Beratungsergebnisse und Empfehlungen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE der ESK und der SSK
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- Jutta Stein
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1 Zur Unterlage Abschätzung potentieller Strahlenexpositionen in der Umgebung der Schachtanlage Asse II in Folge auslegungsüberschreitender Zutrittsraten der Deckgebirgslösung während der Betriebsphase Beratungsergebnisse und Empfehlungen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE der ESK und der SSK In der Sitzung der ESK/SSK-Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE am wurde die Unterlage der GRS Abschätzung potenzieller Strahlenexpositionen in der Umgebung der Schachtanlage Asse II in Folge auslegungsüberschreitender Zutrittsraten der Deckgebirgslösung während der Betriebsphase diskutiert. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE kommt insgesamt zu folgender Auffassung: Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE sieht das in der Unterlage gewählte Vorgehen der (zumindest in einzelnen Bestandteilen) überkonservativen Berechnung von Strahlenexpositionen im hier gewählten Zusammenhang als grundsätzlich unbefriedigend an. Dieses Vorgehen resultierte allerdings aus der Aufgabenstellung. Eine realistische Berechnung der möglichen Strahlenexpositionen ist auf der Basis des derzeitigen Kenntnisstands nicht möglich. Obwohl die Unterlage aufgrund der überkonservativen Vorgehensweise aus Sicht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE als Entscheidungsgrundlage im Zusammenhang mit einem auslegungsüberschreitenden Lösungszutritt nicht geeignet ist, sollten die Planungen für den Umgang mit auslegungsüberschreitenden Lösungszutritten schnellstmöglich umgesetzt werden. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE weist nachdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse der GRS-Studie nicht als realistisch zu erwartende Strahlenexposition zu werten sind und die Unterlage nicht dazu geeignet ist, Vor- und Nachteile verschiedener Optionen des weiteren Vorgehens im Hinblick auf mögliche Strahlenexpositionen der Bevölkerung abzuwägen. Im Einzelnen begründet sich dies wie folgt: Die Schließung der Schachtanlage Asse II erfordert auch Einschätzungen möglicher radiologischer Konsequenzen eines auslegungsüberschreitenden Zutritts von Deckgebirgslösung in das Grubengebäude. Derartige Einschätzungen werden benötigt, um zu klären, ob die Planung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr notwendig und gerechtfertigt ist. Aus diesem Grund hatte das BfS die GRS beauftragt, eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Der von der GRS vorgelegte Bericht geht von folgenden Betrachtungen aus: Bestehende Vorsorgemaßnahmen reichen bis zur technischen Beherrschung von Lösungszutritten mit Volumenströmen bis ca. 200 m 3 /d aus. Bei Zutrittsraten oberhalb 200 m 3 /d sammeln sich Lösungen auf der 750-m-Sohle und ggf. auf der 775-m-Sohle und im Tiefenaufschluss. Eine planmäßige Stilllegung ist dann nicht mehr möglich. Realisiert werden beim Bundesamt für Strahlenschutz Seite 1 von 5
2 können aber noch ein Verfüllen noch nicht vollständig verfüllter Einlagerungskammern und angrenzender Grubenbereiche sowie ein Einbau von Schachtverschlüssen. Der Bericht beabsichtigte, mit Hilfe einfacher, möglichst konservativer Abschätzungen zu untersuchen, welche radiologischen Auswirkungen zu erwarten sind, wenn sich die Zutrittsrate auf auslegungsüberschreitende Werte erhöht. Diese Auswirkungen werden aber nicht mit detaillierten Modellrechnungen, sondern mit Hilfe von groben Abschätzungen analysiert. Hierbei werden nur Radionuklide in der Lösung betrachtet, Ausbreitungen in der Gasphase werden ausgeklammert. Den gesamten Betrachtungen der GRS liegt ein Modell zugrunde, das insbesondere von folgenden Annahmen ausgeht: (1) Der Salzlösungszutritt erfolgt in der Südflanke im Teufenbereich von 574 m bis 500 m unter GOK mit einer konstanten Zutrittsrate. (2) Nach bzw. bei der ca. 30 Jahre andauernden Auffüllung der Grube kommt es in relativ kurzer Zeit zu einer vollständigen Auflösung des Radionuklidinventars. Die im Modell dazu angesetzten Abfallinventare entsprechen dem Stand lt. [2]. (3) Für die chemische Rückhaltung der Radionuklide infolge Löslichkeitsbegrenzungen und Sorption wird in den LAW-Bereichen keine Rückhaltung angesetzt. In der MAW-Kammer wird eine Rückhaltung für ausgewählte Radionuklide unter Annahme einer vollständigen Verfüllung mit einem geeigneten Material grundsätzlich für möglich angesehen. (4) Gasbildung in den Einlagerungsbereichen wird nicht berücksichtigt. (5) Bei Zutritt von NaCl-gesättigten Deckgebirgslösung kommt es im Grubengebäude zur Umlösung von Carnallitit, wodurch sich das Gesamtporenvolumen der Grube von 1,3 Mio. m³ auf 2,2 Mio. m³ vergrößert. (6) Der Austritt von kontaminierten Lösungen aus dem Grubengebäude erfolgt an der Südflanke im oberen Bereich des Salzlösungszutritts in 500 m Teufe. (7) Austritte von kontaminierten Lösungen aus dem Grubengebäude über den Schacht finden nicht statt. (8) Durch die Konvergenz des Grubengebäudes muss mit Auspressraten von ca m³/a gerechnet werden. (9) Eine Transportmodellierung zur Analyse der Ausbreitung der aus dem Grubengebäude austretenden Lösungen im Deckgebirge wird nicht durchgeführt. Es wird angenommen, dass die aus der Grube austretende Lösung direkt in das oberflächennahe Grundwasser gelangt, das in die Biosphäre übertritt. Die Lösung wird bei Beibehaltung der Nuklidzusammensetzung rechnerisch so verdünnt, dass die Cl- Konzentration auf das Niveau der Trinkwasserverordnung sinkt und damit einem direkten Verzehr zugänglich ist. (10) Für die Berechnung der Strahlenexposition wurden nur solche Radionuklide ausgewählt, für die eine potenzielle radionuklidspezifische Strahlenexposition von >1 msv/a im Basisfall Gesamtinventar zu erwarten ist. (11) Die aus dem Verzehr dieses verdünnten Wassers sowie seiner Nutzung als Beregnungswasser resultierende Strahlenexposition von Personen der Bevölkerung wird mit Dosiskonversionsfaktoren (DKF) berechnet, die nach den Vorgaben des Entwurfs der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) zu 47 StrlSchV (Stand ) für den Standort des Endlagers ERAM abgeleitet wurden. beim Bundesamt für Strahlenschutz Seite 2 von 5
3 Auf der Basis dieser Annahmen werden für den Basisfall, bei dem eine vollständige Lösung des Gesamtinventars unterstellt wird, Strahlenexpositionen für Kleinkinder (< 1 a) von ca. 2 Sv/a errechnet. Hauptbeiträge dieser Exposition liefern Th-232, Cs-137 und Am-241. Eine Betrachtung auslegungsüberschreitender Zutrittsraten der Deckgebirgslösung in der Schachtanlage Asse II und eine Abschätzung möglicher radiologischer Konsequenzen wird von der ESK/SSK-Ad-hoc- Arbeitsgruppe ASSE als wichtige Grundlage der Planung des weiteren Vorgehens angesehen. Die Ad-hoc- Arbeitsgruppe hat sich mit der Studie der GRS intensiv befasst, kam aber zu der Einschätzung, dass diese Arbeit fachliche Fehler enthält und einige der unterstellten Annahmen naturwissenschaftlich derzeit nicht begründet werden können. Vor diesem Hintergrund hält es die ESK/SSK-Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE für nicht sachgerecht, diese Arbeit in einem Genehmigungsverfahren zu verwenden. Diese Empfehlung begründet sich wie folgt: a) Das in [1] benutzte Radionuklid-Inventar ist fehlerhaft. Die bereits von der SSK angemerkten Fehler in [2] bei der Berücksichtigung von Tochternukliden und der Zusammensetzung von natürlichem Thorium wurden nicht berücksichtigt. b) In [1] Tab. 2 werden die Radionuklide in einer Form dargestellt, die nicht der Notation der Strahlenschutzverordnung entspricht. Die Darstellung ist nicht für ein Genehmigungsverfahren geeignet. Es werden in nicht nachvollziehbarer Form Tochternuklide in den 4 Zerfallsreihen zusammengefasst, sodass es nicht möglich ist, die Vollständigkeit der Angaben oder die Dosisrelevanz einzelner Radionuklide abzuschätzen. c) Ein Abschneidekriterium für Radionuklide auf der Basis einer potenziellen Dosis von 1 msv/a ist angesichts eines Grenzwertes von 0,3 msv/a nicht nachvollziehbar. d) Die Berechnung der Dosiswerte erfolgt mit Dosiskoeffizienten, die für Langzeitsicherheitsbetrachtungen entwickelt wurden und die z. B. eine Beregnungsdauer mit kontaminiertem Grundwasser von Jahren unterstellen. Die Anwendung der DKF auf die hier betrachteten Szenarien mit relativ kurzen Zeithorizonten von 40 bis 130 Jahren ist für langlebige Radionuklide wie Thorium, bei denen aufgrund schlechter Löslichkeit eine Akkumulation im Boden angenommen wird, nicht zulässig. e) Generell wurden bei der Berechnung Löslichkeitsgrenzen nicht berücksichtigt. Die in [1] unterstellten Konzentrationen von Th-232 im expositionsverursachenden verdünnten Wasser betragen ca. 150 Bq/l (ca. 37 mg/l). In den gesättigten Salzlösungen müssten demzufolge Th-Konzentrationen von ca. 40 g/l auftreten. Diese Konzentrationen sind hydrogeochemisch unplausibel. Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass sich die Löslichkeiten von Spurenelementen bei einer Verdünnung hochsaliner Lösungen dramatisch ändern können. Da Thorium als eines der dosisbestimmenden Radionuklide in der Modellbetrachtung ist, führt diese formale Betrachtung der Th-Lösung zu einem unplausiblen Ergebnis bei der Exposition. f) Im Modell zur Ermittlung der Freigabewerte zur Beseitigung von Th-232-haltigen Abfällen auf einer Deponie [3] wird davon ausgegangen, dass deren Basisabdichtung nach 100 Jahren abnehmende Wirksamkeit zeigt und nach 200 Jahren keinerlei Rückhaltung mehr bietet. Begrenzend ist für Th-232 der Grundwasserpfad, in dessen Modellierung ein Brunnen in der Nähe der Deponie im Grundwasserabstrom zur Gewinnung von Trinkwasser, zur Beregnung etc. genutzt wird. Wäre das gesamte in der Schachtanlage Asse II enthaltene Th-232-Inventar auf einer oberflächennahen Deponie beim Bundesamt für Strahlenschutz Seite 3 von 5
4 eingelagert worden, würde sich mit dieser Modellierung eine Dosis in der Größenordnung von 1 msv im Jahr ergeben. Dieser Vergleich zeigt zum einen die sehr hohe Konservativität der Dosisermittlung in [1]. Er belegt aber zum anderen auch, dass die in [1] gewählte Methodik eine erhebliche Diskrepanz zu anderen generischen Modellen aufweist, die zur Begründung strahlenschutzrechtlicher Vorgaben (hier: Freigabewerte) genutzt wurden. Damit ergibt sich: Die ESK/SSK-Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE sieht das in der GRS-Studie gewählte Vorgehen der (zumindest in einzelnen Bestandteilen) überkonservativen Berechung von Strahlenexpositionen im hier gewählten Zusammenhang als grundsätzlich unbefriedigend an. Dieses Vorgehen resultierte allerdings aus der Aufgabenstellung. Eine realistische Berechnung der möglichen Strahlenexpositionen ist auf der Basis des derzeitigen Kenntnisstands nicht möglich. Obwohl die Studie aufgrund der überkonservativen Vorgehensweise aus Sicht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe als Entscheidungsgrundlage im Zusammenhang mit einem auslegungsüberschreitenden Lösungszutritt nicht geeignet ist, sollten die Planungen für den Umgang mit auslegungsüberschreitenden Lösungszutritten schnellstmöglich umgesetzt werden. Die ESK/SSK-Ad-hoc-Arbeitsgruppe ASSE weist nachdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse der GRS- Unterlage nicht als realistisch zu erwartende Strahlenexposition zu werten sind und die Studie nicht dazu geeignet ist, Vor- und Nachteile verschiedener Optionen des weiteren Vorgehens im Hinblick auf mögliche Strahlenexpositionen der Bevölkerung abzuwägen. beim Bundesamt für Strahlenschutz Seite 4 von 5
5 Literatur [1] GRS, Abschätzung potentieller Strahlenexpositionen in der Umgebung der Schachtanlage Asse II in Folge auslegungsüberschreitender Zutrittsraten der Deckgebirgslösung während der Betriebsphase, April 2009 [2] Bestimmung des nuklidspezifischen Aktivitätsinventars der Schachtanlage Asse, Abschlussbericht, Dr. U. Gerstmann (GSF, Institut für Strahlenschutz), H. Meyer (Forschungsbergwerk Asse), M. Tholen (Forschungsbergwerk Asse), August 2002 [3] Strahlenschutzkommission, Freigabe von Stoffen zur Beseitigung, Empfehlung der SSK, Berichte der SSK Heft 54 (2007) beim Bundesamt für Strahlenschutz Seite 5 von 5
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