Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union



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Transkript:

` Lothar Binding Mitglied des Deutschen Bundestages Lothar Binding, MdB * Platz der Republik 1 * 11011 Berlin Berliner Büro Platz der Republik 1 11011 Berlin Tel: (030) 227-73144 Fax: (030) 227-76435 email Berlin: lothar.binding@bundestag.de Bürgerbüro Heidelberg/Weinheim Bergheimer Straße 88 69115 Heidelberg Tel: (06221) 18 29 28 Fax: (06221) 61 60 40 email Heidelberg und Weinheim: lothar.binding@wk.bundestag.de Homepage: www.lothar-binding.de Berlin, im März 2007 Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, die Allgemeingültigkeit von Bildungsabschlüssen innerhalb der Europäischen Union ist ein Thema, das für viele junge Menschen, die vor dem Abschluss ihrer schulischen oder universitären Ausbildung stehen, von großer Bedeutung ist. Davon zeugt das rege Interesse an Beschäftigungsmöglichkeiten im europäischen Ausland, das im Rahmen von diversen Veranstaltungen an mich herangetragen wird. Gerne greife ich diese Fragen auf und wende mich dabei an alle, die am Beginn ihre beruflichen Weges stehen oder bei der Planung ihrer Ausbildung oder ihres Studiums gezielt die Möglichkeiten nutzen möchten, die ihnen Europa bietet. Mein Schreiben gibt einen Überblick über Fragen der Anerkennung von schulischen und universitären Bildungsabschlüssen und beruflichen Qualifikationen innerhalb der Europäischen Union. Aufgeschlossenheit gegenüber unseren europäischen Nachbarn und die Bereitschaft, die Bildungschancen in der EU für die eigene schulische, universitäre und berufliche Ausbildung zu nutzen, halte ich für sehr wichtig. Denn die Europäische Union ist mehr als ein politischer und wirtschaftlicher Zweckverband. Sie bietet vielfältige Möglichkeiten, einen Teil seiner Ausbildungsweges oder seiner beruflichen Laufbahn im europäischen Ausland zu gehen und dadurch die anderen Mitgliedstaaten besser kennenzulernen eine elementare Voraussetzung dafür, Europa als einen Raum des friedlichen Zusammenlebens, der persönlichen Freiheiten und der wirtschaftlichen Prosperität zu erhalten. Das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife berechtigt dazu, in jedem Staat, der die sog. Lissabon- Konvention unterschrieben hat, ein Hochschulstudium zu beginnen. Dazu gehören alle Staaten der Europäischen Union, auch jene Länder aus Mittel- und Osteuropa, die im Zuge der Erweiterung 2005 der Europäischen Union beigetreten sind. Die Unterzeichnerstaaten können allerdings Regelungen erlassen, die ausländische Studienbewerber den gleichen Regeln und Einschränkungen unterwerfen wie einheimische Lothar Binding, Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union, Seite 1 von 5

- 2 - Studienanfänger etwa im Hinblick auf Numerus- Clausus- Regelungen oder die Vergabe von Studienplätzen über ein Zentralsystem. Die fachgebundene Hochschulreife ermöglicht es ebenfalls, in allen Unterzeichnerstaaten der Lissabon- Konvention ein fachgebundenes Hochschulstudium zu beginnen. Da allerdings nicht alle Staaten der EU zwischen fachgebundener und allgemeiner Hochschulreife unterscheiden, gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Wo - wie in Deutschland - Fachhochschuleinrichtungen bestehen, berechtigt der deutsche Abschluss unmittelbar zum Studium; dies ist in Österreich, Belgien, den Niederlanden und Griechenland der Fall. In Skandinavien erfolgt eine Einzelfallprüfung. Wo es wie etwa in Frankreich - keine Fachhochschulen gibt, werden die deutschen fachgebundenen Abschlüsse nicht anerkannt. Informationen zur Aufnahme eines Studiums im Ausland stellen die Datenbank ANABIN der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen im Sekretariat der Kultusministerkonferenz (http://www.anabin.de) und der Deutsche Akademische Auslandsdienst DAAD (http://www.daad.de) zur Verfügung. Für die Anerkennung des deutschen Haupt- und Realschulabschlusses in EU- Mitgliedstaaten existiert keine einheitliche und verbindliche Rechtsgrundlage. Wenn man eine weiterführende Schule in einem EU- Mitgliedstaat besuchen möchte, erfolgt eine Einzelfallprüfung durch die zuständigen ausländischen Stellen. Dabei wird festgestellt, ob der deutsche Abschluss gleichwertig mit den Anforderungen ist, die im betreffenden Land vorausgesetzt werden. Ist dies der Fall, erfolgt die Zulassung; andernfalls besteht die Möglichkeit, diesen Abschluss im Ausland nachzuholen. Informationen hierzu gibt es bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen im Sekretariat der Kultusministerkonferenz (http://www.kmk.org) oder bei den EURES- Beratungsstellen der örtlichen Bundesagenturen für Arbeit (http://www.europaserviceba.de). Aber nicht nur die Anerkennung von Bildungsabschlüssen vor Beginn eines Studiums oder einer Berufsausbildung ist von Bedeutung, sondern auch die Anerkennung von Studienabschlüssen und beruflichen Qualifikationen. Denn die Anerkennung eines in einem Mitgliedstaat der EU erworbenen Diploms oder Hochschulabschlusses ist notwendig, damit man berechtigt ist, sein Studium im Ausland fortzuführen oder den erworbenen Titel, wie beispielsweise Dr. oder Diplom- Ingenieur, im Namen tragen zu dürfen. Diese Art der Anerkennung wird laut dem Vertragswerk der Europäischen Gemeinschaft nicht durch das Gemeinschaftsrecht geregelt, sondern fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die für Inhalt und Organisation ihrer Erziehungssysteme verantwortlich sind. Für die akademische Anerkennung eines Diploms gelten daher die Rechtsvorschriften im jeweiligen Mitgliedstaat der EU. Es existieren keine europaweit gültigen Gemeinschaftsvorschriften, die die gegenseitige Anerkennung von Diplomen und Hochschulabschlüssen regeln. Die Universitäten sind als eigenständige Einrichtungen alleine für den Inhalt ihrer Studienprogramme und die Erteilung der Diplome und Zeugnisse der Studierenden verantwortlich. Jene werden von den Behörden der jeweiligen Mitgliedstaaten anerkannt. Über die Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus anderen Staaten der EU entscheidet in Deutschland die Kultusministerkonferenz der Bundesländer, da Bildungspolitik bei uns Länderangelegenheit ist. Aus diesem Grund gibt es bis heute kein Diplom, das automatisch in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anerkannt wird. Auch der sog. Diplomzusatz (diploma supplement), der die akademische und berufliche Anerkennung von Lothar Binding, Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union, Seite 2 von 5

- 3 - Qualifikationen verbessern und europaweit vergleichbar machen soll und über Art, Inhalt und Niveau eines Abschlusses informiert, ist kein rechtlich verbindliches Instrument. Die Europäische Kommission bemüht sich allerdings um den Ausbau der gegenseitigen Anerkennung verschiedener Erziehungssysteme in Europa. Sie hat zu diesem Zweck das Gemeinschaftsprogramm ERASMUS ins Leben gerufen. Obwohl die Teilnahme an diesem Programm freiwillig ist, trägt es zum Verständnis und zur Anerkennung verschiedenster Erziehungssysteme bei, indem sich Netzwerke zwischen Hochschulinstitutionen bilden. Dies ermöglicht es Studierenden, einen Teil ihres Studiums im Ausland zu absolvieren und sich dort abgelegte Prüfungen als gleichwertig bescheinigen zu lassen. Im Rahmen des ERASMUS- Programms wurde ein Netz von Informationszentren für die akademische Anerkennung der Diplome (NARIC) eingerichtet. Diese Informationszentren informieren über innerstaatlichen Verfahren der akademischen Anerkennung. Das ERASMUS- Programm ist eingebettet in den sog. Bologna- Prozess, der 1999 ins Leben gerufen wurde und für eine europäische Bildungspolitik und Hochschulreform und die Schaffung eines gemeinsamen Hochschulraumes bis 2010 steht. Mittlerweile gibt es mit LINGUA, TEMPUS, LEONARDO DA VINCI und COMMET weitere Mobilitätsprogramme, die ein System vergleichbarer Studienabschlüsse schaffen sollen. Wenn man mit seinem Studien- oder Ausbildungsabschluss in einem anderen EU- Mitgliedstaat beruflich tätig werden will, muss man zwischen reglementierten Berufen und nicht reglementierten Berufen und Qualifikationen unterscheiden. Reglementiert bedeutet, dass der Besitz eines Abschlusses oder gewisser beruflicher Qualifikationen eine rechtlich notwendige Bedingung darstellt, damit ein Bewerber aus einem Mitgliedstaat der EU den betreffenden Beruf ausüben darf. In diesem Fall würde das Fehlen eines notwendigen nationalen Titels oder Abschlusses ein juristisches Hindernis für den Zugang zum Beruf bedeuten. Der Betreffende muss persönlich einen Antrag stellen, in dem klar anzugeben ist, welchen Beruf er auszuüben wünscht. Bisher gibt es kein Gemeinschaftsinstrument, aufgrund dessen die in einem Land der Europäischen Union erworbenen Diplome generell und automatisch in anderen EU-Ländern anerkannt würden. Viele Berufe aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern sind reglementiert. Dazu gehören in Deutschland: im Gesundheitswesen: Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Krankenpfleger und -schwestern, Hebammen und Entbindungspfleger, Logopäden, Sprachheilpädagogen, Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, Physiotherapeuten, Diätassistenten, Technische Assistenten in der Medizin, Arzthelfer, Zahnarzthelfer, Tierarzthelfer, Heilpraktiker, Psychologen; aus dem pädagogischen Bereich: Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Kinderpfleger, Altenpfleger, Altenpflegehelfer, Familienpfleger; aus dem technischen und handwerklichen Bereich: Ingenieure, Architekten, Innenarchitekten, Markscheider, Techniker, Technische Assistenten, Meister; in der Lebensmittelherstellung und überwachung: Lebensmittelchemiker; in der Land- und Forstwirtschaft: Gartenbau- und Landschaftsarchitekten, Forstbeamte, Wirtschafter; in der Rechtspflege: Anwälte, Richter, Notare sowie in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung: Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer, Steuerberater; Lothar Binding, Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union, Seite 3 von 5

- 4 - Einzelne Berufe wie Dolmetscher und Übersetzer sind nur in einigen Bundesländern reglementiert. Außerdem ist der Öffentliche Dienst insgesamt reglementiert. Staatliche Behörden entscheiden darüber, ob die notwendigen Qualifikationen, Zeugnisse und Diplome vorliegen. Wer mit einer entsprechenden ausländischen Qualifikation einen reglementierten Beruf ausüben möchte, braucht also eine behördliche Anerkennung. Die konkrete Zuständigkeit der Behörden richtet sich dabei nach dem Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland. Folgende Tabelle gibt einen Eindruck von der Vielfältigkeit der Zuständigkeiten. Berufsfeld Schulische Berufsausbildungen außerhalb des Gesundheitsbereichs Gesundheitsberufe Betrieblich- schulische Abschlüsse im gewerblich- technischen oder kaufmännischen Bereich Abschlüsse im Handwerk Abschlüsse in landwirtschaftlichen Berufen Zuständige Behörde/ Institution Überwiegend Kultusministerien der einzelnen Länder bzw. die von ihnen beauftragten Behörden Gesundheitsministerien der Länder bzw. die von ihnen beauftragten Behörden, z.b. Ärztekammern, Zahnärztekammern, Tierärztekammern, Apothekerkammern, Bezirksregierungen, Gesundheitsämter Industrie- und Handelskammern Handwerkskammern Landwirtschaftsministerien bzw. kammern Die Behörden müssen sich dabei an die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen halten, auf die man sich berufen kann und die von den einzelstaatlichen Behörden eingehalten und geschützt werden müssen. Für unterschiedliche Berufsgruppen existieren dabei unterschiedliche Vorschriften. Für Ärzte, Krankenschwestern, Architekten, Apotheker, Anwälte und Hebammen gelten Richtlinien, die der Europäische Rat erlassen hat. Diese Richtlinien sehen eine automatische Anerkennung der staatlich anerkannten Diplome, Zeugnisse und andere Abschlüsse bezüglich dieser Berufsbilder vor, sofern sie die von dem Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Minimalbedingungen für die Ausbildung erfüllen. Für alle anderen Berufe, die oben aufgezählt wurden, gelten die EG- Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/RG, die die Kommission und das Europäische Parlament erlassen haben. Diese Richtlinien verwirklichen die wichtigsten Grundprinzipien des EG-Vertrags, die Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Nach diesen Richtlinien ist die Qualifikation anzuerkennen, wenn der erlernte Beruf der beruflichen Tätigkeit gleichartig ist, die man in Deutschland ausüben möchte. Dann wird Lothar Binding, Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union, Seite 4 von 5

- 5 - geprüft, ob diese Ausbildung der in Deutschland im Wesentlichen vergleichbar ist. Ist dies der Fall, erfolgt die Anerkennung unmittelbar. Bestehen wesentliche Unterschiede, dann wird die Anerkennung mit Auflagen wie zusätzlichen Lehrgängen oder Prüfungen verbunden. Diese Auflagen können wegfallen, wenn eine ausreichend lange praktische Berufserfahrung nachgewiesen wird. Bei nicht reglementierten Berufen, entscheidet hingegen neben der Situation auf dem Arbeitskräftemarkt - alleine der Arbeitgeber darüber, ob er einen Bewerber oder eine Bewerberin aus einem anderen EU- Mitgliedstaat für geeignet hält. Hier ist also kein Genehmigungs- oder Anerkennungsverfahren in dem Land, in dem man seinen Beruf ausüben möchte, erforderlich. In der Hoffnung, ein möglichst breites Interesse an einer Ausbildung, einem Studium oder einer Beschäftigung im europäischen Ausland geweckt oder vertieft zu haben, verbleibe ich mit freundlichem Gruß Lothar Binding Lothar Binding, Anerkennung von Bildungsabschlüssen in der Europäischen Union, Seite 5 von 5