Die neuen rechtlichen Regeln der AwSV Einführung und Grundlagen Rechtsanwalt Stefan Kopp-Assenmacher Kopp-Assenmacher & Nusser Partnerschaft von Rechtsanwälten mbb Veranstaltung der IHK Cottbus und der IHK Potsdam, Wildau, 19.6.2017
Ausgangslage Änderung der Gesetzgebungskompetenzen im Wasserrecht durch die Föderalismusreform 2006 Kompetenzzuwachs beim Bund (Wasserrecht als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung) Abweichungsgesetzgebung der Länder möglich abweichungsfeste Kerngegenstände: stoff- und anlagenbezogene Regelungen im Gewässerschutz Neues WHG des Bundes zum 01.03.2010 in Kraft getreten Vielzahl von Rechtsverordnungsermächtigungen ( 23 WHG) 62, 63 WHG: Regelungen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, insb. Verordnungsermächtigung mit Verweis auf 23 WHG Da die AwSV überwiegend stoff- und anlagenbezogene Regelungen enthält, ist eine abweichende Gesetzgebung der Länder nicht zulässig
Frühere Rechtslage Wasserrecht gehörte zur Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (ehem. Art. 75 I Nr. 4 GG): ausfüllungsfähiges und ausfüllungsbedürftiges Recht Folge: Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und 16 Wassergesetze der Länder damals: (Rahmen-)Regelungen des Bundes zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in 19g 19l WHG (2002) LAWA: Muster-Anlagenverordnung (Muster-VAwS) 16 Landes-Verordnungen mit Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Einstufung in wassergefährdend/nicht wassergefährdend über die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum WHG über die Einstufung wassergefährdender Stoffe in Wassergefährdungsklassen (VwVwS)
Frühere Rechtslage Problem: mit Einführung des neuen WHG hätte der Bund auch eine Bundes-VAwS/AwSV anordnen müssen (Gefahr von Regelungslücken) Daher: Vorschaltverordnung des Bundes vom 31.03.2010 zur Regelung der am 1.03.2010 außer Kraft getretenen 19i 19l WHG a.f., u.a. Betreiberpflichten, Besondere Pflichten beim Befüllen und Entleeren, Fachbetriebe
Vorgaben des 62 WHG 62 WHG: Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Besorgnisgrundsatz für Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln und Verwenden wassergefährdender Stoffe im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und im Bereich öffentlicher Einrichtungen sowie für Rohrleitungsanlagen Bestmöglicher Schutz für Anlagen zum Umschlagen wassergefährdender Stoffe sowie zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle, Silagesickersäften sowie vergleichbaren in der Landwirtschaft anfallenden Stoffen Beschaffenheit, Errichtung, Unterhaltung, Betrieb und Stilllegung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik
Verordnungsermächtigung in 62 IV WHG Rechtsverordnung für nähere Regelungen über Die Bestimmung wassergefährdender Stoffe und ihre Einstufung entsprechend ihrer Gefährlichkeit sowie über eine hierbei erforderliche Mitwirkung des Umweltbundesamtes und anderer Stellen; Anforderungen an die Beschaffenheit von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen; Pflichten bei der Errichtung, der Unterhaltung, dem Betrieb, einschließlich des Befüllens und Entleerens durch Dritte, und der Stilllegung, insb. Anzeigepflichten, Pflichten zur Überwachung und zur Beauftragung von Sachverständigen und Fachbetrieben Anforderungen an Sachverständige, Fachbetriebe, insb. zur Fachkunde, Zuverlässigkeit, Ausstattung
Was sind wassergefährdende Stoffe/Zweck der AwSV Wassergefährdende Stoffe im Sinne der AwSV sind feste, flüssige und gasförmige Stoffe und Gemische, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen und die nach Maßgabe von Kapitel 2 der AwSV als wassergefährdend eingestuft sind oder als wassergefährdend gelten. Von wassergefährdenden Stoffen können erhebliche Gefahren für die Oberflächengewässer, das Grundwasser und somit auch für das Trinkwasser ausgehen Verunreinigt ein wassergefährdender Stoff Boden oder Grundwasser, können erhebliche Sanierungskosten entstehen Aufgabe der AwSV ist es, dem Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften durch Freisetzungen von wassergefährdenden Stoffen zu dienen, die aus Anlagen zum Umgang mit diesen Stoffen herrühren können
Zweck der AwSV Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften durch Freisetzungen von wassergefährdenden Stoffen aus Anlagen zum Umgang mit diesen Stoffen, u.a. durch Dichtigkeit der Anlage Sichere Umschließung der wassergefährdenden Stoffe für den bestimmungsgemäßen Betrieb Rückhaltegebot Leckagen müssen erkennbar sein; Auffangeinrichtungen für den Störungsfall Kontrolle Überwachung der Anlage durch den Betreiber; Montage und Wartung durch Fachbetriebe; Überprüfung der Anlagen durch Sachverständige Alarmplan Begrenzung von Schadensfolgen
Grundlagen zur AwSV AwSV betrifft alle Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird, z.b. auch private Heizölbehälter, Tankstellen, Raffinieren, Biogasanlagen Der Anlagenbetreiber ist verpflichtet, Stoffe, mit denen er in der Anlage umgeht, als nicht wassergefährdend oder in eine von drei Wassergefährdungsklassen einzustufen, es sei denn, die Einstufung des Stoffes ist schon durch das Umweltbundesamt erfolgt Wassergefährdungsklasse ist Grundlage für eine risikoorientierte sicherheitstechnische Anlagenausrüstung Behälter müssen dicht sein und Vorsorge für das Austreten von Flüssigkeiten getroffen werden (evtl. automatisch durch Alarm) z.t. externe Überprüfung durch Sachverständige bzw. Unterstützung durch Fachbetriebe
Anwendungsbereich der AwSV Keine Anwendung bzgl. Umgang mit im Bundesanzeiger veröffentlichten nicht wassergefährdenden Stoffen (und Gemischen) nicht ortsfeste und nicht ortsfest benutzte Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird (z.b. Kraftfahrzeuge) Untergrundspeicher nach 4 IX BBergG oberirdische Anlagen mit einem Volumen von nicht mehr als 0,22 Kubikmetern bei flüssigen Stoffen oder mit einer Masse von nicht mehr als 0,2 Tonnen bei gasförmigen und festen Stoffen, wenn sich diese Anlagen außerhalb von Schutzgebieten und festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten befinden bei unerheblichem Umfang der wassergefährdenden Stoffe, sofern mit ihnen neben anderen Sachen in einer Anlage umgegangen wird
Einstufung wassergefährdender Stoffe Wassergefährdende Stoffe werden in drei Wassergefährdungsklassen eingeteilt: WGK 1: schwach wassergefährdend WGK 2: deutlich wassergefährdend WGK 3: stark wassergefährdend zudem gibt es Stoffe, die als allgemein wassergefährdend gelten und nicht in eine Gefährdungsklasse eingestuft werden (z.b. Gülle, Gärsubstrate, Silage, feste Gemische vorbehaltlich offensichtlicher Ungefährlichkeit (z.b. Altglas, Altpapier) Die Einstufung von Stoffen erfolgte bislang über die Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe (VwVwS) v. 27.07.2005; künftig über Kap. 2 AwSV
Aufbau der AwSV Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen Einstufung von Stoffen und Gemischen Technische und organisatorische Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Sachverständigenorganisationen und Sachverständige; Güte- und Überwachungsgemeinschaften und Fachprüfer; Fachbetriebe Ordnungswidrigkeiten, Schlussbestimmungen Anlagen 1 bis 7
Anlagenbezug der AwSV Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sind selbständige und ortsfeste oder ortsfest benutzte Einheiten, in denen wassergefährdende Stoffe gelagert, abgefüllt, umgeschlagen, hergestellt, behandelt oder im Bereich der gewerblichen Wirtschaft oder im Bereich öffentlicher Einrichtungen verwendet werden Rohrleitungsanlagen nach 62 I 2 WHG Als ortsfest oder ortsfest benutzt gelten Einheiten, wenn sie länger als ein halbes Jahr an einem Ort für einen bestimmten betrieblichen Zweck betrieben werden
Begriffsbestimmungen der AwSV 33 Begriffsbestimmungen z.b. wassergefährdende Stoffe, Stoff, Gemisch, gasförmig, flüssig, fest, Gärsubstrate, Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Fass- und Gebinde-lager, Heizölverbraucheranlagen, Eigenverbrauchstankstellen, Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen, Biogasanlagen, Unterirdische Anlagen, Rückhalteeinrichtungen, Rohrleitungen, Abfüllen, Umschlagen, Sachverständige)
Einstufung von Stoffen und Gemischen Einstufung erfolgt grundsätzlich durch den Betreiber der Anlage: Selbsteinstufung nach 4 AwSV bei Stoffen und 8 ff. AwSV bei Gemischen Kontroll- und Dokumentationspflichten des Betreibers Entscheidungsmöglichkeit des UBA Beratung in Fragen der Einstufung durch die Kommission zur Bewertung wassergefährdende Stoffe (KBwS) beim BMU
Einstufung von Stoffen und Gemischen Feste Gemische gelten als allgemein wassergefährdend und werden nicht in Wassergefährdungsklassen eingestuft Ausnahmsweise nicht wassergefährdend, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen ( 10 AwSV): Voraussetzungen nach Anlage 1 Nr. 2.2 (Störstoffanteile) Einbau an hydrogeologisch ungünstigen Standorten und ohne technische Sicherungsmaßnahmen offen zulässig Gemisch entspricht Einbauklasse Z 0 oder Z 1.1 LAGA M 20
Einstufung von Stoffen und Gemischen 3 Abs. 2 Satz 2, 3 AwSV: Feste Gemische sind nicht wassergefährdend, wenn das Gemisch oder die darin enthaltenen Stoffe vom Umweltbundesamt nach 6 Abs. 4 oder nach 66 als nicht wassergefährdend im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Als nicht wassergefährdend gelten auch feste Gemische, bei denen insbesondere auf Grund ihrer Herkunft oder ihrer Zusammensetzung eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften nicht zu besorgen ist.
Technische und organisatorische Anforderungen Technische und organisatorische Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen: Allgemeine Bestimmungen ( 13-16) Allgemeine Anforderungen an Anlagen ( 17-24) Besondere Anforderungen an die Rückhaltung bestimmter Anlagen ( 25-38) Anforderungen an Anlagen in Abhängigkeit von ihren Gefährdungsstufen ( 39-48) Anforderungen an Anlagen in Schutzgebieten und Überschwemmungsgebieten ( 49-51)
Technische und organisatorische Anforderungen Allgemeine Bestimmungen Definition der technischen Regeln: Allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen technischen Regeln der DWA zu wassergefährdenden Stoffen, technischen Regeln des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), DIN- und EN-Normen ( 15) Ermächtigungsgrundlage für behördliche Anordnungen
Anforderungen an Anlagen Grundsatzanforderungen Anlagen müssen so geplant und errichtet werden, beschaffen sein und betrieben werden, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten können, Undichtheiten aller Anlagenteile, die mit wassergefährdenden Stoffen in Berührung stehen, schnell und zuverlässig erkennbar sind, austretende wassergefährdende Stoffe schnell und zuverlässig erkannt und zurückgehalten sowie ordnungsgemäß entsorgt werden (auch bei betriebsbedingten Spritz- und Tropfverlusten) bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebs der Anlage anfallende Gemische, die ausgetretene wassergefährdende Stoffe enthalten können, zurückgehalten und ordnungsgemäß als Abfall entsorgt oder als Abwasser beseitigt werden
Anforderungen an Anlagen spezifische allgemeine Anforderungen an die Rückhaltung wassergefährdender Stoffe, an die Entwässerung...an die Rückhaltung bei Brandereignissen an die Rückhaltung bei Rohrleitungen bei der Nutzung von Abwasseranlagen als Auffangvorrichtung an das Befüllen und Entleeren bei Betriebsstörungen
Anforderungen an Anlagen Besondere Anforderungen an die Rückhaltung bei bestimmten Anlagen, z.b.: Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln oder Verwenden fester wassergefährdender Stoffe Anlagen zum Lagern und Abfüllen fester Stoffe, denen flüssige wassergefährdende Stoffe anhaften Umschlagflächen für wassergefährdende Stoffe Fass- und Gebindelager Abfüllflächen von Heizölverbraucheranlagen Erdwärmesonden und kollektoren, Solarkollektoren, Kälteanlagen Biogasanlagen mit Gärsubstraten aus der Landwirtschaft
Anforderungen an Anlagen Anzeigepflicht ( 40) Antragsunterlagen bei Eignungsfeststellung ( 42) Anlagendokumentation ( 43) Vorhalten einer Betriebsanweisung ( 44) Fachbetriebspflicht für bestimmten Anlagen (u.a. Biogasanlagen) ( 45) Überwachungs- und Prüfpflicht des Betreibers ( 46) Prüfung durch Sachverständige ( 47) Mängelbeseitigung ( 48)
Sachverständige und Fachbetriebe Kapitel 4: Sachverständigenorganisationen und Sachverständige; Güteund Überwachungsgemeinschaften und Fachprüfer; Fachbetriebe ( 52 ff.) Anerkennung von Sachverständigenorganisationen und Pflichten Bestellung von Sachverständigen sowie Widerruf und Erlöschen der Anerkennung Pflichten der Sachverständigenorganisationen/Pflichten der bestellten Sachverständigen Anerkennung von Güte- und Überwachungsgemeinschaften Bestellung von Fachprüfern sowie Widerruf und Erlöschen der Anerkennung Zertifizierung von Fachbetrieben und Pflichten
Ordnungswidrigkeiten/Schlussvorschriften Vielzahl an OWi-Tatbeständen ( 65 Nr. 1 bis 34 AwSV) Vielzahl von Regelungen für bestehende Anlagen Für bestehende wiederkehrend prüfpflichtige Anlagen hat der Sachverständige im Rahmen der ersten Prüfung nach diesen Vorschriften im Prüfbericht festzuhalten, inwieweit die Anlage die Anforderungen des bislang für die Anlage geltenden Landesrechts nicht erfüllt und inwieweit die Anlage die Anforderungen der AwSV nicht erfüllt, soweit sie über die landesrechtlichen Anforderungen hinausgehen
Schlussvorschriften Der Betreiber der Anlage hat innerhalb einer Frist von 5 Jahren Anpassungsmaßnahmen zur Behebung der Abweichungen zu verwirklichen Es besteht die Möglichkeit, dass die Behörde Ausnahmen von der Anpassungspflicht zulässt Aufgrund der vom Sachverständigen festgehaltenen Abweichungen kann die Behörde keine Stilllegung oder Beseitigung der Anlage verfügen oder Anpassungsmaßnahmen anordnen, die einer Neuerrichtung der Anlage gleichkommen oder die den Zweck der Anlage verändern
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