Ökobilanz großtechnischer Biogasanlagen



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Transkript:

Ökobilanz großtechnischer Biogasanlagen Kilian Hartmann, M. Nelles Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), University of Applied Science and Arts, Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen Fakultät Ressourcenmanagement Rudolf-Diesel-Str. 12, 37075 Göttingen Zusammenfassung Im Rahmen dieses Vortrags werden die ökologischen Auswirkungen der Erzeugung elektrischer Energie aus Biogas dargestellt. Hierbei werden, basierend auf einem Ausgangsszenario, verschiedene Sensitivitäten betrachtet, um den Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die ökologischen Auswirkungen aus der Biogasstromerzeugung aufzuzeigen. Die ökologische Bilanzierung wurde nach den Regeln der ISO 14040 ff. durchgeführt und in SimaPro 6.0 implementiert. Als Ergebnis zeigt sich, dass der Flächenverbrauch durch den Anbau nachwachsender Rohstoffe einen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtbilanz besitzt. Durch die Steigerung des elektrischen Wirkungsgrads können ökologische Vorteile realisiert werden, die Nutzung der überschüssigen Abwärme für Heizzwecke besitzt ebenfalls einen bedeutenden Einfluss auf das Gesamtergebnis. Key words: Biogas, Ökobilanz, elektrische Energie Einleitung Energiekonversionsverfahren, die nachwachsende Rohstoffe einsetzen, gelten in weiten Kreisen der Bevölkerung als besonders umweltfreundlich. Der Begriff umweltfreundlich wird bei dieser Betrachtungsweise ausschließlich auf den Begriff der Nachhaltigkeit reduziert. Dabei wird außer Acht gelassen, dass auch für den Anbau und den Transport der nachwachsenden Rohstoffe Materialien und Energien aufgewendet werden müssen. Ebenso muss die eingesetzte Gülle transportiert werden. Bei der Erzeugung und der Verwertung des Biogases entstehen Emissionen, die über die klimaneutralen CO 2 -Emissionen hinausgehen. Stoffe und Energien wurden für den Bau der Biogasanlage aufgewendet. Schlussendlich entstehen durch den Betrieb der Biogasanlage Reststoffe, die verwertet oder entsorgt werden müssen und hierbei zu einer Be- oder Entlastung der Umwelt führen können. All diese Aspekte müssen bei der Betrachtung der ökologischen Auswirkungen aus dem Betrieb einer großtechnischen Biogasanlage berücksichtigt werden, wenn eine haltbare Aussage in diesem Bereich getroffen werden soll. Durch die Nutzung der Ökobilanzierung der Stromerzeugung aus Biogas soll Aufschluss über den Einfluss einzelner Aspekte gewonnen werden. Methode Sachbilanz Festlegung des Ziels und Untersuchungsrahmens Wirkungsabschätzung Auswertung Ökobilanzen müssen eine Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens, eine Sachbilanz, eine Wirkungsabschätzung und eine Ergebnisauswertung beinhalten. Durch diese Festlegungen werden die Umweltaspekte von Produktsystemen von der Rohstoffgewinnung bis zur Beseitigung systematisch und angemessen untersucht (vgl. Abbildung 1). Für die Durchführung von Ökobilanzen gibt es mehr als eine Methode. In Abhängigkeit der Anwendung müssen geeignete Verfahren ausgewählt werden. Daher ist die Definition der Rahmenbedingungen entscheidend für die Aussage einer Bilanzierung. Gleichzeitig sind ökologische Bilanzierungen hierdurch nicht beliebig miteinander vergleichbar, wenn Betrachtungsform und Rahmenbedingungen von einander abweichen. Abbildung 1: Bestandteile einer Ökobilanz [CEN1997] 33

Das Ziel dieser Studie besteht im Aufzeigen der verschiedenen Einflussfaktoren auf die ökologischen Auswirkungen der Stromerzeugung aus Biogas in großtechnischen Biogasanlagen im Rahmen eines Vortrags vor Fachpublikum. Hierbei sollen die Zusammenhänge und Größenordnungen der Einflussfaktoren im Rahmen des Untersuchungsobjekts aufgezeigt werden. Hierauf aufbauend können Optimierungspotenziale für die Planung von Biogasanlage ermittelt werden. Die im Rahmen der Untersuchung durchgeführten Sensitivitätsanalysen sind ein systematisches Verfahren zur Einschätzung der Wirkungen der ausgewählten Methoden und Daten auf die Ergebnisse der Studie [CEN1998]. Hierdurch werden Informationen über den Einfluss einzelner Parameter auf das Gesamtergebnis gewonnen. Im Rahmen dieses Vortrags wird die Sensitivität des gesamten Produkts auf die Faktoren Volllaststunden, Wärmenutzung, el. Wirkungsgrad, Substrate und Gärrest betrachtet. Biogasanlage 1,0 MW 7500 1,08E4 BGA 1,0 MW, 7,500 Gärrestausbringu ng u -verwertung 1,04E4 379 BHKWs nach NawaRo Maissilage 7.500 Volllaststunden 1,21E5 MJ Electricity MV use in UCPTE U 1,05E6 kg Gärrestverwertun gsszenario 7500 1,09E3 8,22E3 769 363 1E6 MJ Verbräuche und Emissionen aus 6,67E5 kg Maissilage 1,23E6 tkm Traktor Transport Lüchow 1,24E5 MJ Electricity mix UCPTE U 0,644 kg Waste to special waste incinerator 1,05E6 kg Feldausbringung 7.500 1,07E3 7,85E3 961 760 0,123 362 294 kg Maize seed IP, at regional 1,09E5 m2 Chopping, maize/ch U 743 kg Trailer, production/ch/i U 2,61E3 kg Diesel, at regional 1,64E4 MJ Electricity mix I U 73,3 kg Residual oil stock Europe ETH U -1,99E3 kg Ammonium nitrate, as N, at regional 257 465 316 727 236 19,3-811 294 kg Maize seed IP, at farm/ch U 984 kg Diesel, at refinery/ch U 1,91E3 kg Diesel, at refinery/rer U 898 kg Residual oil refinery Europe U -1,95E3 kg Ammonia, steam reforming, liquid, -4,17E3 kg Nitric acid, 50% in H2O, at 252 265 518 222-431 -434-1,22E3 kg Ammonia, liquid, at regional -291 Abbildung 2: Netzdarstellung des Standardszenarios (Abschneidekriterium 2 Prozent) 34

Das Untersuchungsobjekt ist eine fiktive, großtechnische Biogasanlage mit einer installierten elektrischen Leistung von 1,0 MW und einer Anlagenverfügbarkeit von 7.500 Volllaststunden/a. Innerhalb der Systemgrenzen der Biogasanlage werden neben der Biogasanlage eine Betrachtung der Inputstoffe und deren Vorketten sowie die Ausbringung der Gärreste, die für die Leistungserstellung notwendig sind, durchgeführt. Die Anlage verwendet als Inputstoff 195,8 m³/tj Rindergülle und 201,0 m³/tj Schweinegülle. Bei der Standardvariante wird Maissilage als Co-Substrat (667,4 Mg/TJ) verwendet. Die Inputstoffe werden gemäß guter fachlicher Praxis im Intensivanbau erzeugt. Die Gärreste werden mit Schleppschlauch ausgebracht und umgehend eingearbeitet. Alle Transporte erfolgen mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen, als Treibstoff wird fossiler Diesel verwendet. Die Funktion des Systems besteht in der Vergärung organischer Masse in einer technischen Anlage unter Nutzung des dabei entstehenden Gases in Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Erzeugung elektrischer Energie. Die funktionelle Einheit (Bezugsgröße der Vergleiche) der Betrachtungen ist ein TerraJoule (TJ) produzierte elektrische Energie. Aufgrund des allgemeinen Charakters der angestellten Untersuchung werden keine speziellen Anforderungen an die Datenqualität gestellt. Es handelt sich hierbei um Durchschnittsdaten verschiedener Quellen, wobei die verwendeten Daten nicht älter als acht Jahre und bezogen auf Mitteleuropa sind, sowie dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Alle verwendeten Daten sind innerhalb der Projektaufzeichnungen in der verwendeten Ökobilanzsoftware SimaPro 6.0 hinterlegt. Bei veröffentlichten, vergleichenden Aussagen ist gemäß ISO 14040 eine kritische Prüfung der Daten und Schlussfolgerungen vorgesehen. Aufgrund der allgemeinen Aussagen, die aus dieser Untersuchung abgeleitet werden sollen, wurde eine interne kritische Prüfung durch einen von der Ökobilanzstudie unabhängigen Sachverständigen der HAWK durchgeführt. Auf die Beschreibung der Sachbilanz wird an dieser Stelle, aufgrund des Datenumfangs, nur in knapper Form eingegangen. Bei dem Untersuchungsobjekt handelt es sich um eine Biogasanlage mit Vorlagebehälter, Fermenter und Nachgärbehälter aus Stahl. Die Anlage wird mesophil betrieben. Die Gärreste werden landwirtschaftlich verwertet, das Biogas wird in einem Gas-Otto-Motor (1,0 MW el ) mit Oxidationskatalysator verstromt, die elektrische Energie wird vollständig in das Netz eingespeist. Die benötigte elektrische Energie wird aus dem öffentlichen Netz bezogen. Aufbauend auf die Ergebnisse der Sachbilanz wird innerhalb des Untersuchungsrahmens eine Wirkungsabschätzung durchgeführt, die eine Beurteilung der potenziellen Umweltwirkungen beinhaltet. Hierzu werden die Daten der Sachbilanz einzelnen Wirkungskategorien zugeordnet und daraus resultierende Umweltwirkungen abgeleitet. Durch die verwendete Ökobilanzsoftware wird die Wirkungsabschätzung in die Abschnitte Klassifizierung, Charakterisierung und Gewichtung unterteilt. Zum gegenwärtigen Stand der Wissenschaft gilt es zu bemerken, dass es noch keine allgemein anerkannte Methode für eine durchgängige und genaue Zuordnung von Sachbilanzdaten zu spezifischen potentiellen Umweltwirkungen gibt. Die Wirkungsabschätzung erfolgt gemäß dem Bewertungsschema Eco-Indicator 99 Hierarchist. Ergebnisse In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der mit SimaPro 6.0 durchgeführten Analysen dargestellt. Hierbei wird nur auf die Endergebnisse eingegangen, eine tiefer gehende Analyse würde den Darstellungsrahmen überschreiten. Verglichen wird jeweils das anfangs beschriebene Referenzszenario mit zwei alternativen Szenarien. Um die erzielten Ergebnisse in einem breiteren Rahmen darzustellen, soll an dieser Stelle der Referenzwert für den europäischen Strommix pro TJ dargestellt werden: 7.480 EI Punkte. Dieser ökologische Rucksack stellt gegenwärtig das Mittel des bezogenen Stroms in Europa dar. Die Ergebnisse werden als Eco-Indicator 99 Punkte angegeben. Hierbei wird das Bewertungsschema Hierarchist verwendet. Bei der Verwendung eines anderen Schemas können abweichende Ergebnisse erzielt werden. 35

Vergleich der Volllaststunden Abbildung 3: Vergleich der Volllaststunden Bei dem Vergleich der ökologischen Auswirkungen der Volllaststunden ist zu erkennen, dass zwischen den Szenarien 6.000-8.500 h/a nahezu kein Unterschied besteht (links: 6.000 h/a 10.700 EI Punkte, mittig: 7.500 h/a 10.900 EI Punkte, rechts: 8.500 h/a 10.800 EI Punkte). Wie aus der Abbildung 3 erkannt werden kann, wird der Großteil der ökologischen Auswirkungen durch den Anbau der Maissilage (Flächenverbrauch) bedingt. Der Anteil der verwendeten Maissilage steht hierbei aber in Bezug zu der produzierten elektrischen Leistung. Bei einer Erhöhung der Volllaststundenzahl erhöht sich dabei der Anteil an Maissilage am Gesamtsubstrat (fixe Güllemenge). Gleichzeitig verringert sich der Anteil der Bausubstanz an den gesamten ökologischen Auswirkungen. Allerdings fallen die ökologischen Auswirkungen der Bausubstanz hierbei im Verhältnis zu der Maissilage kaum ins Gewicht. Wärmenutzung Abbildung 4: Vergleich der Wärmenutzungsgrade 36

Für die Nutzung der Abwärme wurde angenommen, dass die überschüssige Wärme genutzt wird, um Erdgas aus dem Niederdrucknetz zur Wärmeerzeugung in Heizungsanlagen (Leistung <100 kw) zu ersetzen. Der linke Balken spiegelt das Referenzszenario ohne Nutzung der überschüssigen Abwärme (0,829 TJ therm /TJ el ) wieder (10.900 EI Punkte). Der mittlere Balken stellt eine vollständige Abwärmenutzung dar. Hierbei wird die ökologische Last auf 5.150 EI Punkte reduziert. Der rechte Balken stellt die Annahme einer 50-prozentigen Wärmenutzung dar, hierdurch werden die ökologischen Auswirkungen der Stromerzeugung aus Biogas auf 8.010 EI Punkte reduziert. Anzumerken ist, dass die Abwärme im Rahmen dieser Untersuchung nicht als Koppelprodukt betrachtet wird, so dass keine Allokation der Schadwirkungen auf Strom und Wärme erfolgt. Elektrischer Wirkungsgrad Abbildung 5: Vergleich der elektrischen Wirkungsgrade Der Einfluss des elektrischen Wirkungsgrads auf die ökologischen Auswirkungen der Biogasstromerzeugung ist in Abbildung 5 dargestellt. Der linke Balken stellt das Referenzszenario mit 38 Porzent η el dar (10.900 EI Punkte). Für den mittleren Balken wurde ein elektrischer Wirkungsgrad von 32% angenommen. Hierdurch wird das Ergebnis um 2.000 Punkte auf 12.900 EI Punkte erhöht. Eine Steigerung des Wirkungsgrads auf 42 Prozent η el, wie im rechten Balken dargestellt, senkt die ökologischen Effekte um ca. 1.000 Punkte auf 9.820 EI Punkte. Substrate Die Auswahl der Substrate hat einen überdurchschnittlichen Einfluss auf die Ergebnisse der ökologischen Betrachtung. In Abbildung 6 ist dies für die Verwendung von Speiseresten und Altbrot zusätzlich zu den bestehenden Substraten, bzw. als vollständiger Ersatz für die verwendete Maissilage, dargestellt. Die verwendeten Substrate sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: Tabelle 1: Inputstoffe für Sensitivitätsanalyse Substrate Substrat Standardmischung + Gülle + Abfälle, keine Standardszenario wenige Abfälle [Mg/TJ] Silage [Mg/TJ] [Mg/TJ] Rindergülle 195,8 195,8 195,8 Schweinegülle 201,0 201,0 201,0 Maissilage 552,9-667,4 Speisereste 26,1 261,0 - Altbrot 39,2 203,7-37

Abbildung 6: Vergleich der Inputstoffe Der rechte Balken stellt das Standardszenario dar (10.900 EI Punkte). Der linke Balken spiegelt das Szenario für die Verwendung geringer Abfallmengen dar. Hierdurch werden 9.400 EI Punkte verursacht, bzw. 1.500 EI Punkte/TJ Strom eingespart. In der Mitte ist das Szenario bei ausschließlicher Verwendung von Abfällen und Gülle dargestellt. Durch die vollständige Vermeidung von ökologischen Auswirkungen durch den NawaRo Anbau können die ökologischen Auswirkungen auf 2.610 EI Punkte reduziert werden. Gärrest Abbildung 7: Vergleich der Gärrestbehandlungen 38

Erste Untersuchungen zu den ökologischen Effekten der Stromerzeugung aus Biogas wurden von EDELMANN ET AL. durchgeführt[edelmann ET AL.2001]. Hierbei wurden die Emissionen der Gärreste, insbesondere Ammoniak, als Hauptverursacher der ökologischen Last festgestellt. Allerdings wurden in dieser Untersuchung ausschließlich Gülle und Abfälle als Inputstoffe betrachtet, die ökologischen Auswirkungen des NawaRo Anbaus waren nicht Gegenstand der Untersuchungen. Auf der rechten Seite ist das Standardszenario dargestellt. Hierbei wird eine schonende Ausbringung mit sofortiger Einarbeitung unterstellt (10.900 EI Punkte). Durch eine Ansäuerung des Gärrestes mit 0,1% Schwefelsäure werden die gasförmigen Stickstoffverluste um den Faktor zehn reduziert (ph- Wert Änderung von 8 auf 7, Verringerung der N-Ausgasungen um 90 Prozent). Hierdurch werden der Gehalt verfügbarer Nährstoffe erhöht und die Schäden des Ammoniakgases reduziert. Dieses Verfahren reduziert die ökologischen Auswirkungen um rund zwölf Prozent auf 9.630 EI Punkte. Alternativ werden die Gärreste mit dem Prallteller ohne Einarbeitung ausgebracht. Die gasflüchtigen Bestandteile werden zu rund 80 Prozent in die Atmosphäre emittiert. Hierdurch nehmen die ökologischen Auswirkungen auf rund 16.000 EI Punkte zu. Schlussfolgerungen Die unter den gegebenen Annahmen getroffenen Ergebnisse lauten: Durch die Änderung der Volllaststunden innerhalb realistischer Parameter wird keine merkliche Änderung bei den ökologischen Auswirkungen erreicht. Hintergrund hierfür ist, dass die ökologischen Auswirkungen zum Großteil durch die verwendete Maissilage bestimmt werden, die positiv mit den Volllaststunden korreliert ist. Die Nutzung der verfügbaren Abwärme der Biogasanlage für Heizzwecke ist ökologisch vorteilhaft. Durch die vollständige Abwärmenutzung können bezogen auf das Referenzszenario die ökologischen Auswirkungen aus der Stromerzeugung mittels Biogas um rund 50 Prozent reduziert werden. Hierzu müssen fossile Rohstoffe ersetzt werden, eine künstliche Nutzung (z.b. Hackschnitzeltrocknung) ist nicht vorteilhaft. Der elektrische Wirkungsgrad bestimmt in klarer Weise das ökologische Ergebnis. Bei gleichem Ergebnis müssen durch eine Verbesserung des elektrischen Wirkungsgrads proportional weniger Aufwendungen auf der Inputseite betrieben werden, Emissionen werden vermieden. Eine Steigerung des Wirkungsgrads um ein Prozent bewirkt eine ökologische Verbesserung von rund 2,5 Prozent im betrachteten Fall. Durch die Auswahl der Inputsubstrate wird ein großer Einfluss auf die ökologischen Effekte der Stromerzeugung aus Biogas genommen. Der Flächenverbrauch bei der Produktion von nachwachsenden Rohstoffen stellt den ökologisch relevantesten Punkt im Rahmen der gesamten Lebensweganalyse dar. Hierbei ist zu hinterfragen, in wie weit es durch den Anbau von Energiepflanzen zu einer Umnutzung unserer durch landwirtschaftliche Produktionssysteme geprägten Kulturlandschaft kommt. Die Stickstoffemissionen bei der Ausbringung der Gärreste sind ein relevanter Punkt bei der Betrachtung der ökologischen Effekte der Biogasstromerzeugung. Daher ist eine schonende Ausbringung der Gärreste dringend zu empfehlen. Eine zusätzliche Ansäuerung der Gärreste kann den ökologischen Effekt weiter verbessern. Bezogen auf den durchschnittlichen europäischen Strommix schneiden fast alle betrachteten Varianten unter ökologischen Gesichtspunkten schlecht ab. Hintergrund hierfür ist die Produktion der Energiepflanzen und hierbei speziell die Flächeninanspruchnahme. Bei der Betrachtung der Ergebnisse gilt es dieses kritisch zu hinterfragen. Landwirtschaft stellt ein prägendes Element unseres europäischen Kulturraums dar, unberührte Naturflächen bestehen in unseren Breiten kaum. Daher müssen für diesen Bereich bessere Bewertungsverfahren gefunden werden, um zu einer detaillierten Betrachtung des Untersuchungsobjekts zu gelangen. 39

Quellen CEN1997 CEN1998 EDELMANN ET AL.2001. Europäisches Komitee für Normung, Umweltmanagement Ökobilanz Prinzipien und allgemeine Anforderungen Deutsche Fassung, Brüssel 1997 Europäisches Komitee für Normung, Umweltmanagement Ökobilanz Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens sowie Sachbilanz Deutsche Fassung, Brüssel 1998 Edelmann W., Schleiss K., Engeli H., Baier U.: Ökobilanz der Stromgewinnung aus landwirtschaftlichen Biogasanla-gen, Studie im Auftrag des Bundesamt für Energie (Office fédéral de l énergie), (CH) Bern 2001 40