Europa weiß-blau Politischer Jahresauftakt der vbw im Brüssel Mittwoch, 21.01.2015 um 11:20 Uhr Vertretung des Freistaats Bayern bei der Europäischen Union Rue Wiertz 77, 1000 Brüssel Begrüßung Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Es gilt das gesprochene Wort.
1 Lieber Herr Hinterdobler, sehr geehrte Vertreter der Europäischen Kommission, sehr geehrte Abgeordnete des Europäischen Parlaments, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem traditionellen Politischen Jahresauftakt in Brüssel. Ich sehe viele gute Bekannte und natürlich sind dieses Jahr auch ein paar neue Gesichter dabei. Herzlich willkommen Ihnen allen. Europa nach der Wahl neue und alte Herausforderungen Nach einem Jahr der Neukonstituierung die ja durchaus langwierig war nimmt die EU wieder Fahrt auf. Große Aufgaben stehen bevor und große Herausforderungen warten: Der Kampf gegen Terrorismus und Extremismus fordert das Zusammenstehen aller europäischen Demokraten.
2 Wir dürfen die EU nicht den Skeptikern und erst recht nicht den Extremisten überlassen! Die geopolitischen Krisen, vor allem in der Ukraine, gehen uns alle an und bleiben ja auch für unsere Volkswirtschaften nicht ohne Folgen. Die Wahl in Griechenland steht unmittelbar bevor und niemand kann absehen, welche Konsequenzen sie für Europa haben wird. Vor allem zeigt es uns: Auch wenn sich die Lage auf den Finanzmärkten beruhigt hat, erste Reformschritte erfolgt sind und die Rezession überwunden scheint bewältigt ist die Krise noch lange nicht. Deshalb gilt es nun, die Voraussetzung für eine dauerhaft stabile Eurozone zu schaffen. Jedes Mitgliedsland ist gefordert, seinen Haushalt zu konsolidieren, Staatsschulden abzubauen und durch wachstums- und beschäftigungsfördernde Reformen die Wettbewerbsfähigkeit seines Standorts zu verbessern. Auf Ebene der Währungsunion sind Reformen notwendig, die eine verbindliche, solide und
3 einheitliche Finanzpolitik der Mitgliedsstaaten ebenso sichern wie eine koordinierte wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik der Euroländer. Es ist wichtig, dass die Europäische Zentralbank neben der Krisenbewältigung ihre eigentliche Hauptaufgabe, die Sicherung von Preisstabilität, nicht aus dem Auge verliert. Das mahnen wir dringend an. Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischer Wandel diese Agenda hat der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei seinem Amtsantritt vorgegeben. Dieses Motto ist Auftrag und Versprechen zugleich. Denn nach wie vor sind in Europa rund 20 Millionen Menschen ohne Arbeit ein Viertel davon unter 25 Jahre. Die Stärkung von Wachstum und Beschäftigung sind und bleiben die dringlichsten Aufgaben für die kommenden Jahre. Gerade Bayern und Deutschland konnten in den Reformjahren infolge der Agenda 2010 viele
4 Erfahrungen sammlen, die auch für andere Staaten hilfreich sein können. In diesem Sinne werden uns auch weiterhin in den europäischen Diskurs einbringen. Erwartungen der vbw an die europäische Politik Aus unserer Sicht kristallisieren sich vor allem fünf Schwerpunkte heraus: Erstens. Re-Industrialisierung voranbringen. Deutschland ist gerade deshalb so gut durch die Krise gekommen, weil wir einen starken industriellen Kern haben. Die Industrie bildet das Fundament der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft und muss in Europa forciert werden. Deshalb unterstützen wir das Ziel der Kommission, den industriellen Wertschöpfungsanteil in Europa bis 2020 wieder auf 20 Prozent zu erhöhen.
5 Zweitens. Den europäischen Binnenmarkt voranbringen. Die Weiterentwicklung des Binnenmarkts muss nach der Haushaltskonsolidierung an die Spitze der Prioritätenliste. Es ist höchste Zeit, den Energie-Binnenmarkt zu vollenden und unsere Energieversorgung auf mehr Standbeine zu stellen. Denkverbote darf es nicht geben. Auch globale Handelshemmnisse müssen fallen. Darum plädieren wir für TTIP und hoffen, dass die Verhandlungen dieses Jahr erfolgreich abgeschlossen werden können. Drittens. Keine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung. Stattdessen brauchen wir einheitliche und sanktionsfähige Vorgaben für eine solide Finanzpolitik der Euro-Staaten. Erforderlich sind strikte Vorgaben zur Neuverschuldung und zum Schuldenstand,
6 bei deren Nichteinhaltung klare und automatische Sanktionsmechanismen greifen. Viertens. Keine Harmonisierung der Sozialen Sicherungssysteme. Die Subsidiarität in Europa ist ein hohes Gut und sollte nicht unterwandert werden. Ich betone das deshalb so ausdrücklich, weil wir seit geraumer Zeit Bestrebungen in Europa wahrnehmen, sich vom Subsidiaritätsgedanken in der Sozialpolitik Stück für Stück zu verabschieden. Die beste Sozialpolitik sind strukturelle Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und damit die Beschäftigung fördern. Kurz und bündig: Wir brauchen sechstens mehr Soziale Marktwirtschaft in Europa. Die EU muss den Rahmen schaffen für global wettbewerbsfähige Unternehmen.
7 Nur in einem unternehmensfreundlichen Klima werden die in Europa dringend notwendigen Arbeitsplätze entstehen. Deshalb sollte die EU alles unterlassen, was den Faktor Arbeit weiter verteuert und alles tun, was die unternehmerische Entscheidungsfreiheit stärkt. Dazu gehört auch der Abbau von überflüssiger Bürokratie, die unsere Unternehmen belastet. Hier ist in den letzten Jahren viel geschehen. Das muss jetzt fortgesetzt werden. Schluss Meine Damen und Herren, diese Themen und noch mehr wollen wir 2015 mit Ihnen diskutieren. Unser Veranstaltungskalender ist schon wieder gut gefüllt. Unmittelbar vor der Tür steht ein Parlamentarischer Abend am 03.02., zu dem ich Sie herzlich einladen möchte:
8 Es geht um eine Halbzeitbilanz zur Europa 2020- Strategie. Dazu dürfen wir auch den Vizepräsidenten der EU-Kommission Jyrki Katainen begrüßen. Es würde uns sehr freuen, wenn sich möglichst viele von Ihnen die Zeit nehmen würden, um mit uns ins Gespräch zu kommen. Diese Möglichkeit besteht natürlich auch über unsere Veranstaltungen hinaus: Wie Sie wissen, haben wir in eigenes Kontaktbüro in Brüssel und natürlich sind Sie uns auch in München jederzeit willkommen. Sie alle sind Teil unseres starken Netzwerks, das unseren Einsatz für eine weiterhin erfolgreiche bayerische Wirtschaft und für ein wettbewerbsfähiges Europa bereichert. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen und wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2015. Darauf lassen Sie uns jetzt anstoßen. Alles Gute!