Entwicklungen bei der Konservierung von Kühlschmierstoffen Nynas Industrieschmierstoff-Forum 2018

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1 Entwicklungen bei der Konservierung von Kühlschmierstoffen Nynas Industrieschmierstoff-Forum 2018 Roland Stopp Stuttgart, 16. April 2018

2 Warum Biozide in Kühlschmierstoffen? Wasser ist Leben auch für Pilze, Bakterien auch im Betrieb Kühlschmierstoff besteht vor allem aus Wasser, zirkuliert über Monate offen in Betrieben und muss vor Verkeimung geschützt werden 2

3 Methoden zur Verhinderung und Bekämpfung von Keimen Chemische Methoden Zugabe geeigneter Chemikalien in Konzentrat oder Kreislauf Nicht alle wirksamen Chemikalien sind erlaubt seit 1998 (Biozid-Richtlinie 1998 / Biozid-Verordnung 2012) Mechanische Methoden Molchen, mechanische Reinigung Filtration Spülen, Systemreinigung Sonstiges Design der Anlage Antimikrobielle Oberflächen UV-Strahlung & Ultraschall Hitzebehandlung 3

4 Wässrige Produkte brauchen Schutz durch Biozide Beispiel Haushaltschemikalien Trotz hoher hygienischer Produktionsstandards Trotz Lagerung in geschlossenen Behältern Extreme Bedingungen für KSS Ideales Umfeld für Verkeimung Offene Kreisläufe Monatelange Zirkulation Wärme Feuchträume Anwesenheit von Menschen Besonderer Schutz durch Biozide notwendig Schutz durch Biozide nötig 4

5 Entwicklung des Biozideinsatzes in Kühlschmierstoffen Phenole wie in den ersten Desinfektionsmitteln Formaldehydabspalter & Isothiazlinone Biozidfreie Kombinationen von Aminen Mehr Prozesssicherheit mit XY- Kühlschmierstoffen Bor- und biozidfreie Kühlschmierstoffe von XY universell einsetzbar... Moderne Kühlschmierstoffe berücksichtigen den Arbeitsschutz Mit einem breiten Sortiment an wassermischbaren Kühlschmierstoffen, die formaldehyd- und biozidfrei sind Bis ca Seit ca aktuell 5

6 Amine in Kühlschmierstoffen Biostabilisierende Wirkung von Aminen Recent test results show that amines have both good corrosion protection properties and a microbicide-supporting effect ( ) Quelle: Paulus Directory of Microbicides 2005, S. 216) The effect of amines on the alkaline reserve enables a significant extension of the lifespan of the metalworking fluids Quelle: Deutscher Amin-Hersteller, Amines for MWF, Selection guide 11/2016 Biozidverordnung 528/2012: Artikel 3, Begriffsbestimmungen: Biozidprodukt bezeichnet jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch ( ) der/das dazu bestimmt ist (...) Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Amines xyz: Economical emulsification and bio stability in metalworking fluids Quelle: Produktmerkblatt eines amerikanischen Amin-Herstellers, 2016 Amine werden also in KSS häufig als Biozidprodukte verwendet 6

7 Zulässige Biozidwirkstoffe zur Konservierung von KSS Wenig Auswahlmöglichkeit, trotz 23 gemeldeter Biozidwirkstoffe HHT (Oxazolidin / MBO) MBM HPT EDDM Formaldehydabspalter Benzyloxymethanol TMAD CTAC, cis-ctac DMDMH EDHO Isothiazolinone CMIT/MIT MIT BIT BBIT OIT Phenolische Wirkstoffe OPP CMK Sonstige 2-Phenoxyethanol DBNPA IPBC Na-Pyrithione Diamine Amine 7

8 Amine für den Einsatz in KSS Ca. 30 verschiedene Amine werden für KSS empfohlen Dicyclohexylamin Monoethanolamin Triethanolamin Monoisopropanolamin Diisopropanolamin 3-(Dimethylamino)-propylamin Dimethylethanolamin Methyldiethanolamin Diglycolamin Offizieller Einsatzzweck Diethylethanolamin Dibuthylethanolamin Octyldiethanolamin Butyldiethanolamin N-Methylethanolamin Ethylethanolamin Dimethylisopropanolamin Methyldiisopropanolamin Octylamin 3-Methoxypropanolamin Alkalipuffer Korrosionsinhibitor Emulgator 2-Ethylhexylamin Di-2-Ethylhexylamin Tridecylamin Isomerenmischung 3-Amino-4-octanol alpha-(2-aminomethylethyl)-omega-(2- aminomethylethoxy)-poly(oxy(methyl- 1,2-ethanediyl)) 2-(2-Aminoethoxy)ethanol Diethanolamin N-(3-Aminopropyl)-N-dodecylpropan- 1,3-diamin 1) 1) PT13 Biozid 8

9 Biozide sind Chemikalien unter besonderer behördlicher Kontrolle Risiken beim Einsatz von Chemikalien Gesundheitsgefährdung der Anwender: Einatmen Penetration durch die Haut Hautallergie Biozidverordnung 528/2012: Artikel 1 Ziel und Gegenstand (1) Ziel dieser Verordnung ist es, ( ) die Verwendung von Biozidprodukten bei gleichzeitiger Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt zu verbessern ( ) Dem Schutz gefährdeter Gruppen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Gefährdung der Umwelt: Gewässerverschmutzung 9

10 Einschätzung von Risiken in gefährlichem Umfeld Gefährlich (für Zoobesucher)? Gefährlich (beim Baden)?! Die GHS-CLP bietet kaum noch Orientierung zur Einschätzung eines Risikos. Sie zeigt die intrinsischen Gefahren (Löwe gefährlich, Glas gefährlich) Bei der Zulassung von Bioziden werden die Gefahren in jeder Anwendung beurteilt und durch Vorschriften vermieden ( Spaziergang im Zoo zulässig, Glasflaschen im Schwimmbad verboten ) Biozide für PT 13 werden behördlich genau für die Anwendung in Kühlschmierstoffen beurteilt 10

11 VSI bietet Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung Aktuelle Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung von MEA 11

12 VKIS-Stoffliste als Entscheidungshilfe beim Einsatz von Chemikalien in KSS Expertenkommentare zum Einsatz einzelner Chemikalien in KSS 12

13 Bei Bioziden gesetzliche Vorschriften statt Handlungshilfen Vorschrift zur sicheren Verwendung von CMIT/MIT in MWF Früher Spezielle tropfsichere Kleinverpackung für hochkonzentriertes CMIT/MIT für manuelle Dosierung. Heute Gesetzliche Vorschrift zur automatischen Dosierung. 13

14 Biozidfrei als Fortschritt? Biozidfrei -Claims Möglicher Eindruck: Ohne jegliche zugelassene Biozide Risiko irreführender Werbung Biozidfrei -Claims können Risiken bergen 14

15 Empfehlungen Sorgfältige Prüfung jeder Werbung mit biozidfreien Kühlschmierstoffen (Kühlschmierstoff-Hersteller) Klärung der Situation Amine als Biozide in Kühlschmierstoffen (Aminhersteller, KSS-Hersteller, Behörden) 15

16 Zulässige Biozidwirkstoffe zur Konservierung von KSS Wenig Auswahlmöglichkeit, trotz 23 gemeldeter Biozidwirkstoffe HHT (Oxazolidin / MBO) MBM HPT EDDM Formaldehydabspalter Benzyloxymethanol TMAD CTAC, cis-ctac DMDMH EDHO Isothiazolinone CMIT/MIT MIT BIT BBIT OIT Phenolische Wirkstoffe OPP CMK Sonstige 2-Phenoxyethanol DBNPA IPBC Na-Pyrithione Diamine Amine 16

17 Formaldehydabspalter Aufbau und Funktion H 2 O Die Biozidprodukte enthalten keinen oder nur sehr wenig (freien) Formaldehyd Deshalb werden die Biozidprodukte nicht wie Formaldehyd gekennzeichnet Formaldehyd entsteht erst bei Kontakt mit Wasser (im KSS) Formaldehyd bekämpft im KSS die Keime Das Restmolekül hat keine Funktion im KSS Unterschiede in der Zerfallsgeschwindigkeit H 2 O Langsamer Zerfall in Formaldehyd & Rest: N-Formale (MBM) Schneller Zerfall in Formaldehyd & Rest: O-Formale (EDDM) Die meist verwendeten N-Formale: HHT & MBM (Langzeit Konservierung) Das meist verwendete O-Formal: EDDM (Desinfektion) 17

18 Formaldehydabspalter Beurteilung Formaldehyd ist das zuverlässigste Mittel zur Bekämpfung von Keimen Formaldehyd ist als karzinogen 1 B eingestuft worden Formaldehyd gilt als krebserzeugend beim Einatmen Formaldehydabspalter dürften zukünftig alle strenger gekennzeichnet werden Empfehlung Beachtung der Publikationen der ECHA zur Zulassung von formaldehydabspaltenden Biozidprodukten für PT 13 Suche nach Ersatz für die allgemeine Anwendung Unterstützung von Initiativen zur Erhaltung dieser hochwirksamen Biozide 18

19 Zulässige Biozidwirkstoffe zur Konservierung von KSS Wenig Auswahlmöglichkeit, trotz 23 gemeldeter Biozidwirkstoffe HHT (Oxazolidin / MBO) MBM HPT EDDM Formaldehydabspalter Benzyloxymethanol TMAD CTAC, cis-ctac DMDMH EDHO Isothiazolinone CMIT/MIT MIT BIT BBIT OIT Phenolische Wirkstoffe OPP CMK Sonstige 2-Phenoxyethanol DBNPA IPBC Na-Pyrithione Diamine Amine 19

20 Isothiazolinone Kurzportrait Die erfolgreichsten Biozide seit Erfindung von Kathon in den 1970er Jahren Hohe Wirksamkeit in geringer Konzentration Mehrere Varianten (CMIT/MIT, MIT, BIT, OIT, BBIT, MBIT) Starke Allergene, besonders als Konzentrate Bedeutung in KSS CMIT/MIT vor allem als Konzentrat (14%) zur Nachkonservierung BBIT und OIT als Fungizide erfolgreich MBIT Zulassung für PT13 abgelehnt BPR: CMIT/MIT und MIT bereits für PT 13 genehmigt Dosierung nur noch automatisch oder halbautomatisch erlaubt 20

21 Zulässige Biozidwirkstoffe zur Konservierung von KSS Wenig Auswahlmöglichkeit, trotz 23 gemeldeter Biozidwirkstoffe HHT (Oxazolidin / MBO) MBM HPT EDDM Formaldehydabspalter Benzyloxymethanol TMAD CTAC, cis-ctac DMDMH EDHO Isothiazolinone CMIT/MIT MIT BIT BBIT OIT Phenolische Wirkstoffe OPP CMK Sonstige 2-Phenoxyethanol DBNPA IPBC Na-Pyrithione Diamine Amine 21

22 Sonstige PT 13 Biozide IPBC Fungizide Gute Wirkung schon bei geringer Dosierung Wenig stabil (bei hohem ph und Temperatur) Na-Pyrithion Gute Stabilität, gute Wirkung Verfärbung möglich durch Metallkomplexbildung Bakterizide Phenoxyethanol: Wirkt nur bei hohen Einsatzmengen DBNPA: wirkt schnell gegen hohe Keimbelastung Nicht für Langzeitkonservierung geeignet 22

23 Zulässige Biozidwirkstoffe zur Konservierung von KSS Wenig Auswahlmöglichkeit, trotz 23 gemeldeter Biozidwirkstoffe HHT (Oxazolidin / MBO) MBM HPT EDDM Formaldehydabspalter Benzyloxymethanol TMAD CTAC, cis-ctac DMDMH EDHO Isothiazolinone CMIT/MIT MIT BIT BBIT OIT Phenolische Wirkstoffe OPP CMK Sonstige 2-Phenoxyethanol DBNPA IPBC Na-Pyrithione Diamine Amine 23

24 Phenolische Biozide Die ersten synthetisch hergestellten Biozidprodukte Robuste Konservierung bei hohen Einsatzmengen z.b. Kreosot zur Konservierung von Eisenbahnschwellen Früher viele schädliche polychlorierte Phenole Nur noch wenige phenolische Biozide übrig Vielseitig verwendet in Nischenmärkten Konservierung von Produkten natürlichen Ursprungs (Leder, Stärke, etc.) Zitrusfrucht Konservierung (OPP) Stalldesinfektion (CMK und OPP) Salben für Kuheuterentzündung (OPP) Kurzportrait OPP und CMK 24

25 Phenolische Biozide in KSS 1980er Jahre: Verzicht auf Phenole wegen Umweltschutz Phenolische Biozide in KSS bis 1980er Jahre Gewässerverschmutzung allgemein durch Phenole Kokereien, Raffinerien Tankstellen Chemischer Rohstoff (Phenolharze, Pharmazeutika) Initiativen zur Eindämmung von Phenolemissionen Blacklisting bei Autoherstellern, Ersatz durch Formaldehydabspalter und Isothiazolinone 25

26 Phenolische Biozide in KSS Neue Betrachtung von OPP OPP jetzt wieder interessant Neue Beurteilung durch VKIS Als PT 13 Wirkstoff bereits zugelassen von DBL 6314 Verbotsliste gestrichen 26

27 Zusammenfassung Chemie ist nötig zur Verhinderung von Keimen in wässrigen KSS-Kreisläufen Das Wort Biozid ist negativ besetzt Werbung biozidfrei kann Risiken bergen und ist daher sorgfältig zu prüfen Biozide sind wichtig für Kühlschmierstoffe Es gibt nur eine geringe Auswahl an zulässigen Bioziden Es entstehen zurzeit Vorschriften zu deren Anwendung Sichere Handhabung wird dadurch gewährleistet 27

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