: Nachehelicher Unterhalt Workshops

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30.05.2012: Nachehelicher Unterhalt Workshops Workshop 1: Berechungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, Rechtanwältin/Mediatorin SAV, Zürich Ausgangslage Markus Bär, 1952, Naturwissenschafter, selbständig, Büro für Raumplanung B+ AG Françoise Wolf, 1958, Künstlerin, selbständig Heirat 1990, Gütertrennung 2 Töchter: Aline, 1992, und Barbara, 1993, während Zusammenleben von Mutter betreut Getrennt seit Sommer 2004 (Eheschutz), Scheidungsverfahren 2008, Scheidung (Status) 2011 rechtskräftig, unterhaltsrechtliche Scheidungsfolgen pendent Finanzielle Verhältnisse während Zusammenleben Steuererklärungen: siehe Folgeseite Den Familienunterhalt finanzierte vorwiegend Frau Wolf aus Bilderverkäufen, Malatelier und Nettoerträgen einer Liegenschaft. Dazu regelmässige Unterstützung von ihren Eltern. Ihr Einkommen erhöhte sich 2003 nach der Erbschaft einer Geschäftsliegenschaft und deren Umbau mit grossen Investitionen. Herr Bär verwendete sein Einkünfte vor allem für den Ausbau der B+ AG und die Neugründung der Schlaf AG (1995; Hotelbetrieb). Die Schlaf AG fiel 2000 in Konkurs. Herr Bär erkrankte an einer Depression, von welcher er sich Ende 2002 erholte. Nach der Genesung nahm er seine frühere Tätigkeit (B+ AG) nicht mehr auf, weil seiner Ansicht nach das Vermögen von Frau Wolf für den Familienunterhalt ausreichte und auch eine Anhebung der eher bescheidenen Lebensverhältnisse erlaubte. Frau Wolf war damit nicht einverstanden. Ausser Privatschulen für die Kinder, ihre grosszügige musische Förderung und einem Umzug der Familie in eine geräumigere Mietwohnung 2003 änderte sich der Lebensstil des Ehepaars nicht. Das fordernde Verhalten von Herrn Bär bewegte Frau Wolf aber u.a. zur Trennung. Eheschutz Regelung 2004: Kinder bei Mutter, Mutter verzichtete einstweilen auf Unterhaltsbeiträge für Kinder, keine Unterhaltsbeiträge für Herrn Bär. Abänderung 2007: Kinder bei Vater, Unterhaltsbeiträge für Kinder (je 1'000) und Direktzahlung der erheblichen Kinderkosten (72'000/Jahr) durch Mutter, monatlicher Unterhaltsbeitrag für inzwischen neu erkrankten Ehemann: 6'000.--. Finanzierung erforderte zeitweiligen Vermögensverzehr durch Frau Wolf. Aufnahme der Erwerbstätigkeit von Herrn Bär in scheidungsrichterliche Kompetenz verwiesen. Abänderung vsm 2009: Erhöhung der Unterhaltsbeiträge für Herrn Bär auf 7'000. (RA-Kosten). Scheidungsfolgen: nachehelicher Unterhalt Herr Bär ist bis heute nicht erwerbstätig. Medizinisches Gutachten attestiert seine volle Arbeitsfähigkeit. Er verlangt deutlich höhere nacheheliche Unterhaltsbeiträge. Diskussionsschwerpunkte: Verhältnis nachehelicher Unterhalt zu eheschutzrichterlicher Regelung Welche Berechnungsmethode? Freibetragsaufteilung? Vermögensverzehr? Lebensstandard? Familienrechtlicher Bedarf?

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich 3. Gehören die Auslagen, die während des Zusammenlebens durch die Unterstützung der Eltern von Frau Wolf finanziert wurden Flugbillette für und Benützung des Ferienhauses der Eltern Wolf in Südfrankreich durch Frau Wolf mit den Kindern, Herr Bär blieb jeweils zuhause zum massgeblichen Lebensstandard der Eheleute? Falls die Zuschüsse der Eltern Wolf zu einem gehobenem Lebensstandard geführt haben, ist dieser gehobene Lebensstandard massgebend. Soweit er bei der Scheidung aus dem Einkommen der Eheleute finanzierbar ist, bildet er die Obergrenze für den gebührenden Unterhalt (OG Kanton Zürich, I. ZK, LC090071-O, Urteil vom 15. September 2011, E. IV. 2a), S. 28f.). 5 4. Auch Auslagen, die während des Zusammenlebens zeitweise aus Vermögen finanziert wurden (hier konkret die Jahre 2000-2002 betreffend), sind bei der Feststellung des Lebensstandards zu berücksichtigen. Ob dieser bei der Scheidung finanziert werden kann, ist eine Frage der Leistungsfähigkeit. Grundsätzlich ist der gebührende Unterhalt aus Einkommen zu finanzieren. Vermögensverzehr ist nur unter speziellen Aspekten zu prüfen (z.b. bei im Hinblick auf das Alter angesparte Vermögen bei fehlender 2. Säule). BGer 5A-561/2011 vom 19. März 2012 bezieht sich explizit auf das Abänderungsverfahren und betrifft den Vermögensverzehr, soweit das Einkommen, resp. der Vermögensertrag, nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu finanzieren, der dem Unterhaltsgläubiger gemäss Scheidungsurteil zusteht. 5. Das Bundesrecht schreibt keine bestimmte Methode vor, wie der nacheheliche Unterhalt festzulegen ist. Es kann nicht unbekümmert um den Einzelfall ein bestimmtes Berechnungsschema angewendet werden. 6 Die kantonalen Gerichte verfügen über weites Ermessen; das Bundesgericht überprüft Ermessensentscheide mit einer gewissen Zurückhaltung 7. 5 Die Zuschüsse der Eltern Wolf sind jedoch beim Einkommen von Frau Wolf nicht zu berücksichtigen; s. auch BGer 5C.27/2005 E. 3.4. 6 BGE 128 III 411 E. 3.2.2, BGer 5A_384/2008 vom 21.10.2008 E. 4.2.3, BGer 5A_862/2011 vom 16.2.2012, E. 3.3. BGer 5A_434/2008 vom 5.9.2008 7 d.h. falscher Gebrauch des der kantonalen Instanz zustehenden Ermessens (grundloses Abweichen von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen, Berücksichtigung von Gesichtspunkten, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder ausser Acht lassen von rechtserheblichen Umständen.) Zu korrigieren sind zudem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 127 III 136 E 3a); BGE 5A_862/2011 vom 16.2.2012 E. 3.3. 3

Steuererklärungen: Jahr: Gesamteinkommen: Gesamtvermögen: 1991: CHF 56 000 k.a. 1992: CHF 49 000 CHF 2,0 Mio. 1993: CHF 76 000 k.a 1994: CHF 56 000 CHF 2,0 Mio. 1995: CHF 63 000 k.a 1996: CHF 69 000 CHF 2,0 Mio. 1997: CHF 144'000 k.a. 1998: CHF 81'000 k.a. 1999: CHF 120'000 CHF 2,4 Mio. 2000: CHF 8'000 CHF 2,1 Mio. 2001: CHF 0 CHF 2,7 Mio. 2002: CHF 19'000 CHF 7,0 Mio. 2003: CHF 510'000 CHF 5,4 Mio. 2004: CHF 290'000 CHF 5,7 Mio. (2005 CHF 161'000 CHF 5,5 Mio.)

30.05.2012: Nachehelicher Unterhalt Workshops Workshop 1: Berechungsmethoden, Lebensstandard Lösungsansätze Elisabeth Schönbucher Adjani, Rechtanwältin/Mediatorin SAV, Zürich A. Eckpunkte zum Fall Ehescheidung Bär Wolf - Lebensprägende Ehe: 14jährige Ehedauer (Heirat bis Trennung), 2 mündige Kinder - Während der Ehe bis 2002 eher bescheidenes Gesamteinkommen - Familienunterhalt v.a. durch Einkünfte von Frau Wolf finanziert. - regelmässige Unterstützung durch Eltern von Frau Wolf - Vermögenszuwachs durch Erbschaft von Frau Wolf (2002) bei Gütertrennung - Ein Jahr vor der Trennung deshalb sprunghafter Einkommensanstieg (2003), womit Mehrausgaben für Kinder (Privatschule, musische Förderung) und höhere Wohnkosten finanziert wurden. Ansonsten bisheriger Lebensstandard unverändert. - Nach der Trennung Einkommen von Frau Wolf wieder sinkend, aber bleibend hohes Vermögen - Herr Bär trug während des Zusammenlebens nicht wesentlich zum Familienunterhalt bei; er verwendete sein Einkommen v.a. für berufliche Projekte. 1. Erkrankung 2000-2002, anschliessend gegen den Willen von Frau Wolf nicht erwerbstätig. 2. Erkrankung während Trennung (2007). Heute ist Herr Bär arbeitsfähig, jedoch nicht erwerbstätig. B. Vorgehen zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts bei lebensprägenden Ehe gemäss Schema (Beilage) C. Schwerpunktthema: Berechnungsmethoden, Lebensstandard 1. Bei lebensprägenden Ehen wird der gebührende Unterhalt eines jeden Ehegatten aufgrund der zuletzt erreichten und gepflegten gemeinsamen Lebenshaltung bestimmt. Bei genügenden Mitteln haben beide Eheleute Anspruch auf die Fortführung des zuletzt gemeinsam gelebten Standards, der gleichzeitig auch die Obergrenze des gebührenden Unterhalts darstellt. Bei ungenügender

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich Leistungsfähigkeit haben beide Eheleute Anspruch auf gleichwertige Lebensführung. 1 Konkret: Der Lebensstandard der Eheleute Bär/Wolf während des Zusammenlebens war moderat und änderte sich vor der Trennung abgesehen von den Wohnkosten nicht wesentlich, trotz höherem Einkommen. Davon ist hinsichtlich des gebührenden Unterhalts von Herrn Bär auszugehen, mit adäquaten Wohnkosten. Die erst kurz vor der Trennung entstandenen Mehrauslagen für Privatschulen der Kinder erhöhen nicht in genereller Weise den Lebensstandard der Eheleute persönlich, auch nicht nach deren Wegfall 2. 2. Die im Rahmen von Eheschutzmassnahmen oder von vorsorglichen Massnahmen während des Scheidungsverfahrens geleisteten Unterhaltsbeiträge können nicht einfach dem gebührenden Unterhalt nach Art. 125 ZGB gleich gesetzt werden. Der eheliche Unterhalt beruht auf der gegenseitigen Beistands- und Familienunterhaltspflicht und der vereinbarten Aufgabenteilung (Art. 163 ZGB), der nacheheliche Unterhalt auf den Grundsätzen und Kriterien von Art. 125 ZGB. Das Scheidungsgericht muss deshalb die massgeblichen Faktoren, die den nachehelichen Unterhalt bestimmen, neu prüfen und feststellen. 3 Konkret: Im 1. Eheschutzentscheid 2004 erhielt Herr Bär keine Unterhaltsbeiträge, im 2. Eheschutzentscheid (Abänderung) 2007 aufgrund der Erkrankung monatlich Fr. 6 000.--. Zur Leistung dieses (ehelichen) Unterhalts wurde Frau Wolf Vermögensverzehr zugemutet. Das deutet darauf hin, dass der Unterhaltsbeitrag vermutlich den gebührenden Unterhalt mit Ausnahme eines allfälligen Betrags für den Aufbau der angemessenen Altersvorsorge deckt, welcher beim ehelichen Unterhalt nicht relevant ist. Herr Bär kann aber nicht auf die eheschutzrichterliche Regelung zurückgreifen, sondern muss - insbesondere, als er deutlich höhere Unterhaltsbeiträge beantragt - seinen eigenen Bedarf im Einzelnen nachweisen. 4 1 siehe dazu u.a.: BGer 5A_154/2008 vom 23.6.2008, BGE 134 III 145 E. 4, BGE 137 III 102 E. 4.2.1.1, BGE 129 III 7 E. 3.1.1 2 Zur Thematik freiwerdende Mittel durch wirtschaftliche Selbständigkeit der Kinder siehe BGE 134 III 577. Im diskutierten Fall nicht anwendbar. 3 siehe dazu u.a.: BGer 5A_384/2008 vom 21.10.2008 E. 4.1, BGer 5A_434/2008 vom 5.9.2008 E. 3 4 Hausheer/Spycher, Nachehelicher Unterhalt II oder die Nachlese zu BGE 134 III 145ff. und BGer 5A_434/2008 (inzwischen teilweise in BGE 134 III 577 ff.) bzw. BGer 5A_288/2008 betreffend das Vorgehen zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts, ZBJV 145/2009, S. 59 ff. 2

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich Die Methodenwahl wirkt sich auf die Beweisthematik aus. 8 6. einstufige Berechnungsmethode Bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen wird meist die einstufige Berechnungsweise angewendet und der gebührende Unterhalt konkret im Rahmen des Lebensstandards berechnet (Addition der einzelnen Ausgabepositionen ergibt tatsächlichen Bedarf). Gewisse Pauschalisierungen sind zulässig. Es gibt keine bestimmte monatliche Einkommenshöhe - z.b. CHF 10 000/13 000 -, ab welcher zwingend die einstufige Berechnungsweise anzuwenden wäre. 7. Zweistufige Berechnungsmethode (familienrechtlicher Grundbedarf mit Überschussverteilung), wenn keine Sparquote, eine so geringe Sparquote, dass diese durch Mehrkosten zweier Haushalte konsumiert wird, offensichtlich zu wenig Mittel vorhanden sind zur Beibehaltung der bisherigen Lebensführung bei zwei Haushalten und Anspruch auf gleichwertige Lebensführung besteht. Anwendung bei tiefen bis mittleren Einkommen, ausgehend vom erweiterten Existenzminimum bzw. familienrechtlichen Grundbedarf 9. Es sind aber in jedem Fall die relevanten Lebensverhältnisse festzustellen; die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen können nicht unabhängig vom konkreten Einzelfall durch die Methode der hälftigen Überschussverteilung ersetzt werden (BGer 5A_434/2008 vom 05.09.2008). Noch nicht entschieden ist die Frage, weshalb bei sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Sparquote nicht auch die zweistufige Berechnungsweise zur Anwendung kommen kann (siehe Hausheer/Spycher, Fn 4) Berechnungsprogramme: http://www.dateien.bodmerstrasse.ch/uhb.xlt http://www.farnerlaw.ch/uhber/unterhber.html 8 siehe Fn 4: eigener Bedarf ist vom Ansprecher, die Sparquote bzw. der Nichtverbrauch des gesamten Einkommens für die Lebenshaltung von der Verpflichteten nachzuweisen 9 BGer 5A_288/2008 vom 27.8.2008, BGer 5A_352/2010 vom 29.10.2010 E. 6.2.1; BGE 137 III 59 E. 4.2 4

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich 8. Konkret: Beim Ehepaar Wolf Bär liegen zweifellos sehr gute wirtschaftliche Verhältnisse vor. Massgebend sind die Verhältnisse bei der Trennung im Sommer 2004. Angesichts des nur ein Jahr vor der Trennung sprunghaft angestiegenen, nachher wieder gesunkenen, jedoch hohen Einkommens von Frau Wolf kann der gebührende Unterhalt nicht mit der zweistufigen Berechnungsmethode mit Aufteilung des Freibetrags bestimmt werden. Der Lebensstil der Eheleute veränderte sich gegenüber den Vorjahren mit deutlich bescheidenerem Einkommen nur durch höhere Wohnkosten vor der Trennung. Das höhere Einkommen 2003/2004 wurde wesentlich für erhebliche neue Kinderkosten und massiv höhere Steuern verwendet; der Vermögenszuwachs (Steuererklärungen 2003/2004) deutet auf eine hohe Sparquote hin. Schliesslich kann bei stark schwankenden Einkommen der Lebenshaltung während der Ehe nicht das zuletzt erzielte Einkommen zugrunde gelegt werden, das kurz vor der Trennung zufällig und auch nur vorübergehend einen Höchstwert erreicht hat. Es wäre von einem Durchschnittswert auszugehen (BGer 5A_384/2008 vom 21.10.2008, E. 4.2.2). Diese Überlegungen führen zur Anwendung der einstufigen Berechnungsmethode. Es ist die tatsächliche Lebenshaltung, die sich die Eheleute zuletzt gemeinsam geleistet haben, zu ermitteln (BGer 5A_384/2008 vom 21. Oktober 2008, E. 4.2.1). Herr Bär hat folglich seinen eigenen Bedarf im Rahmen des ehelichen Lebensstandards substantiiert zu behaupten und zu beweisen. Beispiel für Berechnung: Beilage Anders sähe es aus, wenn sich die Eheleute z.b. im Jahre 2000 getrennt hätten. Dann hätte auf die zweistufige Berechnungsmethode (erweiterte Existenzminima mit Aufteilung des Überschusses) zurückgegriffen werden können, wobei zur Ermittlung der Lebenshaltung wegen der Schwankungen wiederum auf ein gemitteltes Einkommen (Durchschnitt der letzten 3 Jahre vor der Trennung) abzustellen (CHF 115 000/Jahr bzw. CHF 9 580/Mt.) und die Kinderkosten vorab auszuscheiden gewesen wären. Ob die Vermögenszunahme zwischen Heirat und Trennung von CHF 100 000 auf eine effektive Sparquote oder auf blosse Bewertungsdifferenzen von Wertschriften/Liegenschaft zurückzuführen ist, lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen, wäre aber im Detail zu prüfen. Annehmend, die Eheleute hätten während der Dauer des Zusammenlebens keine Ersparnisse gebildet, wäre für die Berechnung das damalige gemittelte Einkommen 5

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich zum Trennungszeitpunkt massgebend. Kann Frau Wolf während der Trennungszeit ihr Einkommen um ein Vielfaches erhöhen, ist dies in der Folge nicht zu berücksichtigen (BGE 137 III 107f.). Herr Bär hätte in diesem Fall unter Berücksichtigung einer gleichwertigen Lebenshaltung seinen erweiterten Bedarf darzulegen und einen Anteil am Überschuss, so vorhanden, zu beantragen. 9. Weitere Anmerkungen und Hinweise Zum nachehelichen Unterhalt gehört bei vorhandenen Mitteln der Vorsorgeaufbau. Je nach konkreter Situation kann der gebührende Unterhalt im Sinn von Art. 125 Abs. 1 ZGB für denjenigen Ehegatten, dem keine Erwerbsarbeit zumutbar ist, grösser sein als derjenige des arbeitstätigen Ehepartners (BGer 5A_434/2008 vom 5. September 2008). Bei lebensprägender Ehe wird der Gesundheitszustand ungeachtet der Ehebedingtheit seiner Beeinträchtigung berücksichtigt (BGer 5C.169/2006 vom 13. September 2006 E. 2.6). Keine Rolle spielt, in welchem Zeitpunkt während der lebensprägenden Ehe die Beeinträchtigung in der Gesundheit eintritt, solange dies vor dem Urteil über die Scheidung geschieht (BGer 5A_384/2008 vom 21. Oktober 2008, E. 5.2.1, 5.2.2). Damit ein Einkommen oder ein höheres als das tatsächlich erzielte Einkommen angerechnet werden kann, genügt es nicht, dass der betroffenen Partei weitere Anstrengungen zugemutet werden können. Vielmehr muss es auch möglich sein, aufgrund dieser Anstrengungen ein (höheres) Einkommen tatsächlich zu erzielen. BGer 5A_751/2011 vom 22. Dezember 2011 E. 4.3.1 Frage der rückwirkenden Anrechnung eines hypothetischen Einkommens (Entscheid bezieht sich auf Art. 137 ZGB/vorsorgliche Massnahmen): Bei der Beurteilung, ob die Ehegatten ihre Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen oder auszudehnen haben, sind die für den nachehelichen Unterhalt geltenden Kriterien von Art. 125 ZGB miteinzubeziehen, falls mit der Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushalts nicht mehr ernsthaft gerechnet werden kann. Dies gilt insbesondere auch im Verfahren um vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens. Unterlässt die unterhaltsberechtigte Partei zumutbare Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit, darf ihr bei der Berechnung des Unterhalts dasjenige Einkommen angerechnet werden, das zu erzielen sie in der Lage gewesen wäre, aber zu erzielen unterlassen hat. Eine rückwirkende 6

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich Anrechnung eines tatsächlich nicht erzielten Einkommens ist unter diesen Umständen zulässig. BGer 5A_848/2010 vom 4. April 2011. Ein Manko ist nach wie vor vom Unterhaltsberechtigten zu tragen: 135 III 66 Nur bei einer langen Trennungszeit von 10 Jahren und mehr ist die Lebenshaltung während der Trennungszeit für den gebührenden Unterhalt massgebend (BGer 5A_249/2007 vom 12. März 2008 E. 7.1, BGE 137 III 102 E. 4.2.1.1, BGE 132 598 E. 9.3) Entscheide zu diversen Bedarfspositionen: Beilage D. Literaturhinweise Daniel Bähler, Scheidungsunterhalt Methoden der Berechnung, Höhe, Dauer und Schranken, FamPra.ch 3/2007, S. 461-496 Freivogel/Gloor/Stieger-Gmür, Nachehelicher Unterhalt bei komfortablen bis sehr guten finanziellen Verhältnissen, FamPra.ch 4/2004, S. 811-827 Thomas Geiser, Neuere Rechtsprechung zum Eherecht, AJP 1/2009, S. 57-69, (insbes. Berechnungsmethoden für den Unterhalt, S. 60ff.) Heinz Hausheer, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2010 Familienrecht, veröffentlicht in Band 136, ergänzt durch Internetveröffentlichungen Scheidungsrecht, ZBJV 147/2010, S. 676-703 Heinz Hausheer, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2009 Familienrecht, veröffentlicht in Band 135, ergänzt durch Internetveröffentlichungen Scheidungsrecht, ZBJV 146/2010, S. 881-909 Heinz Hausheer, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2008 Familienrecht, veröffentlicht in Band 134, ergänzt durch Internetveröffentlichungen Scheidungsrecht, ZBJV 145/2009, S. 653-685 Heinz Hausheer / Annette Spycher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Auflage, Bern 2010 Heinz Hausheer / Annette Spycher, Nachehelicher Unterhalt II oder die Nachlese zu BGE 134 III 145ff. und BGer 5A_434/2008 (inzwischen teilweise in BGE 134 III 577 ff.) bzw. BGer 5A_288/2008 betreffend das Vorgehen zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts, ZBJV 145/2009, S. 59 ff. 7

SJWZ, Nachehelicher Unterhalt, Workshops 30. Mai 2012 WS 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard Elisabeth Schönbucher Adjani, RAin, Mediatorin SAV, Zürich Philipp Maier, Aspekte bei der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen im Familienrecht, Zur Praxis der erst- und zweitinstanzlichen Gerichte des Kantons Zürich, AJP 10/2007, S. 1223-1240 Bruno Roelli, Praxis des Unterhaltsrechts bei Eheschutz, vorsorglichen Massnahmen und Ehescheidung, Vortrag vom 25.11.2008, aktualisiert (Stand Rechtsprechung 21.3.2011) ESA/18. Mai 2012 8

Nachehelicher Unterhalt: Schema 1. Bestimmung des gebührenden Unterhalts 2. Mögliche und zumutbare Eigenversorgung 3. Leistungsfähigkeit der pflichtigen Person bei lebensprägender Ehe: letzter gemeinsamer Lebensstandard zuzüglich scheidungsbedingter Mehrkosten bei nicht lebensprägender Ehe: voreheliche Lebenshaltung Einschluss der angemessenen Altersvorsorge Tatsächliches Einkommen Wiederaufnahme/Aufstockung Erwerbstätigkeit Kinderbetreuung Alter und Gesundheit Ausbildung Vermögen Existenzminimum Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter Unterdeckung 4. Keine Ausschlussgründe 5. Festsetzung des angemessenen Unterhaltsbeitrages Berechnungsmethoden Höhe Dauer Elisabeth Schönbucher Adjani Futterlieb & Schönbucher, Zürich

SJWZ, nachehelicher Unterhalt, Workshop 1, 30. Mai 2012 Elisabeth Schönbucher Adjani Berechnung Lebenshaltungskosten/Beispiel Einstufige Berechnungsmethode: Berechnung Lebenshaltungskosten (Beispiel; detailliert an Einzelfall anpassen) Ehescheidung.. Lebenshaltungskosten Ehefrau mit Kindern Beilage 1. Haushalt Lebensmittel (inkl. Einladungen, Getränke) Fr. 1'000.00 Drogerieartikel Fr. 50.00 Haushalt/Reinigung Fr. 50.00 Diverse Kleinauslagen (Unterhalt Haushalt) Fr. 50.00 Total Fr. 1'150.00 1'150.00 2. Bekleidung Ehefrau und Kinder Kleidung / Schuhe / Sportausrüstungen Fr. 500.00 Accessoires Fr. 45.00 Total Fr. 545.00 545.00 3. Haustiere Nahrung Fr. 50.00 Tierarzt Fr. 30.00 Ferienheim Fr. 100.00 Total Fr. 180.00 180.00 4. Wohnkosten Hypothekarzins Fr. 1'917.00 Wasser/Abwasser, Kehrichtgebühr Fr. 50.00 Grüncontainer Fr. 10.00 Wartung Heizung/Kaminfeger Fr. 50.00 Gebäudeversicherung GVZ Fr. 19.00 Gebäudeversicherung (private) Fr. 32.00 Gärtner, Unterhalt Teich Fr. 60.00 Fernseh-Anschlussgebühr Fr. 20.00 Kleine Reparaturen Fr. 50.00 Strom Fr. 200.00 Heizung (Erdgas) Fr. 200.00 Amortisationen (vertraglich geschuldete) Fr.? Total Fr. 2'608.00 2'608.00 5. Kommunikation Telefon Festnetz Fr. 100.00 Mobiltelefon Ehefrau Fr. 90.00 Radio-/TV-Gebühren Fr. 39.00 Total Fr. 229.00 229.00 Schönbucher_3_Bsp_Lebenshaltungskosten.xls 1

SJWZ, nachehelicher Unterhalt, Workshop 1, 30. Mai 2012 Elisabeth Schönbucher Adjani Berechnung Lebenshaltungskosten/Beispiel Beilage 6. Gesundheit Krankenkassenprämien Fr. 620.00 Franchisen/Selbstbehalte ärztliche Behandlung Fr. 60.00 Zahnarzt, Dentalhygiene Fr. 40.00 Linsen/Brillen/Optiker Fr. 54.00 Nicht pflichtige Medikamente Fr. 40.00 Total Fr. 814.00 814.00 7. Versicherungen Haftpflicht- / Hausratversicherung Fr. 78.00 Lebensversicherung Fr. 15.00 Säule 3a Fr. 548.00 Total Fr. 641.00 641.00 8. Mobilität GA/Abonnemente/Billette öv Fr. 35.00 Fahrzeug Opel.., Jg. 2000 (pauschal) Fr. 700.00 Versicherung Fr. Strassenverkehrsamt Fr. Werkstattrechnungen Fr. TCS/ACS/VCS Fr. Benzin Fr. Parkkarten/-gebühren Fr. Total Fr. 735.00 735.00 9. Persönliches / Freizeit / Soziales Coiffeur / Kosmetik Fr. 135.00 Auswärts Essen / Restaurantbesuche Fr. 150.00 Geschenke Fr. 200.00 Zeitungen / Zeitschriften Fr. 48.00 Sport (Volleyball) Fr. 20.00 Kurse / Weiterbildung Fr. 50.00 Kultur (Theater-Abo, Kunstverein) Fr. 100.00 Total Fr. 703.00 703.00 10. Ferien Sport-, Sommerferien (inkl. Skiabos usw.) Fr. Verlängerte Wochenenden Fr. Total Fr. 1'250.00 1'250.00 11. Unterhalt Ferienhaus Total Fr. 200.00 200.00 Schönbucher_3_Bsp_Lebenshaltungskosten.xls 2

SJWZ, nachehelicher Unterhalt, Workshop 1, 30. Mai 2012 Elisabeth Schönbucher Adjani Berechnung Lebenshaltungskosten/Beispiel Beilage 12. Zusatzkosten Kinder Haushaltsanteil Fr. 500.00 Anteil Bekleidung, inkl. Sportausrüstungen Fr. 380.00 Krankenkassenprämien Fr. 261.00 Selbstbehalte ärztliche Behandlungen Fr. 27.00 Zahnarzt (ohne Kieferorthopädie) Fr. 60.00 Kieferorthopädische Behandlung (4 Jahre) Fr. 80.00 Optiker Fr. 20.00 Linsen für Tochter Fr. 70.00 Fahrkosten Fr. 94.00 Schulmaterial Fr. 50.00 Auswärtige Verpflegung (Mittagstisch/Mensa 2 Tage/Woche) Fr. 115.00 Musikunterricht Fr. 175.00 Sportkurse Fr. 100.00 Mobiltelefone Fr. 45.00 Taschengeld Fr. 170.00 Schullager Fr. 80.00 Total Fr. 2'227.00 2'227.00 13. Steuern Steuerberatung Fr. 40.00 Steuern Kanton (geschätzt) Fr. 1'400.00 Steuern Bund (geschätzt) Fr. 390.00 Total Fr. 1'830.00 1'830.00 Lebenshaltungskosten insgesamt Fr. 13'112.00 ohne Kinder Fr. 10'885.00 zuzüglich Altersvorsorge (Art. 125 ZGB) Fr. Schönbucher_3_Bsp_Lebenshaltungskosten.xls 3

Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich an die Bezirksgerichte und die Betreibungsämter Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (vom 16. September 2009) I. Einleitung Im Kreisschreiben des Obergerichts vom 23. Mai 2001 wurden letztmals die Ansätze für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums den damaligen Verhältnissen angepasst. Darin wurde u.a. eine angemessene Vorgabe auf die damals zu erwartende Teuerung eingebaut. Durch die Teuerung ist der Lebenskostenindex (ohne Miete und Heizung) seither nun so gestiegen, dass sich eine entsprechende Erhöhung der Ansätze für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums aufdrängt. Diese neuen Richtlinien beruhen auf dem Landesindex (Totalindex) der Konsumentenpreise (Basis Dezember 2005 = 100 Punkte) von Ende Dezember 2008 mit einem Indexstand von 103.4 Punkten. Sie gleichen vorgabeweise die Teuerung bis zum Indexstand von 110 Punkten aus. Eine Änderung ist erst bei Überschreiten eines Indexstandes von 115 Punkten, oder Unterschreiten eines Indexstandes von 95 Punkten vorgesehen. Die Ansätze in diesen Richtlinien sind für das ganze Kantonsgebiet gleich hoch bemessen, eine regionale Abstufung findet nicht statt. Abweichungen von den Ansätzen gem. den nachfolgenden Ziffern II bis V und VII können soweit getroffen werden, als das Betreibungsamt sie aufgrund der ihm im Einzelfall obliegenden Prüfung aller Umstände für angemessen hält. II. Monatlicher Grundbetrag Für Nahrung Kleidung und Wäsche, einschliesslich deren Instandhaltung, Körper- und Gesundheitspflege, Unterhalt der Wohnungseinrichtung, Kulturelles sowie sämtliche Energiekosten (ohne Heizung) ist in der Regel vom monatlichen Einkommen des Schuldners folgender Grundbetrag als unumgänglich notwendig im Sinne von Art. 93 SchKG von der Pfändung ausgeschlossen: 1. für einen alleinstehenden Schuldner 1.1 in Haushaltgemeinschaft mit erwachsenen Personen... Fr. 1100.00 1.2 ohne solche Haushaltgemeinschaft... Fr. 1200.00 2. für einen alleinerziehenden Schuldner 2.1 in Haushaltgemeinschaft mit erwachsenen Personen... Fr. 1250.00 2.2 ohne solche Haushaltgemeinschaft... Fr. 1350.00

Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009 3. für ein Ehepaar, zwei in einer eingetragenen Partnerschaft lebende Personen oder ein Paar mit Kindern, die in Haushaltgemeinschaft leben... Fr. 1700.00 4. Unterhalt der Kinder, die im gemeinsamen Haushalt des Schuldners leben für jedes Kind: im Alter bis zu 10 Jahren... Fr. 400.00 im Alter über 10 bis zu 18 Jahren... Fr. 600.00 (bzw. bis zum Abschluss der Erstausbildung im Sinne von Art. 277 Abs. 2 ZGB). Bei kostensenkender Wohn-/Lebensgemeinschaft Verfügen Partner des in einer kinderlosen, kostensenkenden Wohn-/Lebensgemeinschaft lebenden Schuldners ebenfalls über Einkommen, so ist der Ehegatten-Grundbetrag einzusetzen und dieser in der Regel (aber maximal) auf die Hälfte herabzusetzen (BGE 130 III 765 E. 2). III. Zuschläge zum monatlichen Grundbetrag Für die verschiedenen Auslagen und Beiträge gem. Ziffern 1, 2, 3.2, 3.4, 4 und 5 sind dem Betreibungsamt die entsprechenden Unterlagen, wie z.b. Quittungen, Verträge, Urteile und dergleichen vorzulegen. 1. Wohnungskosten 1.1 Der effektive monatliche Mietzins für Wohnung oder Zimmer inkl. Nebenkosten (ausgenommen der Energiekosten, da im Grundbetrag inbegriffen), unter Berücksichtigung von Ziffer IV/2. Benützt der Schuldner lediglich zu seiner grösseren Bequemlichkeit eine teure Wohnung oder ein teures Zimmer, so kann der Mietzinszuschlag spätestens nach Ablauf des nächsten gesetzlichen Kündigungstermins auf ein Normalmass herabgesetzt werden (BGE 109 III 52 f.; 119 III 73 E. 3 lit. c und d), ungeachtet, ob es sich dabei um einen Mietvertrag mit langfristiger Dauer handelt. 1.2 Die durchschnittlichen, auf zwölf Monate verteilten, monatlichen Aufwendungen für Heizungsenergie von Wohnräumen. 1.3 Wohnt der Schuldner in der eigenen Liegenschaft, so ist anstelle des Mietzinses der Liegenschaftenaufwand zum Grundbetrag hinzuzurechnen. Dieser besteht aus dem Hypothekarzins (ohne Amortisation), den öffentlichrechtlichen Abgaben und den durchschnittlichen notwendigen Unterhaltskosten. Der Liegenschaftenaufwand hat dem ortsüblichen Mietzins zu entsprechen. Sind die Hypothekarzinsbelastungen dagegen unangemessen hoch, so sind diese wie beim Mietzins im Sinne von Ziffer III/1.1 Abs. 2 im Existenzminimum herabzusetzen, gleichgültig, ob die Liegenschaft dem Schuldner, seinem Ehegatten oder dem eingetragenen Partner des Schuldners gehört (BGE 114 III 12 E. 2 und 4 mit Hinweisen; 116 III 15 E. 2 lit. d; 129 III 526 E. 2). 2. Sozialbeiträge (soweit nicht bereits vom Lohn abgezogen), wie Prämien für AHV, IV, EO und ALV Pensions- und Fürsorgekassen Krankenkassen (unter Berücksichtigung einer allfälligen Prämienverbilligung) Unfallversicherungen Hausrat- und Haftpflichtversicherungen Berufsverbände 2

Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009 Der Prämienaufwand über die obligatorische Versicherung hinaus darf nicht berücksichtigt werden (BGE 134 III 323 E. 3). 3. Unumgängliche Berufsauslagen (soweit der Arbeitgeber dafür nicht aufkommt). 3.1 Erhöhter Nahrungsbedarf bei Schwerarbeit (Erd-, Bau- und Giessereiarbeiter und ähnliche Berufe), bei Schicht- und Nachtarbeit, ferner für den Schuldner, der einen sehr weiten Arbeitsweg zurücklegen muss: Fr. 5.00 bis Fr. 10.00 pro Arbeitstag. 3.2 Auslagen für auswärtige Verpflegung bei Nachweis von Mehrauslagen: Fr. 5.00 bis Fr. 15.00 für jede Hauptmahlzeit (ZR 84 [1985] Nr. 68). 3.3 Überdurchschnittlicher Kleider- und Wäscheverbrauch: Fr. 20.00 bis Fr. 60.00 pro Monat. 3.4 Fahrten zum Arbeitsplatz a) Öffentliche Verkehrsmittel: Effektive Auslagen. b) Fahrrad: Fr. 10.00 bis Fr. 40.00 pro Monat für Abnützung usw. c) Moped und Roller: Fr. 20.00 bis Fr. 60.00 pro Monat für Abnützung, Betriebsstoff usw. d) Motorräder: Fr. 50.00 bis Fr. 100.00 pro Monat für Abnützung, Betriebsstoff usw. e) Automobil Sofern einem Automobil Kompetenzqualität zukommt (zur Ausübung des Berufes oder für die Fahrten zum Arbeitsplatz), sind dafür - je nach Grösse des Fahrzeuges und der Entfernung vom Arbeitsort - die festen und veränderlichen Kosten (ohne Amortisation: BGE 104 III 73 E. 2; 108 III 65 E. 3) von Fr. 100.00 bis Fr. 600.00 pro Monat zu berechnen. Wird zum Arbeitsort trotzdem ein Fahrzeug benützt, dem keine Kompetenzqualität zukommt, kann hierfür dennoch nur der Auslagenersatz wie bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel eingesetzt werden. 4. Unterstützungs- und Unterhaltsbeiträge Rechtlich oder moralisch geschuldete Unterstützungs- und/oder Unterhaltsbeiträge, welche der Schuldner an nicht in seinem Haushalt wohnende Personen in der letzten Zeit vor der Pfändung nachweisbar geleistet hat und voraussichtlich während der Dauer der Pfändung leisten wird (BGE 121 III 20 E. 3). 5. Verschiedenes 5.1 Schulung der Kinder Besondere Auslagen für die Schulung der Kinder (Schulgeld, Schulmaterial, Verpflegungsund Fahrtauslagen). Über eine durchschnittliche Ausbildung hinausgehende Aufwendungen (über die Volljährigkeit hinaus) können berücksichtigt werden, wenn sie den Verhältnissen des Schuldners im Sinne von Art. 277 Abs. 2 ZGB entsprechen (BGE 98 III 34 E. 3). Allfällige Stipendien und andere Einkünfte der Kinder sind dabei angemessen zu berücksichtigen. 5.2 Abzahlung oder Miete/Leasing von Kompetenzstücken Gemäss Kaufvertrag, jedoch nur solange zu berücksichtigen, als der Schuldner bei richtiger Vertragserfüllung zur Abzahlung verpflichtet ist und sich über die Zahlungen ausweist. Voraussetzung ist zudem, dass sich der Verkäufer das Eigentum vorbehalten hat. Die gleiche Regelung gilt für gemietete/geleaste Kompetenzstücke (BGE 82 III 26 E. 1). Verpflichtungen aus Vorauszahlungsverträgen sind allerdings nicht zu berücksichtigen. 3

Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009 5.3 Weitere notwendige Auslagen Stehen dem Schuldner zur Zeit der Pfändung unmittelbar grössere notwendige Auslagen bevor, wie z.b.: - für Arzt, Zahnarzt, Arzneien, Geburt - Betreuung und Pflege von Familienangehörigen - Wohnungswechsel usw. so ist diesem Umstand in billiger Weise durch eine entsprechende zeitweise Erhöhung des Existenzminimums Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen sind ferner die Selbstbehaltskosten nach KVG (BGE 129 III 242 E. 4). Gleiches gilt, wenn diese Auslagen dem Schuldner während der Dauer der Einkommenspfändung erwachsen. Eine Änderung der Einkommenspfändung erfolgt hier in der Regel jedoch nur auf Antrag des Schuldners. IV. Abzüge vom monatlichen Existenzminimum 1. Naturalbezüge wie freie Kost, Dienstkleidung usw. sind entsprechend ihrem Geldwert in Abzug zu bringen: Freie Kost mit 50% des Grundbetrages Dienstkleidung mit Fr. 20.00 bis Fr. 60.00 pro Monat. 2. Angemessener Anteil an die Haushaltkosten (Mietzins, Heizung, Wäsche usw.) der in gemeinsamen Haushalt mit dem Schuldner lebenden volljährigen Kinder mit eigenem Erwerbseinkommen. 3. Spesenvergütungen (Reisespesen usw.), welche der Schuldner von seinem Arbeitgeber erhält, soweit er damit im Grundbetrag eingerechnete Nahrungsauslagen in nennenswertem Betrag einsparen kann. V. Barnotbedarf Hat der Schuldner für seine Nahrungskosten nicht aufzukommen, so beträgt sein Notbedarf für: Bekleidung, Reinigung und Instandhaltung von Kleidern und Wäsche, Gesundheitspflege und Kulturausgaben 50% der Grundbeträge gem. Ziffer II. VI. Steuern Die Steuern sind bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums nicht zu berücksichtigen (BGE 95 III 42 E. 3; 126 III 89 E. 3 lit. b; BGE vom 17. November 2003 7B.221/ 2003). Bei ausländischen Arbeitnehmern, die der Quellensteuer unterliegen, ist bei der Berechnung der pfändbaren Quote von dem Lohn auszugehen, welcher diesen tatsächlich ausbezahlt wird (BGE 90 III 33 E. 1). VII. Sonderbestimmungen über das dem Schuldner anrechenbare Einkommen 1. Beiträge gem. Art. 163 ZGB oder Art. 13 PartG Verfügt der Ehegatte oder der eingetragene Partner des Schuldners über ein eigenes Einkommen, so ist das gemeinsame Existenzminimum von beiden Ehegatten oder eingetragenen Partnern (ohne Beiträge gem. Art. 164 ZGB) im Verhältnis ihrer Nettoeinkommen zu tragen. Entsprechend verringert sich das dem Schuldner anrechenbare Existenzminimum (BGE 114 III 12 E. 3). 4

Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009 2. Beiträge gem. Art. 164 ZGB oder Art. 13 PartG Stehen dem Schuldner Ansprüche aus Art. 164 ZGB zu, können diese separat wie eine gewöhnliche Forderung gepfändet werden. 3. Beiträge gem. Art. 323 Abs. 2 ZGB Die Beiträge aus dem Erwerbseinkommen minderjähriger Kinder, die in Haushaltgemeinschaft mit dem Schuldner leben, sind vorab vom gemeinsamen Existenzminimum abzuziehen. Dieser Abzug ist in der Regel auf einen Drittel des Nettoeinkommens der Kinder, höchstens jedoch auf den für sie geltenden Grundbetrag zu bemessen (Ziffer II/4; BGE 104 III 77). VIII. Geltungsbereich Dieses Kreisschreiben tritt am 1. Oktober 2009 in Kraft und ersetzt dasjenige vom 23. Mai 2001 Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums. Die neuen Ansätze in diesem Kreisschreiben gelten für alle ab 1. Oktober 2009 zu vollziehenden Einkommenspfändungen. Bestehende Einkommenspfändungen werden nur auf Verlangen des Schuldners den neuen Ansätzen angepasst. Das vorliegende Kreisschreiben gilt als kantonale Wegleitung für die Betreibungsämter. Diese haben hievon im Missivenverzeichnis Vormerk zu nehmen. Zürich, den 16. September 2009 Im Namen des Obergerichts des Kantons Zürich Der Präsident: Der Generalsekretär: Müller Zimmermann 5

Nachehelicher Unterhalt Elisabeth Schönbucher Adjani, Rechtsanwältin und Mediatorin SAV, Zürich SJWZ-Workshops 30.5.2012 Workshop 1 Berechnungsmethoden, Lebensstandard Bundesgerichtsentscheide mit Erwägungen zu Bedarfspositionen, die oft zu Diskussionen Anlass geben Entscheid Erwägung Gegenstand 5C.233/2006 (vom 21.12.2006) 5.5.3 Kein pauschaler Prozentzuschlag von 20% auf erweitertes Existenzminimum bei knappen Mitteln [auch 5C. 238/2000 vom 8.12.2008, E.3. b) aa)] 5A_272/2011 (vom 7.9.2011) 3.4 Schulden gegenüber Dritten nur dann zu berücksichtigen, sofern der entsprechende Kredit für den gemeinsamen Lebensunterhalt aufgenommen und eingesetzt wurde und nicht nur einen der Ehegatten persönlich betrifft. (auch 5A_131/2007 vom 8.6.2007, E. 2.2 und 5A_474/2011 vom 19.8.2011, E. 2.1) 5A_435/2011 (vom 14.11.2011) 9.3.3 Berücksichtigung steigender Gesundheitskosten mit zunehmendem Alter, wie sie der Zusammenstellung "Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens" des Bundesamtes für Statistik (Statistisches Lexikon der Schweiz; abrufbar unter: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/14/05/blank/key/05.html; Stand: 9. September 2011) zu entnehmen sind. 5C.20/2001 (vom 25.5.2001) 2. a) bb) Bei knappen Mitteln des Beitragsschuldners hat Gemeinwesen zurückzutreten, Steuerlast darf unter solchen Umständen nicht im Grundbedarf des Rentenschuldners berücksichtigt werden. 5C.20/2001 (vom 25.5.2001) 2. a) bb) Amortisationsrate der zur Bezahlung der güterrechtlichen Ausgleichszahlung erhöhten Hypothekarschuld ist nicht im Grundbedarf des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen. 5C. 27/2005 (vom 23.11.2005) 3.5 Gerichtsnotorietät der kantonalen Letztinstanz ist nicht zwingend mit allgemeiner Lebenserfahrung gleichzusetzen, die im Verfahren der Berufung vom BuGer überprüft werden könnte. 1

Stiftung für juristische Weiterbildung, 30. Mai 2012 Nachehelicher Unterhalt Workshops Workshop 1: Berechnungsmethoden, Lebensstandard MERKSÄTZE 1. Bundesrecht schreibt keine Berechnungsmethode vor. 2. Einzelfallgerechte Methode, kein stur gewähltes Berechnungsschema, anwenden. Die anzuwendende Methode kann nicht schematisch von einer bestimmten Einkommenshöhe abgeleitet werden. 3. Bei lebensprägenden Ehen kann zweistufige Methode (Berechnung der familienrechtlichen Existenzminima mit Überschussaufteilung) angewendet werden, - wenn während des Zusammenlebens keine Sparquote resultierte; - wenn die Sparquote während des Zusammenlebens nicht grösser ist als die scheidungsbedingten Mehrkosten zweier Haushalte; - wenn die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um den zuletzt gelebten Lebensstandard zu finanzieren und sich beide Eheleute entsprechend einschränken müssen, jedoch Anspruch auf gleichwertige Lebensführung haben. 4. Die Anwendung der zweistufigen Berechnungsmethode entbindet nicht von der Feststellung der relevanten Lebensverhältnisse. 5. Obergrenze des Unterhaltsbeitrags liegt stets bei tatsächlich zuletzt gemeinsam gelebtem Lebensstandard. Scheidungsbedingte Mehrkosten beachten. 6. Bei sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen ist meist einstufige Berechnungsweise angezeigt. Sparquote beachten. 7. Gewisse betragsmässige Pauschalisierungen sind nicht ausgeschlossen. 8. Die Ansprecherin/der Ansprecher hat den eigenen Bedarf, der/die Verpflichtete die Sparquote bzw. die Lebenshaltung zu beweisen. 9. Ein Manko verbleibt zur Zeit weiterhin bei der anspruchsberechtigten Person. 10. Zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts kann nicht einfach auf eheschutzrichterliche Unterhaltsregelung abgestellt werden. 11. Kantonale Gerichte haben weites Ermessen. Ermessensentscheide erfordern eine erhöhte Begründungsdichte.

12. Zu einzelnen Positionen in Bedarfsrechnungen (siehe auch ergänzende Beilage): - Steuern. Nicht bei Manko, nicht bei Kinderunterhalt in engen Verhältnissen. - Schuldenrückzahlungen: Schulden als Drittverpflichtungen gehen grundsätzlich der familiären Unterhaltsverpflichtung nach. Ausnahme: Schuldverpflichtungen, die für den gemeinsamen Haushalt eingegangen worden sind. - Krankenkassenprämien: VVG, wenn Lebensstandard. Nicht bei Manko oder sehr knappen Verhältnissen. - Selbstkosten ärztlicher Behandlungen: soweit tatsächlich anfallend. - Beiträge in 3. Säule wirken vermögensbildend. Bei Fehlen einer 2. Säule bei Selbständigerwerbenden zu berücksichtigen. Zudem in sehr guten Verhältnissen bei Lebensstandard, mit Berücksichtigung bei Prüfung der Altersvorsorge. 13. Positionen, die beim Lebensstandard zu berücksichtigen sind: alles, was nachweisbar als eheliche Lebenshaltung finanziert wurde. Das Gericht hat keine Korrektur des einvernehmlich gewählten/gelebten Standards vorzunehmen. 20. Mai 2012/RAin Elisabeth Schönbucher Adjani 2

30.05.2012: Nachehelicher Unterhalt Workshops Workshop 1: Lebensstandard und konkreter Bedarf Kai Burkart, Rechtsanwalt, Erlenbach Sachverhalt Eheleute Peter Ausgangslage: Die Ehegatten haben im Jahre 1992 geheiratet. Sie leben seit Mai 2010 getrennt. Die Tochter Pia, geb. am 23. Januar 1994 (18jährig), wohnt beim Vater in Urdorf. Der Sohn Thomas, geb. am 1. Juli 1996 (16jährig), wohnt bei der Mutter in Uster. Der Ehemann ist reformiert, die Ehefrau konfessionslos. Der Ehemann (geb. 1961) arbeitet als Strassenmeister und verdient pro Jahr Fr. 101 353.-- inkl. beider Kinderzulagen von total Fr. 6 000.-- pro Jahr. Durch seine Einsätze bei der Feuerwehr erhält er pro Jahr durchschnittlich Fr. 2 800.--. Dieses Einkommen hat sich in den vergangenen sechs Jahren kaum verändert (Teuerungsanpassung). Aufgrund seines Alters wird die Feuerwehrzulage ab 2013 wegfallen. Die Ehefrau (geb. 1966) stammt aus einer vermögenden Familie in Venezuela und hat vor der Heirat in ihrem Heimatland als Anwältin gearbeitet. In der Schweiz war sie nie erwerbstätig. Die Tochter macht im Sommer 2012 die Matura und möchte anschliessend in Zürich Informatik studieren. Der Sohn wird im Sommer 2012 eine Berufslehre als (Hochbau-) Zeichner in Winterthur beginnen, die voraussichtlich im Sommer 2016 abgeschlossen sein wird. Die Ehefrau wohnt zusammen mit dem Sohn in der früheren ehelichen Liegenschaft. Der Ehemann zusammen mit der Tochter in einer Eigentumswohnung. Diskussionsschwerpunkte: Wie und aus welchen Positionen berechnet sich der Bedarf der Ehefrau für einen nachehelichen Unterhalt?

30.05.2012: Nachehelicher Unterhalt Workshops Workshop 1: Lebensstandard und konkreter Bedarf Kai Burkart, Rechtsanwalt, Erlenbach Bedarfsberechnung bei den Eheleuten Peter A. Welche Berechnungsmethode wählen Sie? Liegt eine Mangellage vor oder sind ausreichende Mittel vorhanden? Es liegen sicherlich keine sehr guten Verhältnisse vor, sodass die einstufige Berechnungsmethode sofort ausgeschlossen werden kann. Damit erfolgt zunächst eine Orientierung am betreibungsrechtlichen Existenzminimum anhand des Kreisschreibens des Obergerichts des Kantons Zürich ( Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009). B. Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (vgl. Unterhaltsberechnung der Eheleute Peter) 1. Zu den Grundbeträgen: - Ehemann mit erwachsener Tochter: Es liegt keine Haushaltsgemeinschaft mit einer erwachsener Person im Sinne des Kreisschreibens vor, da sich Pia noch in Ausbildung befindet. - Grundbetrag für die erwachsene Tochter: Dieser ist bis zum Abschluss der Erstausbildung zu berücksichtigen. Burkart und Pfammatter, Rechtsanwälte

2 - Grundbetrag für den Sohn Im Falle eines Erwerbseinkommens des Sohnes ist in der Regel ein Drittel seines Erwerbseinkommens (max. sein Grundbetrag) in Abzug zu bringen 2. Zu den Wohnkosten - Hypothekarzins - öffentlich rechtliche Abgaben Wasser, Kehricht, Gebäudeversicherung - Unterhalt Häufig wird 1 % des Verkehrswertes als Anhaltspunkt für den laufenden grösseren Unterhalt beigezogen (als Faustregel der Banken). Diese Faustregel wird von den Gerichten nicht verwendet. Es sind daher die entsprechenden Kosten anhand Belegen für die Vergangenheit einzureichen. Die Beiträge an die Stockwerkeigentümergemeinschaft sind anrechenbar - Amortisationen Sind vermögensbildend, auch wenn sie nicht freiwillig erfolgen - allenfalls können diese Kosten dann Berücksichtigung finden, wenn ein gleicher Betrag auch der anderen Partei zugestanden wird (sicherlich nicht im vorliegenden Fall). Burkart & Pfammatter, Rechtsanwälte

3 3. Zu den Sozialbeiträgen Krankenkassenprämien abzüglich Prämienverbilligungen Beiträge an Pensions- und Fürsorgekassen, Unfallversicherungen und Berufsverbände 4. Zu den unumgänglichen Berufsauslagen - Autokosten Sofern Kompetenzqualität zur Ausübung des Berufes oder für die Fahrten des Arbeitsplatzes gehören die festen und veränderlichen Kosten (ohne Amortisation) von Fr. 100 bis Fr. 600.-- pro Monat zum Notbedarf. Ansonsten Auslagenersatz wie bei der Benützung des öffentlichen Verkehrs - Radio- u. TV-Gebühren, Telefon Sind nicht im Kreisschreiben erwähnt, werden aber gemäss Praxis der Gerichte in der Regel im Umfang zwischen Fr. 100.-- bis Fr. 150.-- pro Monat eingerechnet. - Steuern Sind grundsätzlich nicht bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums zu berücksichtigen - Burkart & Pfammatter, Rechtsanwälte

4 jedoch häufig bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts im Sinne einer Gerichtsüblichkeit doch eingerechnet. 5. Verschiedenes - Schulung der Kinder Besondere Auslagen für die Schulung der Kinder (Schuldgeld, Schulmaterial, Verpflegungs- und Fahrtauslagen) sind zu berücksichtigen. C. Fazit: Es ist - ohne zukünftiges Einkommen der Ehefrau - eine Mangellage, womit in der vorliegenden Bedarfsberechnung Positionen zu streichen sind. Ein Betrag für die angemessene Altersvorsorge entfällt (vgl. aber Art. 129 Abs. 3 ZGB). Die Position VVG fällt zunächst weg. Hernach kann das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch nehmen und bei den Positionen der Berufsauslagen Kürzungen vornehmen (Autokosten und auswärtige Verpflegung). Burkart & Pfammatter, Rechtsanwälte

5 D. Neuberechnung des Unterhaltes / Berücksichtigung veränderter Verhältnisse Neuberechnung des Unterhaltes bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit des Sohnes bzw. abgeschlossener Erstausbildung Die Beiträge aus dem Erwerbseinkommen minderjähriger Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit dem Schuldner leben, sind vorab vom gemeinsamen Existenzminimum abzuziehen. Dieser Abzug ist in der Regel auf einen Drittel des Nettoeinkommens der Kinder, höchstens jedoch auf den für sie geltenden Grundbetrag zu bemessen. E Unterhaltsbeiträge im Eheschutzverfahren Im Eheschutzverfahren wurde bei einem Nettoeinkommen des Ehemannes von Fr 7 890.-- (exkl. Kinderzulagen, inkl. Feuerwehr und Anteil 13. Monatslohn) ein Unterhaltsbeitrag für die Ehefrau mit dem Sohn in Höhe von Fr. 3 400.-- zuzüglich Kinderzulagen vereinbart bei einem Notbedarf des Ehemann mit Tochter von Fr. 4 243.-- Notbedarf der Ehefrau mit Sohn von Fr. 3 891.-- Burkart & Pfammatter, Rechtsanwälte

Unterhaltsberechnung der Eheleute Peter Bedarf Ehemann Bedarf Ehefrau Bemerkungen Grundbetrag Eltern 1350 1350 Kreisschreiben Obergericht / II Ziff. 2.2 Grundbetrag Kinder 600 600 Kreisschreiben Obergericht / II Ziff. 4 Wohnkosten / Liegenschaftenaufwand Kreisschreiben Obergericht / III Ziff 1.3 Hypothekarzins 500 724 öffentlichrechtliche Abgaben 150 180 notwendige durchschnittl. Unterhaltskosten 250 330 Amortisation Vermögensbildend Heizungsenergie 100 100 Kreisschreiben Obergericht / III Ziff 1.2 Sozialbeiträge Kreisschreiben Obergericht / III Ziff 2 Krankenkasse KVG 252 351 Krankenkasse VVG 50 30 erweiterter Notbedarf / BGE 134 III 323 E.3 Hausrat- und Haftpflichtversicherung 35 48 Unumgängliche Berufsauslagen Kreisschreiben Obergericht / III Ziff 3 Erhöhter Narungsbedarf Schwer-, Schicht-, Nachtarbeit Auslagen für auswärtige Verpflegung 300 Fr. 5.-- bis 15.-- pro Hauptmahlzeit Überdurchchnittlicher Kleiderverbrauch Fr. 20.-- bis 60.-- pro Monat Fahrten zum Arbeitsplatz 500 127 Autokosten / öffentlicher Verkehr Unterstützungs- und Unterhaltsbeiträge Kreisschreiben Obergericht / III Ziff 4 Schulung der Kinder Kreisschreiben Obergericht / III Ziff 5 Öffentlicher Verkehr 127 Auslagen für auswärtige Verpflegung 240 Krankenkasse Pia und Thomas 180 89 Radio- u. Fernsehgebühren / Telefonkosten 150 150 gerichtsüblich Steuern 220 100 erweiterter Bedarf Total Bedarf 5004 4179 Gesamtbedarf 9183 Gesamteinkommen 7946 ohne Feuerwehr und Kinderzulagen

30.05.2012: Nachehelicher Unterhalt Workshops Workshop 2: Eigenversorgungskapazität / Vorsorgeunterhalt Jeanne DuBois, Rechtsanwältin, Zürich Prof. Dr. iur. Thomas Geiser, St. Gallen Ausgangslage Anna Maier Tobler, geb. 1976, Handelsdiplom, arbeitet 40% im Bioladen, Lohn Fr. 800.00 netto (kein 13. Ml) und Hausfrau Peter Tobler, geb. 1976, Berufsschullehrer (80% seit 2 Jahren, Lohn 9 800.00 netto inkl. 13. Ml und 2 Kinderzulagen) und Hausmann Heirat 1998, 2 Kinder, Thomas, geb. 1999 (13 Jahre alt, ist im 1. Jahr Langzeitgymnasium), Mathilde, geb. 2003 (9 Jahre alt, 3. Primarschulklasse) Getrenntleben seit April 2010. Scheidungsverfahren im April 2012 eingeleitet. Gesuch um den Erlass vorsorglicher Massnahmen hängig, noch keine Trennungsregelung Diskussionsschwerpunkte Eigenversorgungskapazität 1. Eigenversorgungskapazität von Anna Maier und von Peter Tobler im Vorsorglichen Massnahmen Verfahren 2012 Eigenversorgungskapazität von Anna Maier und von Peter Tobler in Bezug auf die Nebenfolgen der Scheidung 2013 2. Was ändert sich in Bezug auf die Eigenversorgungskapazität der Eheleute, wenn die Scheidung erst 2022 erfolgt. Deren Lebenssituation sieht so aus: Anna Maier arbeitet 40% als dipl. Berufsmasseurin in einer Praxisgemeinschaft, um 2023 die Voraussetzungen für die EMR Anerkennung zu erlangen. Sie steht noch in der Ausbildung für die Lymphdrainagemassage mit Abschluss inkl. EMR Anerkennung 2024. Sie verdient 1 800.00 netto. Peter Tobler hat 2015 eine eigene Firma gegründet (GmbH), er ist einziger Angestellter der Firma. Er programmiert und vertreibt Schulungsunterlagen für Internetunterstütztes Lernen. Er hat Erfolg damit. Er zahlt sich einen Lohn aus von Fr. 5 500.00 und bezog jährlich bis 2021 Dividende in unterschiedlicher Höhe. Sie können sich einen höheren Lebensstandard leisten. Ab 2021 kommt zur Krise in der Ehe laut Meinung von Peter Tobler die Krise in der Firma. Seit 2021 wird keine Dividende ausbezahlt. Thomas ist im letzten Studienjahr, lebt in einer WG. Mathilde ist in einer Sprachschule in Australien. 2023 beginnt sie die berufsbegleitende Ausbildung in der Journalistenschule in Luzern. Diskussionsschwerpunkte Vorsorgeunterhalt 3. Wie sieht es bezüglich des Vorsorgeunterhalts aus, je nachdem, ob die Scheidung 2013 oder 2022 erfolgt? 4. Wie lange muss gegebenenfalls Peter Tobler Anna Maier Tobler Unterhalt bezahlen? Ändert sich daran etwas, je nachdem, ob die Scheidung 2013 oder 2022 erfolgt?