Beschlußempfehlung und Bericht

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BESCHLUSSEMPFEHLUNG UND BERICHT

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Bericht und Antrag. Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode. Drucksache 7/ des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

Transkript:

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/8163 29. 06. 94 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu dem Antrag des Abgeordneten Konrad Weiß (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 12/7067 Kinderarbeit erfolgreich bekämpfen A. Problem In den Ländern der Dritten Welt werden in großem Umfang Kinder gezwungen, unter teilweise unwürdigen Bedingungen in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft zu arbeiten. Häufig erhalten sie dafür keinen oder nur sehr wenig Lohn. Eine schulische oder berufliche Ausbildung wird ihnen vorenthalten. In der Bundesrepublik Deutschland werden Produkte eingeführt, die unter Rückgriff auf Kinderarbeit hergestellt werden. B. Lösung Die Antragsteller wollen die Bundesregierung auffordern, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um der Kinderarbeit entgegenzuwirken. Einstimmige Annahme eines aus den Beratungen hervorgegangenen Antrages bei Erledigung des Antrages auf Drucksache 12/7067.

Drucksache 12/8163 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode C. Alternativen Annahme des Antrages und Durchführung der darin vorgeschlagenen Maßnahmen. D. Kosten Eine Kostenabschätzung wurde nicht vorgenommen.

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/8163 Beschlußempfehlung Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird beauftragt, dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 1994 einen umfassenden Bericht über Kinderarbeit in der Welt vorzulegen, dabei die im Antrag Kinderarbeit erfolgreich bekämpfen" (Drucksache 12/7067) angesprochenen Problemfelder zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob und ggf. welche politischen und sozialen sowie handels- und entwicklungspolitischen Maßnahmen durch die Bundesrepublik Deutschland, die Europäische Union, die Internationale Arbeitsorganisation und die Signatarstaaten des GATT-Abkommens zur Beseitigung der Kinderarbeit ergriffen bzw. unterstützt werden können. 2. Der Antrag Drucksache 12/7067 wird für erledigt erklärt. Bonn, den 29. Juni 1994 Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Günther Heyenn Vorsitzender Jochen Feilcke Berichterstatter

Drucksache 12/8163 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Bericht des Abgeordneten Jochen Feilcke I. Der Deutsche Bundestag hat den Antrag des Abgeordneten Konrad Weiß (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 12/7067) in seiner 230. Sitzung vom 26. Mai 1994 dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zur federführenden Beratung und den Ausschüssen für Frauen und Jugend sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit zur Mitberatung überwiesen. Der Ausschuß für Frauen und Jugend hat in seiner 73. Sitzung vom 23. Juni 1994 den Antrag beraten, konnte jedoch aus technischen Gründen keinen abschließenden Beschluß fassen. Im Ausschuß wurde bekräftigt, daß es unbedingt erforderlich sei, die sozialen Strukturen in den Entwicklungsländern zu verbessern, um Kinderarbeit wirksam bekämpfen zu können, und daß es wünschenswert wäre, wenn alle Fraktionen einen gemeinsamen Antrag unterstützten, der der schwierigen Sachlage gerecht werde. Auch der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat die Vorlage in seiner Sitzung vom 15. Juni 1994 beraten. Der Ausschuß unterstützte den Antrag in seiner grundlegenden Tendenz. Der Ausschuß ging dabei davon aus, daß der federführende Ausschuß den Antrag in der Fassung des unten abgedruckten Änderungsantrages der Fraktion der SPD unter der Voraussetzung verabschiede, daß bestimmte offene rechtliche Fragen, insbesondere die Übereinstimmung mit GATT- und IAO-Konventionen, geklärt seien. Außerdem plädierte der Ausschuß für eine abschließende Beratung des Antrages noch in dieser Legislaturperiode. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat den Antrag in seiner 123. Sitzung am 15. Juni 1994, der 126. Sitzung am 23. Juni sowie der 127. Sitzung am 28. Juni 1994 beraten und abgeschlossen. Einstimmig bei Abwesenheit des Mitglieds der Gruppe BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN nahm der Ausschuß die in der Beschlußempfehlung wiedergegebene und von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. sowie dem Abgeordneten Konrad Weiß (Berlin) beantragte Entschließung an. Gleichzeitig erklärte er den Antrag der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für erledigt. Folgender, von der Fraktion der SPD eingebrachter Antrag war zuvor mehrheitlich abgelehnt worden: 1. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Nach Informationen der International Labour Organisation (ILO) sind weltweit 100 bis 200 Mio. Kinder gezwungen, unter zum Teil schwersten und menschenrechtswidrigen Bedingungen in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft zu arbeiten. In den Entwicklungsländern sind mehr als 18 Prozent der Kinder zwischen zehn und 14 Jahren betroffen. Allein in Indien soll es nach Angaben internationaler Organisationen 44 Mio. arbeitende Kinder geben. Dabei wird die Gesund heit der Kinder nachhaltig zerstört, und sie haben in der Regel keine Möglichkeit zu einer schulischen und beruflichen Ausbildung. Kinderarbeit nach ILO-Definition heißt:,arbeit, die von Kindern unter 15 Jahren mehr oder weniger regelmäßig ausgeübt wird, um für sich oder die Familie zum Lebensunterhalt beizutragen. Die soziale Lage vieler Familien zwingt Kinder dazu, mit ihrer Arbeit einen Beitrag zum Überleben ihrer Familien zu erbringen. Das unterscheidet diese Kinderarbeit somit von der Tätigkeit vieler Kinder in allen Teilen der Welt, die neben einem geregelten Schulleben einen Zuverdienst erwerben. Vor allem in lateinamerikanischen und südasiatischen Ländern ist ein erheblicher Teil der Kinder gezwungen, in Schuldknechtschaft (,debt bondage') zur Tilgung elterlicher Schulden bei Grundbesitzern oder Industriellen zu arbeiten. In Indien leisten nach der ILO vorliegenden Schätzungen zehn Mio. Kinder in Steinbrüchen, Streichholzfabriken, Teppichknüpfereien und anderen Wirtschaftsbereichen Zwangsarbeit, obgleich das indische Recht Kinderarbeit und Zwangsarbeit untersagt. In Pakistan gibt es schätzungsweise bis zu 7,5 Mio. Kinder in,dept bondage', in Nepal etwa eine Million. Die Schuldknechtschaft nutzt die soziale Not der be troffenen Familien aus und stellt auch nach dem geltenden Recht vieler Entwicklungsländer eine schwere Verletzung der Menschenrechte dar. Durch die,debt bondage' können die arbeitenden Kinder die soziale Not ihrer Familie nicht lindern. Ein Beitrag zum Familieneinkommen, oft für Kinderarbeit als allgemeine Begründung genannt, wird durch diese Form der Versklavung nicht erwirtschaftet. Zu den Wirtschaftsbereichen mit einem besonderen hohen Anteil an Kinderarbeit und Kindersklaverei gehört die Herstellung handgeknüpfter Orientteppiche. Nach Schätzungen der ILO sind allein im indischen,teppichgürtel' in der Region Varanasi/Bhadohi/Mirzapur im Bundesstaat Uttar Pradesh, in der etwa 80 Prozent der indischen Teppichproduktion erstellt wird, 100 000 Kinder illegal in der Teppichindustrie beschäftigt; indische Nichtregierungsorganisationen gehen sogar von bis zu 300 000 Kindern aus. Davon sind schätzungsweise zwischen einem Fünftel und der Hälfte der teppichknüpfenden Kinder Schuldknechte. Auch in Pakistan und Nepal ist ein erheblicher Anteil der Kinderarbeiter in der Teppichindustrie zu Zwangsarbeit gezwungen; in Pakistan beläuft sich dieser Anteil auf etwa zehn Prozent, in Nepal auf bis zu 50 Prozent. Südasiatische Menschen- und Kinderrechtsorgani sationen, die sich zur,south Asian Coalition on -

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/8163 Child Servitude' (SACCS) zusammengeschlossen haben, haben in den letzten Jahren ihre Anstrengungen verstärkt, auf eine Abschaffung von Kinderarbeit und Kindersklaverei hinzuwirken. Die Bundesrepublik Deutschland ist das weltgrößte Einfuhrland von handgeknüpften O rientteppichen und importierte im Jahre 1993 ein Drittel der indischen und etwa 80 Prozent der nepalesischen Ausfuhr handgeknüpfter Teppiche. Aus diesem Grund kommt der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Verantwortung bei der Bekämpfung von Kinderarbeit insbesondere in der Teppichindustrie zu. Zu begrüßen ist die Einführung eines Warenzeichens für handgeknüpfte Orientteppiche, die nicht durch Kinderarbeit erstellt wurden. Ein solches Warenzeichen ist von den indischen Menschenrechtsorganisationen, einem Teil der indischen Teppichindustrie und internationalen Organisationen wie ILO und UNICEF unter maßgeblicher Beteiligung des Indo-German Expo rt Promotion Project (IGEP), einem gemeinsamen Exportförderungsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und dem indischen Ministry of Commerce, entwickelt worden. Diese Maßnahme allein ist aber zu einer wirksamen Bekämpfung von Kinderarbeit und Kindersklaverei nicht ausreichend. Handgeknüpfte Orientteppiche,ohne Kinderarbeit' werden auf absehbare Zeit nur dann Teppiche,durch Kinderarbeit' ersetzen können, wenn durch geeignete handelspolitische und gesetzliche Maßnahmen Einfuhr und Absatz handgeknüpfter Orientteppiche,ohne Kinderarbeit' gefördert und die Einfuhr von Teppichen,durch Kinderarbeit' unterbunden werden. Aus diesem Grund ist die Bundesrepublik Deutschland gefordert, durch Verhandlungen auf internationaler Ebene zu einer wirksamen Bekämpfung der Kinderarbeit beizutragen. 2. Der Deutsche Bundestag bekräftigt in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinder-Konvention) das Recht des Kindes,,vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnten' (Artikel 32, Abs. 1). 3. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich bei den Regierungen Südasiens für die Einhaltung bestehender internationaler Abkommen und Konventionen zum Schutz des Kindes und insbesondere der Kinder-Konvention von 1989 einzusetzen sowie auf die Umsetzung der jeweiligen nationalen Gesetzgebung zum Schutz des Kindes und die Durchsetzung des Verbotes der Kinderarbeit hinzuwirken; die Initiative dafür zu ergreifen, daß sich die 51. Sitzung der VN-Menschenrechtskommis sion intensiv mit dem Problem der Kinderarbeit befaßt; im Rahmen der bilateralen und multilateralen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit den südasiatischen Ländern Maßnahmen - zur Rehabilitierung und Ausbildung von Kindern, die in der Teppichindustrie gearbeitet haben, nachdrücklich zu unterstützten und dabei insbesondere Maßnahmen für die vielfach gesundheitlich schwer geschädigten Kinderarbeiter zu fördern; das Anliegen der Entschließung des Europäischen Parlaments zu Menschenrechten, Demokratie und Entwicklung vom 13. Juli 1993 nachdrücklich zu unterstützen und dabei insbesondere sich für die in dieser Entschließung geforderte Erhebung der Kommission über Einfuhren der Gemeinschaft von Erzeugnissen, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden, einzusetzen, im Europäischen Rat auf geeignete handelspolitische und rechtliche Maßnahmen zur Einschränkung beziehungsweise zum Verbot solcher Einfuhren hinzuwirken, sich aktiv dafür einzusetzen, daß im Rahmen des cooperation agreement" zwischen der Europäischen Union und Indien unter Berufung auf Artikel 1 Abs. 1 dieses Agreements die ILO-Standards berücksichtigt und Maßnahmen zur Abschaffung der Kinderarbeit insbesondere für die in Schuldknechtschaft beschäftigten Kinder vorgesehen werden. Insbesondere sollen das Ziel der Abschaffung von Kinderarbeit unter Artikel 4 Nummer 3 des Agreements ausdrücklich genannt, unter Artikel 16 des Agreements Maßnahmen zur Rehabilitierung und Ausbildung ehemaliger Kinderarbeiter vorgesehen und dem Agreement Bestimmungen zur Einschränkung beziehungsweise Unterbindung des Handels mit Erzeugnissen, die von Kindern hergestellt wurden, hinzugefügt werden. 4. Weiterhin fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, zu prüfen, inwieweit handelspolitische Maßnahmen ein geeignetes Instrument zur Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit in der Teppichindustrie darstellen und dabei insbesondere für einen Ausschuß im Rahmen der neugegründeten Welthandelsorganisation (WTO) einzutreten, der sich mit Sozial- und Arbeitsstandards befaßt und Regelungen zur Abschaffung der Kinderarbeit entwickelt; innerhalb der Europäischen Union auf die Einführung einer Kennzeichnung entsprechend der GATT-Standards für handgeknüpfte Teppiche hinzuwirken, die eine Unterscheidung von,teppichen durch

Drucksache 12/8163 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Kinderarbeit' und,teppichen ohne Kinderarbeit' ermöglicht; Möglichkeiten für einheitliche Standards für Teppiche,durch Kinderarbeit' nach dem Multifaserabkommen von 1974 zu prüfen; im Hinblick auf GATT-konforme einfuhrbezogene Handlungsmöglichkeiten zu prüfen, ob nach dem Allgemeinen Präferenzsystem eine vorzeitige Rückführung der Präferenzzölle für Teppiche aus Kinderarbeit auf GATT-Zölle einseitig möglich ist; im Hinblick auf GATT-konforme nicht-einfuhrbezogene Handlungsmöglichkeiten zu prüfen, ob Artikel XX d angewendet werden kann (Ausnahmen von GATT-Verpflichtungen zur Durchführung von Maßnahmen, die zur Anwendung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften erforderlich sind), vor dem Hintergrund der Tatsache, daß Kinderarbeit und Schuldknechtschaft in den betroffenen Ländern selbst gesetzlich verboten sind, der,fair Labour Standards Act' von 1938 für das Ergreifen von Einfuhrbeschränkungen herangezogen werden kann. 5. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, dem Deutschen Bundestag innerhalb eines Jahres zu berichten, welche Möglichkeiten sie zur Bekämpfung der Kinderarbeit in der Teppichindustrie sieht und welche Initiativen sie hierzu zu ergreifen gedenkt." II. Wegen des Antragsinhalts wird auf die Drucksache 12/7067 verwiesen. Der Antrag verfolgt insbesondere das Ziel, daß die Bundesregierung aufgefordert wird, gegenüber Regierungen be troffener Länder mit Nachdruck für die Einhaltung internationaler Abkommen und Konventionen zum Schutz des Kindes einzutreten und die in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Juli 1993 geforderte Erhebung der Kommission über Einfuhren der Gemeinschaften von Erzeugnissen, die von Kindern hergestellt wurden, zu unterstützen. Weiterhin sollen Kontroll- und Kennzeichnungsmöglichkeiten geprüft werden, um den Einsatz von Kindern im Herstellungsprozeß bestimmter Waren auszuschließen, die für die Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland vorgesehen sind. Schließlich fordert der Antrag ein Einfuhrverbot für derartige Produkte. III. Die Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. erklärten, das Problem der Kinderarbeit bestehe insbesondere in den Staaten der Dritten Welt ohne jeden Zweifel; die Möglichkeiten einer sinnvollen Bekämpfung seien jedoch begrenzt. Erfolge könnten nur in Zusammenarbeit mit den nationalen Regierungen erzielt werden, wobei es darauf ankomme, die nationalen Regierungen in die Lage zu versetzen, Prioritäten selbst zu bestimmen. Bereits vorhandene internationale Programme (z. B. der ILO), an denen die Bundesrepublik Deutschland mitgearbeitet habe, hätten zum Ziel, Kinder aus der Arbeit herauszulösen, an eine schulische Ausbildung heranzuführen und auf eine spätere Berufstätigkeit vorzubereiten, die in der Region auch ausgeübt werden könne. Aus europäischer Sicht werde das Problem anders beurteilt als aus der Sicht der Betroffenen in den Ländern der Dritten Welt. Einschränkungen bei der Einfuhr von Kindern hergestellter Produkte könnten abgesehen von fehlenden Kontrollmöglichkeiten zur Verstärkung der Armut führen und somit eine gegenteilige Wirkung erzielen. Boykottmaßnahmen seien nicht der richtige Weg und würden auch von der ILO abgelehnt. Andererseits dürfe man nicht untätig bleiben. Der mit der Beschlußempfehlung der Bundesregierung erteilte Auftrag, setze diese in die Lage, in eine umfassende Prüfung des Problems einzutreten und jede erdenkliche Lösung vorzuschlagen. Insoweit sei der Antrag wesentlich weitergehender als der von der Fraktion der SPD vorgelegte, der sich auf einzelne näher bezeichnete Maßnahmen beschränke. Die Mitglieder der Fraktion der SPD unterstützten mit Nachdruck das grundsätzliche Anliegen des Antrages. Es müsse alles unternommen werden, um Kinderarbeit in der Welt zu beseitigen. Durch Verhandlungen auf internationaler Ebene solle die Bundesrepublik Deutschland zu einer wirksamen Bekämpfung der Kinderarbeit beitragen. Sie hielten es für wünschenswert, ein Warenzeichen für handgeknüpfte Orientteppiche, die nicht durch Kinderarbeit erstellt wurden, einzuführen. Nach Auffassung der Mitglieder der Fraktion der SPD wäre es angemessener gewesen, der Bundesregierung nicht nur einen Auftrag zur Erstellung eines Berichts zu erteilen, sondern ihr doch eine Reihe von konkreten Vorgaben für Handlungsweisen zu geben. Sie bedauerten, daß die Koalitionsparteien sich nicht in der Lage sahen, den von der SPD übernommenen und im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit interfraktionell beratenen Antrag zu unterstützen. Das Mitglied der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob das inhaltliche Anliegen des Antrages seiner Gruppe hervor. Angesichts der schwerwiegenden Bedeutung der Problematik plädierte er vor allem für ein interfraktionelles Vorgehen, um zu baldmöglichst konkreten Schritten auf diesem Gebiet zu gelangen. Das Interesse an einer Verabschiedung des Antrags auf Drucksache 12/7067 könne dahinter zurückstehen. Ebenfalls unterstützt wurde das Anliegen des Antrages durch das Mitglied der Gruppe der PDS/Linke Liste. Bonn, den 29. Juni 1994 Jochen Feilcke Berichterstatter