Fachgespräch im Paritätischen Sachsen Verhandlungen in der Ambulanten Pflege Dresden, 27. Oktober 2015 «Die Unterfinanzierung der ambulanten Pflege»

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a) 8,56 b) 13,12 c) 25,84 d) 37,06 e) 67,01 f) 111,50 g) 99,04 h) 87,49

Transkript:

Fachgespräch im Paritätischen Sachsen Verhandlungen in der Ambulanten Pflege Dresden, 27. Oktober 2015 «Die Unterfinanzierung der ambulanten Pflege» Dr. Rudolf Martens Paritätische Forschungsstelle / Berlin forschung@paritaet.org T 030-24636-313

Angaben in % Paritätischer Gesamtverband / Paritätische Forschungsstelle 01-2014 180% 160% 140% Kostenentwicklung in der ambulante Pflege 1998-2013 Untern.risiken + 6,0% Sachkosten + 52,0% Darstellung der Kostenentwicklung en zwischen 1998 und 2013. 120% Vorgaben + 20,0% 20,09% 100% 80% Sachkosten (20%) Lohnkosten + 35,9% 60% Lohnkosten (80%) 40% 20% 0% 1998 2013 2

Angaben in % Verbraucherpreisindex 1998-2013: 25,8 % Differenz: 55,4 %-Punkte Anhebung Vergütungs- Niveau 2013 = 48,2 % Paritätischer Gesamtverband / Paritätische Forschungsstelle 01-2014 Vergütung und Kostenentwicklung ambulante Pflege 1998-2013 180% 170% 160% Kosten insg.; 70,4% Unternehmerrisiken Sachkosten Darstellung der Kostenentwicklung und Vergütung in der ambulanten Pflege zwischen den Jahren 1998 und 2013 150% Gesetzliche Vorgaben 140% 130% Lohnkosten 120% 110% 10% Vergütung; 15,0% 100% 0% 1998-2013 1998-2013 3

Vergütung, Kostenentwicklung und Unterfinanzierung 1998 2013 Niveau Vergütung bzw. Kosten 2013 in % Zuwachs von 1998 auf 2013 in % Vergütungsentwicklung 1998 2013 (1998 = 100) 115,0% 15,0% Kostenentwicklung ambulante Pflege 1998 2013 (1998 = 100) 170,4% 70,4% Unterfinanzierung in %-Punkten (1998 = 100,0) 55,4%* notwendige Anhebung des Vergütungsniveaus bezogen auf 2013 (2013 = 115,0) 48,2% * bezogen auf 1998 (1998 = 100,0), d. h. 70,4% minus 15,0% = 55,4% d.h. 115,0% angehoben um 48,2% ergibt 170,4% Zusammenfassung der Kostenentwicklung, Vergütung und Unterfinanzierung in der ambulanten Pflege für den Zeitraum 1998 bis 2013. 4

gew. Durchschnitt 1998 gew. Durchschnitt 2013 Paritätischer Gesamtverband / Paritätische Forschungsstelle 01-2014 Thüringen Ost-Flächenländer Mecklenburg-Vorpommern Sachsen-Anhalt Sachsen 1998 2013 Brandenburg Stadtstaaten Bremen Berlin Hamburg West-Flächenländer* Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Schleswig-Holstein Hessen Bayern 0,0300 0,0320 0,0340 0,0360 0,0380 0,0400 0,0420 0,0440 0,0460 0,0480 0,0500 Punktwerte** Vergütungsentwicklung der ambulanten Pflege in den Bundesländern 1998 bis 2013, Anordnung der Bundesländer nach der Höhe der Vergütungsentwicklung. Datenquelle: 1998 bis zum 1.1.2011: Bundestags- Drucksachen 14/5590 und 17/8332; 2011 bis 2013: Abfrage in den Paritätischen Landesverbänden. 5

Jahr (1998 = 100) Index branchenspezifischer Tarifsteigerungen 1998-2013 1998 100,0 1999 102,7 2000 104,8 2001 106,8 2002 109,3 2003 112,1 2004 114,2 2005 115,6 2006 116,3 2007 117,5 2008 121,9 2009 125,3 2010 127,2 2011 130,1 2012 133,2 2013 135,9 Branchenspezifische Tarifsteigerungen, Indexierung 1998 bis 2013. Datenquelle: WSI-Tarifarchiv und Statistisches Bundesamt, GENESIS-Datenbank (Indizes der Tarifverdienste, Quartalszahlen. Anstieg Bruttolohn 1998-2013 35,9% 6

Als zeit- und somit kostenrelevant wurden die folgenden seit 1998 neu eingeführten Qualitätsvorgaben identifiziert: - Pflegestatistikverordnung, - MDS* Grundsatzstellungnahme Pflegeprozess und Pflegedokumentation, - MDS* Grundsatzstellungnahme Dekubitusprophylaxe und -therapie, in der Folge Expertenstandard Dekubitusprophylaxe sowie Aktualisierungen, - Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege sowie Aktualisierungen, - Expertenstandard Sturzprophylaxe sowie Aktualisierungen, - Expertenstandard Förderung der Harnkontinenz, - Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, - MDS* Grundsatzstellungnahme Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen und Expertenstandard Ernährungsmanagement, - Rahmenhygienepläne, - Anforderungen an die Altenhilfeausbildung durch die Praxisanleitung (Altenpflegegesetz), - Pflegevisiten, - Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und Qualitätssicherung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach 113 SGB XI in der ambulanten Pflege, - Vereinbarung Datenträgeraustausch gem. 105 Abs. 2 SGB XI. 7

Jahr 1998 2011 2012 2013 Anstieg 1998-2013 in % Sachkosten 100,0 146,7 152,2 152,0 52,0% darunter: - Bürokosten (ohne Miete) 100,0 116,6 120,1 123,1 23,1% - Fahrzeugkosten (ohne Leasing) 100,0 159,6 165,9 164,4 64,4% nachrichtlich: Verbraucherpreisindex 100,0 121,5 123,9 125,8 25,8% 8

Zusammenfassend lassen sich die folgenden allgemeinen und besonderen Risiken von Pflegediensten aufführen: 1 (1) Allgemeines Unternehmerrisiko Überangebot am Markt, Unzureichendes Leistungsangebot und unternehmerische Fehlentscheidungen. (2) Konkrete unternehmerische Risiken Versicherungsbeiträge: Haftpflicht, Feuer, Diebstahl, Rechtschutz. Bis zur Grenze, ab der Veränderungen so wesentlich sind, dass eine Neuverhandlung nach 85 Abs. 7 SGB XI möglich ist: Geldentwertung, Gesetzesänderungen, die sich nachteilig auf die Dienste auswirken, Fachkräftemangel, Kosten der Fachkräftebeschaffung, Bevölkerungsentwicklung bzw. demografische Entwicklung, Personalauswahl und damit verbundener Aufwand für die Einarbeitung. (3) Konkrete branchenspezifische Risiken Leerfahrten aufgrund kurzfristiger Absagen (jederzeitiges Kündigungsrecht des Pflegebedürftigen), Personalmehreinsatz aufgrund erhöhter Krankenquoten (schwere Arbeit), Forderungsausfälle wegen Nichtanwendung des 19 Abs. 6 SGB XII auf Pflegedienste (Pflegedienste, die einen Sozialhilfeberechtigten versorgen, der vor Bewilligung der Leistung durch den Sozialhilfeträger verstirbt, haben nach geltendem Recht keine Möglichkeit, ihre offenen Forderungen gegen den Sozialhilfeträger durchzusetzen), Beschäftigungsverbote für schwangere Mitarbeiterinnen, Verfahrenskosten im Zusammenhang mit Vergütungsverhandlungen. 9

Indexwerte Paritätischer Gesamtverband / Paritätische Forschungsstelle 01-2014 175 170 165 160 155 150 145 Indexwerte Vergütung und Kostenentwicklungen ambulante Pflege 1998-2013 Verbraucherpreisindex insgesamt Vergütung 1998-2013 Personalkosten ohne ges. Vorgaben Personalkosten mit gesetzl. Vorgaben Sachkosten Einrichtungskosten mit Unternehmerrisiko 2013 140 135 130 125 120 115 110 105 100 95 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 10

Vergütung, Kostenentwicklung und Unterfinanzierung 1998 2013 Niveau Vergütung bzw. Kosten 2013 in % Zuwachs von 1998 auf 2013 in % Vergütungsentwicklung 1998 2013 (1998 = 100) 115,0% 15,0% Kostenentwicklung ambulante Pflege 1998 2013 (1998 = 100) 170,4% 70,4% Unterfinanzierung in %-Punkten (1998 = 100,0) 55,4%* notwendige Anhebung des Vergütungsniveaus bezogen auf 2013 (2013 = 115,0) 48,2% * bezogen auf 1998 (1998 = 100,0), d. h. 70,4% minus 15,0% = 55,4% d.h. 115,0% angehoben um 48,2% ergibt 170,4% Zusammenfassung der Kostenentwicklung, Vergütung und Unterfinanzierung in der ambulanten Pflege für den Zeitraum 1998 bis 2013. 11

Ambulante Pflegedienste in 1.000 in % unter 35 Jahre 35 bis unter 50 Jahre 50 und mehr Jahre Beschäftigte 2011 Altersgruppen Beschäftigte in % Durchschnittliche Wochenarbeitszeit Männlich 36 12,4% 36,1% 38,9% 25,0% 27,8 h Weiblich 255 87,6% 30,2% 40,4% 29,4% 25,2 h Insgesamt 291 100,0% 30,9% 40,2% 28,9% 25,5 h Beschäftigte in ambulanten Pflegediensten, Deutschland 2011. Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Beschäftigte im Gesundheitswesen. 12