungsgrundlagen bereitzustellen, die die Einrichtung fischökologisch wirksamer, betriebssicherer und hydraulisch optimierter Fischschutzeinrichtungen ermöglichen. Projektziele Im Rahmen des Forschungsprojektes werden - abgestimmt auf die schweizerischen und mitteleuropäischen Flussfische, deren Wanderverhalten, die Reaktion auf die hydroelektrischen Systeme und das Schädigungspotential durch die einzelnen Anlagenteile - innovative bauliche Massnahmen zur Einrichtung eines funktionierenden Fischabstiegs an grösseren Flusskraftwerken untersucht und entwickelt. Dies wird in folgenden Projektblöcken umgesetzt: Einem Literatur- und Massnahmenstudium folgend werden hydraulische Modellversuche an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich durchgeführt, um einerseits bekannte Massnahmentypen auf ihre Anwendbarkeit bei hiesigen Bedingungen zu überprüfen und andererseits neue Konzepte zu entwickeln und testen. Dazu werden sowohl die grossräumigen als auch die lokalen Strömungsverhältnisse an Schutz- und Leiteinrichtungen und Bypässen untersucht. Die im Modell erfolgreich getesteten Massnahmentypen werden danach an einem Prototypkraftwerk umgesetzt und ihre Effizienz durch passives und aktives Fischmonitoring bestimmt. Zudem erfolgen bereits im Vorfeld Migrationsuntersuchungen am nicht modifizierten Prototypkraftwerk, um die Wirksamkeit gegenüber dem Ist-Zustand quantifizieren zu können. Wichtiger Bestandteil des aktiven Fischmonitoringsist die Aufzeichnung der Fischbewegungen im Nahbereich des Kraftwerkszur Auffindung eventueller Schwachstellen in Leitsystemen, sodass deren Optimierung auch am Prototyp fortgesetzt werden kann. In der Synthese aller Projektblöcke werden die Ergebnisse der Modellversuche und der Prototypuntersuchung zu einem bestpractice -Bericht zusammengefasst. Der darin enthaltene Bemessungsleitfaden wird Kraftwerksbetreibern und Behördendie Vorauswahl von Massnahmentypen für ähnlich dimensionierte Fischschutzsysteme ermöglichen und damit einen wichtigen Betrag zur nachhaltigen Nutzung der Wasserkraft leisten. Durchgeführte Arbeiten und erreichte Ergebnisse Das Projekt wurde im ersten Quartal des aktuellen Jahres 2011 gestartet und erreichte bisher folgende Fortschritte: Der allgemeine Teil des Literaturstudiums mit dem Fokus auf den fischbiologischen Zustand der Zielgewässer Aare, Rhein, Reuss und Limmat wurde durch die Eawag fertig gestellt. Der Bericht Fischabstieg bei Wasserkraftanlagen liegt als Entwurf vor und wird entsprechend der Rückmeldungen der Projektpartner überarbeitet. Ferner wurde ein Massnahmenkatalog zu bestehenden Fischschutzmassnahmen,wie z.b. Tauchwände; Louver und Rechen, durch die VAW ausgearbeitet. Er war Grundlage für die Planung der Versuchsanordnungen sowohl am Grossmodell als auch bei der Entscheidung hin zur Erweiterung des Projektes um die Durchführung von Detailuntersuchungen in Versuchsrinnen. Ein Betreiberfragebogen zur Erfassung der Kraftwerkskenngrössen aller VAR Mitgliedskraftwerke wurde erstellt und versandt. Anhand der Ergebnisse der Umfrage konnten die massgebenden hydraulischen, morphologischen und betrieblichen Parameter der Untersuchung evaluiert und festgelegt werden. Die Modellbauplanung des Grossmodells an der VAW wurde abgeschlossen. Das Modell bildet ein typisches Blockkraftwerk an der Aare mit natürlichem Umgehungsgerinne nach und wird im Massstab 1:35 ausgeführt (vgl. Fig. 2). Es hat danach eine Länge von ca. 20 m, eine maximale Breite von 7 m und wird mit einem maximalen Durchfluss von 150 l/s 4/6
5 betrieben. Zur Bestimmung grossräumiger, oberflächennahen Strömungsstrukturen kommt ein PIV- System (Particle Image Velocimetry) zum Einsatz, während lokale Strömungsverhältnisse und -geschwindigkeiten mittels ADV (Acoustic Doppler Velocimeter) und HWA (Hot WireAnemometer) aufgenommen werden. Die Fertigstellung des Modells ist für Ende März 2012 geplant. Ein wichtiges Ziel neben der eigentlichen Forschungsarbeit stellt bei diesem transdisziplinären Projekt die Kommunikation der Projektpartner dar. Es wurden neben der Startsitzung drei weitere Projektsitzungen durchgeführt und eine Begleitgruppe unter Beteiligung von Behörden- und Umweltverbandsvertretern ins Leben gerufen wurde. Fig. 2: 3D-Modell des hydraulischen Modells an der VAW:20 m lange und7 m breite Versuchsrinne mit Kraftwerk (1) und modularer Oberwassergeometrie (2). Nationale Zusammenarbeit Das Forschungsprojekt wird finanziell im Wesentlichen vom Verband Aare-Rheinwerke unterstützt.in diesem Zusammenhang besteht enger Kontakt zu dessen Mitgliedskraftwerken in der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Neben dem Einholen von Betreibererfahrungen im Rahmen der Literatur- und Massnahmenanalyse wurde so z.b. ein Fischmonitoring am Umgehungsgerinne des Kraftwerks Ruppoldingen (axpo AG) für den März des Jahres 2012 vereinbart. Zusätzlich konnte auch eine Zusammenarbeit ausserhalb des Verbandsrahmens mit dem Kraftwerk Biomill, Laufen an der Birs vereinbart werden. Hier wird ebenfalls ein natürliches Umgehungsgerinne mittels Monitoring untersucht. Die Arbeiten dazu begannen bereits im Dezember Internationale Zusammenarbeit Eine internationale Zusammenarbeit wurde im Jahre 2011 durch die Kontaktaufnahme mit diversen nordamerikanischen Experten auf dem Gebiet der Ökohydraulik angestrebt. Dabei stand beim aktuellen Projektstatus die Schilderung der Projektidee und der Erfahrungs- und 5/6
6 Ideenaustausch im Vordergrund. Diese Zusammenarbeit soll im Jahr 2012 durch den Besuch ausgesuchter, mit Fischabstiegstechnologien ausgestatteter Kraftwerke intensiviert werden. Ausblick 2012 In der ersten Hälfte des Jahres 2012 werden der Bau des Grossmodells mit geradliniger Oberwasserführung abgeschlossen und mit der Durchführung systematischer Versuchsreihen begonnen.eingangs erfolgen die Kalibrierung des Modells und die Aufnahme der Strömungsverhältnisse im Oberwasser des Kraftwerkes für den unverbauten Zustand ohne Leitsysteme und Abstiegshilfen. Danach werden unterschiedliche Leit- und Bypasssysteme wie Rechenanlagen, Louver und Tauchwände untersucht und optimiert, wobei zwei Untersuchungsschwerpunkteexistieren. Der erste ist die Bestimmung der fischökologisch relevanten Parameter wie Fliessgeschwindigkeit, Geschwindigkeitsverteilung, Druckverlauf und Turbulenzgrad. Der zweite Schwerpunkt wird auf die Ermittlung der Auswirkungen der verschieden Massnahmentypenauf das Kraftwerk gesetzt. Hier interessieren insbesondere Druckhöhenverluste unddie Veränderung der Turbinenanströmung als Indikator für die Energieproduktion nach dem Umbau, aber auch das Verhalten der unterschiedlichen Massnahmentypen in Hochwassersituationen, bei Schwemmholzaufkommen oder bei erhöhtem Geschiebetrieb. Da die massstabsbehafteten Versuche nur indirekte Schlüsse auf das Fischverhalten zulassen, kann die Detailuntersuchungen ausgesuchter Leiteinrichtungstypen in Modellrinnen Vorteile bieten und ist für die zweite Jahreshälfte geplant. Wenngleich auch diese Versuche nicht mit lebenden Fischen durchgeführt werden, so erfolgen sie aber bei grösseren Massstabsverhältnissen und erlauben die genauere Betrachtung von Mikroströmungsstrukturen. Nach Abschluss der Modelluntersuchung soll ab Herbst 2012 die Montage des favorisierten Fischschutzsystems am Prototypkraftwerk beginnen und in der Folge dessen Wirksamkeit mittels Fischmonitoring eingeschätzt werden. 6/6
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