Kann bei Durchsuchungen nach 103 StPO beim Steuerberater des Beschuldigten die Begründung unter Berufung auf das Steuergeheimnis völlig entfallen?

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Transkript:

1 Kann bei Durchsuchungen nach 103 StPO beim Steuerberater des Beschuldigten die Begründung unter Berufung auf das Steuergeheimnis völlig entfallen? von Rechtsanwalt Dr. jur. Jörg Burkhard Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Wiesbaden Gegen den Beschuldigten besteht der Verdacht der Umsatzsteuerhinterziehung zu- Gunsten der Firma A. Es wurden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse nach 103 StPO zum Zweck der Durchsuchung der Geschäftsräume des Steuerberaters, der die Umsatzsteuererklärung bearbeitete, beantragt. Beschlagnahmt werden sollten gemäß Durchsuchungsbeschluss "alle Unterlagen, die Aufschluss über die Höhe der von der Firma A in 1995 bis 1997 erzielten Umsätze geben". Die Beschlüsse wurden wie folgt begründet: "Nach den bisherigen Ermittlungen ist tatsächlicher Anhalt für den Verdacht gegeben, dass der Beschuldigte in den Jahren 1995 bis 1997 Steuern zugunsten der Firma A verkürzt hat. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses müssen nähere Angaben über den Gegenstand und damit auch über das bisherige Ermittlungsergebnis unterbleiben...". Der Steuerberater legte nach erfolgter Durchsuchung und Beschlagnahme Beschwerde gegen die Beschlüsse ein mit der Begründung, die richterliche Durchsuchungsanordnung würde den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht gerecht, da sie tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs nicht enthalte. Die schlichte Angabe des gesetzlichen Tatbestandes "Umsatzsteuerhinterziehung 1995 bis 1997" mache nicht deutlich, durch welche konkreten Handlungen der Beschuldigte in den Verdacht der Steuerhinterziehung geraten sei. Eine solche Kennzeichnung müsse aber nach dem Ermittlungsstand möglich gewesen sein, ohne dass dadurch der Strafverfolgungszweck beeinträchtigt worden wäre. Die Konkretisierung hielt daher der Steuerberater für erforderlich. Auch die Beschlagnahmeanordnung

2 genüge nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen, denn sie ordnet die Beschlagnahme aller aufgefundenen Beweismittel an und stelle somit unzulässigerweise die Auswahl der Beweismittel in das Ermessen der Ermittlungsbehörden. Das Landgericht Konstanz hat mit Beschluss vom 17.12.1998-1 Qs 98/98 - die Beschwerde als unbegründet verworfen. Das Landgericht Konstanz hielt die Begründung des Beschlusses nach 103 StPO als ausreichend, da sie Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs gegen den Tatverdächtigen und den Zweck der Anordnung erhalte. Über die Darlegung des Tatvorwurfs hinaus sei hingegen bei einer Anordnung gemäß 103 StPO eine Begründung des Tatvorwurfs gegen den Beschuldigten nicht erforderlich. Denn der "nicht am Verfahren beteiligte Dritte sei ohnehin nicht in der Lage, der Begründung des dringenden Tatverdachts gegen den Beschuldigten entgegenzutreten". Weiter begründet das Landgericht Konstanz die Aufrechterhaltung des Durchsuchungsbeschlusses damit, dass auch im Steuerstrafverfahren das Steuergeheimnis, 30 AO, gelte. Danach dürften Dritten die Verhältnisse des Beschuldigten grundsätzlich nicht mitgeteilt werden. Entsprechend müssten Beschlüsse nach 103 StPO knapper begründet werden. Auch die Auswahl der Beweismittel sei nicht unzulässigerweise in das Ermessen der Ermittlungsbehörden gestellt worden, da für den Tatvorwurf sämtliche geschäftlichen und privaten Unterlagen relevant seien, aus denen sich Anhaltspunkte z. B. über Geldzuflüsse, Einnahmen und ähnliches ergeben könnten. Die Formulierung "alle Unterlagen, die Aufschluss über die Höhe der von der Firma A in 1995 bis 1997 erzielten Umsätze geben" soll danach genügen, so das LG Konstanz. Dieser Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss begegnet schwersten rechtsstaatlichen Bedenken. Im Einzelnen:

3 Bei anderen Personen als dem Beschuldigten sind Durchsuchungen zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände (nur diese Alternative interessiert in den Steuerstrafverfahren) nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet, 103 Abs. 1 Satz 1 StPO 1. Die Vorschrift verwendet den Begriff "Durchsuchung" in dem gleichen Sinn wie in 102 StPO. Die Durchsuchungsanordnung ist durch Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs gegen den Verdächtigen und dem Zweck der Anordnung zu präzisieren 2. Denn gemäß 34 StPO sind die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen mit Gründen zu versehen. Da der Durchsuchungsbeschluss mit der Beschwerde nach 304 StPO anfechtbar ist (dies gilt jedenfalls unbestritten für die Dauer der Durchsuchung und solange, wie Unterlagen aufgrund der Durchsuchung beschlagnahmt sind 3, muss auch der Durchsuchungsbeschluss zwingend begründet werden. Der Inhalt der Begründung ergibt sich zunächst aus 103 StPO. Da aber 103 StPO die Durchsuchung im gleichen Sinne verwendet wie 102 StPO 4, sind dieselben Anforderungen an eine ausreichende Begründung des Durchsuchungsbeschlusses zu stellen, wie bei einem Durchsuchungsbeschluss nach 102 StPO. Darüber hinaus allerdings enthält 103 StPO weitere Voraussetzungen, nämlich dass Tatsachen vorliegen müssen, aus denen zu schließen ist, dass die Sache sich in den zu suchenden Räumen befindet (nur dieser Alternative ist im Steuerstrafverfahren relevant). Damit muss entgegen der Auffassung des LG Konstanz ein Durchsuchungsbeschluss nach 103 StPO nicht weniger substantiiert begründet werden als ein solcher nach 102 StPO. Es ist auch allgemeine Meinung, dass die Voraussetzungen für einen Durchsuchungsbeschluss nach 103 StPO enger sind, weil er eben mehr und 1 OLG Celle StV 1982, 562; Volk, DStR 1989, 338; Brüssow/Krekeler/Mehle, Strafverteidigung, 17 RN 10; LG Krefeld NJW 1994, 2036, das bei einem unzureichenden Beschluss die Befugnis zur Nachbesserung annimmt. 2 KK-Nack, 103 RN 6. 3 KK-Engelhardt, 304 RN 31. 4 KK-Nack, 103 RN 3.

4 nicht weniger Tatbestandsvoraussetzungen hat 5. Damit muss - wie bei 102 StPO - der Tatverdacht als auch der Durchsuchungszweck begründet werden. Außerdem muss der Durchsuchungsbeschluss die wesentlichen Entscheidungsgründe wiedergeben, damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck im konkreten Fall gewahrt ist 6. Zur Wiedergabe des Tatverdachtes reicht keinesfalls die bloß abstrakte Wiedergabe des Blankett-Tatbestandes von 370 AO aus 7, vielmehr sind konkrete Angaben über den Tatvorwurf zwingende Voraussetzung für einen wirksamen Durchsuchungsbeschluss 8. Auch die Hinzufügung der Steuerart und des Veranlagungszeitraumes genügt nicht. Denn 102 StPO verlangt den Verdacht einer Straftat. Ein solcher Tatverdacht kann sich jedoch niemals mit der bloßen Wiederholung des abstrakt-generell formulierten Gesetzes begründen lassen. Vielmehr bedeutet Tatverdacht, dass ein bestimmter konkreter Lebenssachverhalt unter einer Strafnorm zu subsumieren ist. Daher muß aber der Verdacht einer Straftat die Darstellung des konkreten Lebenssachverhaltes beinhalten. Erst Recht gilt dies für die Zitierung der Blankettnorm des 370 AO, der eine leere Hülle ist und ohne Darstellung der Verletzung der einzelnen Steuergesetze zu unbestimmt, abstrakt und für den Einzelfall nicht aussagekräftig ist 9. Fehlen diese Voraussetzungen, handelt es sich ggf. um eine unzulässige Ausforschungsdurchsuchung 10. Ein Durchsuchungsbeschluss im Steuerstrafrecht wird auch nur dann den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen der Messbarkeit und Kontrollierbarkeit des staatlichen Eingriffs in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung und der Geschäftsräume (Art 13 GG) gerecht, wenn er die Steuerart nennt und zeitliche Eingrenzungen des Tatvorwurfs enthält 11. Inhaltlich muss die Durchsuchungsanordnung Rahmen, Grenzen 5 Krekeler/Schütz, wistra 1995, 296 ff., 297. 6 Baur, wistra 1983, 99. 7 LG Köln StV 1983, 275; Volk, wistra 1998, 281, 283; LR-Schäfer, 98 RN 18. 8 Brandenburg. VerfG NStZ-RR 1998, 366; LG Braunschweig StV 1998, 480. 9 Volk, wistra 1998, 281, 283; Brüssow/Krekeler/Mehle, Strafverteidigung, 17 RN 10. 10 Leisner, BB 1994, 1941; Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, RN 273 a; Krekeler/Schütz, wistra 1995, 296. 11 BVerfG StV 1990, 483; Brüssow/Krekeler/Mehle, Strafverteidigung, 17 RN 10.

5 und Ziel der Durchsuchung definieren 12. Die Darstellung des Tatverdachtes setzt daher ein historisches, konkretes Vorkommnisses voraus, das eine Subsumtion unter einen Straftatbestand, der zu nennen ist, nachvollziehbar macht. In dieser Darstellung ist also die juristische Subsumtion vorzunehmen, aus der sich die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes, der Rechtswidrigkeit und der Schuld zum Zeitpunkt der Ermittlungen ergeben. Denn nur so kann der Antrag einer Strafverfolgungsbehörde von einem Gericht überprüft werden, ob der Eingriff in Grundrechte des Beschuldigten oder bei Dritten zulässig ist. Nur so kann auch der Beschuldigte bzw. der Dritte prüfen, ob er den Durchsuchungsbeschluss für rechtmäßig hält oder nicht und ob er die Beschwerde einlegen möchte bzw. welche Erfolgsaussichten diese haben wird. Der Auffassung des LG Konstanz, dass der Dritte ohnehin nicht in der Lage wäre, der Begründung des dringenden Tatverdachts gegen den Beschuldigten entgegenzutreten, ist nicht zu folgen. Den erstens ist für den Durchsuchungsbeschluss kein dringender Tatverdacht erforderlich. Darüber hinaus kann zweitens auch der Dritte - wie vorliegend der Steuerberater - möglicherweise aus tatsächlichen wie auch aus rechtlichen Gründen den Anfangsverdacht entkräften. Maßgebend ist jedoch, dass nur bei vollständiger Darstellung der Begründung des Durchsuchungsbeschlusses der Beschuldigte bzw. der Dritte von der möglichen Rechtmäßigkeit des staatlichen Eingriffs in seine Rechtssphäre überzeugt werden kann. Ohne die Begründung ist unklar, ob das den Durchsuchungsbeschluss erlassende Gericht sich mit den für und gegen die Durchsuchung sprechenden Gründen auseinandergesetzt hat 13. Weiter kann der Beschuldigte bzw. Dritte die Argumente nicht überprüfen, so dass die erforderliche und notwendige Begründung keine Überzeugungsfunktion leisten kann. Schließlich kann ohne Begründung das übergeordnete Gericht nicht überprüfen, ob der Amtsrichter sich bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses mit den Mindesterfordernissen einer rechtmäßigen Durchsuchung auseinandergesetzt hat. 12 BVerfG NJW 1997, 2165 m.w.n.; Kruis/Wehowsky NJW 1999, 173; Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, RN 273 a. 13 BverfG StV 1990, 483; Brüssow/Krekeler/Mehle, Strafverteidigung, 17 RN 10.

6 Auch der Zweck und das Ziel der Durchsuchung ist konkret anzugeben 14. Gerade im Steuerstrafrecht geht es in der Regel nur um die Auffindung von Beweismitteln (Sachen) die üblicherweise relativ leicht zu beschreiben sind, wie etwa Buchführungsunterlagen, Belege, Korrespondenz, Bilanzen, Kontoauszüge einer bestimmten Bank mit einer bestimmten Kontonummer usw. Schließlich gehört die Darstellung der Verhältnismäßigkeit in die Begründung des Durchsuchungsbeschlusses 15. Denn die Durchsuchung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und zur Stärke des Tatverdachts stehen 16. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt insoweit eine Korrektivfunktion zu. Je stärker und substantiierter der Tatverdacht und die Auffindungsvermutung ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung. Umgekehrt sind an die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der Tatverdacht und die Auffindungsvermutung weniger fundiert sind. Ist der Tatverdacht etwa nur generell abstrakt durch Wiederholung des Gesetzes dargestellt, fehlt der Durchsuchungszweck oder fehlt im Durchsuchungsbeschluss die begründete Abwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, ist der Durchsuchungsbeschluss zwingend rechtswidrig und der auf ihm basierende Eingriff in die Grundrechte des Beschuldigten oder Dritten wegen Verletzung des Art. 13 GG verfassungswidrig. Ein solcher Durchsuchungsbeschluss ist zwingend aufzuheben, wenn man die Grundrechte nach der klassischen Definition als Abwehrrechte des Bürgers gegen rechtswidrige Eingriffe des Staates in die Rechtssphäre des Bürgers versteht. Dass 103 StPO darüber hinaus noch 14 Burhoff, a.a.o., RN 273a m.w.n. 15 BVerfGE, Beschluß vom 26.05.1976-2 BvR 294/76 in BVerfGE 42, 212. 16 BVerfGE 59, 95; LG Frankfurt am Main, NJW 1997, 1170; Kleinknecht/Meyer/Goßner, 102 RN 15.

7 Ausführungen in den Durchsuchungsbeschluss dahingehend verlangt, dass Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet, ist bereits oben dargestellt. Eine Reduzierung dieser Mindestvoraussetzungen an die Rechtmäßigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses ergeben sich auch nicht durch die Berufung auf das Steuergeheimnis gemäß 30 AO. Denn ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis nur, wenn er Verhältnisse eines anderen unbefugt offenbart oder verwertet, 30 Abs. 2 Nr. 1 AO. Die Offenbarung setzt jedoch schon begrifflich voraus, daß die Verhältnisse dem anderen nicht bereits bekannt sind 17. Im vorliegenden Fall richtete sich der Durchsuchungsbeschluss gegen den Steuerberater des Steuerpflichtigen und zielte auf die Herausgabe der bei dem Steuerberater befindlichen Unterlagen des Steuerpflichtigen. Auch wenn der Tatverdacht dem Steuerberater bis dahin nicht bekannt war, liegt eine unbefugte Offenbarung nur vor, wenn hierfür kein Rechtfertigungsgrund besteht 18. Der Rechtfertigungsgrund der Offenbarung liegt jedoch in 103 StPO und dessen zwingender Voraussetzung der konkreten Tatbestandsdarstellung und der entsprechenden juristischen Subsumtion. Die Rechtsansicht des LG Konstanz, dass der Tatverdacht in den Durchsuchungsbeschluss nach 103 StPO nicht konkret dargestellt werden müsse, basiert daher auf einer Fehlinterpretation des 103 StPO und einer ungenügenden Auseinandersetzung mit dem unbefugten Offenbaren im Sinne des 30 AO. Praxishinweis: Gegen derartige Durchsuchungsbeschlüsse sollte unbedingt Beschwerde eingelegt werden und falls die Durchsuchungsbeschlüsse von den Landgerichten bestätigt werden, gegebenenfalls danach Verfassungsbeschwerde. Ziel der Beschwerde ist zum einen die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses als Vorfrage einer 17 BGH NJW 1963, 2120; BFH BStBl. 1993, 666; Rüsken in Klein, AO-Kommentar, 30 Anm. 4 g. 18 Rüsken in Klein, 30 Anm. 4 g.

8 Amtshaftungsklage nach 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG bzw. die spätere Berufung auf ein steuerliches und steuerstrafrechtliches Verwertungsverbot der durch die rechtswidrigen Durchsuchungs- bzw. Beschlagnahmemaßnahmen gefundenen Beweismittel. Schließlich ist zwar darauf hinzuweisen, dass die Strafverfolgungsbehörde im Falle der Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses danach einen - dann hoffentlich rechtmäßigen - Durchsuchungsbeschluss erneut erwirken kann. In der Zwischenzeit bleibt jedoch Zeit, eine möglicherweise anzubringende Selbstanzeige beim Finanzamt einzureichen, da der Sperrwirkungstatbestand des 371 Abs. 2 Nr. 1 AO (rechtmäßiges Erscheinen eines Amtsträgers zu einer rechtmäßigen Prüfungshandlung) nicht vorliegt und auch die Tat zumindest durch die beschlagnahmten Beweismittel noch nicht entdeckt sein kann, da diese Beweismittel einem Verwertungsverbot 19 zumindest bei gewichtigen Formverletzungen 20 - unterliegen, so dass es auch an dem Sperrwirkungstatbestand des 371 Abs. 2 Nr. 2 AO fehlt. 19 vgl. KK-Nack, 94 RN 19; LG Wiesbaden, StV 1988, 292; LG Osnabrück StV 1991, 152. 20 Überwiegend wird wohl in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß auch die aufgrund fehlerhafter Durchsuchungsbeschlüsse erlangten Beweismittel verwertet werden dürfen. Nur bei gewichtigen Formverstößen soll nach dieser Auffassung eine Güterabwägung zwischen dem Strafverfolgungsinteresse des Staates unter Berücksichtigung der Schwere des Vorwurfs und dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner grundgesetzlich geschützten Rechtssphäre vorgenommen werden, BGHSt 36, 119 m.w.n; LG Wiesbaden NJW 1979, 175; a.a. zu Recht: Dagtoglou JuS 1975, 758; Endriss DB 1976, 2087; Kühne NJW 1979, 1053 f.; Krekeler AnwBl. 1992, 356 ff.; vgl. auch Burhoff, a.a.o., RN 279 m.w.n.