Zur Geistesgeschichte der Musik (62)

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Transkript:

1 Rudolf Steiner: Es ist eine Herabwürdigung des Göttlichen, wenn man dieses Göttliche gewissermaßen bloß in abstrakte Höhen, in ein Wolkenkuckucksheim hinausversetzen will. Und so wird man niemals in geistigen Realitäten leben, wenn man das Geistige nur in seiner Abstraktheit erfaßt, wenn man es nicht mit dem ganzen Weltenlaufe, wie er uns entgegentritt, in Zusammenhang bringen kann. GA 223, 1. 4. 1923, S. 28, Ausgabe 1985 Herwig Duschek, 6. 8. 2013 www.gralsmacht.com 1246. Artikel zu den Zeitereignissen Zur Geistesgeschichte der Musik (62) (Ich schließe an Artikel 1245 an.) Hochblüte in Spanien Juan del Encina Luis Milan Luis de Narvaez Antonio de Cabezon Cristobal de Morales Francisco Guerrero Tomas Luis de Victoria Kurt Pahlen schreibt über die Hochblüte in Spanien: 1 Unter den Tonschöpfern dieses Landes ist Juan del Encina (1468-1529) als einer der frühesten jener Blütezeit zu nennen. Die vorhergegangene große Zeit unter Alfons X. dem Weisen 2 war untergegangen, als die Epoche der Troubadours verklang. Juan del Encina steht immer noch mit der Musik des Adels in enger Verbindung, schafft mit dem Cancionero del Palacio, dem 550 Melodien umfassenden Liederbuch der Paläste, eine höfische Sammlung, in der auch 75 seiner eigenen Weisen zu finden sind. Für den mächtigen Herzog von Alba, in dessen Diensten er stand, komponierte er viel Kammermusik, in einfacher Mehrstimmigkeit, für vorwiegend alte Instrumente. Nach damaligem Brauch wirkte Encina zeitweilig auch für die Kirche. 3 4 Luis Milan (um 1500 bis nach 1561) erscheint, obwohl man wenig von ihm weiß, als bedeutender Meister. Er lebte und wirkte vorwiegend am prunkvollen Hof zu Valencia. Einige Kompositionen widmete er dem König Joao III. von Portugal, einem großen Kunstliebhaber seiner Zeit. Milan, der selbst ein hervorragender Vihuelaspieler war, veröffentlichte als Hauptwerk das Libro de musicade vihuela de mano, intitulado El Maestro, in Valencia 1535-1536 erschienen. Dieses Buch enthält spanische, portugiesische und italienische Lieder 1 Die großen Epochen der abendländischen Musik, S. 98-102, Südwest 1991. 2 Siehe Artikel 1199 (S. 2/3) und 1241 (S. 4) 3 http://www.youtube.com/watch?v=9llg0f_dia0 4 http://www.youtube.com/watch?v=htgyrrvdwnu

2 und instrumentale Stücke. Hier wird Musikunterricht erteilt, die Stimmung der verschiedenen Saiteninstrumente eingehend besprochen, die Tonarten werden erklärt. Es ist die erste in Spanien gedruckte Lautentabulatur, d.h. ein Notendruck für die damals vielgespielte vihuela, die auch Vorgängerin der Gitarre ist. 5 Luis de Narvaez (nach 1500-nach 1555 [s.u., li]) war König Philipps II. Hofgitarrist. Er komponierte 1538 Instrumentalvariationen, kunstvolle Veränderungen eines gegebenen Themas. Die Musikgeschichte betrachtet ihn darum als einen der Erfinder dieser später so wichtigen Musikgattung. Von 1548 an reist Narvaez, der ein in Granada geborener Andalusier war, mit seinem königlichen Herrn drei Jahre lang durch Flandern, Deutschland und Italien; seine Werke waren ihm vorausgeeilt, so daß er überall ehrenvoll empfangen wurde. In einer 1543 in Lyon erschienenen Liedersammlung stehen verschiedene seiner Kompositionen unter dem latinisierten Namen Ludovicus Narvays. Über seinen Tod gibt es weder Dokumente noch irgendwelche Angaben. 6 Viele Kenner jener uns zeitlich wie geographisch fernen Epoche, die auch musikalisch im heutigen abendländischen Musikleben nur ausnahmsweise vertreten ist, bezeichnen Antonio de Cabezon (um 1510-1566 [s.u., li]) als den größten spanischen Musiker der Renaissance. Felipe Pedrell nennt ihn, als er um die Wende zum 20. Jahrhundert nach den großen Gestalten der hispanischen Vergangenheit sucht, um seinen Zeitgenossen würdige Vorbilder 5 http://www.youtube.com/watch?v=xvfnpwcxg_4 6 http://www.youtube.com/watch?v=mr9lmvi1pjy

3 zu geben, den spanischen Bach des 16. Jahrhunderts. Was von diesem in einem Vorort von Burgos blind geborenen Meister erhalten blieb, rechtfertigt diese hohe Meinung vollauf. Mit 18 Jahren wurde Cabezon Hoforganist Karls V. und behielt diese Stellung auch unter Philipp II. bei, den er nach Spanien und in die unter spanische Herrschaft geratenen Niederlande begleitete. 7 8 In den hochkultivierten Musikzentren beider Länder erregte er als Organist wie als Komponist Aufsehen und Bewunderung. Er soll besonders durch seine großartigen Improvisationen Anregungen gegeben haben, doch nahm auch er seinerseits manche Einflüsse seiner Zeitgenossen in anderen Ländern auf und verarbeitete sie zu bedeutenden Werken, die er Schülern und Vertrauten diktieren mußte. Sie erschienen erst nach seinem Tod. Cabezon starb in Madrid am 26. März 1566. Kaum geringer ist Cristobal de Morales (s.u., li) zu werten, der zu den berühmtesten Meistern des 16. Jahrhunderts zählt. Er wurde ebenfalls in Andalusien, in Sevilla, um 1500 geboren, studierte in seiner Vaterstadt und war von 1526 an einige Jahre lang Kapellmeister an der bedeutenden Kathedrale von Avila. 1535 ging er nach Rom und wurde päpstlicher Kapellsänger. Ob die Begrüßungsmusik, die Karl V. 1536 im Vatikan empfing, von Morales stammte, ist nicht mehr festzustellen, aber als Papst und Kaiser sich 1538 in Nizza wieder trafen, stammte die Willkommensmusik zweifellos von ihm. Dies ist um so bemerkenswerter, weil sowohl Karl V. als auch Franz I. von Frankreich zur Feier des ersehnten Friedensschlusses ihre eigenen Hofmusiker samt Kapellmeistern und Komponisten mitgebracht hatten. 9 10 7 http://www.youtube.com/watch?v=e8p3zs6sxi0 8 http://www.youtube.com/watch?v=vrak4dfvk1s 9 http://www.youtube.com/watch?v=v2pzfb-27hm

4 Nach mehr als zehnjähriger Tätigkeit in Italien kehrte Morales, als eine Bewerbung um ein Amt am Hof des Cosimo de' Medici anscheinend fehlgeschlagen war, nach Spanien zurück, wo er Kapellmeister an der Kathedrale von Toledo wurde. Er verließ diesen Posten fünf Jahre später, um nach Andalusien heimzukehren. Dann trat er in den Dienst des Herzogs von Arcos, um in dessen musikfreundlichem Palast in Marchena bei Sevilla zu wirken. Endlich wurde er 1551 musikalischer Leiter der Kathedrale von Malaga. Seine zahlreichen Werke bilden bis heute einen wichtigen Bestandteil des kirchenmusikalischen Repertoires in Spanien, doch erklingen seine Messen und Orgelstücke auch in anderen Teilen der Welt. Francisco Guerrero (1528-1599 [s.u., li]) wurde Morales' Nachfolger in Malaga und war dann von 1552 bis an sein Lebensende Kapellmeister der Kathedrale von Sevilla. Hier entstanden auch seine wichtigsten Werke. Sie fanden bei den Mächtigen seiner Zeit starke Beachtung, kaiserliche und päpstliche Handschreiben bestätigen seine weitverbreitete Geltung, die durch mehrfache Zwischenfälle in seinem Amt kaum getrübt werden konnte. Er hinterließ, neben vieler geistlicher Musik voll tiefer Innigkeit und bedeutendem Können einen Reisebericht aus dem Heiligen Land, in das er 1588 gepilgert war. 11 Auch für die spanischen Meister jener Zeit gilt, was für die Holländer festzustellen war und für die Engländer gelten wird: Bei ihren Werken kann von einem Nationalstil noch keine Rede sein. Die enge Verflechtung der wichtigsten Länder und Völker des Abendlandes hatte auch in Renaissance und Barock einen einheitlichen, übernationalen Stil geschaffen, der in allen wichtigen Musikländern der gleiche war. Am deutlichsten ist dies beim Spanier Tomas Luis de Victoria (auch Ludovico da Vittoria genannt) zu spüren, den Spanien und Italien für sich beanspruchen. Der um 1548 im spanischen Avila geborene, 1611 in Madrid gestorbene Meister wurde zehnjährig Chorknabe an der Kathedrale seiner Heimatstadt. Doch schon 1565 war er in Rom, wo er am Collegium Germanicum studierte (das vom spanischen König Philipp II. und dem Kardinal-Erzbischof von Augsburg unterstützt wurde) und am Collegium Romanum, an dem auch die Söhne Palestrinas studierten. 1571 wurde er hier Musiklehrer als Nachfolger Palestrinas. Von der Musik Palestrinas war Victoria so stark beeinflußt, daß manches seiner Frühwerke kaum von jenen des berühmten Meisters zu unterscheiden ist Er bekleidete in Rom viele und vielerlei geistliche und musikalische Stellungen, die durchwegs von wichtigen Kompositionen gekennzeichnet sind. In einem Widmungsexemplar von Messen an den spanischen König Philipp II. spricht Victoria 1583 erstmals von Heimkehr. Der Monarch erfüllt seinen Wunsch, Victoria erhält eine Kaplanstelle in Madrid, das vor zwei Jahrzehnten Hauptstadt Spaniens geworden ist. Von ungefähr 1587 an dient er der Kaiserwitwe Maria, die nach dem Tod Maximilians II. Prag 10 http://www.youtube.com/watch?v=ykkdrvg5hae 11 http://www.youtube.com/watch?v=xfhss1azpzg

5 verlassen hatte und in ihr Vaterland zurückgekehlt war, als Kapellmeister und musikalischer Leiter ihrer kleinen Hofhaltung. 12 Er lehnte Angebote, an die Kathedralen von Sevilla (als Nachfolger von Francisco Guerrero) und Saragossa zu gehen, ab. Nach dem Tod seiner Wohltäterin reiste er nach Rom. In Italien aber war in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts ein völlig neuer Wind zu spüren, der die vorherige Musikwelt der Hochpolyphonie schwer erschütterte. Von Florenz ausgehend, gab es an vielen Stellen Versuche mit einem neuen, harmonischen Stil, der zur völligen Umwälzung führte. 1594 starben die beiden Großmeister der Mehrstimmigkeit, Palestrina und Orlando di Lasso, und im gleichen Jahr trat die Camerata Fiorentina mit dem ersten Experiment eines Musikdramas hervor, das innerhalb weniger Jahrzehnte als Oper ungeahnte Popularität erringen sollte. Es ist denkbar, daß Victoria, der persönlich und musikalisch Palestrina anhing, im damaligen Italien nicht mehr die Genugtuung und Freude von einst finden konnte. Und so verbringt er seine letzten Lebensjahre wieder in der Heimat, sieht seinen internationalen Ruhm wachsen und sucht deshalb aus seinen Werken durch Verkauf in vielen Ländern Gewinn zu ziehen. Seine wichtigsten Kompositionen liegen auf dem Gebiet der Liturgie. Er gehört zu den größten Meistern katholischer Kirchenmusik aller Zeiten. Er starb in Madrid am 27. August 1611. Seine Grabstätte ist nicht erhalten geblieben. (Fortsetzung folgt.) 12 http://www.youtube.com/watch?v=apix8m12yj4