Averosa Privates Zentrum für Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung Bismarckstraße 1 04509 Delitzsch Tel.: 034202/34300 Fax: 034202/343029 (V 03) Expertenstandard Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der stationären Pflege
Gründe zur Auseinandersetzung Ernährung als zentrales Thema in der Pflege und bedeutende Lebensaktivität von Pflegebedürftigen Essen und Trinken als menschliche Grundbedürfnisse und wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden häufiges Problem der Mangelernährung vor allem bei älteren, chronisch kranken und pflegebedürftigen Menschen (existentielle Bedeutung) Durchsetzung eines eigenen QM-Systems nach DIN 2000:2005, 9001:2008, 9004:2009, 15224-2012 aufgrund eigener Qualitätsvorgaben (Leitbild) aufgrund strikter Kundenorientierung als wichtiger Bestandteil von QM-Systemen aufgrund gesetzlicher Vorschriften
Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen (September 2005) Artikel 1: Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können. Artikel 2: Körperliche und seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden. Artikel 3: Privatheit Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wahrung und Schutz seiner Privat- und Intimsphäre. Artikel 4: Pflege und Behandlung Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf eine an seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreuung und Behandlung.
Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen (September 2005) Artikel 5: Information, Beratung und Aufklärung Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf umfassende Informationen über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe, der Pflege sowie der Behandlung. Artikel 6: Kommunikation, Wertschätzung und Teilhabe an der Gesellschaft Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wertschätzung, Austausch mit anderen Menschen und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Artikel 7: Religion, Kultur und Weltanschauung Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, seiner Kultur und Weltanschauung entsprechend zu leben und seine Religion auszuüben. Artikel 8: Palliative Begleitung, Sterben und Tod Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben.
Expertenstandards in der Pflege 1. Dekubitusprophylaxe in der Pflege 2. Entlassungsmanagement in der Pflege 3. Schmerzmanagement in der Pflege 4. Sturzprophylaxe in der Pflege 5. Förderung der Harnkontinenz 6. Pflege von Menschen mit chronischen Wunden 7. Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege
Grundlagen zum Umgang mit Mangelernährung und Dehydratation Expertenstandard Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege des DNQP (März 2009) Grundsatzstellungnahme Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen (Juli 2003)
Essen hält Leib und Seele zusammen. Liebe geht durch den Magen. Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein. Ein voller Bauch studiert nicht gern. Selber essen macht fett. Nach dem Essen sollst du ruhn oder tausend Schritte tun. Was angenehm im Mund, ist nicht immer gesund. Eine gute Suppe ist ein halbes Mahl.
Hunger = Appetit = rein physiologisches Verlangen nach Nahrung Wunsch, etwas Bestimmtes zu essen oder zu trinken, ist stimmungsabhängig
Prägungszeit 80-90-Jährige geboren 1920-1930 70-80-Jährige geboren 1930-1940 60-70-Jährige geboren 1940-1950
Grundaussagen des Expertenstandards beschreibt den pflegerischen Beitrag zum Ernährungsmanagement richtet sich an Pflegefachkräfte in der Krankenhausversorgung, der stationären Altenhilfe und der ambulanten Pflege Zielgruppe sind erwachsene Menschen, die der Pflege bedürfen und ganz oder teilweise in der Lage sind, oral Nahrung und Flüssigkeit zu sich zu nehmen (keine Kinder, Säuglinge, Jugendliche) nicht berücksichtigt sind Übergewicht, Diabetes, Schluckstörungen, künstliche Ernährung
Ziele des Expertenstandards Sicherung und Förderung einer bedürfnisorientierten und bedarfsgerechten oralen Ernährung von kranken und pflegeabhängigen Menschen Gewährleistung einer angemessenen Unterstützung bei der Aufnahme von Speisen und Getränken sowie der Gestaltung der Mahlzeiten Verhinderung einer Mangelernährung oder bereits bestehender Ernährungsdefizite
Schwerpunktaufgaben des Expertenstandards Identifikation und Erfassung von Risikofaktoren/Anzeichen für eine Mangelernährung (Screening) und bei Notwendigkeit tiefer gehende Einschätzung der Ernährungssituation (Assessment) Planung und Durchführung von Maßnahmen zur Sicherstellung einer bedürfnisorientierten und bedarfsgerechten Ernährung (z.b. individuelle Mahlzeitengestaltung, Zusammenarbeit mit Dritten, Beratung und Anleitung) Beurteilung der Wirksamkeit eingeleiteter Maßnahmen
Definition Mangelernährung anhaltendes Defizit an Energie und/oder Nährstoffen im Sinne einer negativen Bilanz zwischen Aufnahme und Bedarf mit Konsequenzen und Einbußen für Ernährungszustand, physiologische Funktionen und Gesundheitszustand
Definition Flüssigkeitsmangel = Dehydratation oder Exsikkose (Austrocknung) Defizit an Körperwasser und Natrium, das sich sowohl aus einer zu geringen Aufnahme als auch durch eine zu hohe unausgeglichene Ausscheidung ergeben kann mögliche Folgen: erhöhte Herzfrequenz, Übelkeit, Krämpfe, Verwirrtheit, lebensbedrohlicher Zustand Flüssigkeit/Nahrung wird im Expertenstandard insgesamt als Nahrung bezeichnet
Ausgewählte und bewertete Erfassungsinstrumente Instrumente Mangelernährung Appetitlosigkeit auffälliges Essverhalten bei Demenz 35 27 3 5 Screening 28 23 3 2 Assessment 7 4-3
Definition Screening (allgemeine Gefährdungsbeurteilung) ist eine kurze, leicht durchführbare Erhebung für das frühzeitige Identifizieren von Menschen mit Gefährdung für ein Gesundheitsproblem (in diesem Fall Mangelernährung) oder das Aufspüren von Menschen, die von einem Gesundheitsproblem bereits betroffen sind empfohlen laut Expertenstandard PEMU (Pflegerische Erfassung von Mangelernährung und deren Ursachen)
Kriterien für ein Screening bei Mangelernährung a) grobe Anzeichen für einen Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsmangel: unbeabsichtigter messbarer Gewichtsverlust (5 % in 1-3 Monaten, 10 % in sechs Monaten) subjektiver Eindruck des Ernährungszustandes: unterernährte bzw. untergewichtige Erscheinung (z.b. eingefallene Wangen, tiefliegende Augen, vorstehende Knochenvorsprünge) oder zu weit gewordenen Kleidung BMI <20 (nur wenn korrekt ermittelbar, keine Ödeme, keine übermäßigen Fettmassen und keine Amputationen) Zeichen eines möglichen Flüssigkeitsmangels (z.b. plötzliche und unerwartete Verwirrtheit, trockene Schleimhäute, konzentrierter Urin)
Kriterien für ein Screening bei Mangelernährung b) auffällig geringe Essbzw. Trinkmenge: Beobachtung oder Vermutung, dass die angebotenen Speisen oder Getränke nicht oder nicht vollständig verzehrt werden (z.b. auffällige Essensreste, weniger als 1000ml/Tag über mehrere Tage) Appetit mindernde schwere Erkrankungen oder Behandlungen, die den Appetit mindern oder eine Nahrungskarenz (3-5 Tage) erfordern (z.b. Medikamentennebenwirkung, Operationen)
Durchführung eines Screenings die Pflegefachkraft erfasst bei allen Pflegebedürftigen zu Beginn des pflegerischen Auftrages im Rahmen der Pflegeanamnese bei akuten Veränderungen 1x monatlich Risiken und Anzeichen einer Mangelernährung wird ein Problem im Screening festgestellt, ist ein detailliertes Assessment Nahrung/Flüssigkeit anzulegen
Definition Assessment (spezielle Ursachenforschung) ist die differenzierte Erfassung und Untersuchung relevanter Problembereiche einer gesundheitsbezogenen Situation (hier Ernährungssituation) zur Ursachenabklärung oder zur Begründung von Situationen, die als Grundlage der Planung von Maßnahmen dient ist eine tiefer gehende Untersuchung bildet die Basis für den diagnostischen Prozess in der Pflege (kein Ersatz für eine ärztliche oder ernährungswissenschaftliche Diagnose)
Kriterien für ein Assessment bei Mangelernährung körperlich oder kognitiv bedingte Beeinträchtigung a) Gründe für eine geringe Nahrungsaufnahme Demenz Funktionseinschränkungen der Arme oder Beine schlechter Zustand des Mundes Beeinträchtigung der Kaufunktion Schluckstörungen Müdigkeit beim Essen Beeinträchtigung der Seh- oder Hörfähigkeit andere Ursachen b) Gründe für eine geringe Flüssigkeitsmenge Demenz Funktionseinschränkungen der Arme oder Beine Schluckstörungen andere Ursachen
Kriterien für ein Assessment bei Mangelernährung fehlende Lust zum Essen/ Trinken, kein Appetit, Ablehnung a) Gründe für eine geringe Nahrungsaufnahme psychische Belastung akute Krankheit Schmerzen Bewegungsmangel Medikamentennebenwirkung reduzierter Geruchsund Geschmackssinn kulturelle oder religiöse Gründe Abneigungen, Vorlieben, Gewohnheiten Unverträglichkeiten, Allergien andere Ursachen b) Gründe für eine geringe Flüssigkeitsmenge Schmerzen reduziertes Durstgefühl Wunsch nach geringer Urinausscheidung kulturelle oder religiöse Gründe, Gewohnheiten Unverträglichkeiten, Allergien andere Gründe
Kriterien für ein Assessment bei Mangelernährung b) Gründe für eine geringe Flüssigkeitsmenge Umgebungsfaktoren Gründe für einen erhöhten Energie- und Nährstoff- bzw. Flüssigkeitsbedarf a) Gründe für eine geringe Nahrungsaufnahme Esssituation wird als unangenehm empfunden inadäquate Essenszeiten Hilfsmittelangebot Beziehung zu den Versorgungspersonen andere Gründe Krankheit Hyperaktivität andere Gründe Hilfsmittelangebot Beziehung zu den Versorgungspersonen andere Gründe starkes Schwitzen krankheitsbedingter Flüssigkeitsverlust andere Gründe
Kriterien für ein Assessment bei Mangelernährung Essens- bzw. Trinkangebot a) Gründe für eine geringe Nahrungsaufnahme Unzufriedenheit mit dem üblichen Angebot unangemessene Konsistenz nicht akzeptierte verordnete Diät Verdacht auf inadäquate Diät Einschätzung des Angebots andere Gründe b) Gründe für eine geringe Flüssigkeitsmenge allgemeine Unzufriedenheit andere Gründe
Durchführung eines Assessments die Pflegefachkraft führt bei vorliegendem Risiko (wenn 1 Punkt im Screening zutrifft) eine tiefer gehende Einschätzung der Ernährungssituation und der sie beeinflussenden Faktoren durch Ernährungsverhalten bzw. die Verzehrmengen anhand von Nahrungs- und Trinkprotokollen über mehrere Tage (z.b. 3-5 Tage) durchführen Datum/Uhrzeit, Art der Mahlzeit wie Haupt- oder Zwischenmahlzeit, Menge und ggf. Art der angebotenen und der tatsächlich aufgenommenen Nahrung/ Flüssigkeit erfassen (grobe quantitative Erfassung möglich mit Hilfe von Tellerdiagrammen) ausführlichere Ernährungsprotokolle durch Ernährungsexperten
Allgemeines Ablaufschema Screening nur bei Problemen Nahrung/Flüssigkeit Assessment zur Nahrung/Flüssigkeit Beratungsgespräch Maßnahmenplan als Pflegeplanung
Bedarfsgerechte bzw. bedarfsdeckende Ernährung Menge an Energie bzw. Nähstoffen, die pro Tag benötigt wird, um optimale Körperfunktionen zu gewährleisten ernährungsbedingte Gesundheitsstörungen zu vermeiden und Körperreserven zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten
Bedürfnisorientierte und bedarfsgerechte Ernährung gleiche Bedeutung und Berücksichtigung niedrigerer Energiebedarf bei älteren Menschen, aber gleicher Nährstoffbedarf folgedessen nährstoffreiche Mahlzeiten mit höherer Nährmitteldichte siehe Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur täglichen Nährstoffaufnahme für Frauen und Männer verschiedener Altersgruppen (DACH 2000)
Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung? Gratwanderung zwischen Nutzen und Gefahren der Ernährung einerseits und der Patientenautonomie und der Lebenserhaltung bei Gefahr der Mangelernährung Patientenverfügungen wichtig bei der Entscheidungsfindung über lebenserhaltende Maßnahmen und Fortführen der Ernährung (auf aktuelle verbale und nonverbale Willensbekundungen achten)
Erfassung von Kennziffern der Lebensqualität www.pflegeverfügung.de Festhalten von Wünschen, Vorstellungen und Regelungen für bestimmte bestehende bzw. zukünftige Pflegesituationen (AEDL, ATL, etc.) Erhebung biografischer Daten und Besonderheiten, um eine individuelle Pflege zu ermöglichen und das Selbstbestimmungsrecht zu bewahren Nutzung der erhobenen Informationen in Anamnese und Pflegeplanung ist ein markenrechtlich geschütztes Dokument der Firma Averosa
Information, Beratung und Anleitung unverzichtbarer Bestandteil in der Pflegeprozessgestaltung auch Patienten-Edukation genannt bezieht sich vorwiegend auf pflegerische Interventionen: bei der Unterstützung der Nahrungsaufnahme bei Möglichkeiten zur Unterstützung durch andere Experten wie Applikation von künstlicher Ernährung und Fortführen von medizinischen u.a. therapeutischen Behandlungen nicht gemeint die Ernährungsberatung (Durchführung durch Fachexperten)
Plan PDCA-Zyklus Pflegeprozess und -dokumentation Feststellung des pflegerischen Problems durch Krankenbeobachtung, medizinische Diagnosen, Therapien, Nutzung von Assessments und Bewertungsmöglichkeiten, Medikamentenanamnese, Ablehnungen, Vorlieben, Biografie, Sorgen, Nöte, Wünsche, Gewohnheiten, soziale Beziehungen Aktualisierung der Pflegeanamnese im jeweiligen Bereich (AEDL/ABEDL/AdL/ATL/ Grundbedürfnis, etc.) detaillierte Pflegeplanung mit Beschreibung der Probleme, Ressourcen, Pflegeziele und Maßnahmen (wer, was, wann, wie oft, wo, wie, Querverweis auf Standard) Act Qualitätsverbesserung Sicherung von notwendigen Veränderungen in der Pflege (z.b. bei Nichterreichung von Zielen), Dokumentation Check Do Umsetzung der festgelegten pflegerischen und ärztlichen Maßnahmen Nutzen von Standards (eigene/expertenstandards/grundsatzstellungnahmen des MDS Essen) Führen von Durchführungsnachweisen/andere Nachweise Prüfung der Zielerreichung Evaluation unter Nutzung von Möglichkeiten wie Plan
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