Was ist ein Plasma? Max Camenzind Akademie HD 2018

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Transkript:

Was ist ein Plasma? Max Camenzind Akademie HD 2018

Vortragszyklus Das Dunkle Universum 19.9. / 17.10. / 21.11. / 12.12.2018 10:40-12:10 Uhr in E06 Max Camenzind Heidelberg 2018

Lagrange-Punkte / effektives Potenzial 4

Gasentladung an einer Hochspannung führenden Metallspitze

Inhalt Die vier Aggregatszustände der Materie. Wo finden wir Plasmen? Plasmen im Labor und Fusion. Plasmen im Weltraum. Wie entstehen Plasmen? Phasendiagramme der Plasmen. Die Abschirm-Länge sog. Debye-Radius. Plasma-Schwingungen und Plasma-Frequenz. Das magnetisierte Plasma.

Vom Festkörper zum Plasma In Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen (hauptsächlich Druck und Temperatur) kommt Materie in verschiedenen Aggregatzuständen vor. Bei hinreichend niedriger Temperatur sind nahezu alle Materialien im festen Zustand. Ihre kleinsten Bausteine (Atome, Moleküle) bilden ein festes Gefüge, das bei einem kristallinen Festkörper als regelmäßiges (Kristall-)Gitter erscheint (siehe Bild unten, linke Seite: Hexagonales Gitter). Bei steigender Temperatur nimmt die Bewegung der Bausteine kontinuierlich zu, bis diese ihre festen Plätze verlassen und sich umeinander bewegen können. Nun haben wir eine Flüssigkeit. Bei weiterer Temperaturerhöhung verlassen die Bausteine den gemeinsamen Verband und bewegen sich frei umher. Wir haben es nun mit einem Gas, dem dritten Aggregatzustand oder der 'gasförmigen Phase' zu tun. Wird die Temperatur der Materie weiter gesteigert, so bewegen sich die Teilchen so schnell, dass sie bei Zusammenstößen Ladungsträger (Elektronen), die in den Teilchen vorhanden sind, verlieren. Das Gas wird 'ionisiert' und durch die vorhandenen freien Ladungsträger elektrisch leitfähig, womit es sein Verhalten komplett ändern kann. Wir sprechen nun von einem neuen, dem vierten Aggregatzustand, dem Plasma.

Aggregatszustände Materie

Phasenübergänge

Durch Energiezufuhr werden Bindungen gelöst

Wie entstehen Plasmen? Thermische Anregung: Ein Gas wird durch Erhöhung der Temperatur in den Plasmazustand überführt. Dies geschieht ab etwa 1200 C, wie z.b. in einer Flamme (schwach ionisiertes Plasma). Das Gas der Sonne ist bei einer Oberflächentemperatur von ca. 5500 C vollständig ionisiert. Diese Plasmen senden ein thermisches Leuchten (Glühen) aus. Elektrische Anregung: Legt man eine Hochspannung an ein Gas, so kann man daraus ein Plasma erzeugen. Freie Ladungsträger werden durch die elektrische Spannung so stark beschleunigt, dass sie weitere Ladungsträger aus den Atomen herausschlagen und das Gas weiter ionisieren. Bei der Rekombination der Ladungsträger wird Licht ganz bestimmter Farben ausgesandt. Dies macht man sich z.b. in Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen zu Nutze. Hier wird hauptsächlich Licht und nur wenig Wärme erzeugt. Das Leuchten ist also nicht-thermisch. Ionisation durch Strahlung: Wird Materie einer energiereichen Strahlung ausgesetzt, z.b. radioaktiver Strahlung oder dem UV-Licht der Sonne, so werden ebenfalls Ladungsträger herausgelöst, die ein Plasma bilden können. Dieser Vorgang der Photoionisation kommt oft in der Nähe von Sternen (Sonne) vor und bestimmt dort das Vorhandensein von Plasma, z.b. den Sonnenwind oder die Ionosphäre (äußerste Luftschicht der Erde).

Labor-Plasmen

Funkenentladungsröhre

Magnetisch verformtes Plasma

Ein Blitz ist eine Funkenentladung oder ein kurzzeitiger Lichtbogen zwischen Wolken oder zwischen Wolken und der Erde

In Blitzen entstehen hohe Temperaturen bis zu 30.000 K

Polarlichter

Im TOKAMAK werden Plasmen erzeugt und magnetisch gefangen

ITER Cadarache

Fusion in Deuterium-Tritium Plasma Visualization courtesy of Jamison Daniel, Oak Ridge Leadership Computing Facility

ITER-Baustelle: Erstes Plasma 2025

Beteiligung an ITER

Weltraum-Plasmen

Sonnen-Korona 2 Mio. K

Die Materie im frühen Universum Plasma: Am Anfang nur Quarks, Leptonen, Photonen, Baryonen-Dichte Universum Bei Temperaturen kt > 200 MeV besteht das primordiale Plasma nur aus Quarks, Leptonen, Gluonen, W & Z, Photonen etc. Protonen und Neutronen entstehen erst bei Abkühlung unter 200 MeV 10 µs nach dem Urknall.

Quark-Gluon Plasma im LHC Für kurze Zeit das frühe Universum simuliert, zu einer Zeit von Picosekunden nach Urknall

H/He-Plasma nach Hadronisierung Plasma für T > 3000 K Gas-förmig

Weißer Zwerg

Metallischer Wasserstoff Jupiter Hoher Druck presst Elektronen aus Atom

Jets werden von Akkretionsscheiben um Schwarze Löcher erzeugt Jet Plasma Schwarzes Loch Akkretionsscheibe Magnetfeldlinien Nicht-thermische Plasmen in Jets

Jet von M 87

Kopplung in Plasmen

Die Abschirmlänge Debye-Radius In der Plasmaphysik ist die Abschirmlänge λ D, nach Peter Debye Debye-Länge oder Debye-Radius genannt, die charakteristische Länge, auf welcher das elektrische Potential einer lokalen Überschussladung auf das 1/efache abfällt ( e: Eulersche Zahl).

Peter Debye (Taufname Petrus Josephus Wilhelmus, * 24. März 1884 in Maastricht, Niederlande; 2. November 1966 in Ithaca, New York) war ein niederländischer Physiker, theoretischer Chemiker und Nobelpreisträger für Chemie. Peter Debye Debye leistete herausragende Beiträge in mindestens fünf Gebieten: im Bereich Quantenphysik: Debye-Theorie der spezifischen Wärmekapazität von Materie bei tiefen Temperaturen. in der Elektrochemie: Debye-Radius. in der Röntgenstrukturanalyse. in der Chemie elektrolytischer Lösungen: Debye-Hückel-Theorie.

Die Debye-Länge Elektrostatisches Potenzial: Debye-Länge:

Coulomb-Potenzial mit Abschirmung

Debye-Länge in Plasmen

Anzahl Teilchen in Debye-Sphäre N D = 4p/3 n e l D ³

Debye-Kugel Je mehr Teilchen in der Debye-Kugel, desto stärker werden die elektrischen Felder der Elektronen und Ionen im Plasma abgeschirmt, was zur Quasineutralität führt.

Plasma Schwingungen Elektronen schwingen gegenüber schweren Ionen

Plasma-Frequenz

Abschirmung elektromagnetischer Wellen

Geladene Teilchen Ionen und Elektronen werden in einem Magnetfeld auf Kreisund Schraubenbahnen um die Feldlinien gezwungen. Die Teilchen sind auf diese Weise an die Feldlinien angebunden. In Längsrichtung der Magnetfeldlinien können sie sich dagegen unbeeinflusst bewegen. In einem geeignet geformten Magnetfeldkäfig kann ein Plasma daher eingeschlossen und von materiellen Wänden ferngehalten werden. Magnetisierte Plasmen

Gyration von Ladungen

Der Larmor-Radius

Plasma im TOKAMAK Toroidale Felder magnetische Flasche

Magnetfelder in der Sonne Konvektionszone Radiativer Kern

Bildquelle: httpsine.ni.comcsappdocpidcs-13385

Geomagnetische Polwanderung

Geomagnetische Polwanderung

Geschwindigkeit der Polwanderung

Erdfeld 1. Januar 30. Jnui 2014 Daten: SWARM/ESA

Änderung im Erdmagnetfeld Daten: SWARM/ESA The magnetic field changes in a chaotic manner, and we do not know why it changes in the way it does nor how it will evolve in the future.

Natrium Experiment Maryland

Dresden- Rossendorf 2020

Dresden- Rossendorf 2020