Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 4008 02. 05. 2018 Kleine Anfrage des Abg. Alexander Salomon GRÜNE und Antwort des Staatsministeriums Eineinhalb Jahre Jugendkanal funk Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Hat sich der Jugendkanal funk bewährt, insbesondere hinsichtlich der Zielsetzung, über neue Formate und die Fokussierung auf Online-Medien die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen stärker an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk heranzuführen? 2. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (fest angestellte Beschäftigte, feste Freie, Freie) arbeiten derzeit für funk, wie viele davon beim Südwestrundfunk, insbesondere an den baden-württembergischen Standorten? 3. Welche regelmäßigen Kanäle und Formate werden von funk angeboten? 4. Auf welchen Plattformen werden die Inhalte von funk ausgespielt? 5. Welche Verweildauer haben die bei funk angebotenen Inhalte in der Regel? 6. Lässt sich über die einzelnen Kanäle und Plattformen hinweg eine mit linear ausgestrahlten Fernsehprogrammen vergleichbare Einschaltquote für funk berechnen? 7. Welche Aussagen können über die Reichweite der bei funk angebotenen Inhalte getroffen werden? 8. Wie hat sich in den unterschiedlichen Altersgruppen das Nutzerverhalten zwischen herkömmlichem linearen Fernsehen, Internetfernsehen und On-Demand-Angeboten aufgegliedert entwickelt? 9. Gibt es Prognosen dazu, wie sich die Mediennutzung auch im Hinblick auf unterschiedliche Altersgruppen diesbezüglich weiterentwickeln wird? Eingegangen: 02. 05. 2018 / Ausgegeben: 27. 06. 2018 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1
10. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer stärkeren Kooperation mit den bestehenden Programmen von ARD und ZDF? 02. 05. 2018 Salomon GRÜNE Begründung Seit Oktober 2016 gibt es das Onlineangebot funk des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das als Ergebnis der seit 2012 geführten Debatte über einen öffentlich-rechtlichen Jugendkanal aufgrund der Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz eingeführt wurde. Federführend für funk zuständig ist der Südwest - rundfunk. Zielgruppe von funk sind 14- bis 29-Jährige. Mit dieser Kleinen Anfrage möchte der Fragesteller eruieren, ob das neuartige Angebot sich hinsichtlich dieser Zielsetzung, diese Altersgruppe an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk heranzuführen, bewährt hat. Antwort*) Mit Schreiben vom 8. Juni 2018 Nr. II-3454.50 beantwortet das Staatsministerium die Kleine Anfrage wie folgt: Dem Staatsministerium liegen nicht alle Informationen, die mit der Kleinen Anfrage erfragt werden, vor. Das Staatsministerium hat daher für die Beantwortung der Kleinen Anfrage eine Stellungnahme des SWR eingeholt. 1. Hat sich der Jugendkanal funk bewährt, insbesondere hinsichtlich der Zielsetzung, über neue Formate und die Fokussierung auf Online-Medien die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen stärker an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk heranzuführen? Die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von staatlichem Einfluss ist verfassungsrechtlich geschützt. Eine inhaltliche Bewertung des Programms durch die Landesregierung kann daher nicht erfolgen. Diese Aufgabe obliegt den Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sich nach Angaben des SWR regelmäßig mit funk und den funk-formaten befassen. Unabhängig von diesem Grundsatz der Staatsferne ist es Aufgabe des Gesetzgebers, den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu bestimmen. 11 g Rundfunkstaatsvertrag (RStV) bestimmt, dass die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF gemeinsam ein Jugend - angebot anbieten. Dieses Angebot soll die Lebenswirklichkeit und die Interessen junger Menschen als Zielgruppe in den Mittelpunkt stellen und dadurch einen besonderen Beitrag zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags leisten. Nach 11 e Absatz 2 RStV haben die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und Deutschlandradio alle zwei Jahre einen Bericht über die Erfüllung des jeweiligen Auftrags, über die Qualität und Quantität der bestehenden Angebote sowie die Schwerpunkte der jeweils geplanten Angebote zu veröffentlichen. Nach 11 g Absatz 6 RStV haben die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF in diesem Bericht gemeinsam in Bezug auf das Jugendangebot insbesondere den besonderen Beitrag *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 2
des Jugendangebots zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags oder das Erreichen der Zielgruppe darzustellen. Auf diese Weise werden die Gremien der Rundfunkanstalten und die Allgemeinheit darüber informiert, in welcher Weise die gemeinsam beauftragten Rundfunkanstalten die wesentlichen Kriterien ihres Auftrags nach 11 g RStV erfüllt haben. Ihnen wird dadurch eine faktenbasierte Bewertung des Jugendangebots ermöglicht. Der nächste Bericht, der auch auf funk eingehen wird, wird Ende 2018 veröffentlicht werden. Der SWR hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass erste Analysen dafürsprächen, dass die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen das Angebot funk gut annehme (siehe Antwort auf Frage 7). In Rückmeldungen, die funk über soziale Netzwerke oder per Mail erreichten, komme zudem immer wieder zur Sprache, dass der Rundfunkbeitrag für die Zielgruppe nun nachvollziehbar sei, da es inzwischen speziell auf sie zugeschnittene Inhalte gebe. Auch die Landesregierung hat bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass funk seinen Auftrag nicht erfüllen würde. 2. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (fest angestellte Beschäftigte, feste Freie, Freie) arbeiten derzeit für funk, wie viele davon beim Südwestrundfunk, insbesondere an den baden-württembergischen Standorten? Für die Gemeinschaftseinrichtung,funk von ARD und ZDF arbeiten gemäß Stellenplan 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Mainz: zehn Festangestellte und ein Auszubildender mit SWR-Vertrag, drei Festangestellte und ein fester freier Mitarbeiter bzw. eine feste freie Mitarbeiterin mit ZDF-Vertrag sowie 30 feste freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit SWR-Vertrag. Die sogenannte funk-zentrale steuert das Gesamtangebot und gewährleistet das reibungslose Funktionieren des funk-netzwerks nicht nur in Bezug auf Inhalte, sondern auch bzgl. Technik und Design, Kommunikation, Finanzen und Produktion. Ein weiterer Teil der Inhalte wird über ein Zulieferungsverfahren von allen ARD- Anstalten sowie dem ZDF bereitgestellt. Die Bereitstellung des hierfür benötigten Redaktionspersonals obliegt der jeweiligen Landesrundfunkanstalt. Für die Zulieferung der SWR-Inhalte ist der Bereich SWR3 Popunit/DASDING zuständig. Für diese funk-zulieferredaktion des SWR arbeiten am Standort Baden-Baden ein Festangestellter (anteilig) sowie vier feste freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 3. Welche regelmäßigen Kanäle und Formate werden von funk angeboten? Das aktuelle Angebotsportfolio von funk umfasst nach Angaben des SWR circa 60 Formate, die alle regelmäßig publizieren. Einen Überblick über alle Formate gibt www.funk.net. 4. Auf welchen Plattformen werden die Inhalte von funk ausgespielt? Die funk-formate werden auf YouTube, Facebook, Instagram und Snapchat ausgespielt. Alle Inhalte sind auch auf der eigenen Online-Plattform, www.funk.net, sowie der dazugehörigen App ohne Anmeldung und in einem unabhängigen Player verfügbar. 5. Welche Verweildauer haben die bei funk angebotenen Inhalte in der Regel? Nach 11 g Absatz 4 Satz 1 RStV ist die Verweildauer der Inhalte des Jugend - angebots so zu bemessen, dass sie die Lebenswirklichkeit und die Interessen junger Menschen abbilden und die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der jeweils zur Zielgruppe gehörenden Generationen erfüllen. Für die Zielgruppe ist es selbstverständlich, Videos jederzeit schauen zu können. Das Bedürfnis der Zielgruppe nach einem zeitlich uneingeschränkten Zugriff auf 3
Online-Inhalte spiegelt sich auch in den YouTube-Nutzungszahlen von funk wieder: Im Januar 2018 wurden ca. 45 Prozent aller Views durch Videos generiert, die älter als 30 Tage sind. Inhalte werden dann depubliziert, wenn redaktionell notwendig, ansonsten aufgrund der oben angesprochenen Mediennutzungsgewohnheiten der Zielgruppe nicht. Der SWR hat darüber hinaus mitgeteilt, dass bei angekauften Spielfilmen und Lizenzserien außerdem im Zuge des Lizenzerwerbs ein an den Nutzerinteressen orientierter Lizenzzeitraum vertraglich festgelegt werde. Nach Ablauf dieses Lizenzzeitraums würden Lizenzinhalte depubliziert. Der in der Antwort auf Frage 1 angesprochene Bericht werde sich nach 11 g Absatz 6 Nummer 3 RStV auch auf die Prüfung der Verweildauern sowohl für Eigen- und Auftragsproduktionen als auch für eingekaufte Filme und Serien beziehen. 6. Lässt sich über die einzelnen Kanäle und Plattformen hinweg eine mit linear ausgestrahlten Fernsehprogrammen vergleichbare Einschaltquote für funk berechnen? Eine Einschaltquote wie für das lineare Fernsehen gibt es für die Nutzung nonlinearer Internetangebote wie funk nicht. Hintergrund ist unter anderem, dass die Nutzerinnen und Nutzer von funk mehr als einen Kanal von funk abonniert haben und die Videos mehrfach sehen können. Ein View oder ein Abonnement entsprechen also nicht immer einem Individuum. Eine plattformübergreifende Messung ist nach Auskunft des SWR daher nicht möglich. Der SWR hat jedoch mitgeteilt, dass in Zusammenarbeit mit den SWR- und ZDF-Medienforschungsabteilungen deshalb Studien zur Nutzung und Bekanntheit von funk durchgeführt werden. Aktuelle Nutzungszahlen sind in der Antwort auf Frage 7 aufgeführt. 7. Welche Aussagen können über die Reichweite der bei funk angebotenen Inhalte getroffen werden? Im Herbst 2017, also etwa ein Jahr nach dem Start von funk, wurde im Auftrag der SWR-Medienforschung eine Bekanntheitsstudie zu funk durchgeführt. Laut dieser Studie kennen 45 Prozent der 14- bis 29-Jährigen funk oder mindestens ein Format von funk. Seit dem Start im Oktober 2016 können die funk-kanäle auf der Video-Plattform YouTube einen kontinuierlichen Nutzungsanstieg verzeichnen und erzielten bis Ende April 2018 in Summe 673,1 Mio. Videoabrufe. Auf Facebook generierten die funk-profile in diesem Zeitraum insgesamt 215,5 Mio. Video - abrufe (ab 3 Sek.). Ebenfalls positiv zeigt sich die Entwicklung der Abonnements bzw. Page Likes der funk-formate: Seit Oktober 2016 wuchs die Zahl der Abonnements aller funk-kanäle auf YouTube auf insgesamt 7,6 Mio. Auch die Summe der Page Likes auf Facebook ist kontinuierlich gewachsen und erreichte im April 2018 einen Wert von 1,3 Mio. 8. Wie hat sich in den unterschiedlichen Altersgruppen das Nutzerverhalten zwischen herkömmlichem linearen Fernsehen, Internetfernsehen und On- Demand-Angeboten aufgegliedert entwickelt? Die durchschnittliche Sehdauer pro Tag und Person wird für die Fernsehnutzung von der AGF Videoforschung GmbH erhoben. Die Entwicklung der durchschnittlichen Sehdauer pro Tag in Bezug auf die Gesamtzuschauer sowie eine Aufschlüsselung nach Altersgruppen für das Jahr 2017 können unter www.agf.de eingesehen werden. So ist die durchschnittliche Sehdauer für alle Altersgruppen von 223 Minuten im Jahr 2016 und 221 Minuten im Jahr 2017 weitgehend stabil geblieben. Die durchschnittliche Fernsehdauer pro Tag hat bei den über 30-Jährigen im Vergleich zu 2016 zugenommen. Bei den 14- bis 29-Jährigen sank die durchschnittliche Fernsehnutzung dagegen von 119 Minuten am Tag im Jahr 2016 auf 105 Minuten am Tag im Jahr 2017 (vgl. Media Perspektiven 3/2018, S. 102 ff.). Daten zur Internetnutzung in Deutschland werden jährlich unter anderem mit der ARD/ZDF-Onlinestudie ermittelt. Nähere Informationen sind unter www.ard-zdf- 4
onlinestudie.de erhältlich. Danach liegt die Internetnutzung in Deutschland 2017 bei 90 Prozent (deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren). Mit mehr als viereinhalb Stunden pro Tag nutzen die 14- bis 29-Jährigen das Internet mit Abstand am meisten. 2017 nutzten sie das Internet 29 Minuten länger als 2016. Über alle Altersgruppen hinweg lag die Nutzungsdauer des Internets bei durchschnittlich knapp zweieinhalb Stunden. Dies sind 21 Minuten mehr als im letzten Jahr. Die ARD-ZDF-Onlinestudie befragt darüber hinaus zur Art der Internetnutzung. Im Gesamtbild aller Altersgruppen wurde von den knapp zweieinhalb Stunden Internetnutzung eine dreiviertel Stunde für die mediale Internetnutzung aufgewendet. Bei den 14- bis 29-Jährigen entfällt die meiste Zeit auf mediale Inhalte (1 Stunde 56 Minuten). In der aktuellen JIM-Studie 2017 (Jugend, Information, [Multi-] Media, vgl. www.mpfs.de) wurden die Wege der Fernsehnutzung erfragt. Danach schauten im Jahr 2017 19 Prozent der Jugendlichen Fernsehen über das Internet. Die tägliche Nutzung von Streamingdiensten spielt nach Angaben des SWR in der Gesamtbevölkerung eine geringe Rolle, nehme bei den 14- bis 29-Jährigen allerdings kontinuierlich zu. Nach der aktuellen JIM-Studie 2017, die unter anderem die Medienbeschäftigung in der Freizeit von 12- bis 19-Jährigen untersucht, gaben 16 Prozent an, Streamingdienste täglich zu nutzen. 22 Prozent gaben an, dies mehrmals die Woche zu tun. Auch Zubayr/Gerhard stellen fest, dass Strea mingdienste für 14- bis 29-Jährige eine wichtige Alternative zum Fernsehen im Alltag darstellen (vgl. Media Perspektiven 3/2018, S. 102 ff.). 9. Gibt es Prognosen dazu, wie sich die Mediennutzung auch im Hinblick auf unterschiedliche Altersgruppen diesbezüglich weiterentwickeln wird? Der SWR geht davon aus, dass sich aufgrund der kontinuierlich steigenden Nutzungsdauer von Online-Aktivitäten der 14- bis 29-Jährigen diese Tendenz in Zukunft noch verstärken wird. Das Staatsministerium hat ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Trendumkehr. 10. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer stärkeren Kooperation mit den bestehenden Programmen von ARD und ZDF? Grundsätzlich hält die Landesregierung Kooperationen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für wichtig. Daher hat Baden-Württemberg auch federführend in der Ländergemeinschaft die Einführung einer sogenannten Betrauungsnorm im Rundfunkstaatsvertrag erarbeitet. Hierdurch sollen die Anstalten in die Lage versetzt werden, effizienter arbeiten zu können. Die Betrauungsnorm ist damit auch ein Baustein im Rahmen der aktuellen Strukturdebatte zur Zukunft des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Unabhängig davon gibt es für das Jugendangebot in 11 g Absatz 3 RStV Regelungen zur Zusammenarbeit. So sollen andere Angebote der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und des ZDF nach Maßgabe dieses Staatsvertrages mit dem Jugendangebot inhaltlich und technisch vernetzt werden. Wird ein eigenständiger Inhalt des Jugendangebots auch in einem anderen Angebot der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten oder des ZDF genutzt, sind die für das andere Angebot geltenden Maßgaben des Rundfunkstaatsvertrags einschließlich eines eventuellen Telemedienkonzepts zu beachten. Änderungen der bestehenden Gesetzeslage sind derzeit nicht beabsichtigt. Der SWR ist der Ansicht, dass sich die bestehende Regelung zur Vernetzung in der gesetzlichen Beauftragung bewährt habe. Sie schaffe die notwendige Flexibilität, animiere aber auch zu Vernetzungen in die Mutterhäuser, wie beispielsweise bei der Doku Lösch dich! so organisiert ist der Hass im Netz, der Serie Wish list und der Doku-Reihe Rabiat. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei 5