Anthropogene Erwärmung und Wetterextreme

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Transkript:

Symposium Warnsignal Klima: Wetterextreme 11. September 2018 Anthropogene Erwärmung und Wetterextreme 25. September 2018 Joachim Curtius Institut für Atmosphäre und Umwelt Goethe-Universität Frankfurt am Main curtius@iau.uni-frankfurt.de

GLOBAL LAND-OCEAN TEMPERATURE INDEX 2016 war das mit Abstand wärmste Jahr seit Beginn der Messung 2016 genau 1 C wärmer als der Bezugszeitraum 1951-1980. 2017 war das zweitwärmste Jahr, 2015 das drittwärmste. Die Top-15 der wärmsten Jahre liegen alle nach 1997. Anomalie gerechnet relativ zum Zeitraum 1951-1980.

Verschiedene Rekonstruktionen der Mitteltemperatur der Nordhemisphäre für die letzten 2000 Jahre Sehr stabiles Klima im Holozän (letzte 10 000 Jahre) Entwicklung der Zivilisation Starke Temperaturzunahme um fast 1.0 C in den letzten 140 Jahren.

Anthropogene und natürliche Strahlungsantriebe, IPCC 2013 Abkühlung Erwärmung

2015: 9,94 C 2016: 9,55 C 2017: 9,59 C 1961-1990: 8,2 C Zum Vergleich: Bordeaux Jahresdurchschnittstemperatur derzeit : 12.4 C, Mailand: 11.4 C

Folgen des Klimawandels Veränderungen der Häufigkeit und Intensität von bestimmten Extremwetterereignissen Wärmeres Klima verursacht in einigen Regionen mehr Hitzewellen, Dürreperioden, Starkregenereignisse,

Veränderung der Wetterextreme im Klimawandel vorhergehendes Klima Weniger kaltes Wetter Zunahme des Mittelwerts neues Klima mehr heißes Wetter mehr extrem heißes Wetter kalt Mittel heiß Klimawandel bedeutet wahrscheinlich nicht nur eine Verschiebung der Häufigkeitsverteilungen sondern auch eine Verbreiterung mehr extrem kaltes Wetter vorhergehendes Klima mehr kaltes Wetter Zunahme der Streuung neues Klima kalt Mittel heiß mehr heißes Wetter mehr extrem heißes Wetter Nach IPCC 2001 Zunahme von Mittelwert und Streuung Vorhergehendes Klima viel mehr heißes Wetter Weniger kaltes geringe Wetter Änderung Neues Klima viel mehr extrem heißes Wetter kalt Mittel heiß

Rückblick auf den Jahrhundersommer 2003 35 000 70 000 Zusätzliche Todesfälle.

Zunahme der Extreme: Temperaturen im Sommer 2003 in der Schweiz Sommer 2003: einmal in 46000 Jahren Sommer 2003 kann nur durch Zunahme der Verteilungsbreite Im Zuge des Klimawandels erklärt werden! Schär et al., Nature, 2004

Schär et al., Nature, 2005: Erwartung für Durchschnittstemperaturen in der Schweiz aus Regionalem Klimamodell (RCM) mit ansteigenden Treibhausgasen für 2071-2100. c) Nach RCM erwartete Temperaturänderung 2071-2100 d) Nach RCM erwartete Änderung in der Variabilität 2070-2100: jeder 3. Sommer wie 2003!

Perkins, Atmos. Res., 2015; Christidis et al., 2014: Bei fortgesetzt hohen Treibhausgasemissionen (ensprechend RCP8.5) wäre Ende des Jahrhunderts der Sommer 2003 (rote Linie) ein extrem kalter Sommer in Europa.

Emissionen und Emissions-Szenarien The emission pledges to the Paris Agreement avoid the worst effects of climate change (4-5 C) Most studies suggest the pledges give a likely temperature increase of about 3 C in 2100 The IPCC Fifth Assessment Report assessed about 1200 scenarios with detailed climate modelling on four Representative Concentration Pathways (RCPs) Source: Fuss et al 2014; CDIAC; IIASA AR5 Scenario Database; Global Carbon Budget 2016

Coumou and Rahmstorf, Nature Climate, 2012: Europäische Sommertemperaturen 1500-2010. Starke Häufung extrem heißer Sommer seit 2002

Friederike Otto, Attribution of Weather and Climate Events, Annual Reviews, 2017 Attribution Science: Zuordnung des Anteils der anthropogenen Klimaveränderung an den Eintrittswahrscheinlichkeiten von extremen Wetterereignissen Mit Hilfe von tausenden Modellsimulationen "mit" und "ohne" Klimawandel, wird festgestellt, wie wahrscheinlich bestimmte Extremereignisse jeweils sind.

Friederike Otto, Attribution of Weather and Climate Events, Annual Reviews, 2017 Beispiel: Verschiebung der Wahrscheinlichkeiten für Hitzewellen in Russland (entsprechend 2010) Angaben zur Änderungen der Eintrittswahrscheinlichkeiten sehr wichtig für Planung, Schutzmaßnahmen, Versicherungen, etc.

Attribution Science: Unterscheidung zwischen thermodynamischen Effekten und Dynamik: Rolle der Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation für Änderung der Extremwetterereignisse! Aber: Änderung der Zirkulation wesentlich unsicherer als thermodynamische Effekte Es ist durchaus möglich, dass regional die Änderungen der Dynamik die thermodynamischen Effekte überwiegen: Beispiel: Wir erwarten bei Temperaturzunahme um 1 C, dass der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre um ~7% steigt allgemeine Zunahme der (Extrem)niederschläge. Es können durch Änderung der atmosphärischen Zirkulation aber regional die Hochdruckwetterlagen zunehmen und damit die Niederschläge deutlich abnehmen Dürren ggf. häufiger stationärer Jetstream (durch verstärkte arktische Erwärmung) als Erklärung für Zunahme von Hitzewellen und Dürre im Sommer in Europa (Mann et al., Sci Rep., 2017)

DWD plant in naher Zukunft aktuelle Simulationen zu jedem Extremereignis Schiermeier, Nature, Aug. 2018 Neue Wissenschaftsrichtung: Beginn: Stott et al., Nature, 2004, Analyse der Hitzewelle 2003 Seit 2012 jährliche Ausgabe des Bull. Am. Soc. Met. zu Extremwetterereignissen.

Neue Richtung der Klimawissenschaft: "Attribution of Extreme Weather Events" Nature, Editorial, Dec. 2017: Temperaturen 2016 erstmals "ohne Menschlichen Einfluss nicht zu erklären"

2016, 2015 und 2017 waren im globalen Mittel die drei mit Abstand wärmsten Jahre seit Beginn der 138-jährigen Messreihe! In allen drei Jahren war jeder einzelne Monat wärmer als je zuvor! Auch alle anderen Rekordjahre stammen aus den letzten 20 Jahren. 2016 lag die Temperatur um mehr als 1,0 Grad über dem Temperaturmittel des 20. Jahrhunderts! 2017 2016 2015 [NOAA, Global Summary 2017]

Modellierte Entwicklung der Temperaturextreme auf der Arabischen Halbinsel Heutiges Klima (1976-2015) 2071-2100 nach Szenario "erhebliche Vermeidung" (RCP 4.5) 2071-2100 nach Szenario "business as usual" (RCP 8.5) In einigen Städte (zb. Dubai und Abu Dhabi) liegen die Extremtemperaturen im Sommer über 60 C! [Pal and Eltahir, Nature Climate Change, 2015] 23

Modellierte Entwicklung der jährlichen Extreme der Feuchttemperatur (niedrigste Temperatur auf die der Körper durch Verdunstungskühlung abkühlen kann) auf der Arabischen Halbinsel je nach Emissionsszenario Heutiges Klima (1976-2005) 2071-2100 nach Szenario "erhebliche Vermeidung" (RCP 4.5) 2071-2100 nach Szenario "business as usual" (RCP 8.5) Bei T w >34 C kann der Körper die Wärme nicht mehr abführen Hitzschlag An den Küsten des Persischen Golfs werden für Ende des 21. Jahrhunderts regelmäßig solche Feuchttemperaturen erwarte. [Pal and Eltahir, Nature Climate Change, 2015] 24

Kann diese Modellierung stimmen? Bandar Mahshar Bandar Mahshar, Iran [Schär, Nature Climate Change, 2016] Am 31. Juli 2015 erreichten die Wassertemperaturen des persischen Golfs großflächig Temperaturen > 34 C. Gleichzeitig wurde in Bandar Mahshar im Irak bereits eine maximale Feuchttemperatur von T 25 w 34,6 C gemessen.

Extreme der Feuchttemperatur für Indien Heutiges Klima (1976-2005) 2071-2100 nach Szenario "erhebliche Vermeidung" (RCP 4.5) 2071-2100 nach Szenario "business as usual" (RCP 8.5) In Indien und Bangladesch könnten 75% der Bevölkerung im Jahr 2100 Feuchttemperaturen zwischen 31 und 35 C ausgesetzt sein! [Im et al.,sci Adv, 2017] 26

Fazit Derzeitige schnelle und starke Veränderung des Klimas bringt auch große Veränderungen von Wetter- und Klimaextremen mit sich. Neue Richtung der Attribution Science erlaubt Zuordnung von Extremereignissen: wieviel wahrscheinlicher ist ein bestimmtes Ereignis durch den Klimawandel geworden Wie ändert sich Zirkulation? Entscheidend für Änderung der Extremereignisse. Extreme Hitzewellen könnten Golfregion und Indischen Subkontinent im Sommer unbewohnbar machen