IM NAMEN DER REPUBLIK



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[Bereitgestellt: 09.02.2015 10:23] HANDELSGERICHT WIEN 56 Cg 80/14d-15 (Bitte in allen Eingaben anführen) Marxergasse 1a 1030 Wien Tel.: +43 1 51528 0 Fax: +43 1 51528 576 IM NAMEN DER REPUBLIK Das Handelsgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Sonja Zimmermann in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf Grünzweig, Pensionist, Laxenburgerstraße 138/7/6, 2331 Vösendorf, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte- Partnerschaft (OG) in 1030 Wien, gegen die beklagte Partei Volksbank Wien-Baden AG, Schottengasse 10, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Max Pichler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen (eingeschränkt) EUR 29.165,82 s.a. nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Streitverhandlung zu Recht erkannt: Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 29.165,82 zuzüglich 3% Zinsen aus EUR 31.528,32 vom 6.5.2011 bis 1.7.2011, aus EUR 30.347,07 vom 2.7.2011 bis 1.7.2012 und aus EUR 29.165,82 seit 2.7.2012 Zug um Zug gegen Übergabe von Anleihen der Alpine Holding GmbH 2010 bis 2015 (AT0000A0JDG2) zum Nennwert von EUR 30.000,- zu bezahlen sowie ihr die mit EUR 7.249,14 (darin enthalten EUR 1.089,59 USt. sowie EUR 711,60 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: Außer Streit steht bzw. unbestritten blieb, dass der Kläger mit Auftrag vom 6.5.2011 Anleihen der Alpine Holding GmbH 2010-2015 im Nominale von EUR 30.000,- von der Beklagten erwarb und hiefür inklusive Spesen und Stückzinsen EUR 31.528,34 bezahlte. Der Ankauf erfolgte über ein "Oder"-Depot bei der Beklagten, auf dem der Kläger und seine Ehefrau je einzelzeichnungsberechtigt sind. Der Kläger hat am 1.7.2011 und am 1.7.2012 Kuponzahlungen in Höhe von je EUR 1.181,25 netto (nach Abzug der KESt) erhalten. Über das Vermögen der Emittentin wurde am 2.7.2013 der Konkurs eröffnet. 1 von 12

Der Kläger begehrte wie im Spruch ersichtlich und brachte dazu vor, dass er zum Zweck der möglichst risikoarmen Pensionsabsicherung und Altersvorsorge für sich und seine Frau die klagsgegenständlichen Anleihen bei der Beklagten erworben habe. Seine Frau, die formal als Depotinhaberin aufscheine, habe ihm sämtliche Ansprüche abgetreten. Die Beklagte sei ein Unternehmen, welches gewerbsmäßig Anleihen verkaufe und die klagsgegenständliche Anleihe als Syndikatsbank und Zahlstelle begleitet habe. Der Kundenberater der Beklagten als des Klägers pensionskontoführende Bank, Andreas Hanauska, habe dem Kläger im Frühjahr 2011 vorgeschlagen, sein bei der Constantia Privatbank bestehendes Wertpapierdepot zur Beklagten zu transferieren, um es neu zu strukturieren bzw umzuschichten. Der Kläger habe daraufhin diese Transaktion vorgenommen, wobei er, weil er bisher vom AWD fehlberaten worden sei, auf eine risikoarme Anlage bestanden habe. Er habe eine Umschichtung des bestehenden Portfolios in geringstmöglichstes Risiko mit regelmäßigen Ausschüttungen gewünscht. Er habe darauf bestanden, dies auch im Anlegerprofil ausdrücklich zu vermerken. Andreas Hanauska habe ihm im Zuge des klagsgegenständlichen Wertpapierkaufes zugesichert, dass die Alpine mit der besten Sicherheitsstufe zu bewerten sei. Grundlage für den Erwerb sei auch die persönliche Beratung durch Frau Mag. Braun gewesen. Diese habe dem Kläger mitgeteilt, dass die Emittentin als solides österreichisches Unternehmen für eine risikoarme Veranlagung geeignet wäre und dass die Beklagte die Bilanz der Alpine geprüft, als in Ordnung befunden und als bestens und sicher eingestuft hätte. Tatsächlich hätte die Anleihe als hoch riskant eingestuft werden müssen. Wäre der Kläger von der Beklagten über das wahre Risiko aufgeklärt worden, hätte er nicht in Alpine-Anleihen investiert sondern in einen breit bestreuten Anleihenfonds, einen reinen mündelsicheren Investmentfonds oder in das Produkt Fix Plus Garant der Beklagten. Mit einem derartigen Alternativinvestment hätte der Kläger keinen Verlust erlitten sondern eine Rendite von jedenfalls 3% p.a. erzielt. Der Kläger fechte den Vertrag wegen Irrtum und Arglist an, in eventu werde das Klagebegehren auf Schadenersatz gestützt. Die Beklagte bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wandte ein, dass der Kläger alleine nicht aktiv legitimiert sei. Die vom Kläger bei der Constantia Privatbank AG und der Capital Bank-Grawe Gruppe AG gehaltenen Wertpapiere seien durchwegs spekulativ gewesen. Der Kurswert des Depots habe im März 2011 ca. EUR 170.000,- betragen und sei in den Jahren davor stark gefallen. Der erlittene Verlust habe ingesgesamt 40% des Depotwerts ausgemacht, bei einzelnen Papieren wesentlich mehr (zb Immofinanz). Der 2 von 12

Kläger habe seine Wertpapierverluste (ca. EUR 100.000,-) wieder aufholen wollen und daher nicht bloß eine risikoarme Veranlagung gesucht, sondern zugleich auch eine möglichst ertragreiche. Er sei darauf aufmerksam gemacht worden, dass er nicht in gleichem Ausmaß ertragreiche und sichere Investments tätigen könne. Daher seien ihm zwei Veranlagungskonzepte vorgestellt worden, wobei eines stärker auf Sicherheit und das andere stärker auf Ertrag ausgerichtet gewesen sei. Dabei habe es sich um eine normale professionelle Vorbereitung gehandelt. Ersteres Konzept habe eine prognostizierte Rendite von 3,37% pro Jahr gehabt, was dem Kläger zu gering erschienen sei, weswegen er sich für das auf Ertrag ausgerichtete Konzept entschieden habe. Dieses habe fünf eher ertragsorientierte Wertpapiere (darunter die Alpine-Anleihe) enthalten und sei eine Rendite von 5% p.a. zu erwarten gewesen. Es sei dargestellt worden, dass hiermit auch ein höheres Risiko einhergehe. Der Kläger habe sein Wertpapierdepot nur teilweise umgeschichtet und zahlreiche riskante Titel behalten. Durch Erwerb der Alpine-Anleihe sowie eine in beiden Veranlagungsvorschlägen enthaltenen ÖVAG-Anleihe habe er sich nur für eine mäßige Risikoreduktion entschieden. Der Kläger habe aufgrund der am 25.3.2011 im Zuge des Gesprächs erhaltenen Informationen gewusst, dass Unternehmensanleihen das Risiko eines Totalverlustes beinhalten, falls die Emittentin insolvent werde. Dies sei ihm von Mitarbeitern der Beklagten nochmals erklärt worden und haben sie auf die höheren Risiken im zweiten Veranlagungskonzept hingewiesen. Der Kläger habe die riskantere Veranlagung gewählt, weil er eine höhere Renditeaussicht bevorzugt habe und sei ihm daher Alleinverschulden anzulasten. Den Forderungsausfall durch die Insolvenz der Alpine habe er selbst zu vertreten. Er habe gewusst, dass die Alpine-Anleihe keine Kapitalgarantie hatte. Die Beklagte habe weder einen Irrtum veranlasst, noch hätte ihr ein Irrtum auffallen müssen. 3 von 12

Folgender Sachverhalt steht fest: Der mittlerweile pensionierte und zum Erwerbszeitpunkt 67-jährige Kläger hat Rechtswissenschaften studiert. Beruflich war er im Public Relations- und Marketingbereich tätig. Er hat bereits seit 15 Jahren Erfahrung mit Wertpapierinvestments. Ab 2005 wurde er vom AWD beraten, wobei er stets in jene Produkte investierte, die ihm vom AWD vorgeschlagen wurden. Dabei handelte es sich um durchaus spekulative Titel, wobei dies dem Kläger erst im Nachhinein einerseits durch Verluste, andererseits durch die klagsgegenständliche Beratung bewusst wurde. So investierte er auf Empfehlung des AWD in Aktien der Convert AG und der Immofinanz AG sowie in diverse Fondsanteile (C-Quadrat Arts, Semper Property Europe, DWS Vermögensbildungsfonds, BGF-New Energy Fund, ua.) Zu Immofinanz hatte sein AWD-Berater beispielsweise gesagt, es handle sich um mündelsichere Papiere, der Kläger musste in weiterer Folge insbesondere mit diesem Wertpapier hohe Verluste hinnehmen und war dementsprechend unzufrieden mit der Beratung durch den AWD. Dem Kläger war und ist bekannt, dass eine höhere Rendite grundsätzlich auch ein höheres Risiko bedeutet und bei Unternehmensanleihen allgemein das Risiko des Totalausfalls besteht. Die Beklagte ist die Hausbank des Klägers und wurde dieser vom Bankangestellten Andreas Hanauska immer wieder gefragt, ob er nicht in Veranlagungsprodukte investieren möchte. Der Kläger lehnte dies unter Hinweis auf seine schlechten Erfahrungen mit dem AWD in der Vergangenheit ab. Andreas Hanauska erklärte dem Kläger, dass bei der Beklagten eine weit bessere Beratung erfolgen würde als beim AWD und konnte ihn so für ein Beratungsgespräch mit dem Ziel der Umschichtung der bestehenden Veranlagung und Verlegung des bestehenden Depots zur Beklagten gewinnen. Der Kläger stellte Andreas Hanauska Depotauszüge zur Verfügung, damit sich dieser einen Überblick über die bestehenden Veranlagungen verschaffen konnte und teilte dem Berater mit, dass ihn die ständigen Kursschwankungen auf seinem aktuellen Depot stören. Andreas Hanauska meinte, er solle doch etwas nehmen, das nicht schwankt und jährlich etwas ausschüttet. Im Rahmen des Beratungsgespräches am 23.3.2011 füllte Andreas Hanauska mit dem Kläger ein Geldanlageprofil (./A) aus. Dort gab der Kläger an, dass er zur Vorsorge anlege 4 von 12

und "Ausschüttungen geplant" seien. Als Andreas Hanauska bei der Risikobereitschaft den Punkt "Wachstumsorientiert Risikoklassen 1 bis 4" umschrieben mit "Ich bin ein risikofreudiger Investor, der für hohe Ertragschancen bewusst hohe Risiken in Kauf nimmt. Meine Anlageziele sind ertragreiche Anlagen bei hohem Risiko. Meine Risikobereitschaft ist hoch." ankreuzte, protestierte der Kläger und sagte, dass er in Hinkunft nur geringes Risiko eingehen möchte. Andreas Hanauska erklärte ihm, dass die aktuell bestehenden Produkte teilweise Risikoklasse 4 aufweisen würden und ein Transfer zur Beklagten nur bei entsprechender Risikostufe möglich wäre. Zur Klarstellung hielt der Kläger am Anlageprofil unter dem Punkt Besonderheiten des Beratungsgespräches fest: Änderungen in Risikobereitschaft ist geplant geringstmögliches Risiko mit regelmäßigen Ausschüttungen = Umschichtung des Depots. Danach unterfertigten der Kläger und Andreas Hanauska das Formular und war beiden klar, dass die angekreuzte Risikobereitschaft Stufe 4 nur für die bereits gehaltenen, nicht aber für zukünftige Investitionen gelten soll. Der Kläger wollte nur risikoarme Produkte, die etwas mehr Rendite bringen als ein Sparbuch und regelmäßig ausschütten. Gerade weil er Andreas Hanauska darüber informiert hatte, dass er von der Fehlberatung des AWD enttäuscht war und künftig wenig Risiko eingehen wollte, ging der Kläger davon aus, dass ihm die Beklagte auch nur sichere Produkte empfehlen werde. Die Depotauszüge leitete Andreas Hanauska an Mag. Braun von der Private Banking- Abteilung der Beklagten weiter, nicht jedoch das Anlageprofil. Er teilte ihr auch nicht mit, welches Risiko der Kläger für die Zukunft einzugehen bereit war, sondern nur, dass es Ziel des Klägers wäre, das Risiko im Depot zu reduzieren und erlittene Verluste langfristig auszugleichen. Mag. Braun erstellte in weiterer Folge zwei schriftliche Veranlagungsvorschläge für das Gesamtdepot, sohin über insgesamt EUR 170.000,-. Der erste Vorschlag sah vor, EUR 70.000,- in den Fix Plus Garant, je EUR 30.000,- in den PIA Trend Bond, den Immofonds 1 und eine Fixzinsanleihe der ÖVAG sowie EUR 10.000,- in einen Anleihefonds zu investieren (./4). Dieser Portfoliomix sollte rund 3,37% p.a. brutto einbringen und wäre aus Sicht der Beklagten wenig riskant gewesen. Der zweite Vorschlag empfiehlt die Anlage von je EUR 40.000,- in die Swietelsky-Anleihe und in das Zertfikat Europa Performer und von je EUR 30.000,- in die Novomatic-Anleihe, die Alpine-Anleihe und den Fix Plus Garant (./5). Mit diesem Portfoliomix war ein höheres Risiko verbunden, alle Produkte desselben außer dem Fix Plus Garant waren bei der Beklagten als Risikoklasse 3 eingestuft. Im Gegenzug erwartete die Beklagte beim zweiten Veranlagungsvorschlag eine Rendite von rund 5,0% p.a brutto. Die schriftlichen Unterlagen führten die Risikoklasse des Produkts oder des Gesamtvorschlags nicht an. Am 25.3.2011 fand das Beratungsgespräch zwischen dem Kläger und Mag. Braun in Anwesenheit des Andreas Hanauska statt. Mag. Braun empfahl, alle gehaltenen Wertpapiere 5 von 12

zu verkaufen und das Depot völlig neu aufzustellen, der Kläger konnte sich jedoch nicht dazu entscheiden, die teils großen Verluste zu realisieren. So kam man überein, nur diverse überwiegend recht riskante - Fondsanteile zu verkaufen und die Wertpapiere auf dem Depot der Semper Constantia sohin auch die Aktien der Immofinanz und der Conwert - zur Beklagten zu transferieren. Da der Kläger aus diesen Verkäufen einen Erlös von rund EUR 50.000,- zu erwarten hatte, die er bereit war, über die Beklagte neu zu investieren, wurden konkrete Produkte besprochen. Insbesondere wurde dem Kläger der zweite Veranlagungsvorschlag (./5) präsentiert, wobei dem Kläger weder die konkrete Risikoklasse der Produkte genannt wurde noch er darüber aufgeklärt wurde, dass kein Produkt außer dem Fix Plus Garant seiner erklärten geringen Risikobereitschaft entspricht. Nicht festgestellt werden kann, dass mit dem Kläger der erste Veranlagungsvorschlag durchbesprochen worden wäre. Hinsichtlich der Alpine-Anleihe erklärte Mag. Braun dem Kläger, dass es sich um ein großes fundiertes österreichisches Bauunternehmen mit 15.000 Mitarbeitern und Aufträgen der Asfing und im Tunnelbau handle. Sie habe die Bilanz der Alpine intensiv geprüft, während der Laufzeit der Anleihe müsse er sich über einen Ausfall keine Sorgen machen. Augrund der Ausführungen der Beraterin fasste der Kläger ins Auge, EUR 30.000,- in die Alpine-Anleihe und EUR 20.000,- in den Fix Plus Garant zu investieren. Bei letzterem meinte Mag. Braun zum Kläger, dass er keine Angst haben müsse, weil für diesen die Volksbank einstehen würde. Der Kläger konnte sich aber nicht gleich fix entscheiden und nahm (einen Teil von)./5 mit nach Hause. Bei nachfolgenden Bankbesuchen sprach Andreas Hanauska den Kläger mehrfach an, ob er sich schon entschlossen hätte und sagte der Kläger, er wolle, dass "das wirklich ganz genau gesprüft wird, dass das alles passt". Da Andreas Hanauska schließlich bestätigte, dass "alles passt", entschied sich der Kläger am 6.5.2011 für das ins Auge gefasste Investment. Auch bei diesem Termin war die Risikoklasse der Alpine-Anleihen kein Thema. Am 11.10.2012 schickte Andreas Hanauska dem Kläger einen Medienbericht per E-Mail, in dem dargestellt wird, dass der Kurs der Alpine-Anleihen aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten eingebrochen ist. Der Kläger beanwortete das E-Mail folgendermaßen: "Sehr geehrter Herr Hanauska, wenn ich gewusst hätte, dass die Alpine einem Spanier gehört, hätte ich das niemals gekauft. Das hätten Sie oder Frau Braun mir sagen müssen, da immer nur von einem soliden österreichischen Unternehmen die Rede war! Ich fühle mich (wieder einmal) von den Banken reingelegt! Mit freundlichen Grüßen Dr. R. Grünzweig" (./K). Ende Oktober fand ein Beratungsgespräch statt, bei dem der Kläger von Mag. Braun und Andreas Hanauska über den aktuellen Kurs der Alpine-Anleihe informiert und die weitere 6 von 12

Vorgehensweise mit ihm besprochen wurde. Ihm wurde erklärt, dass er die Anleihe verkaufen oder auch weiter halten könnte. Als der Kläger die beiden fragte, was sie an seiner Stelle tun würden, meinten sie, sie würden die Anleihe halten, da ein Konkurs unwahrscheinlich sei. Der Kläger hielt daraufhin die Anleihe. Im April 2013 informierte Andreas Hanauska den Kläger, dass sich der Kurs der Anleihe wieder gebessert habe. Im Juni 2013 erfuhr der Kläger aus den Medien, dass die Alpine Insolvenz anmelden muss und beschwerte sich bei der Beklagten, dass sein ausdrücklicher Auftrag gewesen sei, "nur solche Vorschläge zu machen, die 100% sicher sind und keinesfalls wieder Geld zu verlieren" (./6). Hätte der Kläger gewusst, dass die Alpine-Anleihe ein höheres Risiko hat, hätte er nicht in diese investiert, sondern die gesamten EUR 50.000,- in den Fix Plus Garant investiert und damit keinen Verlust erlitten. Die Ehefrau des Klägers hat diesem vor dem Verfahren alle etwaigen Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten und hat er diese Abtretung angenommen. Der festgestellte Sachverhalt gründet auf die in Klammern angeführten Beweismittel sowie auf nachfolgende Beweiswürdigung: Der Kläger schildert glaubwürdig und lebensnah, dass er, nachdem er schlechte Erfahrungen mit Finanzprodukten gemacht hatte, nunmehr ausschließlich risikoarme Produkte erwerben wollte. Seine Angaben stehen auch im völligen Einklang mit Beilage./A, auf der er seine geringe Risikobereitschaft noch extra dokumentierte. Aufgrund seines Alters und des Zwecks der Vorsorge ist nachvollziehbar, dass es nicht sein vorrangiges Ziel sein kann, erlittene Verluste auszugleichen, sondern vielmehr sein Kapital zu erhalten. Andreas Hanauska leugnet auch gar nicht, dass er es überhaupt nicht für nötig befunden hat, den Kläger nach seiner tatsächlichen Risikobereitschaft für die zukünftigen Veranlagungen zu befragen. Allerdings kann "geringstmögliches Risiko" eigentlich gar nicht anders verstanden werden, als dass der Kläger eben nur Produkte der untersten Risikoklasse wünscht, sodass davon auszugehen ist, dass die Beklagte über die geringe Risikobereitschaft des Klägers in Kenntnis war. Da der Kläger seine Risikobereitschaft der Beklagten nicht nur mündlich sondern auch schriftlich mitteilte, verwundert es nicht, dass er davon ausging, dass alle 7 von 12

Vorschläge, die im unterbreitet werden, seiner geringen Risikobereitschaft entsprechen. Soweit die Zeugen Braun und Hanauska behaupten, dem Kläger wäre es vorrangig darauf angekommen, die erlittenen Verluste auszugleichen, so ist dies wenig realistisch, hätte derartiges doch auch bei Umsetzung des zweiten Veranlagungsvorschlags (unter Außerachtlassung von Inflation und Spesen) über 15 Jahre gedauert. Natürlich möchte jeder Bankkunde eine möglichst hohe Rendite erreichen, dies bedeutet aber keineswegs, dass dafür in jedem Fall auch höhere Risiken in Kauf genommen werden. Wäre es tatsächlich nur um hohe Renditen gegangen, hätte der Kläger sich für die Swietelsky-Anleihe oder den Europa Performer entscheiden müssen, auch der Fix Plus Garant stellt bis zu 6% in Aussicht. Überhaupt vermochten die sehr übereinstimmenden und daher wenig glaubwürdigen Aussagen der Zeugen Hanauska und Braun das Gericht nicht zu überzeugen. Wäre der Termin am 25.3.2011 wirklich abgelaufen wie von den beiden geschildert, hätte er mehrere Stunden dauern müssen: Schließlich wurde zuerst besprochen, welche der durchaus zahlreichen Titel aus dem Bestand verkauft werden und sollen dann noch beide Veranlagungsvorschläge detailiert durchgegangen worden sein. Zuletzt musste noch besprochen werden, welchen Erlös man erzielen wird und wie man diesen aufteilt. Der Kläger schildert hingegen, das Gespräch hätte nur eine halbe oder eine dreiviertel Stunde gedauert. Es kann durchaus sein, dass das erste Veranlagungskonzept zwar vorlag, aber nicht näher durchbesprochen wurde und deshalb dem Kläger nicht mehr in Erinnerung ist. Unverständlich ist auch, warum Mag. Braun obwohl ihr selbst das durchaus klar ist - dem Kläger nicht erklärt hat, dass es recht unrealistisch ist, dass sich der Kurs der Immofinanz in absehbarer Zeit verfünffacht, schließlich ist die Entscheidung, welche Produkte verkauft werden, doch notwendiger Ausgangspunkt für die Neuveranlagung. Ebensowenig wurde das Thema "Klumpenrisiko" besprochen: Die Beklagte hätte mit./5 dem Kläger ohne entsprechendem Hinweis - empfohlen, über 40% seines Portfolios in die Baubranche zu investieren, was kein besonders gutes Licht auf die Beratung wirft. Das Gericht vermag nicht zu glauben, dass der Kläger seine Risikobereitschaft binnen 2 Tagen dergestalt geändert hätte, dass er trotz Aufklärung sich für ein Produkt entschieden hätte, dass zur eigentlich gewünschten Risikoreduktion am Gesamtdepot nicht wirklich beiträgt. Es fällt auf, dass die je 5-seitigen Veranlagungsvorschläge allerhand Informationen enthalten, die für die Kunden nicht ganz unerhebliche Risikoeinstufung jedoch nicht aufscheint. Das E-Mail vom Juni 2013 (./6) stützt die Aussage des Klägers - bereits unmittelbar nach Eintreten des Verlusts beschwert er sich bei der Beklagten, dass er nur sichere Produkte wollte. Das E-Mail erscheint nicht nur im Hinblick auf den Zeitpunkt nicht prozessmotiviert, sondern wurde auch nur von Beklagtenseite vorgelegt. Es ist nicht ersichtlich, warum der Kläger die Notizen auf./j nicht jeweils bei den Besprechungen hätte 8 von 12

machen sollen. Dass der Kläger jedes Risiko scheute, indiziert auch die Tatsache, dass er weit über ein Monat zögerte, bevor er tatsächlich kaufte. Die Einvernahme der Ehefrau des Klägers stützt ebenso dessen Aussage. Insgesamt folgt das Gericht daher den Angaben des Klägers soweit Widersprüche in den Beweisergebnissen bestehen: Der Kläger wollte das ertragreichste Produkt, das es in der Risikoklasse 1-2 gibt und war nicht bereit, höhere Risiken einzugehen, was der Beklagten auch bekannt war. Dass er alternativ das gesamte freiwerdende Geld in den von der Beklagten empfohlenen Fix Plus Garant gesteckt hätte, ist zumindest überwiegend wahrscheinlich, der Aussage des Klägers steht diesbezüglich kein abweichendes Beweisergebnis gegenüber. Rechtliche Beurteilung: Anlageberatung isd WAG 2007 ist die Abgabe persönlicher Empfehlungen über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder über Initiative des Erbringers der Dienstleistung. Der dem WAG zugrunde liegende Begriff der Anlageberatung ist enger, als es dem bisherigen zivil- und öffentlichrechtlichen Verständnis dieser Tätigkeit entspricht. Nach diesem bisherigen Verständnis besteht die Anlageberatung generell aus der Erteilung von Informationen, Einschätzungen und Markterwartungen hinsichtlich Finanzinstrumenten sowie die Bewertung dieser Informationen hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Eignung für den konkreten Kunden. Für den Bereich des Aufsichtsrechts ist pro futuro von diesem neuen, engen Begriff auszugehen; am zivilrechtlichen Konzept der Anlageberatung ändert sich daran jedoch nichts. Sie erfolgt entweder aufgrund eines ausdrücklich bzw konkludent abgeschlossenen Beratungsvertrages oder in Erfüllung einer vertraglichen Nebenpflicht. Welche Pflichten den Rechtsträger jeweils konkret treffen, ergibt sich aus den einschlägigen zivilrechtlichen Regelungen (Graf in Gruber/Raschauer, Wertpapieraufsichtsgesetz, Rz 3ff zu 44 WAG). Die Wohlverhaltensregeln des WAG stellen eine Konkretisierung vor-, aber auch nebenvertraglicher Verpflichtungen dar (Graf aao, Rz 46 zu 38 WAG). Gemäß 40 Abs 1 WAG hat ein Rechtsträger seinen Kunden in verständlicher Form angemessene Informationen zur Verfügung zu stellen. Dadurch müssen seine Kunden nach vernünftigem Ermessen in die Lage versetzt werden, die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen und des speziellen Typs von Finanzinstrument, der ihnen 9 von 12

angeboten wird, zu verstehen, um so auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen zu können. Die nach 40 übermittelte Information muss sich nicht auf das spezifische Anlageobjekt, sondern vielmehr auf die Art der Wertpapierdienstleistung und den Typ von Finanzinstrument beziehen, das dem Kunden angeboten wird. Geschuldet wird nach 40 primär eine anlageform-, hingegen keine anlageobjektbezogene Information (Graf aao, Rz 6 zu 40 WAG). Nach 44 WAG hat ein Rechtsträger, der Anlageberatungs- oder Portfolioverwaltungsdienstleistungen erbringt, Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Typ der Produkte oder Dienstleistungen, seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele einzuholen, damit er dem Kunden für ihn geeignete Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente empfehlen kann. Diese Informationen müssen es dem Rechtsträger ermöglichen, die wesentlichen Fakten in Bezug auf den Kunden zu erfassen. Der Rechtsträger muss unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Dienstleistung nach vernünftigem Ermessen davon ausgehen können, dass das Geschäft, das im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden empfohlen oder das im Rahmen einer Portfolioverwaltungsdienstleistung getätigt werden soll, die folgenden Anforderungen erfüllt: 1. Es entspricht den Anlagezielen des Kunden; 2. etwaige mit dem Geschäft einhergehende Anlagerisiken sind für den Kunden, seinen Anlagezielen entsprechend, finanziell tragbar und 3. der Kunde kann die mit dem Geschäft oder der Verwaltung seines Portfolios einhergehenden Risiken aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen verstehen. Die Informationen über die Anlageziele des Kunden haben - soweit relevant - Informationen über den Zeitraum, in dem der Kunde die Anlage zu halten gedenkt, seine Präferenzen hinsichtlich des einzugehenden Risikos, sein Risikoprofil und den Zweck der Anlage zu umfassen. Im Rahmen der Anlageberatung ist das einzelne empfohlene Geschäft Gegenstand der Geeignetheitsprüfung. Mit dem Begriff der Risikopräferenzen werden die vom Kunden ausdrücklich artikulierten Wünsche hinsichtlich des im Zusammenhang mit dem konkret geplanten Geschäft einzugehenden Risikos bezeichnet und ist als Gegensatz hierzu sein Risikoprofil als seine allgemeine aus seiner Persönlichkeit resultierende Einstellung zum Risiko zu verstehen, wie sie beispielsweise in den von ihm in der Vergangenheit getroffenen Anlageentscheidungen Ausdruck findet. Wer bisher nur in Pfandbriefe investierte, hat nach dieser Auslegung somit ein offenkundig durch Risikoaversion gekennzeichnetes Risikoprofil. Das mögliche Auseinanderfallen von Risikopräferenzen und Risikoprofil ist ein Umstand, den der Rechtsträger bei der Beurteilung der Geeignetheit der Wertpapierdienstleistung berücksichtigen müsste. Der Anlagezweck ist jenes Ziel, das der Kunde mit dem Investment zu verwirklichen sucht. Er ist wesentlich, weil sich aus ihm naturgemäß Rückschlüsse auf das 10 von 12

vom Anleger einzugehende Risiko ergeben: Wer für die Altersversorgung investiert, hat keinen Bedarf nach riskanten Anlageprodukten. Das empfohlene Geschäft ist geeignet, wenn es den Vorgaben entspricht, die sich aus Haltedauer, Risikopräferenz, Risikoprofil und Anlagezweck ergeben. Hier können sich freilich insoweit Probleme ergeben, als es denkbar ist, dass diese vier einzelnen Elemente des Anlageziels des Kunden zueinander in Widerspruch stehen; so können Risikoprofil und Risikopräferenzen einander widersprechen, aber auch ein Widerspruch zwischen Haltedauer und Anlagezweck ist denkbar, wenn ein Investment für die Altersvorsorge angestrebt, gleichzeitig aber nur eine kurze Haltedauer gewünscht ist. In diesem Fall muss der Rechtsträger den Kunden auf diese Widersprüche aufmerksam machen und sie aufzuklären versuchen. Wird der Kunde beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass er bisher Risiken eher vermieden hat, nunmehr aber ein riskantes Geschäft abschließen möchte und bleibt er - trotz dieser Aufklärung - dennoch bei der Entscheidung für die riskante Strategie, hat für den Rechtsträger die aktuell geäußerte Risikopräferenz Vorrang vor dem bisherigen Risikoprofil. Anders ist die Lage, wenn der Kunde einen mit der beabsichtigten Haltedauer unvereinbaren Anlagezweck verfolgt und sich auch durch einen entsprechenden Hinweis davon nicht abhalten lassen will. Da es aufgrund der Widersprüchlichkeit der einzelnen Elemente des Anlageziels kein geeignetes Geschäft geben kann, darf der Rechtsträger keine Empfehlung abgeben (Graf aao, Rz 20ff zu 44 WAG). Ein Rechtsträger darf dem Kunden nur ein auf die Verhältnisse des Kunden passendes Wertpapiergeschäft empfehlen und hat ungeeignete Empfehlungen zu unterlassen. Damit bedeutet die Eignungsprüfung bei Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen im Ergebnis eine Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung, wie sie schon bisher aufsichts- und zivilrechtlich gegolten hat (Brand/Klausberger in Brandl/Saria Wertpapieraufsichtsgesetz 2 Rz 7 zu 45 WAG). Gegenständlich hätte die Beklagte dem Kläger die Investition in Anleihen der Alpine gar nicht empfehlen dürfen, da diese keinesfalls der klar artikulierten Risikopräferenz des Klägers entsprechen. Der Kläger konnte erwarten, dass ihm nur Produkte mit geringem Risiko empfohlen werden und war daher nicht gehalten, wegen der Risikoklasse nachzufragen. Eine anleger- und anlagegerechte Beratung kann überhaupt nicht stattfinden, wenn der Person, die die Vorschläge ausarbeitet, nicht einmal das Anlageprofil zur Kenntnis gelangt. Überhaupt stellt sich die Frage, warum man ein solches den Kunden überhaupt ausfüllen lässt, wenn man nicht vor hat, es zu verwenden. Wie es trotz der oben dargestellten Grundsätze sein kann, dass Andreas Hanauska sich gar nicht für die (zukünftige) Risikopräferenz des Klägers interessiert hat, erschließt sich dem Gericht nicht. Da der Kläger schon Produkte der 11 von 12

Risikoklasse 3 ablehnt, kann dahingestellt bleiben, ob die klagsgegenständliche Anleihe nicht in Wahrheit in Risikoklasse 4 (von 5) hätte eingestuft werden müssen. Im Sinne des 273 ZPO wird die mit dem Alternativinvestment erzielbare Rendite zwischen 6.5.2011 bis 7.8.2013 mit 4% p.a. festgelegt. Dies ergibt sich aus dem außer Streit gestellten Verkaufserlös von EUR 21.084,- in Relation zum Erwerbspreis von EUR 20.300,-, woraus sich ein Kursgewinn von 3,86% auf 2 Jahre errechnet. Zudem wies das Produkt eine Mindestverzinsung von 3,6% p.a. auf, andererseits ist die KESt abzuziehen. Ein Mitverschulden kommt nicht in Betracht, dass bei Anleihen allgemein das Risiko des Totalverlustes besteht, war dem Kläger bekannt, sodass das lesen oder nichtlesen allgemeiner Risikohinweise, die nicht auf die konkreten Alpine-Papiere Bezug nehmen, nicht schadenskausal sein kann. Der Irrtum über einen Umstand, über den der Vertragspartner nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären gehabt hätte, gilt immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrages. Der Irrtum wurde von der Beklagten durch die fehlerhafte Beratung veranlasst. Es besteht sohin zurecht der Anspruch auf Rückabwicklung gemäß 871 ivm 877 ABGB. Bei der Irrtumsanfechtung haben Alternativinvestment und Mitverschulden außer Betracht zu bleiben, der Kläger hat Anspruch auf 4% Zinsen ab Vertragsabschluss für das rechtsgrundlos genutzte Kapital. Im Gegenzug hat er das Erhaltene zurückzustellen, nicht aber die von der Beklagten abgeführte KESt. Die Einholung des von der Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens hatte mangels Relevanz für die Entscheidung zu unterbleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf 43 Abs 2 ZPO, der Kläger ist nur im Umfang der Einschränkungen geringfügig unterlegen. Die Kosten gebühren allerdings lediglich auf Basis des obsiegten Betrages. Entsprechend der Einwendungen der Beklagten war das Kostenverzeichnis um die Kosten für diverse (nur teilweise überhaupt bezeichnete) Firmenbuchauszüge zu kürzen, da diese Leistungen grundsätzlich vom Einheitssatz umfasst sind und die zusätzlich begehrte "Abfragegebühr" durch nichts bescheinigt wurde. Handelsgericht Wien, Abteilung 49.2 Wien, 05. November 2014 Mag. Sonja Zimmermann, Richterin Elektronische Ausfertigung gemäß 79 GOG 12 von 12