Maare DIE kontinentalen Fossillagerstätten, Geo- und Klimaarchive. Das Beispiel Eckfelder Maar.

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Transkript:

Maare DIE kontinentalen Fossillagerstätten, Geo- und Klimaarchive. Das Beispiel Eckfelder Maar. Herbert Lutz Naturhistorisches Museum Mainz / Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz

Öhningen Maar am Bodensee, Baden Scheuchzer J. J.: Ehemalige Lebewesen und Zeugen der Sintflut 1708 Piscium querelae et vindiciae Klagelied der Fische 1726 Homo diluvii testis Betrübliches Beingerüst eines Sünders Die ersten Abbildungen von Fossilien aus einem tertiären (miozänen) Maar

Grube Messel => Messel Maar

Eckfelder Maar

In den letzten rund 65 Ma entstand in Europa ein System von Gräben und Vulkanfeldern: European Cenozoic Rift System (ECRIS) & Central European Volcanic Province (CEVP) GB B NL EM 760 km CZ F D CH A I E nach Röhr, http://www.oberrheingraben.de EM THV, ca. 44-33 Ma

Geologischer Rahmen, Tertäres Hocheifel Vulkanfeld (THV) (After Schmincke 2009: Fig. 19) THV > 400 Vulkane, ca. 44 33 Ma

Erforschungsgeschichte 1853 Weber: Braunkohlevorkommen 1978 Löhnertz: Maar? 1982 Negendank et al.: Maar! 1985 1. Geländearbeiten des NHM 1987 1. Forschungsgrabung des NHM 1988 Einrichtung der Landessammlung für Naturkunde am NHM seitdem jährliche Grabungen mit finanzieller Unterstützung des Landes 1996 Forschungsbohrungen -> Interdisziplinäres Forschungsprogramm mit zahlreichen Kooperationspartnern 1987 2013: > 285 Publikationen zu Eckfeld

40 Ar/ 39 Ar-Alter Ziele der Bohrungen waren u.a. Antworten auf die Fragen: Ist Eckfeld wirklich ein Maar-Diatrem Vulkan? Wenn ja, gibt es noch frische, radiometrisch datierbare Vulkanite? Eckfeld = Maar / MP 13 = 44.3 ± 0.4 Ma: Mertz et al. 1998 Goldener Nagel für das kontinentale Paläogen Europas Forschungsbohrung Messel 2001 Messel = Maar / MP 11 = 47.8 ± 0.2 Ma: Mertz et al. 2004

3D-Rekonstruktion (e.g. Pirrung 1998, Fischer 1999) 900 m

Typische Abfolge von Gesteinstypen / Definition von Lithozonen in Maar-Diatrem Vulkanen (Pirrung et al. 2003) D C B A

Einfluss astromischer Faktoren auf Maare und deren Sedimente (Mingram 1998, Vos & Mingram 2002) 5,5 und 11 Jahre > Sonnenfleckenzyklus seit 44 Ma stabil -> zahlreiche Arbeiten von Negendank und Mitarbeitern, Zolitschka, Pirrung, Scharf, etc.

Flora und Fauna

Schmankerl unter den Insekten- und Pflanzenfunden Honigbienen mit Pollen (Lutz 1993, Wappler & Engel 2002, 2003, in Vorber.) Biene (Kopf fehlt) Hinterbein, Metatarsus Metatarsus 3 mit Pollen Pollen auf Abdomen Blüten (Wilde & Frankenhäuser 1998, in Vorber., Wappler, in Vorber.) Blätter etc. mit Fraßspuren, Minen, Gallen, etc. (z.b. Wappler 2007, Wappler et al. 2012)

Eckfeld-Laus Megamenopon rasnitsyni Einziges (Vogel-) Lausfossil überliefert mit Magen (d.h. Kropf)-Inhalt (Wappler et al. 2004) dient zur Eichung der Genetischen / Molekularen Uhr Zeichnung: E. Gröning 2004

Urpferde Propalaeotherium und Eurohippus aus Laminiten (tonige Beckenfazies, Ölschiefer ): vollständige Skelette, teils mit Haaren, Magen -Inhalt. Fötus mit Plazenta (Franzen 1994, 2006) aus Debriten (ins Seezentrum abgerutschtes sandig-kiesiges Ufersediment): Undeformierte Schädel werden derzeit mit Micro-CT untersucht (Habersetzer et al.)

Säugetiere (Mammalia), Franzen 1993-2011 Beuteltiere (Marsupialia) Amphiperatherium bastbergense Peratherium aff. monspeliense Beutelratten (Didelphimorphia) Herpetotheriidae Amphiperatherium bastbergense CROCHET, 1979 Peratherium aff. monspeliense CROCHET, 1979 Höhere Säugetiere (Placentalia) Herrentiere (Primates / Halbaffen) Notharctidae Europolemur klatti (WEIGELT, 1933) Periconodon sp. Adapidae Leptadapis priscus (STEHLIN, 1916) cf. Microadapis sciureus (STEHLIN, 1916) Europolemur Periconodon älteste Adapidae Leptadapis Microadapis

Beziehungen zwischen Gesteinstyp, Fossilführung, Geochemie und Isotopendaten (z.b. Lutz 1998, 2000, Lutz & Kaulfuß 2006) n = 2027 n = 711 % Siderite Mingram 1998 δ 18 O δ 13 C 13 data 13 data Felder & Gaupp 2002 etc.

Dynamisches See-Modell basierend auf Untersuchungen in Eckfeld und Vergleichen mit 36 weiteren aquatische Fundstellen (z.b. Lutz 1997, Wappler 2003, Lutz & Kaulfuß 2006) % Siderit 3,6 m = ca. 9000 Jahre (0,4 mm / a) ± Geschlossenes System, Niedrigwasser, kleiner Durchmesser, erhöhte Salinität Offenes System, Hochwasser, großer Durchmesser, niedrige Salinität ± Geschlossenes System, Niedrigwasser, kleiner Durchmesser, erhöhte Salinität

Eckfeld ist eine Schlüssellokalität für die Rekonstruktion des mittel-eozänen regionalen Reliefs und die Entschlüsselung der morphologischen Entwicklung des Rheinischen Schiefergebirges über die letzten 44 Ma (z.b. Löhnertz 1994, 2011, Pirrung et al. 2003) 44 Ma 39 Ma

Seit Juni 1999 -- Maarmuseum Manderscheid

Dank Landesregierung vertreten durch durch die die Generaldirektion Kulturelles Erbe Erbe Rheinland-Pfalz Kreis- Kreis-und Forstverwaltung Landeshauptstadt Mainz Mainz Stadt Stadt Manderscheid Ortsgemeinde Eckfeld verschiedenen öffentlichen und und privaten Einrichtungen der der Region Deutsche Forschungsgemeinschaft // DFG DFG Stiftung Landesbank Rheinland-Pfalz Stiftung Innovation Rheinland-Pfalz RWE RWE Energie AG AG MaarMuseumManderscheid 2008 / Helmut Gassen Und Und nicht nicht zuletzt allen allen Kolleginnen und und Kollegen wie wie auch auch zahllosen studentischen Hilfskräften, die die unser unser Projekt seit seit 1987 1987 unterstützt und und gefördert haben haben

Ihnen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit Ranu Lading, Java - Foto: Utz Kastenholz