Arzneimittelrabattverträge 2009/10 PRESSESERVICE: Antworten auf die wichtigsten Fragen 1
1. Warum schließt die AOK überhaupt Rabattverträge ab? Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel verzeichnen seit Jahren hohe Steigerungsraten. Um diese Kostensteigerung zu bremsen, hat der Gesetzgeber den Krankenkassen das Instrument der Rabattverträge mit Pharmaherstellern gegeben. Die Kassen haben mit den Rabattverträgen die Möglichkeit, marktgerechte Preise für patentfreie Originale und Generika (Nachahmerprodukte) zu erzielen und gleichzeitig überhöhten Preisen entgegenzuwirken, ohne dabei Abstriche an der therapeutischen Qualität der Medikamente zu machen. Denn der Arzneimittelwirkstoff bleibt derselbe, er kommt nur von einem anderen Hersteller. Es wird also gleiches durch gleiches ersetzt, nur eben günstiger. 2. Warum schreibt die AOK ihre Rabattverträge nicht wieder bundesweit aus, sondern teilt Deutschland in fünf regionale Lose? Da Verträge zu einzelnen Wirkstoffen im Vergleich zu Sortimentsverträgen (Portfolioverträge) wesentlich höhere Einsparungen für das Solidarsystem möglich machen, schreibt die AOK einzelne Wirkstoffe aus. Zugleich kommt sie durch die Ausschreibung in regionalen Losen der Lieferfähigkeit von Mittelständlern explizit entgegen. Dabei hält sich die AOK exakt an die Vorgaben der Gerichte und Vergabekammern. Die Ausschreibung nach Gebietslosen, wirkstoffbezogen und europaweit ist weltweit einzigartig. Die AOK ist sozusagen der globale Pionier in Sachen Wirkstoffverträge. 3. Wer hat sich an der Ausschreibung beteiligt? Insgesamt 114 Interessenten haben die Ausschreibungsunterlagen angefordert. Bis zum Ende der Angebotsfrist sind 70 Bieterangebote eingegangen darunter alle namhaften Generikakonzerne sowie Originalanbieter. 4. Welche Einsparungen erwartet die AOK durch die Rabattverträge? Die AOK hat insgesamt 64 der meist verordneten Arzneimittel-Wirkstoffe im patentfreien Arzneimittelbereich mit einem Umsatzvolumen von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2007 ausgeschrieben. Das ist ein Viertel der gesamten Arzneimittelausgaben der AOKs. Die möglichen Einsparungen sind noch nicht exakt zu beziffern, werden sich aber voraussichtlich über den zweijährigen Vertragszeitraum im höheren dreistelligen Millionenbereich bewegen. 5. Sind Lieferprobleme wie 2007 zu erwarten? Nein. Nur solche Unternehmen werden einen Zuschlag erhalten, die ihre Lieferfähigkeit nachweisen können: Sie mussten für jeden angebotenen Wirkstoff 2
so hohe Produktionskapazitäten nachweisen, dass sie damit mindestens 70 Prozent der Verordnungen je Wirkstoff eines Zwölf-Monatszeitraumes abdecken können. Außerdem musste das Präparat am 1. September 2008 in der Lauertaxe, dem Informationsmedium für Ärzte und Apotheker, gelistet gewesen sein. Kommt es entgegen der Nachweise und der Vertragsvereinbarung doch zu Lieferproblemen, wird die AOK die Ursachen aufklären und gegen die Verursacher der Probleme mit allen gebotenen rechtlichen Mitteln vorgehen. Sollten Gegner unserer Rabattverträge Verzögerungen rechtsmissbräuchlich herbeigeführt haben, werden wir auch Schadenersatz verlangen. Für den Versicherten kein Problem: für den unerwarteten Fall von Lieferproblemen der Hersteller, haben die AOK mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) vereinbart, dass ein alternatives Arzneimittel abgegeben werden darf. 6. Wie lange haben die Hersteller Zeit, vom Vertragsabschluss bis zum Start der Rabattverträge die Lieferfähigkeit der Produkte zu gewährleisten? Die AOK strebt eine Vorbereitungsfrist von mindestens zwei Monaten an, um die Lieferfähigkeit der Rabattarzneien sicherstellen. Derzeit wird von einer Umsetzung der Rabattverträge ab 1. Juni ausgegangen. Die Pharmaunternehmen wurden daher vorsorglich gebeten, ihre Angebote bis zum 2. Mai zu verlängern. Dadurch sieht die AOK auch weiterhin keine Lieferproblematik, denn die Rabattpartner haben genügend Zeit, sich auf die Produktion vorzubereiten. Bereits bis zum 4. Dezember 2008 informierte die AOK alle Bieter über die vorgesehenen Zuschläge: Die erfolgreichen Unternehmen werden also später nicht durch das Ergebnis überrascht. 7. Warum wählt die AOK nur einen Rabattpartner pro Region und Wirkstoff und nicht wieder drei? Dies ist ein Resultat der Entscheidungen der Vergabekammern und des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg in der letzten Rabattvertragsrunde. Die Apotheker neigen dazu, so sie denn wählen können, die Medikamente der großen Unternehmen abzugeben. Da es künftig regional immer nur einen Rabattvertragspartner der AOK geben wird, kann keine Bevorzugung von Großunternehmen erfolgen, falls diese die in der Region nicht Rabattvertragspartner geworden sein sollten. Sollte ein Mittelständler den Zuschlag bekommen haben, wird er also nicht durch eingefahrene Präferenzen behindert. So gewährleisten wir den Mittelstandsschutz ein sehr wichtiges Element des Vergaberechts. 3
8. Welche Änderungen erwarten die AOK-Versicherten? Der Arzneimittel-Wirkstoff ändert sich nicht, unabhängig davon, ob im Rahmen von Rabattverträgen Generika ausgetauscht werden oder Originale. Die AOK- Versicherten erhalten Medikamente in gleicher Qualität, gleicher Wirkstärke, gleicher Darreichungsform und gleicher oder vergleichbarer Packungsgröße. Derselbe Wirkstoff kommt lediglich von einem anderen Hersteller. Was sich ändern kann, sind Packungsgestaltungen, Form und Farbe der Arzneimittel oder die Bruchrillen mancher Tabletten. Wenn der Arzt einem Allergiker rabattierte Arzneimittel verordnet, wird er prüfen, ob z.b. keine Beistoffe wie Laktose oder Gluten im Arzneimittel enthalten sind, bevor er das Medikament verschreibt. Dazu liefern die Hersteller genaue Informationen. Ein Präparatewechsel im Generikabereich ist im Übrigen völlig normal: Aufgrund der sich ständig ändernden Preise der Nachahmerpräparate kommt es immer wieder zum Produktwechsel, wenn die gewohnten Präparate nicht mehr unter den drei günstigsten Anbietern liegen. Denn diese muss der Apotheker abgeben, wenn es keine Rabattverträge gibt. Daher gewährleisten die wirkstoffbezogenen AOK-Rabattverträge mit einem Pharmaunternehmen pro Gebietslos höhere Produktkontinuität und damit Patientencompliance: Durch die zweijährigen Rabattverträge bekommt der Patient die Gewissheit, mindestens zwei Jahre in seiner Region und teilweise so auch bei sehr bedeutsamen Wirkstoffen - bundesweit das gleiche Präparat zu erhalten. Es finden also 24 Monate lang keine Präparatewechsel aufgrund 14-tägiger Preisänderungen statt was derzeit ohne Rabattverträge häufig der Fall sein kann. 9. Was hat der Patient von den Rabattverträgen? Rabattverträge bringen der AOK und damit der Solidargemeinschaft der Beitragszahler finanzielle Entlastung. Diese Einsparungen tragen dazu bei, die Qualität der Versorgung zu gewährleisten. An der hohen Qualität der Arzneimittelversorgung ändert sich durch Rabattverträge nichts. Die Versicherten können darüber hinaus direkt sparen: Die gesetzliche Aufzahlung fällt bei allen Rabattprodukten komplett weg. 10. Was passiert, wenn ein Patient das Rabattmittel nicht verträgt? Der Arzt verfährt wie bei jeder Unverträglichkeit: Er verordnet eine Alternative oder er schließt den Austausch eines verträglichen Präparates aus, indem er das Aut-idem -Feld ankreuzt. 11. Ist es möglich, die Differenz zwischen dem Preis für das gewohnte Medikament und dem Preis für das rabattierte 4
Medikament privat zu bezahlen, so dass weiterhin das gewohnte Präparat bezogen werden kann? Nein, das ist grundsätzlich nicht vorgesehen und wegen der völligen Produktgleichheit bei Generika und den zugrunde liegenden Originalen ohne Patentschutz auch nicht angezeigt. 12. Existieren Daten zur Unverträglichkeitsquote bei der Umstellung auf ein Rabattprodukt? Es handelt sich um zugelassene Arzneimittel, also dokumentieren die Hersteller die Sicherheit nach den hohen Sicherheitsstandards des deutschen Arzneimittelgesetzes. Es gibt keine Besonderheiten. Im Rahmen der Arzneimittelzulassung wurde für Generika die Gleichwertigkeit gegenüber dem Original nachgewiesen. 13. Wie will die AOK eine Machtkonzentration auf wenige Rabattpartner vermeiden, die beispielsweise in allen fünf Regionen die exklusiven Lieferanten für mehrere umsatzstarke Substanzen sind? Die AOK hat im gesamten Arzneimittelmarkt einen Anteil von deutlich unter einem Drittel. Denn zu diesem Markt zählen auch privat Versicherte und Selbstzahler sowie Krankenhäuser. Darüber hinaus bewegen sich auch die AOK und deren Rabattpartner in einem zusammenwachsenden Europa: Schätzungen haben ergeben, dass je Regionallos nur circa ein Prozent der gesamten in Europa eingesetzten Wirkstoffmenge ausgeschrieben wurde. Die Möglichkeit kleinerer Unternehmen, für einen oder mehrere Wirkstoffe den Zuschlag zu erhalten, ist ausschreibungsseitig gleich hoch wie die von größeren Unternehmen. Die Ausschreibung in Regionallosen ist die Reaktion der AOK auf die Rechtsprechung. Diese Regionalisierung wurde gerade im Interesse des Mittelstandes gefordert. Dieser Forderung kommt die AOK bislang als einzige deutsche Krankenkasse nach. 14. Wie entdeckt die AOK Mondpreise/Dumpingpreise derjenigen Anbieter, die um jeden Preis den Zuschlag erhalten wollen, dafür aber unter Einstandspreis, d.h. nicht kostendeckend anbieten? Im begründeten Verdachtsfall lässt sich die AOK die exakte Kostenkalkulation vorlegen und prüft mit Fachleuten die Markttauglichkeit der Preise. Angebote, die offenkundig insgesamt nicht kostendeckend sind, werden nicht akzeptiert. 5
15. Wann treten die neuen Rabattverträge in Kraft? Die AOK geht von einer Umsetzung der Rabattverträge ab 1. Juni aus. Die Pharmaunternehmen wurden daher vorsorglich gebeten, ihre Angebote bis zum 2. Mai zu verlängern. Bis dahin werden die noch anhängigen Verfahren entschieden sein, so dass endlich Rechtssicherheit besteht. Dadurch sieht die AOK auch weiterhin keine Lieferproblematik, denn die Rabattpartner haben genügend Zeit, sich auf die Produktion vorzubereiten. Darüber hinaus erarbeitet die AOK mit dem Deutschen Apothekerverband praktische Übergangslösungen im Sinne aller Beteiligten. 16. Was wird aus den laufenden AOK-Rabattverträgen 2008/09 über 22 Wirkstoffe? Diese Verträge laufen weiter bis Ende 2009. 17. Der AOK wurde durch Vergabekammern vorerst untersagt, Zuschläge im Rahmen der Ausschreibung zu erteilen. Weshalb? Nach dem Vergaberecht ist mit Zustellung eines Vergabenachprüfungsantrages durch eine Vergabekammer automatisch ein sogenanntes Zuschlagsverbot verbunden. Der Vorgang an sich ist also nicht spektakulär. Es geht aber konkret um 31 Nachprüfungsanträge von 22 Pharmafirmen zur Arzneimittel- Rabattvertragsausschreibung 2009/2010. 18. Warum klagt die Pharmaindustrie überhaupt? Es besteht ein starkes Interesse bestimmter pharmazeutischer Unternehmen daran, die Rabattverträge zu verhindern oder wenigstens deren Wirksamkeit zu verzögern. Denn Rabattverträge schmälern dann den Gewinn, wenn das Unternehmen in der Ausschreibung nicht den erhofften Erfolg gehabt hat. 19. Zwingt nicht die AOK mit ihren Verträgen die Pharmahersteller in einen ruinösen Preiswettbewerb vor allem zu Lasten mittelständischer Unternehmen? Durch die Ausschreibung in regionalen Losen kommt die AOK der Lieferfähigkeit von Mittelständlern explizit entgegen. Sie hält sich damit als bislang einzige Krankenkasse exakt an die Vorgaben der Gerichte und Vergabekammern. 20. Müssen Apotheken in Los -Grenzgebieten rabattierte Wirkstoffe von bis zu fünf unterschiedlichen Herstellern auf Vorrat haben? 6
Grenz-Apotheken werden nur dann mehrere AOK-Rabattprodukte eines Wirkstoffes bevorraten, wenn unterschiedliche Unternehmen zum gleichen Wirkstoff Zuschläge erhalten. Derzeit ist offen, ob dieses Szenario tatsächlich eintritt und wenn, in welchem Umfang. Auch jetzt hat keine Apotheke immer alle erhältlichen Medikamente vorrätig, sodass eine Bestellung bereits heute Alltag für viele Patienten darstellt. Für den Großhandel, der heute bis zu 50 Generika eines Wirkstoffes vorhalten muss, entsteht jedenfalls auch in solchen Grenzregionen keine Schwierigkeit. 21. Was macht der Apotheker, wenn das Rabattprodukt nicht lieferbar ist? Er macht das, was er auch bei einem anderen Arzneimittel machen würde, das kurzfristig nicht lieferbar ist: Er gibt ein vergleichbares, generisches Medikament ab (gleicher Wirkstoff, gleiche Dosierung, gleiche Darreichungsform, gleiche Packungsgröße). Jeder Patient erhält immer die Medikamente, die er benötigt selbstverständlich auch, wenn ein Rabattprodukt einmal nicht lieferbar sein sollte. 22. Manche Apotheker sprechen vom dreifachen Aufwand der Bearbeitungszeit eines Rezeptes wegen der hohen Zahl an Rabattverträgen. Wird dieser Mehraufwand für die Apotheken finanziell vergütet? DAV und GKV-Spitzenverband verhandeln immer wieder über die Anpassung der Vergütung für Apotheker. Grundsätzlich wurde der Mehraufwand durch Rabattverträge in den Apotheken vom Gesetzgeber bereits bei Ermittlung des gesetzlichen Apothekenrabatts in der Gesundheitsreform 2007 berücksichtigt. 23. Gelten die Rabattverträge auch für Versandapotheken? Ja, selbstverständlich. 24. Gelten die Rabattverträge auch für alle Krankenhäuser? Nein. Der Einkauf von Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheken bleibt unberührt und unterliegt weiterhin eigenen Regeln. 25. Wie werden die verschriebenen Rabattarzneien bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung und möglichen Regressforderungen behandelt? Verursacht ein Arzt über 25 Prozent mehr Arzneimittelmehrkosten gegenüber vergleichbaren Kolleginnen und Kollegen, muss er damit rechnen, die Überschreitung in Form eines Regresses aus eigener Tasche zu bezahlen (ab 25 Prozent 7
gilt die Umkehr der Beweislast). Ärztliche Fachdienste raten beispielsweise: In einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung müssen Fachärzte jetzt unbedingt darauf achten, dass bei Feststellung ihres Verordnungsvolumens die Netto-Kosten rabattierter Arzneimittel zugrunde gelegt werden. Eine Nettobetrachtung wäre auch für die AOK wünschenswert. Da die Erstellung der betreffenden Statistiken krankenkassenübergreifend erfolgen muss und andere Krankenkassen wie auch andere Rabatt-Vertragsmodelle keine Nettobetrachtung ermöglichen, erfolgt derzeit noch ein pauschaler Abzug der Rabatte. Dieser Pauschalabzug wird regional unterschiedlich gehandhabt. 26. Ist die Integration der Daten zu den neuen Rabattarzneien in die Apotheken- und Arztsoftwaresysteme gewährleistet? Ja. Alle Computerprogramme enthalten rechtzeitig alle erforderlichen Daten. 27. Welche Einsparungen sind bisher GKV-weit durch Rabattverträge erzielt worden? Wie viel hat die AOK gespart? Die AOK hat aufgrund der bundesweiten Wirkstoffverträge 2007 und 2008 einen Betrag im unteren dreistelligen Millionenbereich eingespart. Insgesamt kam allerdings das Instrumentarium Rabattverträge nur schleppend in Gang. Zum einen hatten große Teile der Pharmaindustrie 2007 die AOK-Ausschreibungen boykottiert und 2008 durch eine Klagewelle behindert. Zum anderen hatte der Gesetzgeber wichtige Rahmenbedingungen nicht klar definiert. Das ist mit Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) nachgeholt worden. Der Weg über Vergabekammern und Landessozialgerichte ist nun für Nachprüfungen bei Rabattverträgen verbindlich. Die Einsparsumme wird damit ab 2009 sicherlich steigen. 28. Wie hoch ist die Abgabequote der AOK-Rabattarzneien bei den kontrahierten Wirkstoffen, d.h. wie konsequent werden die Rabattverträge umgesetzt? Ende 2007 lag die durchschnittliche Umsetzungsquote bei 50 Prozent. Bei den 22 Wirkstoffen, die seit Januar 2008 bundesweit AOK-rabattiert sind, liegt die durchschnittliche Umsetzung bei mehr als 80 Prozent. Der Apotheker gibt nichtrabattierte Präparate ab, wenn der Arzt das Aut-idem -Feld angekreuzt hat und keine rabattierten Präparate verordnet. 29. Welche Sanktionen kann die AOK bei Nichtbefolgung der Rabattverträge verhängen? 8
Eine Allgemeinaussage für das AOK-System ist nicht möglich. Auf Ebene der AOKs gibt es unterschiedliche Rahmenbedingungen, nach denen sich die Sanktionen bei Nichtbefolgung richten. 30. Warum weisen die Krankenkassen die Einsparungen durch die Rabattverträge bislang nicht öffentlich aus? Die Rabatte für separate Arzneimittelverträge werden im Kostenrahmen konkret dargestellt. Aber selbstverständlich nicht auf jeden einzelnen Vertrag bezogen, denn dadurch würden die Rabatthöhen bekannt. Das wollen weder die Pharmaunternehmen (Geschäftsgeheimnis) noch die AOK (Wettbewerbsvorteil). 31. Lohnen sich Rabattverträge zu patentfreien Medikamenten, obwohl in erster Linie Originalpräparate die Kostensteigerung bei den Arzneimittelausgaben verursachen? Durch Originalpräparate werden rund 60 Prozent der Arzneimittelkosten verursacht. So stiegen die Ausgaben für patentgeschützte Arzneimittel von 1,5 Milliarden Euro im Jahr 1993 auf 9,2 Milliarden Euro 2007. Das Wachstum setzte sich 2008 fort. Deshalb nutzt die AOK auch die Option der Kostensenkung, indem sie Versorgungsverträge über patentgeschützte Originalpräparate schließt. Hier handeln die AOKs nach ihren regionalen Versorgungssituationen. Auf Generika entfallen zwar lediglich 40 Prozent der Arzneimittelkosten, aber 72 Prozent aller verkauften Packungen. Deshalb wäre es fahrlässig, auf Einsparungen in einer Größenordnung von mehreren hundert Millionen Euro durch die Generika- Rabatte für die AOK-Mitglieder zu verzichten. 32. Welche unterschiedlichen Rabattverträge haben die Krankenkassen derzeit abgeschlossen? Die Krankenkassen haben folgende Verträge über rabattierte Arzneimittel geschlossen: - Wirkstoffverträge (PATENTFREIE WIRKSTOFFE): Als erste Kasse hat die AOK bundesweite Rabattverträge mit Arzneimittelherstellern über einzelne Wirkstoffe geschlossen. Das trifft auch auf die neuen bundesweiten Rabattverträge 2009/2010 zu. Wirkstoffbezogene Verträge haben das höchste Einsparpotenzial aller Rabattverträge. - Portfolioverträge (PATENTFREIE WIRKSTOFFE): Sie werden auch Gesamtsortimentsverträge genannt. Die Krankenkassen haben mit verschiedenen Herstellern regionale oder bundesweite Rabattverträge über deren gesamtes generikafähiges Arzneimittelsortiment geschlossen. 9
- Originalverträge (PATENTGESCHÜTZTE WIRKSTOFFE): Diese Verträge, häufig als Versorgungsverträge bezeichnet, beinhalten Rabattvereinbarungen über patentgeschützte Arzneimittel, die zwischen einzelnen Herstellern und Krankenkassen geschlossen werden. Hier gibt es unterschiedliche Vertragsmodelle. Im Rahmen von Cost-Sharing- Initiativen vereinbaren die Hersteller patentgeschützter Arzneimittel mit Krankenkassen eine Preisobergrenze für die Therapiekosten in einem bestimmten Zeitraum. Bei den Risk-Share-Verträgen unterstützen die Krankenkassen den Einsatz des Vertragsarzneimittels. Im Gegenzug bietet der Hersteller eine Geld-zurück-Garantie, wenn das Arzneimittel nicht die gewünschte Wirkung zeigt. - Insulinverträge (KURZWIRKSAME INSULINANALOGA) Verschiedene Krankenkassen haben mit Herstellern kurzwirksamer Insulin- Analoga Verträge zur Absenkung der Kosten auf das Niveau von Humaninsulin geschlossen. 33. Warum haben andere Kassen überwiegend Sortimentsverträge, nur die AOK schließt Wirkstoffverträge? In der Tat ist es so, dass bislang nur die AOK die wesentlich höheren Einsparmöglichkeiten durch Wirkstoffverträge konsequent nutzt. Warum andere Kassen überwiegend Portfolioverträge mit mehreren Dutzend Herstellern oder wenigen handverlesenen Großunternehmen exklusiv abgeschlossen haben, ist ökonomisch nicht nachvollziehbar. Aktuell schreiben auch andere Kassen europaweit und wirkstoffbezogen, aber für das gesamte Bundesgebiet aus im Unterschied zur AOK, die zum Schutz des Mittelstandes Deutschland in fünf Gebietslose aufteilt. Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) sieht aber vor, dass Rabattverträge künftig europaweit ausgeschrieben werden müssen wie es die AOK schon macht. Die Sortimentsverträge der Kassen dürften ihre Gültigkeit verlieren. Denn Portfolioverträge, die nicht in den kommenden Monaten auslaufen, werden die Aufsichtsbehörden nicht länger dulden. Mit dem Start der Rabattverträge 2009/10 enden in einigen AOKs die Portfolioverträge komplett. Wo das nicht der Fall ist, laufen die Wirkstoffe aus regionalen Portfolioverträgen mit Beginn der entsprechenden Wirkstoffverträge der Rabattverträge 2009/10 aus. Die restlichen Substanzen der Portfolioverträge, die nicht Bestandteil der aktuellen Ausschreibung sind, laufen bis zum Ende der entsprechenden regionalen Verträge. 34. Wie unterscheidet sich die Ausschreibung des AOK- Rabattvertrages 2009/10 von der aktuellen Ausschreibung der DAK? 10
Nach unserem Kenntnisstand schreibt die DAK 18 Wirkstoffe bundesweit aus. Wir schreiben je 64 Wirkstoffe in fünf Gebietslosen aus. Die Wirkstoffe der DAK umfassen einen Jahresumsatz von 83 Millionen Euro, die der AOK von 2,3 Milliarden Euro. Die DAK erteilt den Zuschlag an jeweils drei Anbieter pro Wirkstoff. Die AOK erteilt in jedem Gebietslos einem Anbieter pro Wirkstoff den Zuschlag und gibt den Firmen damit Kalkulationssicherheit für ihre Angebote. Daher steht zu erwarten, dass die erzielten Rabatte für die AOK höher ausfallen werden als für die DAK. FAQs zum Generikamarkt im Allgemeinen: 1. Gemäß Auskunft von Pro Generika seien die deutschen Generikapreise im europäischen Vergleich niedrig. Sie lägen beispielswiese bereits seit 2006 unter dem Preisniveau in Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien. Wie bewertet das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) die Kosten für deutsche Generika im internationalen Vergleich? Die Preisunterschiede bei generischen Produkten im Ländervergleich machen deutlich, dass Deutschland als Hochpreisland gelten kann: Im Vergleich zur Schweiz (100 Prozent) liegt der umsatzgewichtete Preisindex der 20 umsatzstärksten patentfreien Wirkstoffe zu Fabrikabgabepreisen in Deutschland bei 77 Prozent, in Großbritannien bei 62 Prozent und in Dänemark sogar bei nur 36 Prozent (Marty 2006b). Wenn die Apothekenverkaufspreise und nicht die Herstellerabgabepreise berücksichtigt werden, kann dies im Preisvergleich dazu führen, dass aufgrund der vergleichsweise hohen Distributionskosten und den vergleichsweise hohen Steuern in Deutschland die deutschen Apothekenabgabepreise im internationalen Vergleich künstlich verteuert werden. Die Aussage von Pro Generika, dass die deutschen Generika... bereits Mitte 2006 weniger als die Generika in den anderen Top-5-Pharmamärkten Europas kosten, ist insofern auf den ersten Blick nicht falsch, berücksichtigt jedoch mit dem Apothekenabgabepreis den falschen Indikator. 2. Der Branchenverband Pro Generika behauptet, die Verordnungen von Generika habe die GKV 2008 um knapp elf Milliarden Euro entlastet. Wie bewertet die AOK diese Summe? Dieser Betrag könnte rechnerisch dann zusammenkommen, wenn anstatt des faktisch abgegebenen Produktes immer das teuerste Produkt abgegeben würde. Diese Logik kann nur sehr begrenzt nachvollzogen werden. Zudem scheinen diese Potenziale doch überschätzt zu werden. Für das Jahr 2007 liegen die von Pro 11
Generika bezifferten realisierten Einsparungen bei 6,5 Milliarden Euro und damit ein Viertel über den im Arzneiverordnungs-Report 2008 ausgewiesenen rechnerischen Einsparungen in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. 3. Pro Generika ist der Meinung, dass derzeit eine starke Erosion der Erlöse im Generikasegment erfolge, die den Generika-Produktionsstandort Deutschland aufs Spiel setze. Was meint die AOK dazu und worauf basiert eine derartige Aussage? Als Gründe für dieses Dilemma macht der Pharmaverband das Nebeneinander einer Vielzahl von Regulierungsmaßnahmen (wie Festbeträgen, Herstellerabschlägen und Zuzahlungsfreistellungen) einerseits und Rabattverträgen andererseits verantwortlich. Dem kann man theoretisch durchaus etwas abgewinnen. Damit bewegt sich Pro Generika auf einer Argumentationslinie wie der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) mit seinem aktuellen Gutachten von Wille, Cassel und Ulrich sowie dem vor einiger Zeit veröffentlichten BMG-Gutachten von WIdO, IGES und Cassel/Wille. Ein befürwortetes Mehr an selektivvertraglichen Lösungen darf jedoch nur mit einem ausreichenden Netz zur Versorgungssicherheit in Form klarer gesetzlicher Vorgaben an den Start gehen. Dieses Vorgehen wurde bei den Rabattverträgen im generischen Markt gewählt. Gleichzeitig beklagt Pro Generika: Weitere Erlösminderungen resultieren aus dem immer härter werdenden Rabattvertragswettbewerb. Damit schlägt sich Pro Generika aber hier auf die Seite der Befürworter der staatlichen Regulierungsinstrumente und scheut den Wettbewerb zwischen den generischen Produkten über Ausschreibungen. Die AOK meint: Diese Widersprüchlichkeit von Pro Generika resultiert wohl daraus, dass Pro Generika als Lobbyvertretung der Generikaindustrie weder das eine noch das andere will, sondern ausschließlich hohe Gewinne für die Generikahersteller sichern möchte. 4. Als Folge der starken Erosion der Erlöse im Generikasegment warnt Pro Generika, dass die Produktion Zug um Zug aus Deutschland ins Ausland abwandere. Ist der AOK eine derartige Entwicklung bekannt, oder ist die Aussage der Pharmalobbyisten eher als fiktive Fluktuation zu bezeichnen? Betrachtet man die Produktionsstandorte der verschiedenen Hersteller im patentfreien Markt, zeigt sich häufig, dass dieselben Lohnhersteller für unterschiedliche Pharmaunternehmen tätig sind. Und diese Lohnhersteller befinden sich bereits heute zumeist an Produktionsstandorten außerhalb Deutschlands. Die AOK betont darüber hinaus, dass die deutsche Arzneimittelpolitik NICHT generikafeindlich ist. Generika sind dann besonders sinnvoll, wenn durch die Politik ein echter Preiswettbewerb initiiert wird: Und genau diesen Wettbewerb 12
ermöglichen die aktuellen Regelungsinstrumente sowohl kollektiv- wie auch selektivvertraglich besser als alle bisherigen Regelungen. Wünschen Sie weitere Auskünfte oder haben Fragen, wenden Sie sich bitte an: Udo Barske, Pressesprecher AOK-Bundesverband Rosenthaler Str. 31 10178 Berlin Tel.: 030 34646-2309 mailto: Udo.Barske@bv.aok.de Stand der Informationen 9.März 2009 13