7. Sitzung der BfR-Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel

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Transkript:

7. Sitzung der BfR-Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel Protokoll des BfR vom 30. April 2013 in Berlin Die BfR-Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel wurde 2008 neu gegründet. Eine Neuberufung der Mitglieder erfolgte 2011. Aufgabe der aus 13 externen unabhängigen Sachverständigen bestehenden Kommission ist die Beratung des BfR in Fragen der Lebens- und Futtermittelsicherheit gentechnisch veränderter Organismen und daraus hergestellter Produkte. Dazu gehört die Beratung bei der Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen auf Anfrage Dritter, z. B. nationaler Ministerien oder von Schwesterbehörden der EU-Mitgliedstaaten. Zudem unterstützt die Kommission mit ihrem Expertenwissen die Weiterentwicklung von Leitlinien zur Sicherheitsbewertung und die Harmonisierung von Prüfkriterien durch nationale und internationale Gremien. 1 Begrüßung Die Vorsitzende der Kommission, Inge Broer, begrüßte die Anwesenden und eröffnete die Sitzung. 2 Genehmigung der Tagesordnung Die Tagesordnung wurde ohne Änderungen angenommen. 3 Abfrage der Erklärung zu eventuellen Interessenskonflikten Nach Auskunft der Teilnehmer liegen keine Interessenkonflikte in Bezug auf die in der Sitzung behandelten Themen vor. 4 Commission Implementing Regulation (EU) No /.. on applications for authorisation of genetically modified food and feed in accordance with Regulation (EC) No 1829/2003 (Entwurf SANCO 12462/2011/Rev. 2) Mit der im Entwurf vorgelegten, inzwischen veröffentlichten Verordnung beabsichtigt die Europäische Kommission, rechtlich verbindlich vorzuschreiben, welche Informationen für die Sicherheitsbewertung der in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 fallenden genetisch veränderten Lebens- und Futtermittel vorzulegen sind. Die wesentlichen Unterschiede zwischen den im Annex II des Verordnungsentwurfs vorgesehenen Scientific requirements for the risk assessment of genetically modified food and feed und den derzeit angewendeten Leitlinien der EFSA zum Risk assessment of food and feed from genetically modified plants (2011) wurden vorgestellt: Annex II, Teil I. Introduction Im Abschnitt 2.2 ist vorgesehen, dass Anträge zum Inverkehrbringen gentechnisch veränderter (gv) Pflanzen, die durch konventionelle Kreuzung transgener Ausgangspflanzen (single events) mit verschiedenen Transformationsereignissen (stacked events) erzeugt wurden, auch die Informationen für die Bewertung der single events enthalten können. Gemäß der Seite 1 von 5

bisherigen Praxis wurden Anträge für stacked events von der EFSA erst dann bearbeitet, wenn die Bewertung der Anträge für alle darin enthaltenen single events abgeschlossen war. Annex II, Teil II. Scientific Requirements Im Abschnitt 1.3 wurde mit den aus der EFSA-Leitlinie übernommenen Empfehlungen für die Durchführung von Feldstudien sowie für die statistische Auswertung der daraus gewonnenen Daten (test of difference in Relation zum Vergleichspartner und test of equivalence in Relation zu den Referenzlinien) ein bisher nicht erprobtes Konzept gesetzlich festgeschrieben, dessen Funktionsfähigkeit noch nicht erwiesen wurde. In den Abschnitten 1.4 d) und 1.4.4.1 wird die Durchführung von 90-Tage-Fütterungsstudien zur Untersuchung auf potentiell adverse Effekte des Lebens-/Futtermittels verbindlich (shall) vorgeschrieben. Damit wird die in der EFSA-Leitlinie vorgesehene, auf den im Rahmen der molekularen Charakterisierung sowie der vergleichenden phänotypischen, agronomischen und Inhaltsstoffanalysen erzielten Ergebnissen basierende Einzelfallentscheidung über deren Notwendigkeit aufgegeben. Den Erwägungsgründen (EWG) 11 und 12 des Verordnungsentwurfs ist zu entnehmen, dass die Entscheidung für die obligatorische 90-Tage- Studie als Reaktion auf unterschiedliche Standpunkte der für die Sicherheitsbewertung zuständigen Institutionen der Mitgliedstaaten und zwecks Stärkung des Verbrauchervertrauens getroffen wurde (EWG 11). Der notwendige Einsatz von Labortieren soll dabei so gering wie möglich gehalten werden und in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz von für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tieren erfolgen. Im Abschnitt 1.4.1 e) finden sich zur Notwendigkeit einer 28-tägigen oralen Toxizitätsstudie mit dem neuen Protein von der EFSA-Leitlinie abweichende Formulierungen, die im Vergleich weniger Spielraum für Einzelfallentscheidungen lassen. Davon abgesehen wird in der EFSA-Leitlinie empfohlen, eine höhere Zahl von Tieren pro Gruppe einzusetzen als die in der OECD Guideline 407 genannte Mindestzahl. Dies wurde nicht in den Verordnungstext übernommen. Im Abschnitt 1.4.2 ist eine Einzelfallbewertung hinsichtlich toxikologischer Untersuchungen anderer neuer Inhaltsstoffe als Proteine (other than proteins) vorgesehen. Im Fall von Stoffen ohne history of safe consumption wird ein toxikologisches Testverfahren vorgeschrieben, wie es für Lebensmittelzusatzstoffe verlangt wird. Dabei wird auf die entsprechenden Leitlinien des EFSA ANS-Gremiums (2012) verwiesen, dessen Text dazu jedoch nicht mehr passend ist, weil die Vorgehensweise bei der Prüfung von Lebensmittelzusatzstoffen mittlerweile modifiziert wurde (Einführung eines tiered approach) Die im Abschnitt 1.4.4.3 enthaltenen Vorschriften zur Durchführung weiterer Untersuchungen an Tieren (target animals) stimmen nicht mit den Empfehlungen der EFSA-Leitlinien überein. Kapitel IV der Verordnung: Transitional and final provisions Artikel 12 der Verordnung sieht die Beobachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse hinsichtlich Ersatz, Reduzierung und verbesserter Verwendung von Tieren für wissenschaftliche Untersuchungen und die Veröffentlichung neuer EFSA-Leitlinien vor. Besondere Aufmerksamkeit soll den Ergebnissen des im siebten Forschungsrahmenprogramm (FP7) vorgesehenen Forschungsprojekts GRACE (vgl. TOP 6) gelten, dessen Ergebnisse spätestens Ende 2015 erwartet werden (EWG 12). In Abhängigkeit davon soll überprüft werden, ob die 90-Tage- Fütterungsstudie mit gentechnisch veränderten Lebens- bzw. Futtermitteln weiterhin verbindlich bleiben soll. Die Ergebnisse sollen spätestens bis zum 30.06.2016 veröffentlicht werden. Seite 2 von 5

In der anschließenden Diskussion kamen die Kommissionsmitglieder zu der Auffassung, dass derzeit keine wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür vorliegen, die eine Abweichung von dem in den EFSA-Leitlinien enthaltenen Verfahren begründen, wonach die Entscheidung über die Notwendigkeit einer 90-Tage-Studie im Einzelfall erfolgen sollte. Vielmehr hat die Praxis gezeigt, dass die mit den Zulassungsanträgen im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 häufig vorgelegten 90-Tage-Studien keine Hinweise auf adverse Effekte auf die Gesundheit von Mensch oder Tier ergeben haben. Ausgehend von den Ergebnissen der molekularen Charakterisierung, der vergleichenden Untersuchung der agronomischen Eigenschaften und der chemischen Zusammensetzung sowie von der toxikologischen Charakterisierung der neu eingeführten Eigenschaften waren adverse Effekte nicht zu erwarten gewesen. Beschluss: Die BfR-Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel ist der Auffassung, dass über die Notwendigkeit von Fütterungsstudien an Labor- oder Nutztieren zur Prüfung der Lebens- und Futtermittelsicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen im Einzelfall entschieden werden sollte. Die Erfahrungen bei der Bewertung von Anträgen auf Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu Lebens- und Futtermittelzwecken haben gezeigt, dass sich die im aktuellen EFSA-Dokument Guidance for the risk assessment of food and feed from genetically modified plants (EFSA Journal 2011; 9(5):2150) vorgesehene Einzelfallentscheidung - basierend auf der molekularen Charakterisierung der genetischen Modifizierung sowie den Ergebnissen der vergleichenden Analysen des Phänotyps, der agronomischen Merkmale und der Inhaltsstoffe - bewährt hat und deshalb beibehalten werden sollte. Nur wenn die vorliegenden Informationen und Daten aus den oben genannten Analysen Hinweise auf mögliche unbeabsichtigte Effekte der gentechnischen Modifizierung geben oder wenn die Zusammensetzung der modifizierten Pflanze wesentlich verändert wurde, ist die Durchführung einer 90-tägigen Toxizitätsstudie an Nagern, in Übereinstimmung mit den EFSA-Leitlinien, sinnvoll. Die Eignung des mit der Verordnung neu eingeführten Ansatzes für das statistische Design der Feldstudien und die statistische Auswertung der Daten zu den agronomischen und chemischen Eigenschaften sollte im Rahmen des nach Artikel 12 vorgesehenen Monitorings der Anwendung der Verordnung überprüft werden. Der Beschluss soll dem BMELV übermittelt werden, verbunden mit der Bitte um Berücksichtigung bei der im Jahr 2016 im Standing Committee on the Food Chain and Animal Health (SCFCAH) vorgesehenen Diskussion und Entscheidung darüber, ob 90-Tage- Fütterungsstudien zur Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen weiterhin obligatorisch bleiben sollen. Seite 3 von 5

5 Anforderungen an Fütterungsstudien mit gv Pflanzen mit veränderter Inhaltsstoffzusammensetzung Es wurde ein Überblick gegeben über die Anforderung an Fütterungsstudien zur Prüfung von Pflanzen, deren Inhaltsstoffzusammensetzung mit gentechnischen Verfahren mit dem Ziel verändert wurde, wertvolle Substanzen, z.b. ß-Carotin, Eisen, anzureichern oder die Gehalte unerwünschter Stoffe, z.b. Lignin, Phytat, Alkaloide, Glucosinolate, Mykotoxine, zu reduzieren. Zur Bewertung des Nährwerts und der Verträglichkeit für Nutztiere sowie der Untersuchung hinsichtlich möglicher Auswirkungen der mit dem gv-pflanzenmaterial gefütterten Tiere auf daraus hergestellte Lebensmittel bedarf es u.a. geeigneter Fütterungsstudien. Erfahrungen liegen vor mit Langzeitstudien an Nutztieren, deren Dauer von der Lebenserwartung der Tierart abhängt (z.b. ein Jahr bei Legehennen), Multi-Generationen-Studien, Studien zur Bestimmung der Verfügbarkeit, Verdaulichkeit und Verwertung von Nährstoffen sowie Toleranzstudien zur Bestimmung der einsetzbaren Futtermittelquantität. Einvernehmen bestand darüber, dass über die Notwendigkeit von Fütterungsstudien im Einzelfall entschieden werden sollte mit dem Ziel, Tierversuche soweit wie möglich zu reduzieren. Wenn Fütterungsstudien als notwendig erachtet werden, sollten die für die jeweilige Fragestellung geeignete Art der Studie und die dafür am besten geeignete Tierart, z.b. Huhn, Schwein, Rind, sowie die aufgrund der Aufgabenstellung notwendige Zeitdauer gewählt werden. Fütterungsversuche mit Target-Spezies könnten auch zur Sicherheitsbewertung der gv Pflanzen herangezogen werden sollten. Perspektivisch sollen Tierversuche nach Möglichkeit durch geeignete Verfahren, wie z.b. Omics-Technologien, ersetzt werden. Vergleichende Analysen von gv und nicht modifzierten Pflanzenlinien mittels high-throughputomics-techniken haben gezeigt, dass die genetische Modifikation weniger Einfluss auf die Genexpression und die Zusammensetzung der gv Pflanzen hatte als die konventionelle Züchtung (Ricroch, A.E.1, Assessment of GE food safety using omics techniques and longterm animal feeding studies, New Biotechnol 2013). 6 Aktuelles aus dem EU-finanzierten Projekt GRACE (GMO Risk Assessment and Communication of Evidance) Im Rahmen des mit Mitteln aus dem FP7-Rahmenprogramm der Europäischen Kommission geförderten GRACE Projekts soll eine 90-Tage-Fütterungsstudie mit insektentolerantem MON810-Mais an Ratten durchgeführt werden. Ziel dieser Studie ist weder eine Sicherheitsbewertung von MON810 noch die Wiederholung existierender Studien, sondern die Klärung von Unsicherheiten hinsichtlich der Notwendigkeit und des Designs von Fütterungsstudien im Rahmen der Risikobewertung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) (vgl. TOP 4). Die Studienplanung sieht vor, weitere konventionelle Maissorten zwecks Generierung historischer Daten, Bestimmung der biologischen Variabilität und als Referenzen einzubeziehen. Des Weiteren sind vergleichende Omic-Studien mit Pflanzenmaterial von gv und konventionellen Vergleichspflanzen sowie von Geweben der mit gv und nicht-gv Pflanzen gefütterten Ratten vorgesehen. In Zellkultursystemen sollen aufgearbeitetes Pflanzenmaterial, neu exprimierte Proteine sowie Metaboliten untersucht werden. Die Bewertung dieser in vitro- Systeme soll im Vergleich mit den in vivo-ergebnissen sowie den Omic-Technologien erfolgen. Seite 4 von 5

TOP 7 Fütterungs- und in vitro-studien mit NK603-Mais und Glyphosat Erläutert wurden die Unzulänglichkeiten der 2012 von von Séralini et al. publizierten Langzeitfütterungsstudie mit NK603-Mais sowie Roundup-Formulierungen an Ratten. Kritisiert wird insbesondere das für einen Langzeitversuch ungeeignete Design einer 90-Tagesstudie mit einer zu geringen Zahl an Tieren in den Versuchs- und der einzigen Kontrollgruppe. Die von der EFSA und dem BfR angeforderten Rohdaten werden vom Autor der Studie nicht zur Verfügung gestellt. Aus den veröffentlichten Daten lässt sich weder ein Einfluss auf eine erhöhte Tumorbildung noch auf eine erhöhte Todesrate bei Ratten durch die Aufnahme von gv-mais mit oder ohne Glyphosat-Behandlung ableiten. Anlässlich der Publikation einer in vitro Studie mit Glyphosat-haltigen Herbiziden (Mesnage et al., 2012), die zeigt, dass bestimmte Produkte zytotoxisch sind, wurden die Besonderheiten der gesundheitlichen Bewertung des Wirkstoffes und seiner Formulierungen dargestellt. Seit Auslaufen des Monsanto-Patents auf Glyphosat ist eine Vielzahl Glyphosat-haltiger Herbizide verschiedener Hersteller auf dem Markt. Die Herstellungsverfahren und damit auch die Reinheitsgrade des Wirkstoffes sind unterschiedlich (95-98 %). Trotz der geringen akuten Toxizität des Wirkstoffes sind Vergiftungen beim Menschen nach unsachgemäßer oder missbräuchlicher Anwendung bestimmter Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel aufgetreten. Als Ursache werden als Netzmittel eingesetzte Beistoffe aus der Gruppe der polyethoxylierten Alkylamine (Tallowamine) vermutet. Auch die in Reproduktions- und Entwicklungstoxizitätsstudien mit einzelnen Formulierungen - aber nicht mit Glyphosat selbst - gezeigten Effekte dürften darin ihre Ursache haben. Die Prüfung und Deklaration von Beistoffen ist bislang nicht vorgeschrieben. Nachdem das BfR jahrelang auf die Beistoffproblematik hingewiesen hatte, sind kritische Tallowamine in den in Deutschland zugelassenen Mitteln weitgehend ausgetauscht worden. Außerdem wurden Anwendungsbeschränkungen und Gefahrenkennzeichnungen von Glyphosat-haltigen Herbiziden durchgesetzt. Zur Abklärung der Hypothese einer Störung der Vormagenflora durch mit Glyphosat belastetes Futter als Ursache einer bisweilen als chronischer Botulismus bezeichneten Erkrankung bei Rindern lässt das BfR derzeit an der Tierärztlichen Hochschule Hannover Untersuchungen an einem künstlichen Pansenmodell (RUSITEC) durchführen. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Seite 5 von 5