Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Agroscope Beurteilung neuer Züchtungsmethoden aus Sicht der Forschung und Züchtung, Susanne Brunner, Andrea Patocchi 8. September 2017 www.agroscope.ch I gutes Essen, gesunde Umwelt
Bedeutung der Pflanzenzüchtung S. Noleppa et al. 2016 The economic, social and environmental value of plant breeding in the European Union, HFFA Research Paper 03/2016 EU 2000 2015, Ackerpflanzen 75% des Produktivitätszuwachses durch Züchtung 1.24% Ertragssteigerung pro Jahr durch Züchtung Zusätzliche Nahrung für 100 200 Mio. Menschen Zusätzliche 14 Mrd. BSP Vermeidung von 3.4 Mrd. Tonnen CO2 Emissionen 2
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Agroscope Forschung und Entwicklung Konventionelle Pflanzenzüchtung 25 Arten Private-Public Partnership (PPP) Erforschung von Nutzen und ökologischen Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen (GVP) Geschlossene Systeme Feld (Protected Site) Konzepte für ökologisches Risk Assessment bei Markteinführung von GVP, Koexistenzmassnahmen und für das Monitoring beim Anbau von GVP (2000 2010) 4
Methoden der Pflanzenzüchtung Auslesezüchtung Kreuzungszüchtung Weite Kreuzungen, Brückenkreuzungen, Embryo rescue Mutationszüchtung Heterosiszüchtung Polyploidiezüchtung Somatische Hybridisierung Etc. Unterstützende Techniken: Dihaploide Marker-gestützte Selektion Genomische Selektion Etc. 5
Inhalt 1. Herausforderungen der Pflanzenzüchtung 2. Forschung mit transgenen Pflanzen Beispiel Blühverfrühung bei Apfel 3. Forschung mit cisgenen Pflanzen Beispiel Kartoffel und Apfel 4. Was ist Genom-Editierung? Beispiel CRISPR/Cas9 5. Fazit aus Sicht des Forschers und Züchters 6
Agroscope Zuchtprogramme Weizen Soja Futterpflanzen (Gras- und Kleearten) Apfel Aprikose Rebe Medizinal- und Aromapflanzen 7
Komplexe Zuchtziele Qualität Krankheitsresistenz Anbaueigenschaften 8
Herausforderung 1: Komplexe Zuchtziele, tiefe Frequenzen Beispiel Selbstbefruchter, Kombination von 8 Eigenschaften, 1 Gen/Eigenschaft, Gene sind nicht gekoppelt Elter 1 X Elter 2 Idealer Genotyp AA BB CC DD ee ff gg hh aa bb cc dd EE FF GG HH F1: 256 Gameten F2: 65 536 Genotypen AA BB CC DD EE FF GG HH 1/65 536 0.0015% 9
Kreuzungszüchtung: Kontinuität, kritische Grösse Genetische Ressourcen Zuchtprogramm Selektion Vermehrung Selektion Kreuzung Selektion Kreuzungspartner Zuchtlinien Leistungsprüfung Sortenprüfung Sorten Reinhaltung Saatgutproduktion 10
Herausforderung 2: Effiziente Selektion 11
Herausforderung 3: Keine genetischen Ressourcen Genetische Ressourcen Zuchtprogramm Selektion Vermehrung Selektion Kreuzung Selektion Kreuzungspartner Zuchtlinien Leistungsprüfung Sortenprüfung Sorten Reinhaltung Saatgutproduktion 12
Weite Kreuzungen, Mutationen Prebreeding Genpools Primär z.b. Weizen Sekundär z.b. T. ventricosum Tertiär z.b. Agropyron Roggen Experimentelle Linien Zuchtprogramm Sortenprüfung Saatgutvermehrung Kreuzungs- Partner Zuchtlinien Sorte Genidentifikation Brückenkreuzung Embryo rescue Rückkreuzung Funktionelle Tests Kreuzung und in Labor und Feld Auslese 3 10 Jahre 3 5 Jahre 6 10 Jahre 5 Jahre Vorprüfung Offizielle Sortenprüfung Vermehrung 13
Weite Kreuzungen, Mutationen Prebreeding Genpools Experimentelle Linien Zuchtprogramm Sortenprüfung Saatgutvermehrung Mutationen Kreuzungs- Partner Zuchtlinien Sorte Vorprüfung Offizielle Sortenprüfung Genidentifikation Funktionelle Tests Kreuzung und in Labor und Feld Auslese Vermehrung 3 5 Jahre 3 5 Jahre 6 10 Jahre 5 Jahre 14
Beispiele Marker gestützte Selektion: Schorfresistenz bei Apfel Braunrostresistenz bei Weizen Weite Kreuzungen: Lr9 Lr19 Lr26, Pm8 Aegilops umbellulata Agropyron elongatum Secale cereale (Rye) Mutationszüchtung: mlo-mehltauresistenz bei Gerste Weltweit >2300 Sorten, z.b. Pink Grapefruit In den CH-Zuchtprogrammen nur punktuell eingesetzt 15
Herausforderungen der Pflanzenzüchtung Komplexe Zuchtziele: Viele Eigenschaften müssen kombiniert werden Grösse des Zuchtprogramms, Kontinuität Selektionseffizienz Marker-gestützte Selektion Variabilität der Genressourcen für die Zuchtziele Prebreeding, Kooperationen Lange Dauer des Züchtungsprozesses 16
Inhalt 1. Herausforderungen der Pflanzenzüchtung 2. Forschung mit transgenen Pflanzen Beispiel Blühverfrühung bei Apfel 3. Forschung mit cisgenen Pflanzen Beispiel Kartoffel und Apfel 4. Was ist Genom-Editierung? Beispiel CRISPR/Cas9 5. Fazit aus Sicht des Forschers und Züchters 17
Apfelzüchtung: Blühverfrühung Lange Jugendphase langer Züchtungsprozess Klassische Züchtung 4-5 Jahre, bis erste Blüten und Früchte gebildet werden 18
Julius Kühn Institute, Dresden, Germany Apfelzüchtung: Blühverfrühung Transgener Lösungsansatz: Reduktion der Jugendphase auf wenige Monate durch die Einführung eines Birkengens (BpMADS4), welches die Blüteninduktion steuert BpMADS4 Betula pendula Transgene Sämlinge mit BpMADS4 beginnen nach wenigen Wochen nach der Saat zu blühen Pinova_T1190 (4 months old; H. Flachowsky, JKI, Dresden) 19
Apfelzüchtung: Blühverfrühung Test in geschlossenem System: Einkreuzung von Feuerbrandresistenz aus Wildapfel: 5 Rückkreuzungen in 6 Jahren (konventionell: 20-25 years) 20
Apfelzüchtung: Blühverfrühung Early flowering-gen und Resistenzgen sind auf verschiedenen Chromosomen: unabhängige Vererbung 4 Gruppen von Nachkommen nach jeder Kreuzung resistentt anfällig mit BpMADS4 mit BpMADS4 anfällig Intermediäres Produkt 25% R+/Ef+ 25% R-/Ef+ 25% R+/Ef- 25% R-/Ef- Endprodukt 21
Inhalt 1. Herausforderungen der Pflanzenzüchtung 2. Forschung mit transgenen Pflanzen Beispiel Blühverfrühung bei Apfel 3. Forschung mit cisgenen Pflanzen Beispiel Kartoffel und Apfel 4. Was ist Genom-Editierung? Beispiel CRISPR/Cas9 5. Fazit aus Sicht des Forschers und Züchters 22
Protected Site: Laufende Projekte cisgene Apfelbäume Feuerbrandresistenz (ETH-Zürich) cisgene Kartoffeln Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora) (Universität Wageningen, NL) 23
Auftrag von Agroscope: Protected Site 24
Gentechnische Veränderung Z.B. - Herbizidresistenz - Insektenresistenz Z.B. Krankheitsresistenz 25
Einkreuzung von Resistenz mit klassischer Züchtung Haverkort et al. Einkreuzen von Resistenzen aus Wildkartoffel S. bulbocastanum 46 Jahre bis zu den neuen Sorten Noch komplizierter bei mehreren Resistenzen Linkage drag Neue Sorte Brückenkreuzungen 26
cisgenen Kartoffel-Linien S. stoloniferum S. chacoense S. venturii Rpi-Gene S. demissum S. bulbocastanum S. tuberosum cv. Atlantic und Désirée 27
Feldversuche 2016 Gloria Atlantic H43-4k Eersteling 28
Inhalt 1. Herausforderungen der Pflanzenzüchtung 2. Forschung mit transgenen Pflanzen Beispiel Blühverfrühung bei Apfel 3. Forschung mit cisgenen Pflanzen Beispiel Kartoffel und Apfel 4. Was ist Genom-Editierung? Beispiel CRISPR/Cas9 5. Fazit aus Sicht des Forschers und Züchters 29
5. Was ist Genom-Editierung? Gezielte Veränderung der Erbsubstanz Verschiedene Techniken Beispiel CRISPR/Cas9 CRISPR Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats Cas9 Crispr-ASsociated 30
5. Was ist Genom-Editierung? Beispiel CRISPR/Cas9 CRISPR RNS findet das Ziel Cas9 Eiweiss schneidet die Erbsubstanz 31
CRSIPR/Cas9 Leit- RNS Doppelstrang-Bruch 32
CRSIPR/Cas9 Reparaturmechanismen der DNS nicht-homologe Rekombination Vorlage-DNS mit einzelnen Basen-Unterschieden Vorlage-DNS Vorlage-DNS (ganze Gene oder Genabschnitte) homologe Rekombination Gezielte Mutation (Deletion, Insertion) Reparatur/Austausch einzelner DNS-Basen Einbau ganzer Gen- Sequenzen 33
5. Was ist Genom-Editierung? Anwendungen: Bis jetzt experimentelle Anwendung Pflanzenarten: z.b. Weizen, Mais, Soja, Raps, Tomate, Reis Merkmale z.b. Krankheitsresistenz, Qualitätseigenschaften, männliche Sterilität 34
5. Was ist Genom-Editierung? Vergleich der Methoden Methode Art-fremdes Gen Zufälliger Einbau des Gens Potentielle unintended Effects transgen ja ja cisgen nein Ja GE mit homologer Rek. GE mit nichthomologer Rek. Mutationszüchtung Kreuzungszüchtung ja/nein nein nein ja nein nein ja ja 35
6. Fazit Pflanzenzüchtung ist wichtig für die Bewältigung zukünftiger Probleme: Weiterentwicklung der Technologien ist wichtig Zahlreiche Züchtungsmethoden (weite Kreuzungen, Polyploidisierung, Mutationen, transgen, cisgen, Genom-Editierung, etc.) Kategorisierung kaum/nicht begründbar Definition GTG transgen / nicht natürlich ist zu hinterfragen unintended effects kommen bei allen Methoden vor 36
6. Fazit Keine Techniken waren bis jetzt per se riskanter als andere Beurteilung des Endprodukts case by case und nicht der Technik Systembetrachtung notwendig: Beurteilung der Risiken und des Nutzens Vergleich des bestehenden mit dem zukünftigen System Beurteilung der Konsequenz der nicht-anwendung Forschung in geschlossenen Systemen und im Feld Anwendung bestehender Konzepte 37
Danke für Ihre Aufmerksamkeit michael.winzeler@agroscope.admin.ch Agroscope gutes Essen, gesunde Umwelt www.agroscope.admin.ch 38