Spannungsrisskorrosion in Wärmetauscherrohren aus CrNi-Stahl Kernkraftwerk Greifswald

Ähnliche Dokumente
Transkristalline Spannungsrisskorrosion an Wärmetauscherrohren aus einem Druckwasserreaktor (KKW Rheinsberg)

Interkristalline Rissbildung an Wärmetauscherrohren aus einem Druckwasserreaktor (Überhitzung)

Bruch einer Ferngasleitung infolge Wasserstoffversprödung

Abriss eines Fallrohres infolge Spannungsrisskorrosion

Flocken in Stahl nach Entschwefelung und Vergießen im Strang Teil II

Wasserstoffversprödung an Ammoniak-Verdichtern

Schäden an Rohren aus CrNi-Stahl einer Erzaufbereitungsanlage (Spannungsrisskorrosion)

Leck in einem Heizkessel durch Schrumpfrissbildung

Bruch von Glühfäden (Wolfram)

Wasserstoffversprödung eines Sägeblattes (Herzsäge)

Versprödung von Schraubenstahl durch Beizwasserstoff

Ermüdung von Ventilplatten infolge Teilcheneinschlags

Interkristalline Korrosion an Faltenbälgen aus CrNi-Stahl beim Beizen

Was ist Korrosionsarten Teil 2. ThyssenKrupp Materials Schweiz

Rissbildung an Spitzenlast-Gasturbinen

Wasserstoffbedingte Kaltrissigkeit an Schweißnähten

Wasserstoffversprödung an Aufhängungen für Isolatoren als Folge einer Materialverwechslung

Brucherscheinungen an Duraluminium II (Abriss von Tragflächen einer IL 18 bei der Landung)

Etappenweiser Verformungsbruch durch Abfolge kurzzeitiger Belastungen (Explosionen), Teil 1

Versprödung von Cr-Ni-Mo-Stahl durch Aufkohlung

Spannungsrisskorrosion an Führungsdrähten von Herzkathetern durch Rückstände des Lötwassers

Wissen schafft Fortschritt

Lecks an SUS-Standrohren (Kernkraftwerk Rheinsberg)

Bersten von Kohlendioxid-Feuerlöschern

Bruch von Hüftkugeln aus Keramik II

Prof. Dr. Martina Zimmermann Schadensanalyse MB. Vorlesung Schadensanalyse. Risse und Fraktographie Teil 1

Spannungsrisskorrosion an Manganaustenit Teil II, Induktorkappen aus den Kraftwerken Lauta und Plessa

Havarie einer Chemiekolonne durch innere Explosion

Spannungsrisskorrosion an Teilen aus Messing Teil II: Lastspannungen

Flocken in Stahl nach Entschwefelung und Vergießen im Strang Teil I

Sprödbruch von Schrauben aus korrosionsträgem Stahl beim Sichern

Schadensanalyse in der Industrie

Flocken in Stahl nach Entschwefelung und Vergießen im Block

Fraktographische Analyse von Schäden

Heißrissigkeit an einem Spurstangenkopf

Bildung von Härterissen

Reibkorrosion an der Teleskopgabel eines Motorrades

Bruch der Gewindebolzen einer Wasserturbine infolge Ermüdung und interkristalliner Versprödung

Lochfraß an Kupferrohren einer Wasserleitung

Bruch von Gewindebolzen durch unbeabsichtigtes Einsatzhärten

Lunker in Stahlgussteilen (Scherenbolzen)

Neuere Ergebnisse der rasterelektronenmikroskopischen Fraktographie

Interkristalline Spannungsrisskorrosion an der Kapsel einer Kobalt- Strahlenquelle infolge Elektrogravur

Abtrag an Metall durch experimentellen Tropfenschlag

Strahlendes Erbe Atomkraftwerk Rheinsberg. Andreas Jarfe

Bruch eines Keramik-Hüftkopfes als Folge eines Sturzes

SCHADENSANALYSE GEFÜGTER BAUTEILE

Untersuchungen an Brückenbauwerken und materialtechnische Prüfungen der Baustoffe

Bruch des Pleuels eines Mähdreschermotors I

H mm. H mm

Spannungsrisskorrosion an Manganaustenit Teil I, Induktorkappe aus dem Kraftwerk Lauta (und Lübbenau)

WASSERSTOFF IM WASSERKRAFTWERK DER SCHADENSFALL CLEUSON-DIXENCE

Abtragungen im Kühlkreislauf von Schiffsmotoren (Kavitation)

Kesselbetriebstechnik 2004

Untersuchungen an einem korrodierten Wellrohrkompensator

Nachnutzung Betriebsgelände des ehemaligen Kernkraftwerkes Lubmin/Greifswald

Untersuchungsbericht

Zugversuch. 1. Einleitung, Aufgabenstellung. 2. Grundlagen. Werkstoffwissenschaftliches Grundpraktikum Versuch vom 11. Mai 2009

Aufgrund der Überprüfung der Werkstoffkennwerte einer in den Jahren 1912 bis 1914 in Betrieb genommenen Druckrohrleitung eines

KORROSION. Ist die von der Oberfläche ausgehende Zerstörung metallischer Werkstoffe.

Schadenmechanismen an Laufreihen im Bereich der Niederdruckbeschaufelung

Tiefätzen von Aluminiumguss

NTB Technologietag 17 «Industrial / Precision Engineering»

Bruchflächenanalyse. Diese Unterlagen dienen gemäß 53, 54 URG ausschließlich der Ausbildung an der Hochschule Bremen.

Langzeitschäden an Seilbahnseilen Markus Zgraggen Korrosion und Werkstoffintegrität EMPA Dübendorf

Werkstoffprüfung. Ermittlung von Werkstoffeigenschaften. von Burkhard Heine. 1. Auflage. Hanser München 2003

Bruch einer modularen Hüftprothese im Versuchsstand (Reibkorrosion)

Querrissbildung in den Rundnähten eines Heißwassererzeugers Ursachen und Gegenmaßnahmen

Die Anwendung elektronenoptischer Methoden bei der Aufklärung von Korrosionsschäden

Prof. Dr. Martina Zimmermann Schadensanalyse WW. Vorlesung Schadensanalyse. Schäden durch thermische Beanspruchung

Rechtsschutz gegen Atomkraftwerke am Beispiel des Kraftwerks Obrigheim. Was lernen wir? Dr. Peter Becker

Rohrbündel-Wärmetauscher Typ WFU

Zugversuch. 1. Aufgabe. , A und Z! Bestimmen Sie ihre Größe mit Hilfe der vorliegenden Versuchsergebnisse! Werkstoffkennwerte E, R p0,2.

Inhaltsverzeichnis XIII. Vorwort zur 6. Auflage. Vorwort zur 1. Auflage

Mit Photoshop ein Objekt und Haare anhand eines Alpha-Kanals und Masken freistellen und in ein neues Bild einfügen

Zugversuch. Carsten Meyer. Raum 110. Telefon: Institut für Werkstoffanwendungen im Maschinenbau

Werkstofftechnik. Entstehen aus den Folgen einer ungeeigneten Behandlung bei der Herstellung, wie bei der Urformung, Umformung oder Wärmebehandlung.

Preisliste ALLFI. Hochdruck-Rohre

Werkstofftechnik. Praktikum Bruchverhalten/Kerbschlagbiegversuch

Bruchmechanik. Praktikum II, Teil Werkstoffe FS 2009 Versuch 7; Verfasser: Philippe Knüsel

KORROSIONSVERHALTEN AUSTENITISCHER KONDENSATORROHRE simulierte Korrosionsversuche

Durchbläser an den Auslassventilen von Schwerölmotoren durch Korrosion und Thermoschocks

Ugitech Ihre rostfreien Stahllösungen für eine hohe Korrosionsbeständigkeit

Reaktion eines metallischen Werkstoffes mit seiner Umgebung, die eine meßbare, schädliche Veränderung des Werkstoffes bewirkt.

!$W)." DIN Betonstahl Betonstabstahl. Reinforcing steels Reinforcing steel bars Aciers pour béton armé Aciers en barres droites

Mobile 3D-Terahertz-Bildgebung beim Fügen von Kunststoff und Keramik

Härtbarkeit von Stahl in Abhängigkeit vom Kohlenstoffgehalt

Inhaltsverzeichnis SPIRAFLEX. 1.0 Inhaltsverzeichnis Systembeschreibung Produktbeschreibungen / Lieferprogramm

RÖNTGEN CUTTING SOLUTION BEDIENUNGSANLEITUNG

Schadenanalyse an einem Luftdruckbehälter

Britta Schön. Hufschlagfiguren und Lektionen E bis A

Bruch von Hüftendoprothesen aus CrNiMo-Stahl (Teil 2, REM-Darstellung)

Prozesstechnik-Übung Wintersemester Es ist das Phasendiagramm des Systems Naphthalin/Biphenyl durch thermische Analyse zu bestimmen.

Versprödung von NIMONIC Schrauben. Technische Dienste des VGB Power Tech e.v.

p 2a Bild 8-1 Rohr unter Innendruck und Torsionsbelastung mit einem rissartigen Leck der Länge 2a

Schadenfälle an Fittings aus entzinkungsbeständigem Messing und Cuphin

Protokoll zum Versuch Druckmessung / III

Rohrbündel-Wärmetauscher Typ WFU

NUTZUNG LOKALER EFFEKTE VON SCHWEIßNÄHTEN BEI LASERBASIERTEN FÜGEKONZEPTEN FÜR HOCHFESTE LASTÜBERTRAGENDE STRUKTURMODULE

Transkript:

Spannungsrisskorrosion in Wärmetauscherrohren aus CrNi-Stahl Kernkraftwerk Greifswald 1. Vorgeschichte In Lubmin bei Greifswald wurde ein Kernkraftwerk errichtet, das aus 4 Druckwasserreaktoren mit einer elektrischen Leistung von je 440 MW bestand. Der erste Block ging 1973 ans Netz. Als Kühlwasser diente der Peenestrom (Brackwasser); das Abwasser wurde in die Ostsee abgegeben. Vier weitere Blöcke wurden geplant, wovon einer das Stadium der Erprobung erreichte. Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands (1990) wurde das Werk stillgelegt. Die Wärmetauscher (Dampferzeuger) waren liegend ausgeführt. Im November des Jahres 1982 machten sich in den Rohren der Dampferzeuger von Block 1 Lecks bemerkbar. Die Risse waren von der Kühlwasserseite (Außenseite) her eingelaufen. Besonders betroffen war der Bereich der Abstandshalterungen. Übergeben wurden zwei Rohrabschnitte (I, II), welche Risse enthielten, die den Querschnitt noch nicht völlig durchdrungen hatten. Die Risse waren längs zur Rohrachse orientiert. Stahl: X8CrNi18-10, Durchmesser: 16 mm, Wanddicke: 1,4 mm 2. Untersuchungen Probe I Das Rohrstück wurde so um die Längsachse gebogen, dass die Außenseite unter Zug kam und die Risse sich öffneten. Die Länge der Trennungen betrug 2-6 mm (Bild 1). Bild 1: Rohrstück I, Risse geöffnet

Probe II Bei diesem Teil wurden die Risse endgültig aufgezogen. Näher betrachtet wurde ein etwa 10 mm langer Riss, der kurz vor dem Durchbruch stand. Der Anriss lief senkrecht in die Rohrwand ein. Der Restbruch ist unter 45 o orientiert; er entstand durch Scherung (Bild 2). Bild 2: Rohrstück II aufgebrochen, Gebiet A als Anriss, Gebiet R als Restbruch Der Riss fächert in der Tiefe auf (Bild 3). Bild 3: Nebenriss als dunkle Linie Bild 2) 2

Auf den ersten beiden Dritteln erscheint der Rissbereich strukturarm, die Bruchfläche war dort unter Bildung von Magnetit korrodiert (Bild 4). Bild 4: Belagsreste im Risseinlauf Bild 3) Im letzten und somit jüngsten Bruchdrittel wird ein feinfacettiertes Bruchgefüge mit transkristallinem Verlauf erkennbar (Bild 5). Bild 5: transkristallines feinfacettiertes Bruchgefüge Bild 4, oben) 3

Es sind klare Einzelfacetten zu sehen (Bild 6). Bild 6: einzelne Bruchfacetten Bild 5) Eine gut ausgebildete Einzelfacette wird in Bild 7 heraus gehoben. Bild 7: Einzelfacette Bild 6) 4

Wird eine Korngrenze überschritten, wechseln die Bahnen ihre Richtung. Die Rissausbreitung ist also an bestimmte kristallographische Ebenen gebunden (Bild 8). Bild 8: Bruchbahnen ändern lokal ihre Richtung, dort Korngrenzen Bild 7). Betrachtet wird der Übergang zum Restbruch. Vorgeschobene Facettenbahnen wurden durch Abscheren der Zwischenstege vereinigt (Bild 9). Bild 9: Übergang zum Restbruch; Facetten laufen in Scherbahnen aus Bild 5, oben) 5

Der Restbruch erscheint wellig-flach mit kleineren Abreißwaben (Bild 10). Solche Strukturen ergeben sich durch das sogenannte Serpentinengleiten, welches den Bruch hochzäher Metalle kennzeichnet. Bild 10: vorwiegend wellige Struktur im Restbruch 3. Diskussion Die Risse sind transkristallin unter Ausbildung feiner Facetten in den Werkstoff eingelaufen. Es somit eine Art Spaltbruch vor, der unten den gegebenen Bedingungen typisch ist für eine Spannungsrisskorrosion. Auslöser hierfür sind üblicherweise Chloride. Die Risse hatten sich an der Rohrachse orientiert, also waren Umfangsspannungen aus der Betriebsbelastung maßgebend. Auf mündlichem Wege wurde mitgeteilt, dass es in der Wasserführung Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Weitere Einzelheiten finden sich in [1]. Literatur [1] Pastor, D.; Phillip, M.; Ruesse, H.; Jacob, H.; Ziegler, L.: Schädigungsnachweis an Wärmetauscherrohren im KKW mit Hilfe der Wirbelstromtechnik. In: Umgebungsabhängiges Bruchverhalten, 17. Metalltagung Dresden 1990, Hrsg.: M. Schaper, J. Barthel, DGM-Verlag, S. 449-472 An den Rohren des älteren Kernkraftwerkes Rheinsberg waren die Risse quer orientiert, da durch Eigenspannungen bedingt; siehe in dieser Homepage: Transkristalline Spannungsrisskorrosion an Wärmetauscherrohren aus einem Druckwasserreaktor (KKW Rheinsberg). Martin Möser, 31. Mai 2012 6