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Transkript:

Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Forschung für die Energie der Zukunft Am 26. Juli 2010 feiert das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) sein 50-jähriges Bestehen, ein Anlass, die große, auf dem Weg zu einem Fusionskraftwerk zurückgelegte Strecke und die noch zu bewältigenden Abschnitte in den Blick zu nehmen. Ziel der Fusionsforschung ist es, ein Kraftwerk zu entwickeln, das ähnlich wie die Sonne Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen gewinnt. Zum Zünden des Fusionsfeuers muss es gelingen, ein dünnes Plasma aus den Wasserstoffsorten Deuterium und Tritium in Magnetfeldern wärmeisolierend einzuschließen und auf über 100 Millionen Grad aufzuheizen. War man zu Beginn der Forschung noch um den Faktor 50.000.000 von den Plasmawerten entfernt, die zum Brennen gebraucht werden, so liegen große Tokamaks heute nur noch weniger als eine Größenordnung unter den Zieldaten eine Entwicklung, die wesentlich vom IPP befördert wurde. Die Anfänge Ende der 1920er Jahre vermuteten Eddington, Atkinson und Houtermans, dass die Verschmelzung leichter Atome die Energiequelle von Sonne und Sternen sei. 1938 konnten Bethe und Weizsäcker die Prozesse beschreiben. Arbeiten mit dem Ziel, die Fusion zur Energiegewinnung auf der Erde nutzbar zu machen, begannen Ende der 1940er Jahre, vor allem in den USA, Russland und Großbritannien. Blickt man von modernen Fusionsexperimenten zurück in diese Vergangenheit, so nehmen sich die Anfänge der Forschung sehr bescheiden aus: Die Plasmen waren mit wenigen Litern klein, die Magnet- und Vakuumtechnik war nicht weit entwickelt, experimentelle Erfahrung und theoretisches Verständnis des Plasmaverhaltens fehlten ebenso wie leistungsfähige Heizapparaturen, Messgeräte zum Beobachten und schnelle Computer zum Berechnen des komplexen Plasmaverhaltens. Es ist daher wenig verwunderlich, dass die ersten Einschätzungen des Problems der Aufgabe nicht gerecht wurden: Wenige Jahre hielt 1952 das für Fusion zuständige amerikanische Kontrollgremium für ausreichend, um zu entscheiden, ob die Kernfusion realisierbar wäre. Jedoch zeigten sich bald massive Schwierigkeiten und die Hoffnung auf einen schnellen Durchbruch musste aufgegeben werden. Ende der 1950er Jahre setzte sich die Erkenntnis durch, dass zur Entwicklung der Fusion ein Langzeitprogramm mit intensiver Grundlagenforschung nötig sei. Zu dieser Zeit begannen in Deutschland Überlegungen zur Ausweitung der Fusionsforschung: Am 28. Juni 1960 wurde das IPP als Institut für Plasmaphysik GmbH durch die Max-Planck-Gesellschaft und Werner Heisenberg als Gesellschafter gegründet. Der Assoziationsvertrag mit Euratom vom 1. Januar 1961 integrierte das Institut in das Europäische Fusionsprogramm. 1971 in das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik umgewandelt, ist es heute mit rund 1100 Mitarbeiter eines der größten Fusionszentren in Europa. Zur Zeit der Institutsgründung war völlig offen, auf welchem Weg das Ziel am besten zu erreichen sei. Die Arbeiten des IPP waren daher zunächst sehr breit angelegt: Man studierte das Verhalten des Plasmas sowohl in stromstarken Bogenentladungen als auch mit den verschiedensten Methoden magnetischen Plasmaeinschlusses in geradlinigen Anlagen wie Spiegelmaschinen und Pinchen sowie ringförmigen Anordnungen wie Stellaratoren. So ging bereits im Gründungsjahr der erste Stellarator in Betrieb, Wendelstein 1-A. Verglichen mit heutigen Großanlagen waren die Apparaturen von geringem Umfang; manche Plasmen füllten Gefäße, die kaum größer waren als eine Leuchtstoffröhre. Wendelstein 1, der erste IPP-Stellarator, ging 1960 in Betrieb. Hinten: Wendelstein 1-B, links Wendelstein 4.

Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage ASDEX Upgrade Wissenszuwachs und Konzentration: die 1960er und 1970er Jahre Trotz beachtlicher Kenntnisfortschritte blieben die experimentellen Resultate während der 1960er Jahre weltweit unbefriedigend: Fast alle Anlagen litten unter Instabilitäten und zeigten einen viel zu starken Teilchenverlust die berüchtigte Bohm-Diffusion. Eine der wenigen Ausnahmen war der kleine Wendelstein- Stellarator in Garching, das Munich mystery. Wendelstein 2-A konnte 1969 mit relativ kalten Modellplasmen von geringer Dichte zeigen, dass in Stellaratoren der gute Plasmaeinschluss, den die Theorie erwarten lässt, tatsächlich möglich ist. 1968 meldeten sowjetische Fusionsforscher außerordentlich gute Ergebnisse ihres Tokamaks T3. Die russische Erfindung sollte wesentlich bessere Einschluss- und Stabilitätseigenschaften besitzen als alle bisherigen Konfigurationen. Dies war der Auslöser für ein weltweites Tokamak- Fieber. Überall entstanden neue Tokamaks. Auch das bisherige Stellaratorzentrum der USA, Princeton, stellte sich um und verwandelte seinen glücklosen C-Stellarator in einen Tokamak. Angesichts der eigenen guten Ergebnisse wurden im IPP die Stellaratorarbeiten weitergeführt. Zusätzlich begann jedoch 1970 die Planung für den ersten Tokamak, Pulsator, der 1973 in Betrieb ging: Im gleichen Jahr gelang es dort, die gefürchteten Stromabbrüche im Plasma durch verschraubte Zusatzfelder erstmals gezielt zu beeinflussen. Insgesamt ließ man ab Ende der 1960er Jahre kleinere Experimente auslaufen und konzentrierte sich neben den Pinch-Experimenten, die noch bis Ende der 1970er Jahre weitergeführt wurden auf die beiden Anlagentypen Tokamak und Stellarator. Seither ist das Institut das einzige weltweit, das beide im Vergleich untersucht. Tokamaks erzeugen den Magnetfeldkäfig teils durch Magnetspulen, die außerhalb des Plasmagefäßes angeordnet sind, teils durch einen im Plasma fließenden Strom. Da der Strom auch für die Anfangsheizung des Plasmas sorgt, gilt das Tokamak-Prinzip als besonders effektiv. Stellaratoren dagegen schließen das Plasma durch Magnetfelder ein, die ausschließlich durch Magnetspulen außerhalb des Plasmabereichs erzeugt werden. Stellaratoren arbeiten also ohne Plasmastrom, was erhebliche Vorteile bringt: Sie sind zum Beispiel von vornherein für Dauerbetrieb geeignet. Tokamaks dagegen können ohne Zusatzeinrichtungen nur pulsweise arbeiten, weil der Plasmastrom in Pulsen durch einen Transformator erzeugt wird. Die 1980er Jahre: Großanlagen Auch weltweit führten die gewonnenen Erfahrungen in den 1970er Jahren zu einer Konzentration der Arbeitsgebiete und zu größeren, leistungsstärkeren Experimenten. Der Tokamak setzte sich dabei als führender Experimenttyp durch, um die zentralen physikalischen Fragen vor allem Einschluss und Aufheizung des Plasmas zu untersuchen. Hierzu standen inzwischen außer der Heizung durch den Plasmastrom leistungsfähige externe Verfahren zur Verfügung Neutralteilchen- und Hochfrequenzheizung. Allerdings zeigte sich damit bald weltweit ein unerwartetes, aber gravierendes Problem: Die wichtigste Eigenschaft des magnetischen Einschlusses, die Wärmeisolation des Plasmas, nahm ab, sobald die Plasmatempe-

ratur durch externe Heizung erhöht wurde. Die Annäherung der Temperatur an die Zündbedingung hatte unweigerlich das Absacken der Wärmeisolation zur Folge. Unter diesen Umständen erschien es unmöglich, ein brennendes Plasma zu erreichen. Die Lösung brachte 1982 der IPP-Tokamak ASDEX (Axialsymmetrisches Divertor-Experiment), der 1980 in Betrieb gegangen war: Mit der Entdeckung des High- Confinement Regime, kurz H-Regime in ASDEX wurde die erzielbare Wärmedämmung verdoppelt. Erreicht wurde dieses revolutionäre Ergebnis durch eine besondere Magnetfeldanordnung, den Divertor. Er lenkt die äußere Randschicht des Plasmas in Nebenkammern ab, wo die Plasmateilchen abgepumpt werden. So sollten Verunreinigungen aus dem Plasma entfernt werden. Zugleich werden jedoch auch die Einschlusseigenschaften beeinflusst: Die vom Divertor erzeugte Randschicht ruft eine Transportbarriere am Plasmarand hervor, so dass sich eine gute Wärmeisolation des Brennstoffes einstellt. Jedoch auch die Stellaratoren konnten Erfolge vorweisen: Nach dem schweren Rückschlag in den 1960er Jahren brachte das IPP-Experiment Wendelstein 7-A der Linie neuen Auftrieb. 1980 konnte hier weltweit zum ersten Mal das reine Stellaratorprinzip Einschluss ohne Plasmastrom mit einem heißen Plasma demonstriert werden. Garching shows stellarators may be good after all, meinte damals die Zeitschrift Physics Today : Stellarators appear to be back in business. Aufbauend auf diesen Erfolgen betrieb das IPP ab 1988 den weiterentwickelten Stellarator Wendelstein 7-AS. Frühere Stellaratoren besaßen ein nahezu kreissymmetrisches Magnetfeld ähnlich wie Tokamaks, bei denen der Kreisstrom im Plasma eine Kreissymmetrie der ganzen Konfiguration zur Folge hat. Stellaratoren sind ihrer Natur nach aber auf nicht-kreissymmetrische Felder angewiesen. Nutzt man diese Eigenschaft, so öffnet sich ein neuer, weiter Raum möglicher Stellarator-Konfigurationen, unter denen mit erheblichem Theorie- und Rechenaufwand die besten, d.h. unter dem Einfluss des Plasmas stabilsten und wärmeisolierendsten Felder ausgewählt werden können: Advanced Stellarators. Diese Arbeiten wurden erst durch die schnellen Rechenmaschinen ermöglicht, die inzwischen zur Verfügung standen. Zusätzlich zu dem verbesserten Magnetfeld wählte man für Wendelstein 7-AS auch ein technisch optimiertes Spulenkonzept: Man trennte sich von den üblichen für ein Kraftwerk aber untauglichen helikalen Wicklungen, und erzeugte das Feld durch modulare, nicht-ebene Einzelspulen. Bis zu seinem Betriebsende 2002 hat Wendelstein 7-AS die angewandten Optimierungsprinzipien sämtlichst bestätigt und alle Stellaratorrekorde seiner Größenklasse gebrochen. Weltweit wurden jedoch hauptsächlich große Tokamaks gebaut, in den USA, Japan und vor allem in Europa, wo 1983 das Gemeinschaftsexperiment JET, der Joint European Torus, in Betrieb ging. Aufgabe dieser weltweit größten Fusionsanlage ist es, Plasmen in der Nähe der Zündung zu untersuchen, bei denen die Selbstheizung des Plasmas durch die bei der Deuterium-Tritium-Fusion entstehenden schnellen Helium-Teilchen deutlich sichtbar wird. Beiträge zu JET kamen von allen europäischen Fusionslaboratorien, darunter auch vom IPP. Bereits in der ersten Betriebsphase allein mit Stromheizung noch ohne externe Heizung konnte JET sehr gute Plasmawerte erzielen. Angesichts dieser ermutigenden Ergebnisse wurde 1985 in Gesprächen des damaligen sowjetischen Generalsekretärs Gorbatschov mit den Präsidenten Frankreichs und der USA, Mitterand und Reagan, das internationale ITER-Projekt eingeleitet. ITER soll zeigen, dass Der internationale Testreaktor ITER im Entwurf Grafik: ITER

es möglich ist, per Kernverschmelzung Energie zu gewinnen und erstmals ein sich selbst heizendes und Energie lieferndes Plasma erzeugen. Zudem sollen wesentliche technische Funktionen eines Kraftwerks getestet werden. Von 1988 bis 2006 war das IPP Standort der internationalen ITER-Planungsgruppe. Kraftwerksähnliche Plasmen: 1990 bis heute Das erste Mal in der Geschichte der Fusionsforschung gelang es 1991 mit dem europäischen Tokamak JET, die in einem Kraftwerk vorgesehene Reaktion zu verwirklichen und nennenswerte Fusionsleistung zu erzeugen: In einem zunächst noch verdünnten Deuterium-Tritium-Plasma wurde über ein Megawatt Fusionsleistung freigesetzt. 1997 erzeugte JET dann 14 Megawatt Fusionsleistung für zwei Sekunden; 65 Prozent der zum Heizen aufgewandten Leistung wurden per Fusion zurückgewonnen. Voraussetzung für diese Resultate war die Umrüstung auf Divertorbetrieb nach dem Vorbild von ASDEX. In dem dort gefundenen H-Regime hat auch JET seine Rekordergebnisse erreicht. Auch ein künftiges Kraftwerk wird mit Divertor arbeiten. ASDEX hatte seine Erfolge jedoch mit einer Divertorkonstruktion erreicht, die nicht unmittelbar kraftwerkstauglich war. Der ab 1981 im IPP geplante Nachfolger ASDEX Upgrade sollte diese Lücke schließen und einen Divertor unter Kraftwerksbedingungen untersuchen. 1991 begann mit der Erzeugung des ersten Plasmas der Experimentierbetrieb an ASDEX Upgrade. Wie vorausschauend die Planungen für die Anlage waren, zeigt sich beim Vergleich mit den 2001 fertiggestellten ITER-Bauplänen, die in wesentlichen Teilen wie eine vergrößerte Kopie der Garchinger Anlage anmuten. Insbesondere flossen die Divertor-Untersuchungen an ASDEX Upgrade ganz wesentlich in die Konzeption des ITER-Divertors ein. Zur Vorbereitung des Testreaktors hat die experimentelle Tokamakforschung des IPP im Verbund mit der Theorie vielfach beigetragen: So konnte ASDEX Upgrade 1998 die gute Wärmeisolation des H-Regimes in einem neuen Plasmazustand nochmals verbessern: Mit dieser Improved H-Mode könnten Fusionsleistung und Pulsdauer künftiger Anlagen entscheidend erhöht werden. Pionierarbeit wurde zudem bei der aktiven Kontrolle von Instabilitäten geleistet. Das hier entwickelte Verfahren, die störenden Instabilitäten zu beseitigen, soll auch in ITER zur Anwendung kommen. 2007 wurde die Innenwand des Plasmagefäßes von ASDEX Upgrade, weltweit einzigartig, komplett mit Wolfram ausgekleidet, dem Metall mit dem höchsten Schmelzpunkt. Man konnte zeigen, dass sich durch gezielte Zugabe von Verunreinigungsatomen am Plasmarand und im Divertor die abgeführte Leistung effizient über die ganze Wand verteilen lässt, ohne dabei die Reinheit des Zentralplasmas zu gefährden. So konnte man an ASDEX Upgrade erstmalig kraftwerksrelevanten Betrieb mit einer Wolfram-Wand demonstrieren, ohne dass das Plasma zu stark durch Wolframatome verunreinigt wird. Dies ist wichtig, da Wolfram als aussichtsreichster Kandidat für die innere Verkleidung der Gefäßwand eines Fusionskraftwerks gilt. Auf der Stellaratorseite wurden parallel zum Bau von Wendelstein 7-AS die numerischen und theoretischen Stellaratorstudien intensiv weitergeführt. In Wendelstein 7-AS wurden die Prinzipien Die Montage von Wendelstein 7-X ist in vollem Gange.

der Optimierung nämlich nur begrenzt angewandt: Der in zehn Jahren Entwicklungszeit von der Abteilung Stellarator-Theorie erarbeitete, vollständig optimierte Nachfolger Wendelstein 7-X soll nun die Kraftwerkstauglichkeit der neuen Stellaratoren zeigen. Die Anlage entsteht gegenwärtig im IPP-Teilinstitut in Greifswald, das 1994 im Rahmen der Neugliederung der deutschen Forschung nach der Wende gegründet wurde. Inzwischen sind alle großen Bauteile der Anlage hergestellt, die Montage ist in vollem Gange. Die technische Inbetriebnahme wird 2014 erwartet. Dann soll Wendelstein 7-X die Stellaratoren als leistungsfähige Alternative auf das Niveau der bislang bevorzugten Tokamaks heben. Gelingt dies, dann könnte der Demonstrationsreaktor, der auf den Tokamak ITER folgen soll, auch ein Stellarator sein. Ausblick Die internationale ITER-Organisation mit den Partnern China, Europa, Indien, Japan, Südkorea, Russland und den USA wurde 2007 gegründet; Standort der Forschungsanlage ist Cadarache in Frankreich. Das erste Plasma wird im Jahr 2019 erwartet. Bei entsprechendem Erfolg könnte ITER um 2025 ein stabiles, sich selbst heizendes Fusionsplasma demonstrieren. Nachdem die großen Fortschritte der Forschung die physikalischen Probleme eines Fusionskraftwerks als lösbar erscheinen lassen, wächst zusätzlich zu den physikalischen auch die Bedeutung technischer Fragestellungen, insbesondere auf dem Gebiet der Materialentwicklung. Ebenso wichtig sind Sicherheits- und Umweltfragen. In Europa werden technologische Fragen in einem eigenen Technologieprogramm bearbeitet sowie in der weltweiten ITER-Zusammenarbeit. Parallel zu ITER wird zudem an der Verbesserung des Tokamakkonzepts vor allem in Hinblick auf den Dauerbetrieb gearbeitet. Dazu darf der Plasmastrom nicht mehr über den pulsweise arbeitenden Transformator getrieben werden: Ein wichtiges Forschungsgebiet von ASDEX Upgrade sind daher so genannte Advanced Szenarios : In diesen Entladungen mit verbessertem Einschluss wurde der Strom bereits teilweise durch die Neutralteilchenheizung erzeugt sowie durch den druckgetriebenen internen Bootstrap-Strom. Wie sich dies mit anderen Erfordernissen Stabilität, Verunreinigungskontrolle und Energieabfuhr vereinen lässt, wird einer der Arbeitsschwerpunkte von ASDEX Upgrade sein. Diese Arbeiten sowie die Erfahrungen mit einem brennenden Plasma, die ITER liefern soll, werden dann zusammen mit den Resultaten der Stellaratorforschung in die Planung des Demonstrationskraftwerks DEMO einfließen. Angesichts der für ITER und DEMO nötigen Bau- und Betriebszeit könnte die Fusionsenergie etwa in der Mitte des Jahrhunderts wirtschaftlich nutzbar sein. Impressum: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) Garching, Greifswald www.ipp.mpg.de im 7/2010