Anti-HIV-Medikamente. 2012 Zweite Auflage. In collaboration with:



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Transkript:

Anti-HIV-Medikamente 2012 Zweite Auflage In collaboration with:

Impressum Redaktion: Keith Alcorn, Selina Corkery und Greta Hughson Zweite deutsche Auflage 2012 (Grundlage: Elfte englische Auflage 2012) Übersetzung: Holger Sweers Inhalt und Gestaltung wurden vom NHS Pan-London HIV Prevention Programme und dem Department of Health (Großbritannien) finanziell unterstützt, die Übersetzung von Merck, Sharp und Dohme. Eine PDF-Version in Großdruck steht unter www.aidsmap.com zum Download zur Verfügung. Die in dieser Broschüre wiedergegebenen Informationen entsprechen den europäischen Leitlinien für die Behandlung der HIV-Infektion.

Anti-HIV-Medikamente Diese Broschüre bietet einen ersten Überblick für alle, die sich über die HIV-Behandlung informieren möchten. Sie enthält Basisinformationen über die Medikamente gegen HIV die sogenannten antiretroviralen Medikamente und geht kurz auf Dosierung, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Medikamentenresistenzen ein. Die hier wiedergegebenen Informationen sind von einem Gremium aus medizinischen Expert(inn)en überprüft worden. Ausführliche Informationen zu Neben- und Wechselwirkungen der einzelnen Medikamente sind den Beipackzetteln der Hersteller zu entnehmen. Die Broschüre entspricht dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung der englischen Originalfassung (März 2012); sie bezieht sich auf Medikamente, die in der Europäischen Union zugelassen sind. Diese Veröffentlichung soll Ihnen dabei helfen, Ihre Fragen zu den Therapiemöglichkeiten für das Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt zu formulieren. Sie soll und kann dieses Gespräch keineswegs ersetzen.

Inhalt HIV und Anti-HIV-Medikamente 1 OOWie antiretrovirale Medikamente funktionieren 1 OODas Ziel der Behandlung 1 OOHIV-Therapieleitlinien 2 OOWann mit der Therapie beginnen? 3 OOBeginn der HIV-Therapie bei niedriger CD4-Zellzahl 4 OOWichtig: regelmäßige Check-ups! 5 OODie Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung kontrollieren 5 OOSich auf die Therapie vorbereiten 6 OODie Medikamente einnehmen 8 OONebenwirkungen 9 OOWechselwirkungen 11 OOHIV-Therapie und Schwangerschaft 15 OOWie Sie Ihre HIV-Medikamente bekommen 16 OONamen von Anti-HIV-Medikamenten 18 OOTypen antiretroviraler Medikamente 18

Kombinationspräparate 20 O OAtripla 21 O OEviplera 22 Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) 24 O OCombivir 24 O OKivexa 25 O OTrizivir 26 O OTruvada 28 OO3TC 29 OOAbacavir 30 OOAZT 32 OOFTC 33 OOTenofovir 34 Nicht-nukleosidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) 37 OOEfavirenz 37 OOEtravirin 39 OONevirapin 42 OORilpivirin 45

Protease-Inhibitoren 47 OOAtazanavir 50 OODarunavir 52 OOFosamprenavir 53 OOLopinavir/Ritonavir ( Kaletra) 54 OORitonavir 56 OOTipranavir 58 Fusions-Inhibitoren 60 CCR5-Blocker 60 OOMaraviroc 60 Integrase-Inhibitoren 62 OORaltegravir 62 Zusammenfassung 64

HIV und Anti-HIV- Medikamente HIV ist ein Virus, welches das Immunsystem angreift das Abwehrsystem des Körpers gegen Infektionen und Krankheiten. Wenn Sie HIV-infiziert sind, können Sie Medikamente einnehmen, um die HIV-Menge ( Viruslast ) im Körper zu senken. Dadurch können Sie einer Schädigung des Immunsystems vorbeugen oder sie hinauszögern. Heilen können diese Medikamente nicht. Sie können Ihnen aber dabei helfen, bei guter Lebensqualität ein langes, gesundes Leben mit HIV zu führen. Anti-HIV-Medikamente nennt man auch antiretrovirale Medikamente. HIV und Anti-HIV-Medikamente 1 Wie antiretrovirale Medikamente funktionieren HIV befällt vor allem Zellen des Immunsystems, die man CD4-Zellen nennt. Bei HIV-Infizierten sinkt die Zahl der CD4-Zellen über die Jahre langsam, aber kontinuierlich ab, und das Immunsystem wird immer mehr geschwächt. Irgendwann kann es dann keine Infektionen mehr bekämpfen man spricht vom Stadium Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome = erworbenes Abwehrschwäche-Syndrom). Antiretrovirale Medikamente stoppen diesen Prozess. Das Ziel der Behandlung Ein unbehandelter Mensch mit HIV kann Tausende oder sogar Millionen von HIV- Partikeln ( Viruskopien ) in jedem Milliliter

HIV und Anti-HIV-Medikamente Blut haben. Ziel der Behandlung ist es, die HIV-Menge ( Viruslast ) unter die sogenannte Nachweisgrenze zu senken ( Viruslast nicht mehr nachweisbar ). Diese Grenze liegt im Allgemeinen bei 50 Viruskopien pro Milliliter Blut, einige hoch empfindliche Tests können auch noch Virusmengen unter 20 Kopien/ml nachweisen. Weitere Informationen zur Viruslastmessung finden Sie in der NAM-Broschüre CD4-Zellzahl, Viruslast und andere Untersuchungen. Um die Virusmenge im Blut unter die Nachweisgrenze zu senken, wird Ihr Arzt/ Ihre Ärztin Ihnen in der Regel empfehlen, eine wirkungsvolle Kombination aus mindestens drei antiretroviralen Substanzen einzunehmen (manchmal auch hoch aktive antiretrovirale Therapie oder HAART genannt). Wenn Ihre Viruslast unter die Nachweisgrenze gesunken ist, erholt sich das Immunsystem in der Regel wieder es ist dann immer besser dazu in der Lage, Infektionen zu bekämpfen, und Ihr allgemeiner Gesundheitszustand verbessert sich. HIV-Therapieleitlinien Die in dieser Broschüre enthaltenen Informationen basieren auf den HIV- Therapieleitlinien der Europäischen AIDS- Gesellschaft (European AIDS Clinical Society). Daneben gibt es vielen Ländern auch nationale Therapieleitlinien, die davon leicht abweichen können. 2

HIV und Anti-HIV-Medikamente Diese Leitlinien sind kein Rezeptbuch für die Behandlung Ihrer HIV-Infektion. HIV erfordert immer eine individuell zugeschnittene Therapie, die sich an Ihrer Krankengeschichte, Ihrem aktuellen Gesundheitszustand und den Faktoren orientiert, die Ihr tägliches Leben beeinflussen. Wann mit der Therapie beginnen? Es gibt keinen klar definierten allgemeingültigen Zeitpunkt, an dem man mit einer antiretroviralen Therapie beginnen sollte. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird eine Reihe von Themen mit Ihnen besprechen, bevor Sie gemeinsam entscheiden, wann Sie mit der Behandlung beginnen. Dazu gehört die Abwägung des voraussichtlichen Nutzens und der möglichen Risiken eines sofortigen und eines späteren Therapiebeginns. Bei Krankheitssymptomen der HIV-Infektion und bei aidsdefinierenden Erkrankungen sollten Sie sofort mit einer HIV-Therapie beginnen. Bei symptomloser Infektion empfehlen die Leitlinien einen Behandlungsbeginn bei CD4-Zellzahlen um 350. CD4-Zellen sind Immunzellen, ihre Anzahl ist für Ärztinnen und Ärzte ein wichtiger Hinweis auf den Zustand Ihres Immunsystems. Bei Blutuntersuchungen kann die Zahl der CD4-Zellen pro Milliliter Blut gemessen werden. Bei HIV-Negativen liegt sie in der Regel zwischen 500 und 1500. Weitere Informationen zur CD4-Zellzahl finden Sie in der NAM-Broschüre CD4-Zellzahl, Viruslast und andere Untersuchungen. 3

HIV und Anti-HIV-Medikamente Wenn Ihre CD4-Zellzahl sich der Grenze von 350 annähert, sollte Ihre Ärztin oder Ihr Arzt mit Ihnen über die HIV-Behandlung sprechen. Wenn Ihre CD4-Zahl diesen Wert dann erreicht, sollten Sie mit der Therapie beginnen, sobald Sie dazu bereit sind. In bestimmten Situationen zum Beispiel, wenn Sie auch noch eine Hepatitis-Infektion haben wird man Ihnen möglicherweise schon bei CD4-Zellzahlen über 350 empfehlen, mit einer Behandlung zu beginnen. Studien zur Bestimmung des bestmöglichen Startpunkts für eine HIV-Therapie werden derzeit durchgeführt. Weitere Informationen zu den HIV- Therapieleitlinien finden Sie in der NAM- Broschüre HIV-Therapie. Möglicherweise wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Sie fragen, ob Sie an einer klinischen Studie teilnehmen wollen. Solche Studien können sich zum Beispiel mit dem besten Zeitpunkt für den Beginn einer HIV-Therapie beschäftigen oder verschiedene Kombinationen von HIV- Medikamenten miteinander vergleichen. Weitere Informationen zur Teilnahme an klinischen Studien finden Sie unter www.aidsmap.com/factsheets (in englischer Sprache). Beginn der HIV-Therapie bei niedriger CD4-Zellzahl Moderne HIV-Therapien sind hoch wirksam. Bei vielen Menschen, die erst bei niedriger CD4-Zellzahl (200 oder darunter) mit einer Behandlung beginnen, steigt diese Zahl 4

HIV und Anti-HIV-Medikamente nach dem Therapiestart wieder an und kann bei langfristiger Behandlung sogar wieder Werte erreichen, die für Personen dieser Altersgruppe normal sind. Am besten fängt man aber mit der HIV-Therapie an, bevor die CD4-Zellzahl so stark absinkt wenn sie einmal einen solch tiefen Wert erreicht hat, kann es schwieriger sein, wieder zu normalen Werten zurückzukehren. Wichtig: regelmäßige Check-ups! HIV-Infizierte sollten sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Die meisten Menschen mit HIV werden in Spezialkliniken für sexuelle Gesundheit oder HIV-Ambulanzen von speziell ausgebildeten Ärztinnen, Ärzten und sonstigen Mitarbeitern betreut. Auch wenn Sie noch keine antiretroviralen Medikamente nehmen müssen, sind regelmäßige Blutuntersuchungen wichtig, weil sie Auskunft über den Zustand Ihres Immunsystems geben und Anhaltspunkte dafür liefern, wann Sie über den Beginn einer HIV-Therapie nachdenken sollten. Die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung kontrollieren Vor dem Beginn einer antiretroviralen Therapie oder dem Wechsel zu einer neuen Kombination empfehlen sich verschiedene Bluttests. Die Viruslast und die CD4-Zellzahl geben Auskunft über die Entwicklung der HIV-Infektion und den Zustand Ihres Immunsystems. 5

HIV und Anti-HIV-Medikamente Innerhalb eines Monats nach dem Start mit (oder dem Wechsel zu) einer Medikamentenkombination werden erneut die Viruslast und die CD4-Zellzahl bestimmt, um zu überprüfen, ob die Medikamente wirken. Danach erfolgen diese Untersuchungen normalerweise im Abstand von drei oder vier Monaten. Einige Ärztinnen und Ärzte führen zu Beginn häufiger Tests durch und vergrößern dann die Abstände, wenn Sie mit der Therapie gut zurechtkommen und es Ihnen gut geht. Im Rahmen der HIV-Therapie werden des Weiteren die Leber- und Nierenfunktion sowie die Blutfett- und Blutzuckerwerte bestimmt, um mögliche Auswirkungen der Medikamente auf diese Systeme zu überprüfen. Zur Behandlung gehören darüber hinaus auch noch eine Reihe anderer Routine-Untersuchungen, um Ihren Gesundheitszustand und mögliche Nebenwirkungen der Therapie zu überwachen. Weitere Informationen bietet die NAM- Broschüre CD4-Zellzahl, Viruslast und andere Untersuchungen. Sich auf die Therapie vorbereiten Eine antiretrovirale Therapie ist eine langfristige Angelegenheit nachdem Sie mit der Medikamenteneinnahme begonnen haben, müssen Sie nach heutigem Wissen die Behandlung lebenslang fortsetzen. 6

HIV und Anti-HIV-Medikamente Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihre HIV- Medikamente nach Vorschrift einnehmen, ist höher, wenn Sie in die Entscheidung über den Therapiebeginn und die Medikamente der ersten Kombination einbezogen werden. Um die für Sie am besten passende Medikamentenkombination zu finden, sollten Sie sich selbst und Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin gegenüber ehrlich sein, was Ihren Lebensstil anbelangt. Wichtig ist, keine unrealistisch hohen Ansprüche an sich selbst zu stellen und darüber nachzudenken, wie die Medikamenteneinnahme zu Ihren Ess- und Schlafgewohnheiten, Ihrer Arbeit sowie Ihrem Familien- und Sozialleben passt. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin, speziellen Fachkräften ( Adherence nurses ) oder dem Apotheker/der Apothekerin über die besten Zeitpunkte für die Medikamenteneinahme und mögliche Bedenken oder Unsicherheiten. Es bestehen gute Chancen, eine Kombination zu finden, die überhaupt keine oder nur leichte Änderungen Ihrer Gewohnheiten erforderlich macht. Zunächst aber wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin mit einem Test überprüfen, ob bei Ihnen bereits Resistenzen gegen Anti-HIV- Medikamente vorliegen. Man kann sich nämlich mit Virusstämmen infizieren, die bereits gegen bestimmte Medikamente resistent = unempfindlich sind, sodass diese Medikamente nicht mehr ausreichend wirken. 7

HIV und Anti-HIV-Medikamente Außerdem wird ein genetischer Test namens HLA-B*5701-Test durchgeführt, um festzustellen, ob bei Ihnen ein erhöhtes Risiko für eine allergische (Hypersensitivitäts-) Reaktion auf die antiretrovirale Substanz Abacavir besteht (Ziagen, auch in den Kombinationspräparaten Kivexa und Trizivir enthalten). Weitere Informationen bietet die NAM-Broschüre Nebenwirkungen. Die Medikamente einnehmen Es ist sehr wichtig, keine Dosis Ihrer HIV-Medikamente auszulassen und die Medikamente genau nach Vorschrift einzunehmen. Wenn Sie Dosen auslassen oder die Medikamente nicht nach Vorschrift einnehmen, erhöht sich das Risiko, dass die Viren in Ihrem Körper gegen die Medikamente resistent werden manchmal auch gegen andere Medikamente derselben Klasse. Das bedeutet, dass die Medikamente nicht mehr wirken. Um keine Dosis zu vergessen, sind Routinen und Erinnerungshilfen wie der Alarm an Ihrem Handy oder eine Pillenbox mit Alarmfunktion hilfreich. Um die für Sie richtige Medikamentenkombination zu ermitteln, sollten Sie vor dem Therapiebeginn mit einem Resistenztest überprüfen lassen, ob bei Ihnen bereits Medikamentenresistenzen vorliegen. Wenn Sie die HIV-Therapie umstellen müssen, weil Ihre Viruslast wieder über der Nachweisgrenze liegt, sollten Sie vor der Zusammenstellung der neuen Kombination 8

HIV und Anti-HIV-Medikamente erneut einen Resistenztest durchführen lassen, um die für sie geeigneten Medikamente herauszufinden. Selbst wenn bei Ihnen bereits Resistenzen gegen mehrere Medikamente vorliegen, haben Sie aufgrund der Fülle der verschiedenen Anti-HIV-Medikamente in der Regel immer noch Optionen. Eine Viruslast unter der Nachweisgrenze ist für nahezu jeden Patienten ein realistisches Ziel auch für jene, die schon viele verschiedene antiretrovirale Medikamente genommen und bei denen sich medikamentenresistente Virusstämme entwickelt haben. Bei Schwierigkeiten, die Medikamente nach Vorschrift einzunehmen, sollten Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über andere Kombinationen sprechen, die für Sie einfacher einzunehmen sein könnten. Außerdem gibt es viele Tipps und Hilfestellungen, wie Sie Ihre Therapietreue verbessern können fragen Sie jemanden aus dem medizinischen Team, das Sie betreut, oder besuchen Sie die NAM- Website unter www.aidsmap.com. Nebenwirkungen Wie alle Medikamente können auch Anti- HIV-Medikamente Nebenwirkungen haben. Häufig treten diese in den ersten Wochen nach Therapiebeginn auf. Ihre Ärztin oder Ihre Arzt kann Ihnen verschiedene Medikamente verschreiben, um in dieser Phase besser zurechtzukommen. 9

HIV und Anti-HIV-Medikamente Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Müdigkeit. Nebenwirkungen sollte man nicht aus falsch verstandener Tapferkeit stumm ertragen, sondern mit seiner Ärztin oder seinem Arzt besprechen, insbesondere dann, wenn sie die Lebensqualität beeinträchtigen. Oft gibt es andere Medikamente, die Sie vielleicht besser vertragen. Bestimmte Nebenwirkungen wie Hautausschläge oder Fieber sollten Sie sofort mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin besprechen. Informationen zu möglichen gefährlichen Nebenwirkungen, die schnelles Handeln erfordern, finden Sie in den Einträgen zu den einzelnen Medikamenten. In dieser Broschüre unterscheiden wir zwei Klassen von Nebenwirkungen: zhäufige Nebenwirkungen: Sie treten bei mindestens einem von hundert Patienten auf, die dieses Medikament nehmen. zseltene Nebenwirkungen: Sie treten bei weniger als einem von hundert Patenten auf, die dieses Medikament nehmen. Seltene Nebenwirkungen nennen wir, wenn sie potenziell gefährlich sind. Bei Ihren regelmäßigen Untersuchungen durch den HIV-Spezialisten oder die HIV-Spezialistin wird man auch überprüfen, ob Nebenwirkungen vorliegen, die zu längerfristigen gesundheitlichen Problemen führen können. 10

HIV und Anti-HIV-Medikamente Weitere Informationen zu Nebenwirkungen und zum Umgang mit ihnen bietet die NAM- Broschüre Nebenwirkungen. Wechselwirkungen Wenn man zwei oder mehre Medikamente zusammen einnimmt, kann sich dies auf die Wirksamkeit oder die Nebenwirkungen eines oder mehrerer dieser Medikamente auswirken. Einige Substanzen sollte man nicht in Kombination mit bestimmten antiretroviralen Medikamenten einnehmen. Es ist daher wichtig, dass Ihr Arzt/Ihre Ärztin oder Ihr Pharmazeut/Ihre Pharmazeutin über alle Medikamente und auch Drogen Bescheid weiß, die Sie sonst noch einnehmen. Dazu gehören z. B. Medikamente, die von anderen Ärzt(inn)en verschrieben worden sind, frei verkäufliche Mittel, pflanzliche und alternative Medikamente oder Freizeitdrogen. Einige Medikamentenkombinationen sind kontraindiziert, das heißt, Sie sollten diese Medikamente auf keinen Fall zusammen einnehmen. Tun Sie das doch, kann es zu schweren Nebenwirkungen oder zu Wechselwirkungen kommen, durch die eines oder beide der Medikamente ihre Wirksamkeit verlieren oder giftig wirken können. Andere Wechselwirkungen sind zwar weniger gefährlich, sollten aber trotzdem ernst genommen werden, z. B., weil sich die im Blut verfügbare Wirkstoffmenge bei einem oder beiden Medikamenten verändert, sodass 11

HIV und Anti-HIV-Medikamente eine Dosisanpassung erforderlich werden kann. Ihr HIV-Spezialist/Ihre HIV-Spezialistin oder Ihr Pharmazeut/Ihre Pharmazeutin wird mögliche Nebenwirkungen überprüfen, bevor Sie ein neues Medikament verschrieben bekommen oder zum ersten Mal einnehmen. Wenn Ihnen andere Ärztinnen oder Ärzte Medikamente verschreiben oder empfehlen, müssen sie wissen, welche HIV-Medikamente Sie einnehmen. So weiß man z. B., dass Mittel zur Behandlung von Erektionsstörungen wie Viagra mit Protease-Inhibitoren (PIs) und Nicht-nukleosidalen Reverse-Transkriptase- Inhibitoren (NNRTIs) wechselwirken können. Wechselwirkungen mit Protease-Inhibitoren können zu einer Erhöhung des Blutspiegels von Viagra und ähnlichen Medikamenten führen, sodass das Risiko von Nebenwirkungen steigt. Informieren Sie Ihren HIV-Arzt/Ihre HIV-Ärztin auch darüber, wenn Sie frei verkäufliche Medikamente (zum Beispiel in der Apotheke gekaufte oder im Internet bestellte Mittel) nehmen. Einige HIV-Medikamente können zu Wechselwirkungen mit Antihistaminika, Asthma-Medikamenten (Steroide), Mitteln gegen Magenprobleme und Statinen (Mittel zur Kontrolle des Cholesterinspiegels/ Blutfettsenker) führen. Solche Medikamente können entweder verschrieben werden oder sind frei verkäuflich. 12

HIV und Anti-HIV-Medikamente Wenn Sie darüber nachdenken, weitere Medikamente zu nehmen, sollten Sie mit Ihrem Arzt oder Pharmazeuten darüber sprechen, damit sie mögliche Wechselwirkungen überprüfen und Ihnen die bestmögliche Behandlung empfehlen können. Wenn Sie rezeptfreie Mittel kaufen, möchten Sie den Apotheker oder die Apothekerin vielleicht darüber informieren, welche Anti- HIV-Medikamente Sie einnehmen viele Apotheken verfügen über einen geschützten Beratungsbereich. Sie können die Namen Ihrer HIV-Medikamente auch auf einen Zettel schreiben und ihm oder ihr diesen Zettel geben. Sollten Sie den Namen Ihrer antiretroviralen Medikamente nennen müssen, ist es eher unwahrscheinlich, dass andere Kunden wissen, wozu sie eingesetzt werden. Über Wechselwirkungen mit Partydrogen ist weniger bekannt. Man weiß aber, dass es potenzielle Wechselwirkungen zwischen Drogen wie Ketamin, Ecstasy und Methamphetamin (Crystal Meth) sowie einigen NNRTIs und PIs gibt. Wenn Sie Partydrogen konsumieren, ist es ratsam, das mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin, einem Pharmazeuten/ einer Pharmazeutin oder einem Berater/einer Beraterin zu besprechen. Auch mit pflanzlichen und alternativen Mitteln können antiretrovirale Medikamente interagieren. In vielen Fällen sind diese Wechselwirkungen eher eine theoretische Möglichkeit oder wurden nur im Reagenzglas beobachtet über die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in der Realität auftreten, weiß 13

HIV und Anti-HIV-Medikamente man noch nicht genug. Bekannt ist, dass Johanniskraut, ein pflanzliches Mittel gegen Angstzustände und Depressionen, die Blutspiegel von NNRTIs und PIs senken kann. Laborversuche weisen außerdem darauf hin, dass auch die Afrikanische Kartoffel und Sutherlandia die Wirkspiegel von PIs, NNRTIs sowie Maraviroc (Celsentri) senken können. Wechselwirkungen können auch mit Mitteln auftreten, die man nicht über den Mund einnimmt. So kann etwa Ritonavir mit Inhalationsmitteln und Nasensprays interagieren, die Fluticason oder Salmeterol enthalten (z. B. Flixotide, Flixonase, Seretide oder Serevent), und zu schweren Nebenwirkungen führen. Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen (z. B. Nurofen) können Sie auch bei einer HIV-Therapie nehmen, es sei denn, andere medizinische Gründe sprechen dagegen. Informieren Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt und den HIV-Pharmazeuten/die HIV- Pharmazeutin über alle Medikamente oder Heilmittel, die Sie einnehmen. Dazu gehören ärztlich verschriebene Medikamente, frei verkäufliche Mittel, pflanzliche oder traditionelle Mittel und Partydrogen. Prüfen Sie darüber hinaus mögliche Wechselwirkungen, bevor Sie ein neues Mittel einnehmen (das gilt für frei verkäufliche Substanzen ebenso wie für Medikamente, die Ihnen Ihr Arzt oder Zahnarzt verschrieben hat). 14

HIV und Anti-HIV-Medikamente HIV-Therapie und Schwangerschaft Antiretrovirale Medikamente werden in der Schwangerschaft als effektive Mittel eingesetzt, um eine HIV-Übertragung von der Mutter auf das Baby zu verhindern. Es liegen immer mehr Daten vor, denen zufolge eine HIV-Behandlung in der Schwangerschaft kein Risiko darstellt. Eine solche Therapie senkt das Risiko einer HIV-Übertragung auf das Kind so entscheidend, dass dieser Nutzen mögliche Risiken bei Weitem übersteigt. Im Allgemeinen werden in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft keine Anti- HIV-Medikamente eingesetzt es sei denn, die Frau macht bereits eine antiretrovirale Therapie. HIV-infizierten Schwangeren wird empfohlen, zwischen der 14. und 24. Schwangerschaftswoche mit der HIV- Therapie zu beginnen (in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand und der Viruslast), sofern sie nicht mit Blick auf ihre eigene Gesundheit schon früher mit der Einnahme von HIV-Medikamenten anfangen sollten. Auch bei hoher Viruslast kann ein früherer Therapiebeginn ratsam sein. Sobald sich der Gesundheitszustand einer Frau durch eine antiretrovirale Therapie verbessert, kann sich auch ihre Fruchtbarkeit erhöhen. Wenn Sie über eine Schwangerschaft nachdenken, sollten Sie darüber mit Ihrem HIV-Arzt oder Ihrer HIV-Ärztin sprechen, bevor Sie schwanger zu werden versuchen. Wird bei Ihnen eine Schwangerschaft festgestellt, sollten Sie das sofort Ihrem Arzt oder Ihrer 15

HIV und Anti-HIV-Medikamente Ärztin mitteilen. Er oder sie wird dann mit Ihnen über Ihre Therapieoptionen sprechen und häufig auch dabei helfen, zusammen mit anderen Beteiligten wie einer Hebamme oder einem Geburtshelfer Ihre medizinische Versorgung bis zur Geburt so zu organisieren, dass Sie optimal betreut werden. Viele HIV-Medikamente setzen aufgrund von Wechselwirkungen die Wirksamkeit bestimmter hormoneller Verhütungsmittel (z. B. Hormonpflaster oder -stäbchen) herab. Die meisten anderen Verhütungsmittel sind nicht von der HIV-Infektion oder der HIV- Therapie betroffen, und einige neuere HIV- Medikamente schränken die Wirksamkeit von Verhütungsmitteln nicht ein. Weitere Informationen über die verschiedenen Verhütungsmöglichkeiten bekommen Sie bei Ihrem Behandlungsteam und in der NAM- Broschüre HIV und Frauen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass eine antiretrovirale Behandlung des Vaters das Risiko einer Schädigung des Kindes mit sich bringen könnte. Wie Sie Ihre HIV-Medikamente bekommen Mit dem Rezept für Ihre HIV-Medikamente, das Sie bei Ihren regelmäßigen Besuchen in der HIV-Ambulanz bekommen, gehen Sie entweder zur HIV-Medikamentenausgabe ( HIV pharmacy, in größeren Krankenhäusern) oder zur Medikamentenausgabestelle des Krankenhauses für ambulante Patienten 16

HIV und Anti-HIV-Medikamente ( outpatient pharmacy ). In einer normalen Apotheke werden normalerweise keine HIV- Medikamente ausgegeben, es sei denn, Ihre Klinik arbeitet mit einer bestimmten Apotheke zusammen. Ihre Medikamente sollten bis zu Ihrem nächsten Besuch in der Klinik ausreichen. Sobald Ihre HIV-Therapie stabil verläuft und die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, können Sie vielleicht auch mit der Klinik vereinbaren, dass Ihnen die Medikamente nach Hause geliefert werden (weitere Informationen zum Thema home delivery, auch local delivery genannt, finden Sie unter www.aidsmap.com). Sie müssen aber weiterhin regelmäßig Ihre HIV-Klinik aufsuchen, damit Ihr Gesundheitszustand überwacht werden kann. Achten Sie stets darauf, dass Sie bis zum nächsten Termin in der Klinik noch genügend Medikamente haben. Wenn abzusehen ist, dass Ihnen die Medikamente vorher ausgehen, setzen Sie sich schnellstmöglich mit der Klinik in Verbindung, um Ihre Versorgung mit HIV-Medikamenten sicherzustellen. Der Pharmazeut oder die Pharmazeutin wird Sie nach Allergien gegen Medikamente fragen und Ihnen erklären, wie Sie die Ihnen verschriebenen Medikamente nehmen sollen. Er oder sie kann Ihnen auch dabei helfen, mit Ihrer Therapie gut zurechtzukommen, und weiß Rat zu Fragen wie Therapietreue, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Vorschriften zur Nahrungs- und 17

HIV und Anti-HIV-Medikamente Flüssigkeitsaufnahme, Aufbewahrung, Schlucken der Pillen und Einnahme der Medikamente auf Reisen. Namen von Anti-HIV-Medikamenten Pharmazeutische Medikamente bekommen verschiedene Namen: zzuerst einen Forschungsnamen, der etwas mit der chemischen Struktur oder dem forschenden Unternehmen zu tun hat (z. B. DMP266), zdann einen generischen Namen, der für alle Arzneimittel mit derselben chemischen Struktur gilt (z. B. Efavirenz) und zdrittens einen Markennamen, der einem bestimmten Unternehmen gehört. Markennamen werden in dieser Broschüre kursiv geschrieben (z. B. Sustiva). In dieser Broschüre werden die verschiedenen Bezeichnungen eines Medikaments zu Beginn der Einträge genannt, im Text wird dann jeweils die gebräuchlichste Bezeichnung verwendet. Typen antiretroviraler Medikamente Es gibt sechs Haupttypen ( Klassen ) antiretroviraler Substanzen: Nukleosidale Reverse-Transkriptase- Inhibitoren (NRTIs) und Nukleotidale Reverse- Transkriptase-Inhibitoren (NtRTIs) setzen an einem HIV-Enzym namens Reverse 18

HIV und Anti-HIV-Medikamente Transkriptase an. Medikamente aus dieser Klasse stellen das Rückgrat einer HIV- Ersttherapie dar; sie werden normalerweise in Form von Kombinationspräparaten eingesetzt, die mehrere Wirkstoffe in einer Tablette oder Pille kombinieren. Nicht-nukleosidale Reverse-Transkriptase- Inhibitoren (NNRTIs) setzen ebenfalls an der Reversen Transkriptase an, haben aber einen anderen Wirkmechanismus als NRTIs und NtRTIs. Protease-Inhibitoren (PIs) blockieren ein HIV- Enzym namens Protease. Entry-Inhibitoren hindern HIV daran, in menschliche Zellen einzudringen. Es gibt zwei Typen: Fusions-Inhibitoren und CCR5-Blocker. CCR5-Blocker wirken nicht bei allen Patientinnen und Patienten und werden nur selten für die erste Medikamentenkombination verschrieben. Bevor ein CCR5-Blocker eingesetzt werden kann, muss mit einem Test überprüft werden, ob er überhaupt wirksam wäre. Integrase-Inhibitoren setzen an einem HIV- Enzym namens Integrase an und verhindern, dass die Virus-Erbsubstanz in die DNA der menschlichen Zelle integriert wird. Jede Medikamentenklasse bekämpft HIV auf einem anderen Weg. Im Allgemeinen werden Medikamente aus zwei (manchmal auch drei) Klassen kombiniert, um eine größtmögliche Wirksamkeit zu erreichen. 19

Die in dieser Broschüre genannten Medikamente sind für den Einsatz in der Europäischen Union zugelassen und werden in Therapieleitlinien empfohlen. Es kann darüber hinaus auch Situationen geben, in denen aufgrund besonderer Umstände andere (hier nicht beschriebene) HIV-Medikamente verschrieben werden. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der NAM-Website www.aidsmap.com. Kombinationspräparate 20 Kombinationspräparate Mittlerweile gibt es Präparate, die drei Anti-HIV-Medikamente aus mehr als einer Klasse in einer Pille kombinieren. Diese Kombinationspräparate machen es möglich, dass viele HIV-Patientinnen und -Patienten nur einmal täglich eine einzige Pille nehmen müssen. Daneben gibt es weitere Kombinationspräparate, die zwei Medikamente aus derselben Klasse enthalten. Auch sie können die Zahl der täglich einzunehmenden Tabletten senken, müssen aber immer mit mindestens einem weiteren Medikament zusammen eingenommen werden. Diese Kombinationspräparate

Kombinationspräparate werden in dieser Broschüre unter ihren Medikamentenklassen aufgeführt. Atripla Atripla stellt eine HIV-Dreier-Kombinationstherapie in Form einer einzigen, einmal täglich einzunehmenden Pille dar. Eine Tablette enthält 200 mg FTC (Emtricitabin), 300 mg Tenofovir und 600 mg Efavirenz. Dosierung: einmal täglich eine pinkfarbene Tablette. Nebenwirkungen: Am häufigsten sind Schlafstörungen, Müdigkeit, lebhafte Träume, Konzentrationsstörungen, Schwindelgefühl, Hautauschlag, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Angstgefühle, depressive Verstimmungen, erhöhte Kreatinkinase- Werte, Hautverfärbungen, erniedrigter Blut-Phosphatgehalt, Schwächegefühl, Magenschmerzen und Blähungen. Ausführliche Informationen finden Sie in den Einträgen zu FTC, Tenofovir und Efavirenz. Einnahmehinweise: Einmal täglich eine Tablette einnehmen. In Europa wird empfohlen, Atripla auf nüchternen Magen zu nehmen. Einige Patient(inn)en haben aber die Erfahrung gemacht, dass weniger Nebenwirkungen auftreten, wenn sie die Tablette zusammen mit einer Mahlzeit einnehmen. Wenn Ihnen das hilft, können Sie das auch so machen. Sie sollten dieses Medikament aber nicht zusammen mit fettreichem Essen einnehmen, weil das die Aufnahme des Medikaments verbessern und Nebenwirkungen verstärken könnte. 21

Kombinationspräparate Falls Atripla (aufgrund des darin enthaltenen Efavirenz) zu Verwirrtheit oder Benommenheit führt, was in den ersten paar Wochen der Therapie häufig vorkommt, kann es hilfreich sein, das Medikament vor dem Schlafengehen einzunehmen. Resistenz: Eine Resistenz gegen Efavirenz ist normalerweise mit einer Resistenz gegen den NNRTI Nevirapin und möglicherweise gegen den NNRTI Rilpivirin verbunden. In diesem Fall wirkt aber wahrscheinlich noch der NNRTI Etravirin. Wichtige Wechselwirkungen: siehe die Einträge zu FTC, Tenofovir und Efavirenz Eviplera Eviplera bietet eine Dreier- Kombinationsbehandlung in Form einer einmal täglich einzunehmenden Pille. Sie enthält 200 mg FTC (Emtricitabin), 25 mg Rilpivirin und 245 mg Renofovir in einer violett-rosafarbenen Tablette. Einnahmehinweise: Einmal täglich eine Tablette zu einer Mahlzeit einnehmen. Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindelgefühl, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Hautausschlag, Magenschmerzen, Mattigkeit, Blähungen, Veränderung der Nierenfunktion, erhöhte Kreatinkinase-Werte, erniedrigter Blut- 22

Kombinationspräparate Phosphatgehalt, Hautverfärbungen. Eviplera kann Stimmungsschwankungen und Depressionen auslösen. Weitere Informationen finden Sie in den Einträgen zu FTC, Rilpivirin und Tenofovir. Seltene Nebenwirkungen: Herzrhythmusstörungen (QT-Verlängerung). Wichtige Wechselwirkungen: Medikamente zur Regulierung der Magensäureproduktion können die Aufnahme von Eviplera blockieren. Nehmen Sie Protonenpumpen-Inhibitoren (PPIs) wie Omeprazol nicht zusammen mit Eviplera ein. H 2 -Blocker sollten Sie spätestens 12 Stunden vor oder frühestens vier Stunden nach der Einnahme von Eviplera nehmen. Wenn Sie andere Mittel gegen Magen- und Verdauungsstörungen oder Kalziumpräparate nehmen, sollten Sie diese spätestens zwei Stunden vor oder frühestens vier Stunden nach der Einnahme von Eviplera einnehmen, da auch solche Mittel die Aufnahme von Eviplera behindern können. Weitere Informationen finden Sie in den Einträgen zu FTC, Rilpivirin und Tenofovir. 23

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Nukleosidale/ Nukleotidale Reverse- Transkriptase- Inhibitoren (NRTIs/ NtRTIs) Die meisten Patient(inn)en nehmen diese Medikamente heute in Form von Kombinationspräparaten ein, die verschiedene Substanzen enthalten. Diese Kombinationspräparate führen wir im Folgenden an erster Stelle auf, die darin enthaltenen Substanzen werden aber auch einzeln genannt. 24 Combivir Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus AZT (Zidovudin) und 3TC (Lamivudin). Dosierung: zweimal täglich eine weiße Tablette (150 mg 3TC und 300 mg AZT). Nebenwirkungen: Am häufigsten sind Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl/ Benommenheit, Schwächegefühl, Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, Fieber, Bauchschmerzen, Haarausfall, Schlafstörungen, Hautausschlag, laufende Nase, Gelenkschmerzen. Weitere Informationen finden Sie in den Einträgen zu AZT und 3TC. Einnahmehinweise: Zweimal täglich eine Tablette (mit oder ohne Nahrung).

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Wichtige Wechselwirkungen: siehe die Einträge zu AZT und 3TC. Kivexa Dieses Medikament kombiniert 3TC (Lamivudin) und Abacavir. Dosierung: einmal täglich eine orangefarbene Tablette (600 mg Abacavir und 300 mg 3TC). Nebenwirkungen: Abacavir kann insbesondere bei Vorliegen eines bestimmten Gens eine schwere Hypersensitivitätsreaktion (HSR) auslösen. Vor dem Start einer Therapie mit Kivexa (oder einem anderen Medikament, das Abacavir enthält) sollte ein HLA-B*5701- Test durchgeführt werden, um festzustellen, ob dieses Gen bei Ihnen vorliegt. Fällt der Test positiv aus, DÜRFEN Sie AUF KEINEN FALL Kivexa einnehmen. Fällt der Test negativ aus, ist eine allergische Reaktion höchst unwahrscheinlich. Wenn sich Ihr Gesundheitszustand nach der Einnahme des Medikaments aber verschlechtert, sollten Sie unverzüglich Ihre HIV-Klinik informieren (außerhalb der Öffnungszeiten die Notaufnahme). In der Medikamentenschachtel befindet sich eine Warnkarte, die Sie in den ersten sechs Wochen der Therapie mit Kivexa bei sich haben sollten. Achten Sie in dieser Zeit auf die folgenden Nebenwirkungen: zhautausschlag ODER zeines oder mehrere Symptome aus mindestens ZWEI der folgenden Gruppen: 25

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Fieber Kurzatmigkeit, Halsschmerzen oder Husten Übelkeit oder Erbrechen oder Durchfall oder Bauchschmerzen schwere Müdigkeit oder Schmerzen oder allgemeines Krankheitsgefühl. Zu den weiteren Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Haarausfall, Fieber, Schlafstörungen, Hautausschlag, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, laufende Nase und Gelenkschmerzen. Weitere Informationen finden Sie in den Einträgen zu 3TC und Abacavir. Einnahmehinweise: Einmal täglich eine Tablette, mit oder ohne Nahrung. Wichtige Wechselwirkungen: siehe die Einträge zu 3TC und Abacavir. Trizivir Dieses Medikament ist eine Kombination aus 3TC (Lamivudin), Abacavir und AZT (Zidovudin). Die Dosierung ist zweimal täglich eine grüne Tablette (300 mg AZT, 150 mg 3TC und 300 mg Abacavir). Eine Behandlung mit Trizivir wird nicht allgemein empfohlen. Die antiretrovirale Wirkung ist häufig nicht stark genug, um die Viruslast unter die Nachweisgrenze zu senken. Außerdem enthält das Medikament AZT, das 26

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Lipoatrophie verursachen kann. Trizivir sollte daher nicht eingesetzt werden, solange es noch andere Behandlungsoptionen gibt. Nebenwirkungen: Abacavir kann insbesondere bei Vorliegen eines bestimmten Gens eine schwere Hypersensitivitätsreaktion (HSR) auslösen. Vor dem Start einer Therapie mit Trizivir (oder einem anderen Medikament, das Abacavir enthält) sollte ein HLA-B*5701-Test durchgeführt werden, um festzustellen, ob dieses Gen bei Ihnen vorliegt. Fällt der Test positiv aus, DÜRFEN Sie AUF KEINEN FALL Trizivir einnehmen. Fällt der Test negativ aus, ist eine allergische Reaktion höchst unwahrscheinlich. Wenn sich Ihr Gesundheitszustand nach der Einnahme des Medikaments aber verschlechtert, sollten Sie unverzüglich Ihre HIV-Klinik informieren (außerhalb der Öffnungszeiten die Notaufnahme). In der Medikamentenschachtel befindet sich eine Warnkarte, die Sie in den ersten sechs Wochen der Therapie mit Trizivir bei sich haben sollten. Achten Sie in dieser Zeit auf die folgenden Nebenwirkungen: zhautausschlag ODER zeines oder mehrere Symptome aus mindestens ZWEI der folgenden Gruppen: Fieber Kurzatmigkeit, Halsschmerzen oder Husten Übelkeit oder Erbrechen oder Durchfall oder Bauchschmerzen 27

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) schwere Müdigkeit oder Schmerzen oder allgemeines Krankheitsgefühl. Zu den weiteren Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Haarausfall, Fieber, Schlafstörungen, Hautausschlag, Müdigkeit, laufende Nase, Gelenkschmerzen, Schwächegefühl, Muskelschmerzen und Appetitlosigkeit. Weitere Informationen finden Sie in den Einträgen zu 3TC, Abacavir und AZT. Einnahmehinweise: Zweimal täglich eine Tablette, mit oder ohne Nahrung. Wichtige Wechselwirkungen: siehe die Einträge zu 3TC, Abacavir und AZT. Truvada Dieses Medikament enthält FTC und Tenofovir. Dosis: einmal täglich eine blaue Tablette (200 mg FTC und 245 mg Tenofovir). Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindelgefühl/Benommenheit, Kopfschmerzen, Hautausschlag, Schwächegefühl, Bauchschmerzen, Erschöpfung, Blähungen, erhöhte Kreatinkinase-Werte, erniedrigter Blut- Phosphatgehalt, Hautverfärbungen. Weitere Informationen finden Sie in den Einträgen zu FTC und Tenofovir. Einnahmehinweise: Einmal täglich möglichst zusammen mit einer Mahlzeit einnehmen. Sie können Truvada aber auch auf nüchternen Magen nehmen. 28

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Wichtige Wechselwirkungen: siehe die Einträge zu FTC und Tenofovir. 3TC Namen: 3TC, Lamivudin, Epivir Zugelassene Dosierung: 300 mg täglich zweimal täglich eine weiße 150-mg-Tablette, einmal täglich zwei weiße 150-mg-Tabletten oder einmal täglich eine größere, graue 300-mg-Tablette. Auch zusammen mit AZT als Kombinationspräparat unter dem Namen Combivir, zusammen mit AZT und Abacavir unter dem Namen Trizivir und in Kombination mit Abacavir unter dem Namen Kivexa erhältlich. Kinder: Für die Behandlung von Kindern zugelassen; auch als flüssige Suspension erhältlich. Einnahmehinweise: Kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Haarausfall, Fieber, Schlafstörungen, Hautausschlag, Müdigkeit und Gelenkschmerzen. Seltene Nebenwirkungen: Laktatazidose, Leberschäden. Wichtige Wechselwirkungen: 3TC sollte nicht zusammen mit dem HIV-Medikament FTC 29

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) eingenommen werden. 3TC nicht mit hohen Dosen des Antibiotikums Cotrimoxazol einnehmen. Abacavir Namen: Abacavir, Ziagen Zugelassene Dosierung: 600 mg täglich, entweder zweimal täglich eine gelbe 300-mg-Tablette oder einmal täglich zwei 300-mg-Tabletten. Abacavir und 3TC sind auch als Kombinationspräparat unter dem Namen Kivexa erhältlich. Abacavir ist zusammen mit AZT und 3TC auch als feste Kombination unter dem Namen Trizivir erhältlich. Kinder: Auch in flüssiger Formulierung erhältlich. Einnahmehinweise: Kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Seltene Nebenwirkungen: Hypersensitivitätsreaktion, Laktatazidose. Einige, aber nicht alle Studien bringen Abacavir mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko in Verbindung. Aus diesem Grund wird Abacavir nicht empfohlen, wenn bei Ihnen weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- Erkrankungen vorliegen. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird mit das mit Ihnen besprechen. 30

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Wichtiger Warnhinweis: Abacavir kann insbesondere bei Vorliegen eines bestimmten Gens eine schwere Hypersensitivitätsreaktion (HSR) auslösen. Vor dem Start einer Therapie mit Abacavir (oder einem anderen Medikament, das Abacavir enthält) sollte ein HLA-B*5701-Test durchgeführt werden, um festzustellen, ob dieses Gen bei Ihnen vorliegt. Fällt der Test positiv aus, DÜRFEN Sie AUF KEINEN FALL Abacavir einnehmen. Fällt der Test negativ aus, ist eine allergische Reaktion höchst unwahrscheinlich. Wenn sich Ihr Gesundheitszustand nach der Einnahme des Medikaments aber verschlechtert, sollten Sie unverzüglich Ihre HIV-Klinik informieren (außerhalb der Öffnungszeiten die Notaufnahme). In der Medikamentenschachtel befindet sich eine Warnkarte, die Sie in den ersten sechs Wochen der Therapie mit Abacavir immer bei sich haben sollten. Achten Sie in dieser Zeit auf die folgenden Nebenwirkungen: zhautausschlag ODER zeines oder mehrere Symptome aus mindestens ZWEI der folgenden Gruppen: Fieber Kurzatmigkeit, Halsschmerzen oder Husten Übelkeit oder Erbrechen oder Durchfall oder Bauchschmerzen schwere Müdigkeit oder Schmerzen oder allgemeines Krankheitsgefühl. 31

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Wenn eine solche allergische Reaktion bei Ihnen aufgetreten ist, sollten Sie niemals (wieder) Abacavir, Trizivir oder Kivexa einnehmen. Wichtige Wechselwirkungen: Vorsicht ist angezeigt, wenn Abacavir zusammen mit dem zur Hepatitis-C-Therapie eingesetzten Medikament Ribavirin genommen werden soll. Auch Phenytoin, ein Mittel zur Behandlung der Epilepsie, kann zu Wechselwirkungen mit Abacavir führen. AZT Namen: AZT, Zidovudin Zugelassene Dosierung: AZT ist als Generikum erhältlich, das Aussehen kann sich von Klinik zu Klinik unterscheiden. Zugelassen ist das Mittel in der Dosierung zweimal täglich eine 250-mg-Kapsel. Für Dosisanpassungen ist eine 100-mg-Kapsel verfügbar. Auch in Kombination mit 3TC als Combivir und in Kombination mit 3TC und Abacavir als Trizivir erhältlich. Kinder: Für die Behandlung von Kindern zugelassen. Flüssige Formulierung erhältlich. Einnahmehinweise: Kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Einnahme zusammen mit Nahrung kann Übelkeit reduzieren. Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl/Benommenheit, 32

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Schwächegefühl, Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, Fieber. Seltene Nebenwirkungen: Blutbildungsstörungen, Lipoatrophie, Laktatazidose. Wichtige Wechselwirkungen: Nicht zusammen mit dem HIV-Medikament Tipranavir nehmen. Wird AZT zusammen mit dem Antibiotikum Clarithromycin oder dem Epilepsiemedikament Phenytoin genommen, muss der Medikamentenspiegel eng überwacht und gegebenenfalls die Dosis angepasst werden. Bei zahlreichen anderen Medikamenten können sich bei gleichzeitiger Anwendung von AZT die Nebenwirkungen verstärken. Es ist daher wichtig, dass Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt darüber informieren, welche Medikamente und Substanzen Sie sonst noch nehmen. Dazu gehören auch (aber nicht nur) Methadon sowie Medikamente zur Behandlung von Infektionen, Krebs und Malaria. FTC Namen: FTC, Emtricitabin, Emtriva Zugelassene Dosierung: Einmal täglich eine blau-weiße 200-mg-Kapsel. FTC ist auch in einer festen Kombination mit Tenofovir unter dem Namen Truvada, in fester Kombination mit Tenofovir und Efavirenz unter dem Namen Atripla sowie in Kombination mit Rilpivirin und Tenofovir unter dem Namen Eviplera erhältlich. 33

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) Hinweis: Patient(inn)en mit Nierenfunktionsstörungen kann der Arzt/die Ärztin eine niedrigere Dosierung empfehlen. Kinder: Für die Behandlung von Kindern ab vier Monaten zugelassen. Einnahmehinweise: Kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. In Europa wird empfohlen, Atripla auf nüchternen Magen einzunehmen. Einige Patient(inn)en haben weniger Nebenwirkungen, wenn sie die Tablette zusammen mit einer Mahlzeit einnehmen. Nehmen Sie Atripla aber nicht zusammen mit fettreichem Essen ein, weil das die Aufnahme des Medikaments verbessern und Nebenwirkungen verstärken könnte. Eviplera sollte immer zu einer Mahlzeit eingenommen werden. Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, erhöhte Kreatinkinase-Werte, Hautverfärbungen. Seltene Nebenwirkungen: Laktatazidose, Leberschädigung. Wichtige Wechselwirkungen: FTC sollte nicht zusammen mit dem HIV-Medikament 3TC (Lamivudin) eingesetzt werden. Tenofovir Namen: Tenofovir, Viread Zugelassene Dosierung: Einmal täglich eine blaue 245-mg-Tablette. Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann die Dosierung angepasst werden. Zusammen mit FTC 34

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) auch als Kombinationspräparat unter dem Namen Truvada erhältlich, in Kombination mit FTC und Efavirenz unter dem Namen Atripla und zusammen mit Rilpivirin als Kombinationspräparat Eviplera. Einnahmehinweise: Zusammen mit Nahrung einnehmen, um die Aufnahme zu verbessern. Kann nach den US-amerikanischen Empfehlungen mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. In Europa wird empfohlen, Atripla auf nüchternen Magen einzunehmen. Einige Patienten berichten, die Einnahme zusammen mit Nahrung reduziere die Nebenwirkungen. Nehmen Sie Atripla aber nicht zusammen mit fettreichen Speisen ein. Das könnte die Aufnahme des Medikaments verbessern und die Nebenwirkungen verstärken. Eviplera sollte grundsätzlich zu einer Mahlzeit eingenommen werden. Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Blähungen, Schwindelgefühl/Benommenheit, niedrige Phosphatspiegel im Blut, Schwächegefühl, Hautausschlag, Kopfschmerzen, Magenschmerzen und Abgeschlagenheit. Seltene Nebenwirkungen: Nierenprobleme, Abnahme der Knochendichte. Wichtige Wechselwirkungen: Werden Tenofovir und Atazanavir zusammen eingenommen, senkt dies den Wirkspiegel von Atazanavir. Atazanavir sollte deshalb nur eingesetzt werden, wenn es mit Ritonavir 35

Nukleosidale/Nukleotidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs/NtRTIs) geboostert wird. Protease-Inhibitoren können den Tenofovir-Wirkspiegel anheben wird diese Kombination eingesetzt, sollte Ihr HIV-Team Sie sorgfältig auf Nebenwirkungen überwachen. Fall, wenn Sie ein Kreatin-Präparat nehmen, und nehmen Sie das Präparat an den beiden Tagen vor Blutuntersuchungen nicht ein. Nehmen Sie Tenofovir nicht zur selben Zeit wie das Hepatitis-Medikament Adefovirdipivoxil (Hepsera) ein. Es ist wichtig, dass Ihr Arzt über andere Medikamente und Substanzen, die Sie nehmen, Bescheid weiß, falls diese das Risiko für Nierenprobleme erhöhen. Dazu gehören auch Kreatin-Präparate zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit, da sie das Ergebnis von Nierenfunktionstests verfälschen können. Informieren Sie Ihren Arzt auf jeden 36

Nicht-nukleosidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) Nicht-nukleosidale Reverse-Transkriptase- Inhibitoren (NNRTIs) Efavirenz Namen: Efavirenz, Sustiva Zugelassene Dosierung: Einmal täglich eine dunkelgelbe 600-mg-Tablette oder einmal täglich drei dunkelgelbe 200-mg-Kapseln. Efavirenz ist auch in Kombination mit FTC und Tenofovir erhältlich (Atripla). Kinder: Für die Behandlung von Kindern ab 3 Jahren mit mehr als 13 kg Körpergewicht zugelassen. Auch als orale Lösung erhältlich (aber in anderer Dosierung als die Tabletten 37 oder Kapseln, bitte beachten). Einnahmehinweise: Empfohlen wird die Einnahme auf nüchternen Magen. Einige Patienten berichten, die Einnahme zusammen mit Nahrung reduziere die Nebenwirkungen. Nehmen Sie Efavirenz aber nicht zusammen mit fettreichen Speisen ein. Das könnte die Aufnahme des Medikaments verbessern und die Nebenwirkungen verstärken. Wenn Efavirenz zu Verwirrtheit oder Schwindelgefühl/Benommenheit führt, kann es helfen, das Medikament vor dem Schlafengehen einzunehmen. Häufige Nebenwirkungen: Hautausschlag, Schwindelgefühl/Benommenheit,

Nicht-nukleosidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) Kopfschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit. Efavirenz kann Stimmungs- und Schlafprobleme verursachen, vor allem in den ersten vier Behandlungswochen. Dazu gehören Verstimmungen, Verwirrtheit, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, lebhafte Träume, Angstgefühle und Depressionen. In den meisten Fällen verschwinden diese Nebenwirkungen von selbst wieder, sodass Efavirenz nicht abgesetzt werden muss. Einige Patienten empfinden die Nebenwirkungen allerdings als unerträglich und müssen daher die Kombination wechseln. Wenn Sie bereits psychische Probleme hatten, ist Efavirenz möglicherweise keine gute Wahl für Sie. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt dann über andere Behandlungsmöglichkeiten. Seltene Nebenwirkungen: Schwerer Hautausschlag, Psychose, Leberschäden. Resistenz gegen Efavirenz: Führt wahrscheinlich auch zu einer Resistenz gegen Nevirapin und möglicherweise gegen Rilpivirin. Wichtige Wechselwirkungen: Einige Medikamente können in Kombination mit Efavirenz gefährliche Wechselwirkungen auslösen. Efavirenz nicht zusammen einnehmen mit dem Hepatitis-Medikament Boceprevir, Ergotalkaloiden (zur Behandlung von Migräne und Cluster-Kopfschmerzen sowie als Wehenmittel eingesetzt), dem 38

Nicht-nukleosidale Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) Schlafmittel Midazolam, Pimozid (einem Mittel zur Behandlung bestimmter psychischer Störungen) oder Johanniskraut. Einige Medikamente können mit Efavirenz so interagieren, dass der Blutspiegel eines oder beider Medikamente beeinflusst wird und eine Dosisanpassung erforderlich werden kann. Das ist der Fall bei den HIV-Medikamenten Darunavir, Lopinavir/Ritonavir (Kaletra), Ritonavir, mit Ritonavir geboostertem Atazanavir, Fosamprenavir und Maraviroc. Darüber hinaus trifft dies auch auf einige Mittel zur Behandlung bakterieller Infektionen wie Tuberkulose (einschließlich Clarithromycin, Rifabutin und Rifampicin), Mittel gegen Pilzerkrankungen, Antikonvulsiva, Statine, Methadon, Sertralin, Kalziumkanalblocker, Immunsuppressiva und Warfarin zu. Efavirenz kann die Wirksamkeit einiger hormoneller Verhütungsmittel (z. B. die Pille, Hormonpflaster oder Hormonimplantate) herabsetzen. Wenn Sie solche Mittel zur Verhütung einer Schwangerschaft anwenden, sollten Sie ein zusätzliches oder ein anderes Verhütungsmittel wählen. Etravirin Namen: Etravirin, Intelence Zugelassene Dosierung: Zweimal täglich eine weiße 200-mg-Tablette oder zwei weiße 100- mg-tabletten. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin kann Ihnen auch empfehlen, einmal täglich 400 mg zu nehmen. Ändern Sie die Dosierung jedoch nicht ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt. 39